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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 1 - No. 10 (1. Januar - 12. Januar)
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Zawidowitz hatte seine Schwester beim Spielen mit einem
Gewehr erschossen und wurde von dem Schwurgericht zu
Ostrowo wegen fahrlässiger Tödtung zu einer Woche Ge-
sängniß verurtheilt. Das Gnadengesuch, welches an den
Kaiser gerichtet wurde, hatte Erfolg. Es erging an das
Lehrerkollegium der „deutschen Bürgerschule," deren
Schüler D. ist, durch die Staatsanwaltschaft die Anfragö,
wie das Vergehen des B- im Wege der Schuldisziplin
gesühnt werden könne. Das Kollegium schlug zwei
Wochen lang täglich zwei Stunden Karzer vor, die
Sonntage ausgenommen. Dieser Tage ist nun der Auf-
trag gekommen, die genannte Strafe an dem B- voll-
ziehen zu lassen, und B. ist also in der Thal von einer
Gefängnißstrafe -u einer Schulstrafe begnadigt worden.
* Posen, 10. Jan. Die hiesige Handelskammer be-
schloß auf Veranlassung von 06 Brauereien der Provinz
Posen eine Petition an den Reichstag zu richten wegen
Ablehnung der geplanten Erhöhung der Brausteuer.
* Aus Amerika, 9. Jan. Die Ueberfahrten über
den „großen Bach" genannt Atlandischer Ocean müssen
um diese winterliche Zeit recht anmuthig sein. Sv wird
von einer Fahrt des norddeutschen Lloyddampfers „Saale"
von Southampton nach New-Jork der „Franks. Ztg."
berichtet: die „Saale" war zwölf Tage unterwegs und die
Fahrgäste waren die ganze Zeit auf die Cajüten an-
gewiesen. Das Deck war mit einer fuß dicken
Eiskruste überzogen und die Mannschaften waren mehr-
fach über 36 Stunden ununterbrochen im Dienst aus
dem eisigen Deck gewesen; verschiedene waren zu Fall ge-
kommen und verletzt worden. Capitän Rink erklärte, daß
der Sturm und die Kälte so heftig gewesen wären, wie
er sie niemals zuvor erlebt habe.
Aus den Strikerevieren.
St. Johann a. d. S., 12. Jan. Die gestrigen
Dcputirten, wirkliche Bergleute, wurden abglehnt,
weil sie von dem sozialdemokratischen Borstande des Rechts-
schutzvereis und dem von ihm bestellten Streitkoinite ge-
wählt waren. Man wolle nicht dulden, so wurde ihnen
gesagt, daß die Bergleute des Saarreviers von Sozial-
demokraten geleitet werden. Der Streik sei grundlos der
Behörde aufgedrängt. Man müsse sich entscheiden, ob der
Wille des Sozialdemokraten Marken oder der Beamten
Sr. Majestät maßgebend sein solle. Die Streikenden
hätten die Folgen ihrer Handlung zu tragen.
Saarbrücken, 10. Jan. 11,171 Bergleute sind an-
gefahren. Die Zeitung „Der Bergmannsfreund" theilt
mit, daß wegen aufreizender Thätigkeit vorläufig etwa
500, sämmtlich agitatorische, Mitglieder Rechtsschutz-
vereins entlassen worden sind; ferner wurden wegen der
schlechten Lage des Kohlengeschäfts etwa 2000 bis 3000
Bergarbeiter bis auf Weiteres von der Grubenarbeit zu-
rückgewiesen. Man müsse den Ausständigen zum Be-
wußtsein bringen, daß man nicht ungestraft, unter Kon-
traktbruch, in einem frivolen Strike eintrete.
Bochum, 10. Jan. Bei der Morgenschicht ist in
den Revieren Dortmund, Witten, Hattingen-Ruhr,
Wattenscheidt, Bochum Eickel, Herne und Recklinghausen
alles angefahren. Heute vertheilten die meisten Zechen
eine Lohnabschlagszahlung, die man abwarten zu scheint.
Zuverlässig verlautet, daß auf den Gelsenkirchener Zechen
in der letzten Zeit ein bedeutendes Quantum Dvnamit
gestohlen wurde, man spricht von 100 Zentner.
Dortmund, 10. Jan. In der hier abgehaltenen
Konferenz zwischen dem Oberpräsidenten, dem Re-
gierungspräsidenten, dem Oberbergamt und dem Ober-
bürgermeister wurden die Gründe des Ausstandes und die
Vorkehrungen gegen die weitere Ausdehnung und die
Abwehr etwaiger Ausschreitungen besprochen. Die Gründe
wurden als nicht stichhaltig und frivol bezeichnet. Um
militärische Hülfe soll nur in den allerdringensten Noth-
fällen ersucht werden.
Gelsenkirchen, 10 Jan. Der Ausstand ist unver-
ändert. Im Herner und Dortmunder Bezirk ist alles
zur Frühschicht angefahren, hier werden abends 7 Uhr
die Wirthschaften geschlossen. Die Anfuhrparagraphen sind
angeschlagen. Es fanden keine größeren Unruhen statt.
Die Dynamitarden sind noch uncntdeckt. — Auf die Er-
mittlung des Dynamitarden warde vom Bürger-
meister ein Preis von 3000 M. ausgesetzt
— " .-E—..,..
Locale WiWeit'ungen.
Heidelberg, 11. Januar-
- (Bezirksrathssttzung.) Tagesordnung für die am
Samstag, den 14. Januar ds. Js-, Vorm. 9 Uhr, im Bezirks-
rathssaale dahier startfindende ordentliche BezirkSrathssiyung.
Oefscntlich: 1) Abänderung des Ortsbauplanes deS Stadttheils
Neuenheim. 2) Gesuchs des Wirths Adam Wilhelm in Neu-
cnheim um Erlaubnis zum Betrieb der Schantwirthschaft
ohne ZZranntweinschank zur Pfalz daselbst betr. 3) Gesuch
des Lchiffers Leonhard Odenwald von Neckargemünd um
Erteilung eines Schiffcrpatents.
* (Was man der Post alles znmnthet.) So ein-
fach und bequem es dem Publikum bei Brief- und Post-
sendungen gemacht wird, so giebt es doch immerhin dann
und wa.-n originelle Käuzc, die der Post Räthscl aufgebcn
oder das Unmögliche von ihr fordern- Ein Beispiel hier-u
wollen wir in Folgendem mirtheilen: Ein Brief lief kürzlich
bei einem unserer Postämter ein. Die Aufschrift lautete:
„Du lieber, braver Stephansmann — Nimm diesen Bries
in Gnaden an, — Bewahre Du auf's Neue heut' — Die
Deutsche Reichs - Postsindigkeit! — In 2 . . ./ dem schönen
Kaiscrbad — Ein Kellner seinen Wohnsitz hat, — Bedient die
Gäste spät und früh: — Ju welchem Haus, erfuhr ich nie.
— Sein Name bis zu dieser Frist — Seit er getauft „Karl
Lchürmann" ist. — L-ei ihn zu finden recht beflissen, — Er

wird es gerne Dank Dir wissen; — Dann werde Dir, o
Stephanssphn, — Mein warmer Dank und Gotteslohn!"
Das Geheimnis; war dem „Stephanssohn" zwar ein wenig
tief, dennoch wurde der Brief abgesandt. Allein er wurde
unbestellbar, da der Empfänger absolut nicht zu ermitteln war.
Da machte sich ein postalischer Spaßvogel, dem daran gelegen
war, dem Absender zu beweisen, daß auch die Post Humor
besitzt, das Vergnügen, den Bries mit folgendem Unbestellbar-
keitsvermerk zu versehen: „Zum großen Schmerz muß ich Dir
sagen, — Daß heut' der „brave Stephansmann" — Trotz
aller Müh'n und aller Plagen — Den Kellner hier nicht
finden kann. — Drum denken wir, er wird wo anders
weilen, — Mög' ihn das Brieflein noch ereilen! — Doch
zürne nicht, daß es nicht mocht' gelingen, — Dein reizendes
Epistolein — Nach Deinem Wunsche anzubringen. — Mög'st
Du damit getröstet sein: — Allwissend ist nur Gott allein
— Das Postrcstantebüreau kann das nicht sein-
Handelsnachrichten.
Frankfurt, 10. Jan- (Effecten-Societät.) Umsätze bis
6^ Uhr Abends. Oesterr. Credit 266»/4-2tz7ch8-7-7fi8-7 b-
Diseonto-Commandit 182-230-181.95-182 b. Berliner Handels-
gesellschaft 137.30,-50 b. Darmstädter Bank 134.20 b. Dresd-
ner Bank 140.20-50 b. Gotthard-Actien 153.10-10-20-10 b.
Schweizer Cen-tral 115 bis 115-20 b- Schweizer Nordost 103.25 b.
G- Union 68-68.20 b. Jura-Simplon St.-Act. 49.40 b. 5proc.
Italiener 91.50 b. ult.
tU/2 Uhr: Creditactien 2664/8 Diseonto 181.95. Bei fester
Gesammt-Tendenz waren Banken sowie Montanwcrthe bevor-
zugt und theilweise ansehnlich höher.
Mannheimer Börse, Effekten. An der heutigen Börse
notiren: Rheinische Hypothekenbauk-Actien 136 G. Westeregeln
Alkali-Actien 114^2 Bf. Waghäusler Zuckerfabrik-Actien 59^2 G-
Sinner-Brauerei-Äctien 194 G.
Mannheimer Börse, Getreide. Die mildere Witter-
ung und schwächeres Amerika verursachte flauere Stimmung
für Weizen und Roggen und fanden zu den billigeren Preisen
größere Umsätze statt. Hafer und Mais behauptet.
Mannheimer Pferde- und Biehmarkt vom 9. Jan-
Es waren beigetrieben: 42 Ochsen, 383 Rinder und Kühe.
12 Farren, 62 Kälber, 271 Schweine, 35 Milchkühe, 15
Schafe, und wurden verkauft: Ochsen 1- Qual. 138., 2.
Qual. 134 Rinder und Kühe 1. 130., 2. Qual. 100, Farren
1. Qual. 130., Schweine l. Qual- 122. 2. Qual- 120. Milch-
kühe per Stück 430—150 Durchschnittspreis Mk, 000, Schafe
per Stück Mk- 25—30. Zusammen 820 Stück. Gesammtum-
satz der vorigen Woche betrug 1683 Stück.
Gerichtszeitnng.
Mannheim, 7. Jan. (Strafkammer III.) (Schluß.)
7) Im Novbr. d. I. erschwindelte sich der schon be-
strafte 28 Jahr alte Ma .wer Lorenz Werner von Eppel-
heim mittelst gefälschten Briefen in mehreren Geschäften
in Heidelberg verschiedene Maaren und Sachen (so. z. B.
Stiefel, Cigarren, 6 Pfund Käse), weßhalb Werner wegen
mehrfachen Betrugs 5 Monate Gefängniß erhält. —
8) Wegen unehelichen Zusammenlebens, resp. ruhestöron-
den Lärms waren der Maurer Christian H a u g von Stepp-
heim und Specereihändlcrin Rosa Wolf von Heidelberg
schöffengerichtlich zu 10, resp. 8 Tagen Haft verurtheilt
worden. Die beiden Angeklagten legten Berufung ein,
von denen der Gerichtshof nur diejenige der Frau Wolf
für theilweise begründet erklärt, sodaß deren Strafe auf
4 Tage Haft herabgesetzt wird, während es bezüglich
Haugs bei dem schöffengerichtlichen Urtheil verbleibt. Die
Verhandlung fand unter Ausschluß der Oeffentlichkeit statt.
— 9) Wegen gegenseitiger Beleidigung angeklagt, waren
vom Schöffengericht Heidelberg die Ehefrau des Philipp
Klein von ebenda zn 15 Mk. Geldstrafe (event. 3 Tage
Gefängniß verurtheilt und Lina Rupp von Heidelberg
freigesprochen worden. Philipp Klein legte für seine
Frau Berufung ein, die jedoch he te als unbegründet ver-
worfen wird.— 10. Die Berufung des wegen Beleidigung
des Kaufmannes Menzer in Neckargemünd vom Schöffen-
gericht Heidelberg zu 20 Mk. Geldstrafe (event. 4 Tage
Gefängniß) verurtheilten Kaufmannes Christian B a chhold
von Wildbad wird als unbegründet verworfen. —
11) Vom Schöffengericht Weinheim waren die Ehefrau d;e
des Conrad Kuhn von ebenda zu 10 Mark Geld-
strafe (event. 2 Tage Gefängniß) und die Ehefrau
des Heinrich Künzel, gleichfalls von Weinbeim, zu 14
Tagen Gefängniß wegen gegenseitiger Beleidigung ver-
urtheilt worden. Die Berufung, die Künzel für seine
Frau einlegte, wird jedoch heute für theilweise begründet
erklärt und Vie Strafe der Letzteren in eine Geldstrafe
von 25 Mk. (event. 5 Tage Gefängniß) abgeändert.
AlLer-lei.
— Eine ergreifende Geschichte ist vor einiger
Zeit inRehme bei Otzenhausen (Kreis Minden) zum Ab-
schluß gekommen. Am Weihnachts-Heiligabend waren
es gerade 30 Jahre, als sie ibren Anfang nahm. An
diesem Tage (1862) schickte der Salzfaktor v. Promnitz
seinen Diener Anton Körtucr zur Post, um einen Geld-
brief von 450 Mark abzuholen. Anton übernahm neben-
bei den Auftrag, einen für die Kirche bestimmten Weib-
nachtsbaum dem Pfarrer zu überbringen. In Folge der
schweren Last hatte Kortner das Unglück, aus seiner
Tasche den Werthbrief zu verlieren. Trotz allen Suchens
war das Vermißte nicht wieder aufzufinden. Anton sollte
die schweren Folgen seines Mißgeschicks bald merken. Mit
einer gründlichen Tracht Prügel entließ ihn Herr v.
Promnitz aus seinem Dienste und zwang ihn außerdem,
den Verlust zu ersetzen. Wo aber der verhängnißvolle Brief
hingekommen? Einige wollten gesehen haben, wie eine
Frau, die des Weges kam, etwas Weißes aufgehoben und
in ihrem Korbe verborgen habe. Diesen Verdacht hat
die längst dabingeschiedene Frau mit ins Grab genom-
men. Herr und Diener ruhen längst im Schoße der Erde;
keiner denkt mehr an den traurigen Vorfall; aber durch

eine Begebenheit wird er denen, die ihn nnterlebt, aufs
Neue ins Gedächtnis; gerufen. Vor einiger Zeit erhielt
der Pfarrer Seippel in Rehme eine Geldsendung mit
Begleitschreiben. In demselben wird erzählt, daß Absender
dieser Sendung der unehrliche Finder des Geldbriefes sei,
der Anton Körtner, den ehemaligen Diener des v. Prom-
nitz, in ein so großes Unglück gebracht; durch Gewissens-
bisse, die ihn, den Reuigen, angesichts seines nahen Todes
immer mehr gequält hätten, sei er zu diesem Schritt ge-
trieben worden. Er zahle die vermißte Summe nebst
Zinsen zurück und bitte den Pfarrer, dieses Geld den
Erben des verstorbenen Körtner zukommen zu lassen.
Dem betreffenden Erben ist das Geld, rund 900 Mk.,
durch den Pastor ausgebändigt worden.
— (Selbstmord eines Kindes.) Aus Petten-
dorf wird der „Neuen Freien Presse" berichtet: Die drei-
zehnjährige LudovicaWindolitsch, Adoptivtochter des Wirth-
schaftsbesitzers Astl in Landegg, besuchte am 22. v. Mts-,
Nachmittags, wie gewöhnlich die Schule. Das Mädchen
verließ nach Beendigung des Strick-Unterrichts das Schul-
gebäude, kehrte aber nicht mehr in die elterliche Wohnung
zurück. Um halb 12 Uhr 'Nachts wurde die Vermißte,
an den Rechen des Fabrikkanals der Pettendorfer Baum-
wollspinnerei geschwemmt, von einem Fabrikarbeiter todt
aufgefunden. Es liegt die Vermuthung nahe, daß das
Mädchen aus Furcht vor einer häuslichen Züchtigung, die
es wegen Entwendung eines Geldbetrages zu gewärtigen
hatte, freiwillig den Tod gesucht bat.
— (Eine amüsante Geschichte) wird von
einem englischen Aerzteblatt erzählt: Ein alter Geizhals
wurde von einem Unfall betroffen, durch den beide
Beine in gleicher Weise verletzt wurden. Er ließ einen
Wundarzt rufen, der die Schwere der Verletzungen be-
tonte. Der alte aber meinte: „Herr Doktor, ich glaube
nicht, daß ich schwer verwundet bin, aber wenn sie
anderer Meinung sind, hab ich nichts dagegen. Ich
möchte Ihnen aber folgenden Vorschlag machen: Nehmen
Sie ein Bein in Behandlung und ich werde das andere
zu kuriren suchen. Thun Sie mit dem Ihren was Sie
wollen und ich verspreche Ihnen, mit dem meinigen gar
nichts zu unternehmen! Wenn Sie aber wollen, mache
ich eine Wette mit Ihnen um den Preis Ihrer Rechnung,
daß mein Bein zuerst gesund wird!" Der Arzt ging
darauf ein und bald konnte der Geizhals mit triumphiren-
der Miene erzählen, daß er den „Salbenschmierer" um
volle vierzehn Tage geschlagen habe!
Neueste Nachrichten.
Karlsruhe, 10. Jan. Der Kaiser trifft statt
morgen, Donnerstag Vormittag hier ein.
Karlsruhe, 10. Jan. In Rastatt ist ein Soldat
an Genickstarre erkrankt.
Berlin, 10. Jan. Das Defizit im preußischen
Etat für 1893/94, der übermorgen im Abgeordnetenhause
durch Herrn Miquel eingebracht wird, soll sich auf 58
Millionen belaufen.
Brüssel, 10. Jan. In Seraing bei Lüttich wurde
diese Nacht ein D yna m i t a tt enta t vor dem Ge-
bäude der „Osrols catlloligus" verübt. Kein Mensch
wurde getvdtet. Das Gebäude ist sebr stark beschädigt.
Paris, 10. Jan. Der Panama-Prozeß nahm
heute seinen Anfang. Lesseps sagte bei seinem Verhör
aus, daß Eberndörffer 3^ Millionen, Cornelius Herz
600 000Frcs. und Bachant 350000Frcs. erhalten habe.
Paris, 10. Jan. Alle Kandidaten der Ministerliste
erklärten Abends officiell ihre Annahme. Tirard be-
hält die Finanzen, General Loizillon übernimmt das
Kabinet des Kriegs; Burdeau verweigerte seine Mit-
wirkung. Falls die Weigerung definitiv ist, wird ein
Admiral, vielleicht Gervais, das Marine-Ministerium
übernehmen. Auch Jamais verläßt das Kabinet. Das
Ministerium dei Kolonien werden Delcasse oder
Pich 0 n übernehmen. Die Konstituirung dürfte morgen
beendet werden. Man saßt das neue Ministeri m in
Verbindung mit der Wahl Periers zum Kammer-Prä-
sidenten als eine Schwenkung nach rechts auf.
Paris, 10. Jan. Senat. Tbcry (Monarchist),
der Alterspräsident, hält eine Ansprache, niit der er den
lebhaften Protest der Linken hervorruft. 'Nachdem er die
Einigungs-Bewegung billigend besprochen, mahnt er von
religiösen Verfolgungen ab; sonst würden die Kirchen
bald Mangels der Gläubigen leerstehen. Schon sähe man
Vorzeichen einer drohenden Umwälzung am Horizont.
Wenn das Gewitter losbrechcn würde, so wird die Anarchie
eintreten und nach dieser der Despotismus. (Zwischenruf:
Diese Rede ist ein Skandal!) Redner hofft, das Unheil
werde bei Zeiten verhindert werden.
Mittheilungen über wichtigere Tages-
vorkommnisse bitten wir —- gegen entsprechende
Vergütung unserseits — rasch, wenn auch nur
kurz nvtirt, an nns gelangen zu lassen. Eben-
so werden auch anderweitige interessantere,
für die Oeffentlichkeit geeignete, und dem all-
gemeinen Interesse entsprechende Aufsätze u.
dgl. in unserm -Viatt stets Berücksichtigung
bezw. Aufnahme finden.
Hochachtungsvoll
Verlag u. Redaktion.
 
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