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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 51 - No. 60 (1. März - 11. März)
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den Witz auszeführt. Selbstverständlich blieb das Bier i
ungetrunken, der so gründlich angeführte Gast zahlte und s
verließ dann in nichts weniger als rosiger Laune die
Stätte seiner Niederlage.
* Berlin, 2. März. Der gestern in Gegenwart des
Kaiserpaares aufgestiegene Luftballon „Humboldt" i r ver-
unglückt. Die Frau des mit aufgestiegenen Professors
Aßmann erhielt folgende in Farbezin am 1. März auf-
gegebene Drahtnachricht: „Landung bei Wußow bei
Naugard. Leider Bein verletzt. Komme daher Morgen
Noch nicht." Näheres war bisher nicht zu ermitteln.
* München, 2. Nov. Der bayerische Kammerherr,
Freiherr von Gumpenberg, sowie seine Begleiterin
Margarethe Merkel sind in Wien verhaftet worden.
Sie sind verdächtig, große Wechselfälschungen begangen
zu haben.
' Insterburg, 2. März. Aus dem hiesigen Zuchsi-
hause sind zwei sehr gefährliche Verbrecher ent-
sprungen.
* New-Zork, 2. März. Nach einer Meldung des
»Herald" aus Guatemala ist das Thal Campidain über-
schwemmt; sechs Dörfer sind zerstört end gegen 100
Personen umgekommen.

Locale Mittheilungen.
Heidelberg, 3. März.
O (Stadtrathsfitznng.) In der heutigen Stadttaths-
llhung wurden u. r. chlqende Gegenstände zur Kenntniß bezw.
Erledigung gebracht: l) Aus einer Vorlage der Gewähr- und
Pfandgerichtscommijsion geht bervor, daß in den Monaten
Dezember 1892 und Januar 1893 folgende Einträge in die
öffentlichen Bücher gefertigt wurden und zwar: ins Grundbuch
Käufe, 16 Erbschaften u. dergl. und 8 sonstige Einträge;
Pfandbuch: 29 bedungene, 21 richterliche und 5 gesetzliche
Pfandrechte, 8 Versteigerungsverfügungen, 3^ sonstige Einträge
ynd 19 Einträge über 998 Löschungen. 2) Das Ergebnis! der
Holzversteigerung vom 27. v. M. mit einem Erlös von 5561 Mk.
o Pfg. wurde genehmigt. 3) Auf den Antrag der Schul-
oommission wird beschlossen, zum Beginn des nächsten Winter-
halbjahrs den Knabenhandarbeitsunterricht an der hiesigen
Polksschule fakultiv cinzuführen und deshalb zunächst einen
Hauptlehrer der hiesigen Volksschule im Laufe des Sommers
"" einem diesbezüglichen Bildungskurs in Leipzig Theil nehmen
lu lassen, -l) Herr Heinrich Lentz in Neuenheim wird zum
Hauptmann der dottigen Feuerwehr für eine weitere Dicnst-
Veriode ernannt. 5) Das Gesuch des Pierotto Taddeo um die
Erlaubnis;, im Lonnner in den Straßen der Stadt Gefrorenes
Erkaufen zu dürfen, kann nicht zur Genehmigung empfohlen
werden. 6) Die Teleskopirung des dritten Gasbehälters auf
"em hiesigen Gaswerk wird der Berlin-Anhaltischen Maschinen-
bau-Aktiengesellschaft um ihr Angebot übertragen. 7) Die
Lieferung des diesjährigen Porphyrschotterbedarfs wird der
Gemeinde Dossenheim und den Herren Gebrüder Leferenz über-
ragen. 8) Die diesjährigen Concerto Ws Dtadtorchesters sollen
'N derselben Weise und unter denselben Bedingungen, wie im
Trigen Jahr, veranstaltet Ivcrdcn.
. 4° (In Sache» der Turnerschaft.) In der bekannten
ftttzinger Angelegenheit,- die wir an dieser Stelle wiederholt
Erwähnung gebracht, wird uns nunmehr mitgetheilt, daß
M Kriegsministerium auf die vom Ausschuß der deutschen
^Urnerschaft eingereichte Beschwerde hin die Einwirkung des
^'tzinger Bezirkscommandeurs, Oberstlicutenant
stöber, hinsichtlich des Turnvereins als dienstlich
«flcht berechtig t erkannt hat. Auch wird eine weitere
^ttfügung von Seiten des Kriegsministcriums getroffen werden.
- , < (Befitzvrränderung.) Die weltbekannte Sprihen-
V°rik Carl Metz hier, deren Inhaber Herr Ingenieur Rücker
16 ist, wie wir hören, an die Firma „Vereinigte Fabriken"
7. Maauet hier käuflich übergegangen. Der ganze Betrieb
>rd in die Fabrik der Firma, Eppelheimcrlandstraße 17—19,
-K'egi. Herr Ingenieur Rücker wird nach wie vor die
^becialität der Spritzensabrikation leiten.
c (Bahnunfalt.) Gestern Nachmittag rannte auf
Badischen Bahnhof beim Rangircn eine Abtheilung des
§"ges Nr. litt gegen einen Lokalzug. Der dadurch entstandene
Materialschaden ist nicht unbedeutend, zum Glück aber ist
'"mand verletze worden.
* <Telegr«,nmverkehr mit China.) Vom 1. März
^ beträgt die Worttaxc für die aus Deutschland über die
Mo-Europaische Linie oder über die Eastern-Kabel oder über
Amur-Linie nach sämmtlichen Anstalten in China zu
"ordernden Telegramme 7 Mk.
, 9 (Allerlei.) Einem auf dem Friedhof beschäftigten
Metter fiel gestern Nachmittag beim Aufladen von Gesträuchcrn
hev ^weres Holzbündel so unglücklich auf einen Fuß, daß
hfl Betreffende in einer Droschke nach Hause verbracht werden
tz-M. — Als gestern Namiltag ein Kohlcnfuhrmann vom
>H'oßbcrg perabfuhr, kam das Pferd durch Ausgleiten zu
' l und erhielt in Folge dessen erhebliche Verletzungen.
gx, Der Monat Mürz muß, wenn er dem Landmann
dflWsn soll, möglichst warm und trocken sein, das besagen
Mlchiedenc Bauernregeln . . . Und wenn auch den Hausfrauen
d., " liegen mag, daß cs im März noch Schnee giebt, weil
Volksmund sagt:
Mil Märzenschnee die Wäsche bleichen,
s, Machet alle Flecken Weichen,
Hhfl^uß man doch im Interesse des Landmannes wünschen,
der weiße Flockentanz im März unterbleibt, denn die
""niesle Bauernregel sagt:
Märzcnschnee
'M. Thut Frucht und Weinstock weh.
" Kälte darf der März nicht bringen, denn:
So viele Fröste im März, so viele im Mai-
yegen heißt es vom Gertruds Tage, 17. März:
Ist Gertrude sonnig
lih- Wird's dem Gärtner wonnig,
"om Josephs Tage, 19. März:
Ist am Josephi-Tag das Wetter schön,
Hh. Kann man ein gutes Jahr bcseh'n.
'"glich ist auch die alte Bauernregel:
. . Märzenstaub ist Goldes Werth
° die andere:
Märzenrcgen
flgch Bringt wenig Sommerregen.
Zur Vorsicht mahnt den Landmann eine alle Regel :
sä'st Du im März zu früh,
Äh .. Jst's oft vergeb'ne Müh'.
lzfl "leisten aber ist dem Landmann daran gelegen, daß es
möglichst wenig Regen giebt, denn ihm ist das
' unumstößliche Wahrheit:

Ist es um Lätarc feucht,
So bleiben die Kornböden leicht-
Auch für die Schncpfenjäger ist der März von Bedeutung,
denn die vier Sonntage dieses Monats wissen von dieser
begehrenswcrthen Jagdbeute, von den Schnepfen, das Lied
zu singen:
Oculi, da kommen sie,
Lätare, das ist das Wahre,
Judica, sind sie auch noch da,
Palmarum — Tralarum.

Gerichtszeitung.
" Heidelberg, 2. März. (Schöffengerichtssitzung.)
In der heutigen Sitzung kamen folgende Fälle zur Er-
ledigung :
Gegen 1. Albert Schwind von hier, 2. .Heinrich Jung,
Karl Jung und Jakob Rimmler von hier, 0. Bernhard
Kcnzler von hier, und 4. Lorenz Wolf von hier, wegen
Forstdiebstahls, wurden die Strafbefehle genehmigt. 5.
Heinrich Steinmeyer von Lebenstedt erhielt wegen Betrugs
1 Woche Gefängniß. 7. Michael Schäfer von Kirchheim,
angeklagt wegen Sachbeschädigung, Ruhestörung und Tät-
lichkeiten, erhielt wegen Sachbeschädigung 1 Woche Ge-
fängniß, im übrigen wurde er freigesprochen. 8. Georg
Wilh. Bauer von Handschuhsheim erhielt wegen Körper-
verletzung 1 Woche Gefängniß. 9. Emil Münch von
hier erhielt wegen Körperverletzung eine Geldstrafe von
15 Mark. 10. Gottlieb Hüttinger und Friedrich Hetten-
kemmer von Eschelbronn, angeklagt wegen Bedrohung und
Ruhestörung. Ersterer erhielt eine Geldstrafe von 15 Mk.,
letzterer eine solche von 5 Mk. 11. Adam Reinhard von
Altenbach wurde von der Anklage wegen Betrugs frei-
gesprochen.
Handelsnachrichten.
Frankfurt, 2. März. (Effecten-Societät.) Umsätze bis
6'/« Uhr Abends. Oesterr. Credit W^-W/i-WE/z bi Dis-
conto-Commandit 190-50-189.70-90-80-90 b. Berliner Handels-
gesellschaft 147.10 b- Darmstädter Bank 141.60-30 b- Dresdener
Bank 151.80-30 b. Lombarden stl-Oo^-fll'/s-LO'/s-i/«-'/»-^-'/«
b. G- Naab-Oedenburger 51'/? b- Ung. Kronenrente 94.50 P.
40 G. Nordd. Lloyd 111.20 b. Gelsenkirchen 148.50-147.50
b. G. Harpener 142.30-141.60-80-70-142.20 b. Gotthard-Actien
156.40-10-30 b. u. G- Schweizer Centtal 121.40-50 b- G-
Schweizer Nordost 108.50-70 b- Union 74.40-50 b. Jura-
Simplon St.-Act. 49.20 b. 5»/g Italiener 93.20-10 b. ult-
6Hz Uhr: Creditactien 2837/s. Disconto 189.60. Lombarden
90"/z. Harpener 142.25. Dresdener 151.40. Gelsenkirchen
147.90. Deutsche Bank 165.50.
Mannheimer Börse, Effekten An der heutigen Börse
notircn: Rheinische Hypothekenbank-Actien 150'/.» G. Deutsche
Unionbank-Actien 85 G. Stamm-Acrien des Vereins chemischer
Fabrikanten 81'/2 Bf- Bad. Anilin- und Sodafabrik-Actien
292 bez. Westeregeln Alkali-Actt'en 119'/» bez. Mannheimer
Actien-Brauerei 140 G-
Mannheim, 2- März. (Productenbörse.) Per 100 Kilo-
Weizen, Pfälzer 17.50 bis 17.75, Norddeutscher 17.50 bis
17.75, Ruff- Saxanska bis — —Azima 18.50 bis 19.50,
Girka 18.— bis 18.25, Taganrog 18,25 bis 18.50, Amerik.
Winter 17.75 bis —, Rumänischer 16.75 bis 17.75, Kansas Ü
17.75 bis 18.—, Kernen 17.75 bis —. Roggen, Pfälzer
15.— bis —, Rumänischer —.— bis —. Gerste hiesiger
Gegend 17.— bis 17.25, Pfälzer 17.50 bis 17.75, Ungarische
—.— bis —.—- Hafer, Badischer 14.75 bis 15.—, Nord-
deutscher —bis —, Russischer —.— bis —. Mais,
Amerik. mixed- 12.50 bis 12.75, Donäu 12.— bis —-—.
Weizenmehl: Nr. 00. 9tt. 0. Nr- 1. Nr. 2. Nr- 3. Nr. 4.
Kohlreps, Deutsche", neuer 27.50 bis —. Leinöl mit Faß
52.— bis —.—. Rüböl mit Faß 62.— bis —.—. Petroleum
mit 20»/g Tara 18.75 bis
31.00. 28.00. 26.00. 25-00. 23.50. 19.50,
Roggenmehl; Nr. 0. Nr. 1.
24.00. 21.00.

Tendenz: Weizen, Roggen und Gerste unverändert ruhig.
Hafer fest.

Mannheim, 2. März.
(Productenbörse.)
l.
2.
1.
2.
Weizen März
16.25
16.30
Hafer März
14.85
14.85
„ Mai
16.55
16.45
„ Mai
14.75
14.80
Juli
16.60
16.50
„ Juli
14.80
14.50
Roggen März
14.90
14 —
Mais März
11.50
11.50
„ Mai
14.—
14.20
„ Mai
11.-
11.05
,, Juli
14.40
14.50
Juli
11.—
11.—
Tendenz: flau-

A s L> e rL' e i.
— (Der Thurm knöpf des alten Berliner
Domes) ist am Samstag hcrabgenommen und geöffnet
worden. Das Innere des mehr als einen Meter im
Durchmesser großen Knopfes war mit Netzen von Spinn-
weben gefüllt, und inmitten dieser ruhte eine gut ver-
löthete Zinnrolle von ungefähr 50 Centimeter Länge und
12 Centimeter Durchmesser. In diesem völlig luftdicht
abgeschlossenen Raum lagen — außer der vom 1. Aug.
1820 dadirten Urkunde — ein in mehreren Farben ge-
druckter Plan von Berlin und eine Zeichnung der Fas-
sade des alten, von Boumann 1747 erbauten Domes.
An gangbaren Münzen in Gold, Silber und Kupfer
sind zwei, gleichfalls sorgfältig in Fließpapier gewickelte
Denkmünzen hinzugefügt. Die eine aus einer Silber-
legierung, ist 1817 zur Erinnerung an die dritte Jubel-
feier der Reformation geprägt; auf der einen Seite ist
das Brustbild Dr. Martin Luthers zu sehen, auf der
anderen Seite ein Relief mit Lurher, der einen Vorhang
faßt und hinter welchem Christus mit den Symbolen des
Abendmahls in beiderlei Gestalt sichtbar wird. Die
andere Münze steht künstlerisch höher, ihr Material ist
Kupfer, ihr Avers zeigt die Köpfe der verbündeten
Herrscher, König Friedrich Wilhelms III. und Kaiser
Alexanders. Ihr Nevers stellt das von Schinkel ent-
worfene, eben enthüllte Denkmal auf dem Kreuzberge
dar.

— (E i n f ürst li ch er L eb e m a n n.) Am Freitag
ist in Neulengbach bei Wien Prinz Karl von und zu
Liechtenstein im Alter von 31 Jahren gestorben.
Ein bewegtes Leben hat frühzeitig seinen Abschluß gc-
'unden- Der Träger dieses uralten Namens gehört der
Hauptlinie der Liechtensteiner an. Chef der Familie ist
gegenwärtig der regierende Fürst Johann von und zu
Liechtenstein» Dieser Kavalier, der oft genug Beweise
einer edlen Gesinnung und vornehmen Bildung gegeben
hat, und für dessen Kunstsinn eine der reichhaltigsten
und kostbarsten öffentlichen Bildergalerien Wiens beredtes
Zeugniß ablegt, ist leider in Folge eines schweren, in
der Jugend aquirirten Leidens gezwungen, sich von der
Oeffentlichkeit vollständig zurückzuziehen. Der regierende
Fürst lebt entweder in ländlicher Einsamkeit in seinem
Schlosse Eisgrub in Mähren oder aber er durchkreuzt
auf seiner Jacht fremde Meere und gibt sich allein, ohne
jede Begleitung dem Jagdvergnügen hin. Es ist unwahr,
daß der Fürst ein Sonderling ist; lediglich seine Krank-
heit läßt ihn die Menschen fliehen. Die Folge davon
aber ist, daß der Name Liechtenstein nur durch zwei
Vettern des jetzt regierenden Fürsten in der Oeffentlichkeit
repräsentirt wird. Der eine, der Prinz Alois Liechten-
stein, Mitglied des österreichischen Abgeordnetenhauses,
bat sich durch seine politische Haltung — er ist einer
der Führer der antiliberalen Bewegung in Wien —
ein gewisses Renommee erworben. Der andere, Prinz
Karl, ist eben der letzten Freitag Verstorbene. — Man
kann wahrhaftig nicht sagen, daß Prinz Karl dem
Namen, den er trägt, Ehre gemacht hätte. Schon in
früher Jugend war der Prinz sich selbst überlassen, sein
Vater — der noch am Leben befindliche Prinz Philipp
— verheirathete sich in zweiter Ehe morganatisch mit einer
Frau Todesko und die Fideikommißherrschaft ging in Folge
dessen an seinen jungen Sohn über. Bald befand er
sich mitten drinnen in dem Strudel moderner Vergnüg-
ungen. Er hatte viel Geld und noch viel mehr freie
Zeit und da wurde denn das Geld alljährlich
zu wenig. Wucherer, Spekulanten und Leute von zweifel-
hafter Qualität drängten sich an ihn heran. Der Prinz
ließ sich in die unglaublichsten geschäftlichen Combinationen
und Konstellationen ein. Er kaufte ganze Waggon-
ladungen Mais und verkaufte Pferde, er tauschte Equi-
pagen gegen Häuser ein, gab für Schmuck und Diamanten
Getreide und Rüben — und immer verlor er sein Geld
dabei, immer zog er den Kürzeren. Bald hatte er be-
deutende Schulden kontrahirt und die Höhe der Zinsen
wuchs rapid an. Nun begannen die merkwürdigsten
Abenteuer. Die Geldmänner wollten im Hinblick auf
das inzwischen erlassene Wuchergesetz keine Baarmittel
mehr vvrstrecken, aber sie liehen dem Prinzen Maaren,
die er auf eigene Faust veräußern mußte, um sich Gelo
zu verschaffen. Eines Tages war der Prinz beispiels-
weise Eigenthümer von tausend Stück Mühlsteinen, deren
Transport allein ihn schwere Hunderte kostete, so daß er
froh war, sie rasch wieder losschlagen zu können. Nicht
viel besser erging es ihm mit der Erwerbung von hundert
alten, von den Eisenbahngesellschaften ausgemusterte Lo-
komotiven, die man ihm für theures Geld ich. h- Wechsel)
anhängte, und die er als altes Eisen wieder weiter gab.
Eines der sonderbarsten „Geschäfte" des Prinzen war der
Ankauf einer Parthie von — Metallsärgen, die, zum nicht
geringen Schrecken seiner Dienerschaft, eines Morgens in
mehreren riesigen Möbelwagen wohlverpackt auf das Schloß
gebracht wurden. Es entstand inFolge dessen eine wahre Panik
und der Prinz war froh, als sich ein Abnehmer für die
Särge fand, der die unheimliche Sendung rasch wieder aus
dem Bereiche des Schlosses entfernte. Wiederholt hatte
sich der regierende Fürst in munificenter Weise seines
Verwandten angenommen; ja er streckte ihm auch die
Mittel vor, damit er in Amerika ein neues Leben be-
ginnen könne. Aber Prinz Karl kam nur bis Havre;
dort gefiel es ihm so gut, daß er in Gesellschaft von
jungen Franzosen sein Reisegeld gemächlich verzehrte und
dann wieder nach Wien zurückkchrte. In der jüngsten
Zeit hatten körperliche Leiden den Prinzen sehr herunter-
gebracht und der fortgesetzte Genuß von Morphium be-
wirkte endlich die Auflösung. In der Gruft seiner
Ahnen in Neulengbach ist sein Leichnam beigcsetzt worden.
Die herrliche Besitzung aber fällt nun an den alten
Stamm des Hauses Liechtenstein zurück, der sie gewiß
glücklicher verwalten wird, als dies Prinz Karl getban.
Neueste Nachrichten.
Brüssel, 2. März. Nach einer kurzen Sitzung ver-
tagte sich heute die Kammer und ließ die Diskussion
über das Wahlrecht im Stiche. Es waren noch sechs
oder sieben Redner angemeldet, sämmtlich von der ge-
mäßigten Linken, die alle auf das Wort verzichteten. Der
Vorfall macht großes Aufsehen. Man vcrmuthet, daß die
gemäßigte Linke mit der Negierung verbandelt, um die
äußerste Linke zu isoliren.
Belgrad, 2. März. Als die ernstesten Kandi-
daten für d e n Konstant! n o p el er Gesandten-
posten gelten der Gesandte in Bukarest Stojan Boö-
kowitsch i nd der frühere Minister Stojan Nnwakowitsch.
Genannt wird auch der jetzt schon in London wohnende
fortschrittliche frübere Minister Mijatoschwitsch-
Belgrad, 3- März. In Tvane im Usiczaer Kreise
fanden blutige Ausschreitungen statt. Die Volks-
menge entwaffnete die Gendarmen, welche vertrieben wur-
den. Der Stublrichter wurde todt geprügelt.
 
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