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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 61 - No. 70 (12. März - 23. März)
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unbekannt. — In einer hiesigen Wirthschaft wurde gestern
Abend ein bereits ziemlich angeheiterter Gast von einigen
schon sehr oft vorbestraften Individuen zum „Bierbezahlen"
verleitet und als Dank hierfür stahlen diese dem edlen Spender
die Börse, die 45 Mk- enthielt. — Gestern Abend wurde ein
als arbeitsscheu bekannter Mensch wegen Thätlichkeitcn ver-
haftet und hat sich derselbe bei seiner Verbringung nach dem
Gefängnis; derartig widerspenstig benommen, daß es dazu
dreier Schutzleute bedurfte. Er wird sich demnächst wegen
Widerstands, Bedrohung und Schmähung zu verantworten
haben. — Ein gewisses Aergcrnitz erregte gestern Nachmittag
ein hiesiger Kutscher, der im Zustand der Trunkenheit seine
Pferde derart leitete, daß er ein an der Seite der Friedrich-
straße fahrendes Stoßwägelchen, auf welchem sich ein Trans-
missionsrad befand, mit der Droschke bis zur Sandgasse
fortriß. Erft nachdem von Passanten die wie scheu rasenden
Pferde zum Stehen gebracht wurden, konnte man das Wägelchen,
welches beschädigt wurde, von der Droschke entfernen.

Gerichtszeitung.
* Heidelberg, 20. März. (Schöffengerichtssitzung.)
In der heutigen Sitzung kamen folgende Fälle zur Er-
ledigung :
1) Karl W. Kratzcrt, Kfm. hier, erhielt wegen Ueber-
tretung der 7 u. 12 d. P.-St.-G. eine Geldstrafe
von 1 Mk. 2) Karl Rettig, Schuster hier, erhielt wegen
Ruhestörung eine Geldstrafe von 5 Mk. 3) Gg. Engel-
hard und Sophie Beckenbach wurden von der Anklage
wegen unehel. Zusammenlebens freigesprochen. 4)Deßgl.
Karl Walter hier, wegen Uebertr. des § 98 P.-St.-G.
5) Die Beleidigungsanklage des Phil. I. Zobeley gegen
Joseph Stephan in Eppelheim wurde durch Vergleich er-
ledigt. Deßgl. 6) die Beleidigungsanklage des Joh. Mack
gegen Joh. Krick, Schreiner hier. 7) Louis Goos, Kfm.
hier, angeklagt wegen Beleidigung von Wilh. Meyburg
hier, erhielt eine Geldstrafe von 20 Mk. 8) Friedrich
Handlich, angeklagt wegen desgl. von Christian Vobwinkel
in Mannheim erhielt eine Geldstrafe von 15 Mk. und
die Kosten. 9) Die Beleidigungsanklage der Emilie Ehr-
mann gegen Heinrich Laur in Nußloch wurde durch Ver-
gleich erledigt. 10) Die Beleidigungsanklage des Karl
Brunner gegen Joh. Hug Ehefrau in Ziegelhausen wurde
durch Vergleich erledigt und hat Letztere die Kosten zu
tragen. 11) Jacob Weber Ehefrau hier, angeklagt wegen
Beleidigung von Anna Metzler, erhielt eine Geldstrafe von
20 Mk._
Personalnachrichten.
Schulwesen. Lehrerbildungsanstalten und Volks-
schulen.
Versetzungen und Ernennungen: Emcle, Jul.,
Gewerbeschulhauptlehrer in Wiesloch, wird Reallehrcr am
Lehrerseminar II in Karlsruhe. Schleyer, Julius, Real-
lehrer, vom Lehrerseminar in Meersburg an jenes in
Ettlingen. Steiger, Johann, Reallehrer, vom Lehrer-
seminar in Ettlingen an des Lehrerseniinar II in Karlsruhe.
Birsner, Fridolin, als Schulverwalter nach Mauchen
Braubach, Friedrich, Hilfslehrer in Donaueschingen,
wird Schulverwalter daselbst. Gebhard, Bertha, Schul-
kandidatin, als Hilfslehrerin nach Kehl-Stadt. Horch,
Jos., Schulverwalter in Wiesenthal wird Hauptlehrer da-
selbst. Horn, Alois, Unterlehrer, von Gcrchsheim nach
BZöschingen. Link, Ludwig, Schulverwalter in Ober-
dausen, Amts Bruchsal, als Unterlehrer nach Asbach.
Ät aur er, Karl, Unterlehrer in Pullendorf, wird Haupt-
kehrer in Schonach. Sch weigert, Karl, Schulverw.,
von Schonach nach Klengen. Stöß, Wilhelm, Hilfs-
kehrer in Durlach, wird Unterlehrer daselbst. Auf An-
suchen ihrer Stellen enthoben: Linder, Karl Unter-
kehrer in Wieblingen. In den Ruhestand tritt: Ra-
netter, Wilhelm, Oberlehrer am Lehrerseminar II in
Karlsruhe.
Handelsnachrichten.
. Frankfurt, 20. März. (Effecten-Socictät.) Umsätze bis
Uhr Abends. Oestcrr. Ercdit 292^-291^,-292 bez.
Msconto-Commandit 191-55-50 bez. Berliner Handelsgesell-
schaft 149.20-50-149 bez. Dresdener Bank 156.40 bez. Lom-
barden 93^ 94-93°/,-^ bez. G. Ung. Kronenrente 94.50 bez-
wt., 94.60 bez. cpl. La Bcloce 87 bez. Gelsenkirchen 150.80 bez.
Zarpener 140.20 bez. Courl 71.50 bez. Gotthard - Actien
sa6.2O bez. Schweizer Central 120.90 bez. Schweizer Nordost
>08.30 bez. Union 75.30-50 bez. Jura-Simplon St.-Akt. 49.40
5o/,Jtaliencr93.20bez.ult., 93.30 bez. cpt., 93.30 bez. 10000er-
6 st» Uhr: Kredit - Actien 292^/z. Disconto 191.55.
böhmische Nordböhn 165?/,.
. Mannheimer Börse, Effekten An der heutigen Börse
Wurden umgesetzt: Pfälzische Hypothekenbank-Actien L 138 Ist,
kDcrshcimer Spinnerei-Actien ä 40, Mannheimer Lagerbaus-
Uellschafts-Acnen « 84'fP Die Actien der Württembcrgischen
Zansportversichcrungs-Gesellschaft blieben 800 gesucht. Sonst
Mren: Pfälzische Bank-Actien 120.90 bez., Mannheimer
Nmpsschlcppschifffahrts - Actien 117 G-, Badische Rück- und
«Gwersicherungs-Actien 370 Bf., Mannheimer Vcrsicherungs-
'"ikn 545 Bf-
N,. Mannheim, 20. März. (Productenbörse.) Per 100 Kilo.
Mzcn, Pfälzer 17.50 bis —, Norddeutscher 17.— bis
f.'2ö, Rufs. Saxanska —.— bis —, Azima 18.50 bis 19.—,
k,wka 18.— bis 18.25, Taganrog 18.— bis 18.25, Amerik.
sanier 17.50 bis ——, Rumänischer 16.25 bis 17.50, Kansas ll
f'2-5 bis 17.50, Kernen 17.50 bis —. Roggen, Pfälzer
^0 bis 14.75, Rumänischer —bis —. Gerste hiesiger
O8end 17.— bis 17.20, Pfälzer 17.50 bis —, Ungarische
bis —.—. Hafer, Badischer 14.75 bis 15.—, Nord-
ischer —bis —, Russischer —.— bis —- Mais,
K^rst. mixed- 12.25 bis 12.55, Donau 12.— bis —.—.
ilrcps, Deutsche ", neuer 27.50 bis —. Leinöl mit Fatz
(ssiO bis —. Rüböl mit Faß 61.— bis —.—. Petroleum
T 2O»/o Tara 18.50 bis
"zenmehl: Nr. 00. Nr. 0. Nr- 1- Nr. 2. Nr. 3. Nr. 4.
35.00. 27.50. 26.00. 24.50. 23.—. 19.—.
°8genmehl: Nr. 0. Nr. 1.
23.50. 20-50.

Mannheim, 20. März.

15.—
14.55
14.70
11.35
ll.-
ll.85

Weizen März
„ Mai
„ Juli
Roggen März
„ Mai
- Juli

(Productenbörse.)
Hafer März
,, Mai
„ Juli
Mais März
Mai
Juli

Tendenz: behauptet.
Mannheimer Strohmarkt vom 20. März- Wiesenheu
per Ctr. Mk. 4.20-4.50; Kleeheu per Ctr. Mk. 4.50-5.— ;
Kornstroh per Ctr. 3.00—3.20; Gerstcnstrob Mk. 3.00—3.20.
Würzburg, 20. März. An den 6 Markttagen waren
im Viehhofe zugeführt: 2 Bullen, 21 Ochsen, 15 Stiere,
14 Kühe, 315 Kälber, 391 Schafe, 230 Schweine, zusammen
988 Thierc- Der Preis beträgt für das Ve Kg. Fleischge-
wicht bei Bullen 43—45, Ochsen 55—60, Stieren 46—50,
Kühen 33—38, Kälbern 41—44, Schafen 41—47, Schweinen
55—57 Pfg.
Nürnberg, 18. März. (Hopfenmarkt.) In Folge Ein-
greifens einzelner Exporteure wurden im Laufe dieser Woche
etwa 1500 Ballen dem Markte entnommen und zwar haupt-
sächlich grünliche Mittelsorten in der Preislage von 70—80 Mk.,
es ist somit spcciell für diese Sorte gegen die Vorwoche ein
Rückgang von etwa 5 Mk. zu verzeichnen. Die Zufuhren
waren belangreicher, so daß auch das Angebot sich wieder ver-
stärkte. Im allgemeinen bleibt die Stimmung matt und
Preise gedrückt. Prima Hopfen 105—115 Mk-, gutmittel
85—95 Mk., mittel 75—82 Mk., gering 65—72 Mk., Wolnzach-
Auer prima 115—120 Mk., Spalter Land 130—145 Mk.

18. ! 20.
14.95
14.70
14.75
1140
11—
11.80

18.
20.
16.30
16.30
16.40
16.40
16.45
16.40
13.90
13 90
14.10
14.10
14.10
14.20

Allerlei.
— (Humor im Krankenhause.) Ueber einen
tragikomischen Vorfall im Krankenhause in Liegnitz
berichtet der „Liegnitzer Anzeiger" : Eine hiesige Küchen-
fee hatte sich einen bösen Finger zugezogen und war in
Folge dessen gezwungen, uni Aufnahme im städtischen
Krankenhause nachzusuchen. Hier verschlimmerte sich der
Zustand so sehr, daß sich der Krankenhausarzt zur Am-
putation des Fingers gezwungen sah. Unter Assistenz
eines zweiten Arztes wurde die Amputation in voriger
Woche vollzogen und das Mädchen chloroformirt. Die
Dosis war vielleicht etwas zu stark gewesen, denn die
Patientin erwachte nicht sobald wieder aus ihrem todt-
ähnlichen Zustande, Verschiedene Mittel waren schon
probirt und die Aerzte begannen bereits ängstlich zu werden,
als sich einer zu dem Ohre des Mädchens neigte und
ihr zurief: „Marie, die Soldaten kommen!" und siehe
da, das half! Die Beherrscherin des Kochlöffels schlug
mit einem Male ihre Augen auf und schaute verwundert
ihre Umgebung an.
— (Ein weltmüder Fürst.) Einer der be-
kanntesten römischen Fürsten hat dieser Tage den Beschluß
gefaßt, der Welt für immer zu entsagen und das Priester-
gewand anzulegen. Aus Rom schreibt man darüber
Folgendes: Im Vatikan spricht man seit einigen Tagen
von nichts Anderem als von dem Entschlüsse, den der
Fürst Don Ugo Boncompagnie, Herzog von Sora,
Er-Präsident der Unione Romana und Er-Faktotum der
Banca di Roma, gefaßt hat. Derselbe will nämlich, nach-
dem er den Rest seines Vermögens verschenkt hat, Welt
und Familie verlassen und Priester werden. Zuerst dachte
er an die Gesellschaft Jesu; die Jesuiten scheinen jedoch
von Fürsten nichts wissen zu wollen, denn bald
traf aus Fiesole, dem Sitze des Ordensgenerals, der Be-
scheid ein, daß der Fürst nicht ausgenommen werden könne.
Nach dieser Absage siel es dem Fürsten ein, Theologie
zu studiren und Priester werden zu wollen; er mochte sich
dabei wohl von dem Gedanken leiten lassen, daß ihm sein
Adelstitel eines Tages ein Anrecht auf den Kardinalpurpur
geben könnte. Don Ugo Boncompagni, der so lange
Zeit in der weltlichen Gesellschaft Roms geglänzt hat, sitzt
jetzt wirklich in einem Kloster zu Foligno und ftudirt mit
heißem Bemühen Theologie. Es gilt als sicher, daß Don
Ugo schnell Karriere machen wird. Seine Kinder werden
jedenfalls in einem „Kollegio" untergebracht und der
Obhut der Verwandten, des Fürsten Actieri und Bon-
compagni anvertraut werden._
Neueste Nachrichten.
Berlin, 20. März. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht
das Gesetz über die Verlegung des Landes-Buß- und
Bettags, sowie eine Verordnung zur Ausführung des 8
3 dieses Gesetzes, wonach das Gesetz am I. April 1393
in Kraft tritt.
Berlin, 20. März. Das Abgeordnetenhaus
hält Mittwoch seine letzte Sitzung und vertagt sich bis
zum II. April. Dann beginnt die zweite Lesung der
Steuerreform. Das Herrenhaus wird bis zum
Samstag Sitzungen halten, um den Etat und das Ge-
setz über die Reichsgehaltskassen für Volksschullehrer und
Lehrerinnen zu erledigen.
Arnsberg, 20. März. In derReichstagswahl
Olpe-Meschede wurden bis 10^ Uhr Abends gezählt
für Fußangel 5746, für Boese 2006 Stimmen.
Wien, 20. März. Die „Neue Freie Presse" erfährt
von angeblich unterrichteter Seite über die deutsch-
russi schm Handelsvertrags-Verhandlungen,
daß sowohl auf deutscher als russischer Seite das Zustande-
kommen des Vertrages als sehr wahrscheinlich bezeichnet
wird. Doch stehen noch größere Schwierigkeiten zu be-
wältigen, so daß der Vertrag erst in einigen Monaten
perfekt werden dürfte. Deutschland begehrte Zollermäßigung
für Chemikalien, Eisen, landwirthschaftliche Maschinen
und Gleichstellung des Kohlenzolls über die Westgrcnze
Mit dem Zolle zur See.
Rom, 20. März. Heute Abend 9 Uhr explodirte
im Palazzo Marignoli, worin sich das Caffee Aragno

befindet und der an einer sehr belebten Corsoecke gelegen
ist, eine Bombe. Es wurde nur geringer Schaden verursacht.
London, 20. März. Heute Morgen waren höchst
beunruhigende Gerüchte bezüglich des Zustandes Lord
Salisbury's im Umlauf; er wurde sogar todt ge-
sagt. Diese Gerüchte sind durchaus unbegründet. Es
ist ein offizielles Bulletin ausgegcben worden, welches
besagt, daß der Patient sich auf dem besten Wege der
Genesung befinde.
Newyork, 20. März. Cleveland bat die Ernennung
Theodor Rungon's zum Gesandten in Berlin
dem Senat übersandt. Rungen ist ein hervorragender
Advokat im Staate New-Jersey, war zweimal Kanzler
jenes Staates und besitzt ein gründliches Wissen. Er ist
70 Jahre alt, promovirte auf der Aale-Universität 1842,
war im Bürgerkrieg General und kommandirte die National-
garde von New-Jersey als Generalmajor bis 1873. Er
ist ein hochgeachteter Charakter._
Sprech fcrctL
Gleiches Recht für SUle.
Mr Artikel unter dieser Rubrik ist di- Redaktion nicht verantwortlich. I» übrize»
steht der Sprechsaal Jedermann unentgeltlich zur Beifügung.
Ein trauriger Fall innerhalb Heidelbergs.
Anknüpfend an den gestern in der „Bürger-Zeitung"
mitgetheilten Fall bezüglich des schweren Geschicks, das
die Familie, speziell die Frau des nunmehr verstorbenen
Arbeiters K. Regel (Pfaffengasse 8) betroffen hat, soll
in diesen Zeilen unter näherem Bericht jenes Falles auf
einen Punkt bingewiesen werden, der innerhalb unserer
städtischen Einrichtungen dringendster Aenderung
bedarf. Dieser Punkt ist das Hebammenwesen.
Jener tief bedauerliche Fall, der sich vorgestern Nacht in
der Wohnung jener armen Arbeiterfamilie zugctragen, ist
genau folgender: Als die genannte Frau ihre schwere
Stunde nahen füblte, erbarmte sich eine Hausnachbarin
und machte sich in der Nacht auf den Weg, eine Heb-
amme zu suchen. Sie kam zur ersten und erhielt von
dieser den Bescheid, sie könne nicht kommen. Sie eilte
zu einer anderen und wurde wiederum so abgefertigt.
So bat sie, während sic in der ganzen Stadt umherlief,
7, sage sieben dieser Hebammen, und — keine
einzige begab sich zu der in ihren Schmerzen daliegenden
armen Frau in der Pfaffengasse. So hatte diese letztere
bereits 4 schreckliche Stunden zubringen müssen, als sich
— die Einzige, die sich nicht vergebens bitten ließ —
die Hebamme Frau S. zu der Frau begab. Wie gestern
in diesem Blatt bereits mitgetheilt wurde, war das neu-
geborene Kind todt. Hierzu aber ist zu bemerken, daß
es wohl keineswegs todt geboren wurde, sondern in F»lge
jener unglaublichen Vernachlässigung und
stundenlanger Hülflosigkeit erst starb. Die ursprüngliche
Annahme, daß dieser Umstand bezüglich der Todtgeburt
eingctreten sei in Folge des Schreckens jener Frau über
den Tod ihres Mannes, ist nicht zutreffend, da Letztere
während dieser Stunden keine Ahnung davon hatte, daß
ihr Mann nebenan inzwischen gestorben war. Die Folge
dieses nächtlichen Trauerspiels, das zum großen Theil
nicht nur hätte verhindert werden können, sondern
sollen, war nnn zu alledem eine schwere Erkrankung
der armen Frau, die auch deren Leben fraglich macht.
In einem wahrhaft beweinenswerthen Zustand wurde sie
dann Merzens nach der Klinik geschafft. Was soll man
nun dazu ferner sagen, daß allein innerhalb einer Woche
dieser Fall, daß also arme Frauen vergeblich nach einer
Hebamme schickten, schon dreimal da war, ganz abge-
sehen davon, wie oft er vorgekommen sein mag, ohne
bekannt worden zu sein? Die unmittelbare Frage, die
solche in dunkler Stille sich abspielende, in der That
aufs Aeußerste empörende Vorkommnisse veranlassen, ist
nun die: Wie kommt es, daß angestellte Hebammen in
solchen Fällen sich berechtigt fühlen oder Veranlassung
nehmen, ihre Hilfeleistung einfach zu versagen? Die Ant-
wort ohne Umschweife ist die: Heidelberg hat es, wie es
scheint, in dieser Beziehung noch nicht für nöthig ge-
sunden, die strikte Vorkehr zu treffen, die wohl alle
kleineren Orte längst getroffen haben, nämlich eine wirk-
liche Ar men-Hebamme cinzustellen. So wenig es
zu rechtfertigen ist, wenn solche Frauen keine Spur eines
edleren Begriffs in ihren wichtigen und verantwortungs-
vollen Beruf zu legen wissen und einfach die Schwelle
der Armuth meiden, weil es hier voraussichtlich „nir
giebt," so bedauerlich ist es, daß man andrerseits von
ihnen Dienste fordert oder erwartet, die ihnen seitens
armer Leute nicht vergütet werden können, aber auch sonst
kaum oder gar kein Entgelt finden. Es ist sogar vor-
gekommen, daß die eine oder andere Hebamme sich selbst
noch zu Unkosten hat verstehen müssen, die Niemand
deckte. Mit einem Wort: Hier liegt unbedingt ein
Mangel vor, der jedenfalls des Aufdeckens, und weit
mehr noch der Abhilfe bedarf. Niemand, am allerwenigsten
unserer vortrefflichen obersten Gemeindeverwaltung, soll
ein Vorwurf gemacht werden, aber auf Vorkehr gegen
solche tief bedauerlichen Vorkommnisse — gerade bei diesen
Dingen, die sich nicht an der Oberfläche abspielen —
muß gedrungen werden. Wir erinnern uns, daß eines
Tages bei Gelegenheit der Verhandlung betreffs der
Leichenhalle von hochgeschätzter Seite das herrliche Wort
gesprochen wurde: Im Arme des Todes gibt es kein
Reich und kein Arm. Wir fügen hinzu: Es gibt auch
i keine „reiche" und keine „arme" Mutter in den
j schwersten Stunden ihres Lebens. -x-
 
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