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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 71 - No. 80 (24. März - 6. April)
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Arnold Großfeuer. Der Schaden an den Vorräthen
Md auf mehrere Hunderttausend Mark geschätzt.
* München, 1. April. Der verhaftete hiesige Bader
Guttenberg gestand den vierfachen Raubmord in
Lehrersfamilie in Dietkirchen ein. Der verhaftete
Mrer wurde freigelassen.
* Saarlouis, 1. April. In einer Zelle des hiesigen
Ecilitärgefängnisses erhängte sich der Soldat Heitmann
Truchtersheim bei Straßburg, welcher sich wegen des
Engenden Verdachtes, einem Knecht in seinem Heimaths-
'cke auf dem Heimwege aus dem Wirthshausc 20 Mark
israubt und denselben ermordet zu baden, schon zwei
Monate in Untersuchungshaft befand.
* Koblenz, 1. April. Gestern Nachmittag wurde
ütz älterer Weichensteller vom Schnellzug Frankfurt-Köln
M der hiesigen Station überfahren und sofort getödtet.
* Barmen, 1. April. Der Bleichereibesitzer Chr.
Müller ist in der Donnerstag Nacht von sechs halb-
wüchsigen Burschen aus Rauflust mit einem Säbel er-
Magen worden. Der Schwager des Müller, der hier
M Urlaub weilende Infanterist des 57. Regiments,
Bather Vesper, wurde von der nämlichen Rotte schwer
Metzt; er erhielt Stiche in den Rücken und in die
^lUge. Die Thäter sind verhaftet.
* Berlin, 1. April. Die Lehrercollegien der sämmt-
ichen Unterrichtsanstalten Berlins schickten heute Glück-
wunschtelegramme und Schreiben an den Fürsten Bismarck,
^ie Depesche des Sophien-Gymnastums lautete: „Dem
Mehrer Preußens, dem Wiederhersteller Deutschlands,
Mdet ehrerbietigsten Gruß und Glückwunsch das Lehrer-
^Üegium des Sopbieu-Gvmnasiums zu Berlin."
* Lübeck, 1. April. Ein Grvßfeuer im naben
Mrfe Vorwerk legte heute Nachmittag 6 Häuser in Asche.
Mr Schaden an verbrannten Vorräthen ist ziemlich be-
hütend. — Auf dem Dampfer „Falke" sind mehrere
Personen durch Kohlengas verunglückt. Ein Maschinist
Ül todt, der Kapitän und Steuermann schwer verwundet.

* Wien, 1. April. Mannlicher erklärte neuerdings,
Hk Panzerstoffe seien unzweckmäßig. Der Anprall der
Eugel führe vermuthlich starke innere Verletzungen herbei;
Ebenfalls könnlen die Kugeln mit einer Legirung, die
Mwerer schmilzt, gefüllt werden, wodurch die Wirkung des
"unzers aufgeboben werde.
* Preßburg, 1. April. In der Patronenfabrik
Wurden gestern Schießproben mit dem vom Fabrikdirektor
Münder erfundenen kugelfesten Stoffe gemacht. Die
Mrsuche mit dem Achtmillimeter Mannlichergewehr sielen
Zufriedenstellend aus.
. * Paris, 1. April. Nach hier cingegangenen Näch-
sten aus Manila wurden im Weichbild von Manila
MO Häuser und Hütten durch eine Feuersbrunst zer-
j°rt. Mehrere Personen sollen Verletzungen erlitten
haben.

* Kopenhagen, 1. April. Nach längerer Pause ver-
hwmt man wieder einmal ein Lebenszeichen von dem
Mannten „Kistenreisenden" Hermann Zeitung. Der
Melustige Schneider — er betreibt bekanntlich diesen Beruf
Nebenamt — traf nämlich als Eilgut in einem
Wohnlichen Koffer aus Christiania auf dem hiesigen
Mllaml ein und überraschte die erschrockenen Zollbeamten
"Urch mi kräftiges Hurrah aus der Tiefe seiner stroh-
Molsterten Wohnung.
* London, 2. April. Die schußfeste Uniform, welche
Mwe erfunden, ist, wie hier gesagt wird, nicht neu. Im
Mi letzten Jahres wurde die Aufmerksamkeit des damaligen
Miners, Lord Salisburv, auf eine ähnliche Erfindung
^ienkt. Dieselbe wurde damals im Geheimen von
äffischen militärischen Sachverständigen einer Prüfung
Herzogen. Weitere von Rußland eingetroffene Nachrichten
Men es zur Zeit wünschenswerth erscheinen, von dem
Minder, einem deutschen Officier, die Zusicherung zu cr-
Mgen, daß er die Erfindung an die englische Regierung
Mausen werde, falls sie dieselbe erstehen wolle. Ein
Mischer Artillerie-Officier wurde nach Rußland gesandt.
M Zeuge der dort vorgenommenen Prüfungen der Er-
Mdung zu sein. 200 Pfd. Stl. wurden dem Erfinder
M Abschlagssumme gezahlt und derselbe kam dann später
England."

Locale Wittheil'ungen.
Heidelberg, 4. April-
h, (Ostern.- Das war ein Ostern, richtiger ein Oster-
tzfilcr, an dem man seine Helle Freude haben muhte. Der
Mnsch denkt und Gott lenkt: wenn dies ewig wahre Wort
jA wieder einmal so recht erwies, so war es in dieser Oster-
denn nicht nur die Weissagung des großen Erdbeben-
Mheten Falb, sondern auch aller Anderen, die allerlei
sAwölkungen und Niederschläge" auf ihrer Wetterliste führten,
M gründlich zu Schanden geworden- Wenn man hinaus-
sM in die Natur, wie alles schon im Blätter- und Blüthen-
bMuck steht, so könnte man vergessen, daß wir soeben erst
April angetreten haben, und in Wahrheit ist auch die
»Mur im Vergleich zum Vorjahr um mindestens drei Wochen
LA«s- Es würde kaum möglich sein, bezüglich der äußeren
Einzelheiten zu berichten. Während seitens hiesiger
iMiirc Ausflüge nach auswärts und auswärtiger Vereine
hier unternommen wurden, herrschte allüberall auf den
sy kßen, gnf Waldwegen und anderen öffentlichen Plätzen ein
H Mges Verkehrsleben, wie es nicht an jedem Ostern zu sehen-
sM der Wunsch dürfte noch am Platze sein, daß der April
»iMrtfahren und die blühende Natur vor allem mit Frost
o Wettcrlaunen verschonen möchte-
2 (Postalisches.) In der Behandlung von Post-
Weisungen treten vom 1- April ab bei den Postämtern
MMungen ein, die im Wesentlichen eine Vereinfachung des
wahrens bezwecken- So soll in den Aunahmebüchern für

Postanweisungen der Empfänger nicht mehr angegeben werden.
Auch werden im Postvermerk der Postanweisungen Aufgabe-
bezirk und Aufgabeort nicht mehr handschriftlich angegeben,
sondern mittels Stempels eingedruckt-
-4- (112er Tag in Lahr.) Das Festpräsidium des
ersten 112er Tags in Lahr hat nunmehr beschlossen, den Fest-
tag auf den 25. Juni l. I- festzusetzen. Heidelberger Kameraden
nehmen laut Bericht dcS Festcomitäs den ersten Rang als
Festtheilnehmer ein, weil der Beschluß, Lahr als Festort zu
wählen, von denselben aufs Wärmste empfohlen wurde. Dem
Schriftführer der Section Heidelberg wurde besondere An-
erkennung von Seiten des Festpiäsidiums gezollt für seine
umsichtige Phätigkcit. Zur Ausführung des Festes besteht ein
Fonds von 5000 Mk. und dürfte das Fest großartig werden-
X (Warnung.) In deutschen Zeitungen finden sich
nenerdings wiederholt Inserate, in denen Stellen als Aufseher
für Besitzungen in der Nähe von großen Städten Deutschlands
mit günstigen Gehaltsbedingungen offerirt werden- Als nähere
Auskunftsstelle ist bald ein gewisser H. Wolff, 24 Liesle St-,
London 5V-, bald ein gewisser Fischer, 35 Ridinghouserstr.,
London V., angegeben- Wer sich auf diese verlockenden An-
zeigen meldet, erhält in beiden Fällen eine von einem gewissen
Kaul, der sich je nach dem in Bezug genommenen Inserat als
Secretär des Wolff oder des Fischer ausgibt, unterzeichnete
vorläufige Mitthcilung, daß Wolff oder Fischer eben nach dem
Continent verreist sei und sich den Bewerber persönlich ansehen
werde, daß der Bewerber aber zunächst behufs Deckung der in
der Angelegenheit entstehenden Kosten einen Betrag von 80 Pfg.
bis 1 Mk- in Postfreimarken einzusendcn habe- Diese An-
führungen dürften, wie der „Reichsanzeigcr" hervorhebt, genügen,
um diesen und ähnlichen Annoncen gegenüber zur äußersten
Vorsicht zu mahnen.
< (Waldbrand.) Wie nothwendig die Mahnung zur
Vorsicht ist, um Waldbrände zu verhüten, dazu wieder ein
Beispiel aus unserer Umgebung- Am ersten Feiertag Nach-
mittag brach oberhalb Neckargemünd auf der sogen- Kanzel
ein Waldbrand aus. In drei Linien schlängelten sich die
Flammen die Berglehne hinan und hüllten die ganze Thal-
mulde in Rauch. Nach 3 bis 4 Stunden gelang es, das
Feuer zu dämpfen und das Ueberspringen der Flammen auf
den nahen Hochwald zu verhindern. Das dürre Laub bildete
die Hauptnahrung für die Flammen, da die Bäume jetzt in
der Saftzeit stehen-
O (Diebstahl.) Ein hübsches Stückchen haben in der
Sonntagnacht zwei Schneidergesellen geliefert- Da dieselben
zu Ostern von ihrem Arbeitsmeister entlassen wurden, eigneten
sie sich alles, was sie an Kleidungsstücken, Uhren u. s. w.
der in Arbeit verbleibenden vier Gesellen vorfinden konnten,
an und suchten damit das Weite. Bis jetzt gelang es noch
nicht, den sauberen Brüdern auf die Spur zu kommen-
Handelsnachrichten.
Heidelberg, 1. April. (Marktpreise.) Heu per
Ctr. Mk. 5.— bis 5.50, Stroh per Ctr. Mk. 3.20 bis 3.60.
Butter in Ballen Mk. 1.20 bis 1.30, Butter in Pfd. Mk. 1.40
bis 1-50. Eier per Hundert Mk. 5.60 bis 6.80, per Stück 6
bis 8 Pfg., Kartoffeln per Ctr. 2.30 bis 2.50 Alk-, Aepfel per
Pfund 12 bis 18 Pfg., Birnen per Pfund 15 bis — Pfg.,
Nüsse per Hdt- 45 bis — Pfg-, Zwiebel per Pfd- 14 bis
15 Vfg-, Kastanien per Pfd- 20 bis — Pfg-, Rothkraut per
Kopf 30 bis 40 Pfg., Blumenkohl per Kopf 50 bis 80 Pfg.
Schwarzwurzeln per Pfd- 25 bis 30 Pfg., Monatsrettig per
Gebund 5 bis 6 Pfg., Mai-Rettige per Stück 18 bis 20 Pfg.,
Meerrettig per Stück 20 bis 25 Pfg., junge Zieglein Mk.
1.50 bis 2.20.

A s s e r l' e i.
— („Die Damen und das Rauchen.")
Unter dieser Ueberschrift veröffentlicht die „Süddeutsche
Tabakztg." das Folgende: „In einem Büchlein „Uour
on oontrs Is tg-bno, Uuris," ist nicht ohne Interesse
das uns vorliegende Urtheil geistvoller Damen aus Kunst,
Literatur und Gesellschaft über das Rauchen. Sämmtliche
Damen, die ihr Urtheil der „Enquete" Aurelien Scholl,
dem bekannten Pariser Journalisten, mitgetheilt, sind vom
Rauchen mehr oder minder entzückt. Wir entnehmen
dem Büchlein folgende drei Billets: „Sie verlangten
meine Meinung für oder gegen den Tabak. Ich beeile
mich, Ihnen diesselbe mitzutheilen. Ich bin weder für
noch gegen denselben, da er mir zuviel Annehmlichkeiten
bereitet, als daß ich gegen ihn sprechen möchte, und —
Unannehmlichkeiten, als daß ich mich entschließen könnte,
für ihn zu sprechen. Josephine Soulary." — „Jawohl, ich
rauche und glaube sogar, daß ich Cigarretten recht gern
rauche. Es amüsirt mich überdies, die Leute zu
beobachten, welche in einen Salon eintreten und es übel
nehmen, wenn man darin raucht. Herzogin d'Uzäs."
„Ich rauche während meiner Beschäftigung ein hübsches
Quantum orientalischer Cigaretten, habe aber noch nicht
bemerkt, daß dasselbe lähmend auf den Geist gewirkt hatte.
Sobald ich etwas davon bemerken sollte, werde ich mich
beeilen — nicht etwa, mich zu bessern, indem ich dieser
so angenehmen Gewohnheit entsage, sondern meine Zeit-
genossen und Zeitgenossinnen durch Jbre Zeitung darauf
aufmerksam zu machen. Louise Abbäma."
— (Unfreiwillige Komik.) Aus dem „Album
unfreiwilliger Komik" (Verlag von Richard Eckstein Nach-
folger, Hammer und Runge) in Berlin: „Die Butter-
bandlung von Berlitt und Chartier empfiehlt feinste Hes-
sische Gutsbesitzer, ausgezeichnet im Geschmack, ü Pfund
M. 1.20." „Gen.-Anz. v. Hannover." September
1886. — „Aale, Schleie, Riesenspargel, lebend und ge-
räuchert, empfiehlt N. N." „Sangerb. Ztg." 118.
1883. — „Sofort wurde dem Uebelthäter die Schuß-
waffe abgenommen, an den Händen gefesselt und nach
Gotha in's Gefängniß abgeliefert. „Magdeb. Ztg." Nr.
467. 1886. — „Dem Professor Dr. Mommsen hat
der König den Maurizio- und Lazzaroni-Orden verliehen."
„Hamb. Nachr." 115. 1879. — „Die berühmte Hof-
schauspielerin Klara Ziegler ist in „Jphigenia auf Tauris"
von Goethe mit der zur gleichnamigen Oper von Gluck
komponirten Ouvertüre zur Aufführung gelangt." . Hild-
burgs». Wochenbl." Herzogth. Meiningen. 1871. —
Aus dem Roman: „Der Spielkonig." „Plötzlich er-

tönte eine Klingel. Die Stille im Saal stellt sich wie
mit einem Zauberschlage her. Die Jury trat wieder
ein und stellte sich auf. Der Obmann der Ge-
schworenen legte die Hand auf die linke Brust und sagte mit
erhobener Stimme: Fortsetzung solgt." „Frkf. Jntell.-Bl."
Juni 1886. — Aus einem Bericht über einen Festzug:
„Es folgte das Musicorps; darauf gleichfalls auf stolzen,
weißem Rappen der Feldmarschall." „Finsterw. Wochenbl."
1886 Nr. 71. — Vergangenen Sonntag Abend wurde
im Schießhausc zu Adorf ein neuer, schwarzer Filzhut
vertauscht, (welcher später sehr gut kenntlich ist.) Wenn
derselbe nicht binnen acht Tagen dort abgegeben worden
ist, wird dessen Namen veröffentlicht." „Adorfer Grenzb."
Nr. 34. 1878. — Am 9. April starb in Heidelberg der
Dichter Viktor Scheffel. Vielleicht haben die wenigsten
Leser dieses Blattes von ihm etwas gewußt. Er war
eben ein Dichter und die Zahl der Dichter ist doch keine
geringe; wer soll auch mit allen Bekanntschaft machen
können! Fehlt es doch dazu an Zeit und wohl auch
an Bedürfniß." „Wachter unter dem Kreuz."
Schlesien 1886.
— (Wieder ei n „Ku g e l f e st e r.") Auch Berlin
bat bis vor kurzer Zeit einen Erfinder des kugelsicheren
Stoffkürasses aufzuweisen gehabt, dessen Versuche, das
Problem zu lösen, wohl aus Mangel an pekuniären
Mitteln gescheitert sind, und der sich dann aus Ver-
zweiflung den Tod gegeben hat. Man theilt von glaub-
würdiger Seite darüber mit: Der Techniker Ewald Kern,
welcher bis Anfang des Jahres 1892 als Chambregarnist
in einem Hause der Adalbertstraße wohnte, hatte sich schon
seit mehreren Jahren mit der Herstellung eines aus Stoff
bestehenden Kugelpanzers beschäftigt; der junge Mann hatte
über die Erfindung nicht allein seine Stellung aufge-
geben, sondern auch seine Ersparnisse zugesetzt, bis er
endlich Ende 1891 glaubte, die Lösung der Frage ge-
funden zu haben. Da K. aber nicht mehr die Geld-
mittel besaß, die Anfertigung des Stoffes vornehmen zu
lassen, so versuchte er auf alle mögliche Weise einen Geld -
mann für die Sache zu intcressiren, allein Niemand
glaubte an die Möglichkeit eines Gelingens dieser Er-
findung, und der Techniker wurde überall zurückge-
wiesen. K. hatte in Gegenwart von Freunden im
Grünewald wiederbolt während des Jahres 1891 Schieß-
versuche auf den allerdings noch nicht vervollkommneten
Stoff angestellt, welche auf weitere Entfernungen ein
nicht ganz ungünstiges Resultat gezeitigt haben sollen,
denn der Erfinder gab auf 200 Meter Entfernung aus
einem Jagdgewehr einen Schuß ab, dessen Kugel wirkungs-
los an dem Stoff abprallte. K-, der fanatisch an seiner
Idee bing, gerieth immer mehr in Nahrungssorgen und
wurde im Herbst des Jahres 1891 obdachlos; er scheint
jeden Versuch, die Erfindung zu fruktifizieren, aufgegcben
zu haben. Schließlich ergab er sich dem Trunk und hat
im Juli oder August 1892 seinem Leben dadurch ein
Ende gemacht, daß er sich in der Spree ertränkte.
— (Eine 26 stündige Rede.) Aus London
wird berichtet: Die längste Rede, die vielleicht je gehalten,
war die, welche die Mitglieder der gesetzgebenden Ver-
sammlung von Britisch-Columbien anzuhören gezwungen
waren. Eine Vorlage, welche beantragte, sehr viele An-
siedler ihres Landbesitzes zu berauben, war in Berathung
zu ziehen. Dieselbe kam am Vorabend des Schlusses
der Session zur Debatte. Falls der Antrag nicht vor der
Mittagsstunde an einem gewissen Tage zum Gesetz er-
hoben war, so konnte keine. Confiscation des Landes
stattfinden. Das Parlamentsmitglied De Cosmos erhielt
das Wort am Tage vor dem Schluffe der Session. Er
fing um 10 Uhr Abends gegen die Vorlage zu sprechen
an. Seine Freunde glaubten, er würde um 2 Uhr ge-
endet haben und eine Abstimmung über dieselbe würde
dann stattfinden. Es wurde ein Uhr und der Redner
hatte kaum den Gegenstand berührt. Es schlug 2 Uhr
— und er sagte „zweitens". Um 3 Uhr zog er ein
Bündel Papiere aus seiner Rocktasche und schickte sich an,
dieselben zu verlesen. Die Majorität der Mitglieder fing
nun an zu ahnen, daß er bis zum nächsten Mittag
sprechen werde, um der Vorlage den Garaus zu machen.
Zuerst amusirte sic der Gedanke, dann aber waren sie
darüber aufgebracht. Sie versuchten den Redner zu
unterbrechen: diese Unterbrechungen jedoch gaben ihm
Gelegenheit, Abschweifungen zu machen und Zeit zu ge-
winnen. Dann versuchten sie ihn niederzuschreien —
Alles vergeblich und zuletzt beschlossen sie, sich dem Un-
vermeidlichen zu fügen. Keine Vertagung über die Mit-
tagsstunde wurde erlaubt; der Redner konnte seine Lippen
nur mit Wasser anfeuchten. Der Abend kam heran:
das Gas wurde angesteckt. Das Morgenlicht dämmerte
und der Redner war noch nicht erschöpft. Er fuhr fort
bis zur Mittagsstunde zu sprechen. Die Stimme des
Redners, die zuerst klar und deutlich war, konnte nur noch
leise wispern; seine Augen waren fast ganz geschlossen;
sie waren geschwollen und mit Blut unterlaufen. Die
Beine zitterten ihm; die Lippen waren schwarz und auf-
gesprungen und bluteten. De Cosmos hatte 26 Stunden
lang gesprochen und das Land, das konfiszirt werden
sollte, blieb im- Besitze der Pflanzer.
Beschwerden LÄL
lung der „Burger-Zeitung" wolle mail un-
verzüglich an uns gelangen lassen.
 
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