Bei dem Vorbeimarsch des 1. Garderegiments zu Fuß
waren der Kronprinz sowie die drei Söhne des Prinzen
Albrecht eingetreten. Der Kaiser führte der
Kaiserin, die mit den kaiserlichen Prinzen, der Her-
zogin Adelheid von Schleswig-Holstein, den Prinzessinnen
Friedrich Leopold und Alerandrine, der Erbprinzessin von
Hohenzollern und der Herzogin Johann von Mecklenburg
der Parade von den Fenstern des Stadtschlosses aus bei'
wohnte, das Regiment der GardeS-du-Corps zweimal vor,
ebenso der Prinz von Turin das Gardekürassicr-Regiment,
das zur Theilnahme an der Parade heute früh cinge-
troffen war. Nach der Parade fand im Stadtschloß
Frühstückstafel statt.
Oesterreich-Ungarn.
Wie», 3. Juni. Der Ausschuß für äußere Angelegen-
heiten der ungarischen Delegation eröffnete seine
Berathung über das Budget des Aeußeren mit dem Re-
ferate Falks, welcher die Nichterwähnung des Dreibundes
in der Ansprache des Kaisers hervorhob. Es sei wohl
in Folge der Selbstverständlichkeit des Fortbestandes dieses
feststehend gewordenen Bündnisses nicht geschehen, zugleich
aber auch sei cs ein Anzeichen, daß das ehemalige Miß-
trauen gegen die rein friedliche Bundestendenz und die
damit zusammenhängende Gegenströmung nachgelassen und
sich somit die Beziehungen nach dieser Seite erheblich ge-
bessert hätten, ebne daß das Verhältnis zu den Bundes-
genossen an Intimität eingebüßt habe. Redner fragt den
Minister, ob diese Auffassung richtig sei. Hierauf gab
Graf Kalnoky eine Ucbersicht über die Lage. Er führt
darin aus, im Dreibund habe sich nichts ge-
ändert. Derselbe stehe so fest wie früher
und werde auch so bleiben. Das Gefühl der Sicherheit
bezüglich der Erhaltung des Friedens habe sich gestärkt.
Große Massen des italienischen Volkes seien mit dem
Bündniß einverstanden und es liege kein Grund vor,
gewisse, aus der Vergangenheit herrührende irredentistische
Vorgänge heraufzubeschwören. Mit der serbischen Re-
gierung wird freundschaftlich verkehrt, der König wird von
uns beglückwünscht. Bezüglich der Beziehung mit Ruß-
land berechtigen die Dispositionen des Kaisers Alexander
und der russischen Regierung zur Hoffnung, daß sich die
guten bestehenden Beziehungen noch verbessern.
Italien.
Rom, 3. Juni. Binnen Kurzem wird der Kammer
eine neue Vorlage über die bürgerliche Eheschließ-
ung zugehen, welche sich von dem Entwurf Bonaccis
dadurch unterscheidet, daß sie nur die Geistlichen und
zwar mit Geld bestraft, während fester gegen alle Be-
theiligten Freiheitsstrafen verhängen wollte.
Rumänien.
Bukarest, 3. Juni. Der Herausgeber des anti-
dynastischen „Adeverul" wurde wegen einer beleidigenden
Verleumdung des Kronprinzen von einem Major
des kronprinzlichen Jägerbatallions geohrfcigt.
Amerika.
Chicago, 2. Juni. Die Differenzen ist Betreff der
Preisvertheilung sind bcigelegt, nachdem ein dem
Jury-System ähnliches Verfahren angenommen worden
ist. Die Entscheidung über die Preisvertheilung liegt
darnach in den Händen eines Comitss internationaler
Preisrichter, welches den Bericht des mit der Vorprüfung
beauftragten Preisrichters verwerfen oder abändern kann.
Auf Verlangen des Comites würden von der amerikanischen
Preiscommisston drei oder mehr Preisrichter zur Vor-
prüfung ernannt werden. — Es ist der Plan angeregt
worden, die Chicagoer Ausstellung in San Francisco
fortzusetzen und Weihnachten zu eröffnen. 3000 Aus-
steller hätten sich bereit erklärt, nach Schluß der Aus-
stellung sich von Chicago nach San Francisco zu begeben.
nehme Herr von Molitor, den man mit der größten Zuvor-
kommenheit empfing.
An einem trübkn, regnerischen Tage war Molitor in die
nächste Stadt gefahren; er beabsichtigte jedoch wieder am
Abend zurück zu sein, da Alma Gesellschaft bei sich sah und
er daher nicht fehlen durfte.
In dem Hotel, welches Molitor als Absteigequartier be-
nützte, kannte man ihn genau.
Der Gastwirth öffnete ihm selbst die Thüre des Speise-
zimmers und geleitete ihn mit einem tiefen Bückling in das-
selbe. Es befand sich nur noch ein Gast in dem ziemlich
geräumigen Gemache.
Molitor schenkte diesem keinerlei Aufmerksamkeit und be-
fahl, man möge ihm ein gutes Diner serviren und Sorge
tragen, daß der Kutscher in einer Stunde zur Abfahrt be-
reit sei.
Bei den ersten Worten, die Molitor sprach, hob der ein-
same Gast lauschend seinen Kopf. Während er eifrig in einer
Zeitung zu lesen schien, verlor er keine Silbe von dem, was
Molitor sagte.
Ueber das scharfgeschnittene Gesicht des Fremden flog ein
Lächeln, als der Wirth das Zimmer verließ. Er stand dann
auf und in unauffälliger Weise seinen Platz ändernd, setzte
er sich so, daß er Molitor's Gesicht genau sehen konnte.
Molitor verzehrte ruhig die aufgetragenen Speisen; er
bemerkte es nicht, wie scharf er beobachtet wurde, und mit der
vornehmen Sicherheit, die ihm zur zweiten Natur geivordcn
war, entfernte er sich, als ihm der Wirth selbst die Nachricht
brachte, der Wagen stehe bereit. — Kaum war Molitor da-
von gefahren, als der Fremde seine Rechnung verlangte.
Während er bezahlte, erkundigte er sich nach dem vornehmen
Gäste, den »ran so aufmerksam empfangen und bald hatte er
alles erfahren, was man von Molitor in der Stadt wußte.
Kein Zug in dem Gesichte des Fremden verrieth, wie sehr ihn
eigentlich alle diese Mittheilungen intcressirteu; mit einem
widersprul
didaten d
kreisen di
kreisen ha
die Entsck
die ander,
lich Olde:
streitig. -
im I.Be
in der au
graff als
Metz,
in welche
gehaltene
rührung !
zeilich au
Lächeln auf den Lippen stieg er dann später in das bescheidene
Zimmer hinauf, das er in dem Gasthofe seit drei Tagen inne
hatte.
Als er in seinem Zimmer war, verwandelte sich das
Lächeln in ein leises, ironisches Lachen. „Nun bin ich ge-
borgen," sagte er, „Norbert muß mir helfen, alle Noth hat
ein Ende!"
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allgemein
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Auf den trüben Tag war ein Heller, sonniger Morgen
gefolgt — die Luft war frisch und balsamisch rein, der Him-
mel klar und wunderbar blau.
Molitor hatte ziemlich lange geschlafen, denn er war erst
spät von Schloß Minden heimgekehrt. Behaglich in einem
bequemen Stuhle zurückgelehnt, saß Molitor beim offenen
Fenster, ein Tischchen mit seinem Frühstück und Zeitungen
vor sich. Er dachte an Alma; sie gefiel ihm doch eigentlich
recht gut, und mit der Zeit gelangte er sicher dazu, sie ganz
zu beherrschen.
Der Eintritt des Dieners unterbrach diese angenehmen
Betrachtungen; er meldete, ein Fremder sei da, welcher Herrn
von Molitor in einer wichtigen Angelegenheit zu sprechen
wünsche.
Molitor's erster Gedanke war Ernest von Balkan. Es
war ja immerhin möglich, daß der junge Mann vor dem be-
stimmten Zeitpunkte, der ohnehin nicht mehr fern lag, zurück-
kehrte — und vielleicht auch — Molitor hatte schon öfter
daran gedacht, verzichtete er auf Melitta's Hand und opferte
die ziemlich beträchtliche Summe.
So ganz recht wäre das Molitor nicht gewesen, denn was
fing er dann mit Melitta an?
„Dann kann sie zu ihrem geliebten Walter zurückkehren,"
sagte er leise vor sich hin, indem er dem Diener einen Wink
gab, den Fremden zu ihm hereinzuführen.
Molitor hatte sich von seinem Sitze erhoben, um dem Ein-
tretenden entgegen zu gehen..
Redner, daß das Gesetz über die Sonntagsruhe allerdings
einer Abänderung bedürfe, daß jedoch die Sstündige Ar-
beitszeit an Sonntagen nicht abgeschasst werden könne,
obwohl gewisseHärten dieses Gesetzes leicht zu verbessern seien.
Den Hausirhandel bezeichnete der Herr Candidat als ein
nothwendiges Nebel und sicherte auch hierbei sein Be-
streben zu, nach beiden Seiten gerecht zu werden. —
Nach dem Herrn Candidaten sprachen noch die Herren
Prof. Schöll und Koch, Hauptlehrer Meyer von hier
und Herr Hauptlehrer Stein aus Handschuhsheim, von
denen der Letztere in wenig zündenden Worten
die Candidatur des Herrn Consul Weber empfahl. Herr
Stadtverordneter Ditteney, der mit Herrn Weber
persönlich gut befreundet zu sein scheint, bezeichnete die
Candidatur des Herrn Weber als die allerglücklichste.
Nachdem sich kein Redner einer Gegenpartei zum Worte
meldete, schloß der Vorsitzende die Versammlung mit
einem Hoch auf den deutschen Kaiser.
Karlsruhe, 3. Juni. Demnächst erscheint der
Aufruf der katholischen Wäh l e r, keinemGegner
der Militärvorlage eine Stimme zu geben.
Karlsruhe, 3. Juni. In einer von ca. 2000 Per-
sonen besuchten freisinnigen Versammlung sprach
der frühere Rcichstagsabgeordncte Professor Günther-
München für den Candidaten Pflüger unter lebhaftem
Beifall. Der socialistische Sprecher erklärte, daß Pflüger
im Reichstag gehalten habe, was er versprochen und daß
die Socialisten bei der Stichwahl zwischen dem freisinnigen
und dem nationalliberalen Candidaen f ü r Pflüger stimmen
würden.
Aus Bade», 3. Juni. Dekan Lender erläßt als
Kandidat für den achten badischen Reichstagswahlkreis nach-
stehende öffentliche Erklärung: „Freunde und Gesinnungs-
genossen ersuchten mich, meine Stellung zum Centrum näher
darzulegen. Ich entspreche diesem Wunsche dahin: 1.
Ich bekenne mich nach wie vor zu den Grundsätzen deS
Centrums und beabsichtige durchaus nicht, aus der Frak-
tion, der ich seit 1871 angehörc, auszuscheiden. Ich be-
trachte die Militärfrage nicht als solche, welche die Grund-
sätze des Centrums berührt. Da die Fraktion keinen
Abstimmungszwang kennt, kann die Zugehörigkeit zu ihr
durch eine Abstimmung auch nicht beeinträchtigt werden-
2. Die Kosten für die Verstärkung des Heeres sollen nicht
durch die unteren, sondern durch die oberen Klassen der
Gesellschaft aufgebracht werden, sei es durch Lurussteuer
oder durch eine Wehrsteuer in der Form eines Zuschlags
zur Einkommensteuer, etwa beginnend mit dem Einkommen
von 10 000 Mk. Ich will keine erhöhte Bier- oder Brannt-
weinsteuer, auch keine Monopole."
Würzburg, 3. Juni. Die Antisemiten stellten
Geisler in München, den Redakteur des „Deutschen
Volksblattes," auf.
Bon der Donau, 3. Juni. In Hechingen iw
Fürstcnthum Hohenzollern hat der freisinnige Verein
einstimmig beschlossen, sich der freisinnigen Volkspartei
anzuschließen. Im Fürstenthum Hohenzollern werden die
freisinnigen Stimmen auf den Namen des Abg. Eugen
Richter abgegeben.
Mainz, 3. Juni. Oberlandesgerichtsrath Frank
Darmstadt hat die Centrums-Candidatur für den Wahl
kreis Worms-Heppenheim abge lehnt.
Bom Rhein. Im Wahlkreise Geldern-Cleot
stellt das Centrum dem bisherigen Vertreter, dem Grafts
Los, der sich nicht gegen die Militärvorlage binden will'
den Redacteur der „Germania", Dr. Ed. MarcoUl,
entgegen. Hier steht also die Fraktion gegen eines ihrer
Mitglieder, das mit der Mehrheit gegen den AntraK
Huene gestimmt hat.
Berlin, 3. Juni. In den bisherigen Wahlkreis^
der Freisinnigen Partei sind nunmehr die Canvr'
datenaufstellungen beendigt. Unter den 66 in Betrat
Das klare Licht des Tages fiel hell und scharf auf
Züge desselben. Schweigend standen sich die beiden Männft
eine Zeit lang gegenüber. Molitor's Gesicht war leichenfab
geworden, ein heftiges Zittern befiehl ihn; wie ein Gespür
starrte er den Fremden an, der lächelnd zu ihm sagte: „Nüw
Norbert, erkennst Du mich endlich." ,
„Mein Herr, hier muß eine Täuschung vorliegen, ich kerw
Sie nicht," stammelte Molitor, ohne selbst recht zu wisst!''
was er sprach. .
„Verstelle Dich doch nicht! Du hast mich, Deinen alte
Freund Bernard Tisson sehr gut erkannt. Etwas veränN ,
mag ich mich wohl haben, denn mir ist es nicht immer sog^
ergangen wie Dir — aber, daß Du mich erkannt, zeigt De
Erschrecken, Dein erstaunter, betroffener Blick. Ach, Norbee'
Du bist doch stets ein Glückspilz gewesen!" Er schlug
dabei derb auf die Schulter. „Reich, angesehen, der Verlos'.,
einer schönen jungen Dame, einer solchen Gunst des Sw'
sals habe ich mich nicht zu erfreuen gehabt." ..L
Molitor kämpfte noch mit sich selbst, aber er sagte st"
daß Leugnen hier vergeblich sein würde.
„Nun denn," sagte er mit einem tiefen Athemzuge,
ich bin's, Bernard Tisson. Aber was führt Dich hieltst'
Wie hast Du mich ausfindig gemacht?"
„Gestern in dem Gasthofe, in welchem Du dinirtest,
bert," gab ihm Bernard Tisson zur Antwort; „dort ers -
ich auch alle näheren Details. Ucbrigens, daß Du unter -
Namen Molitor lebst, wußte ich schon früher. ES mög^/s!
acht Jahre her sein, da traf ich Dich in Paris; Du lE^
auf großem Fuße wie ein vornehmer Herr, als ich mich
aber nähern wollte, um Dich an unsere Freundschaft
inner», Dir vergangene Tage in's Gedächtniß zurück zu rUI
hattest Du Paris schon wieder verlassen. Es hieß dam
im Hotel, Du hättest eine Depesche erhalte», welche D»
schwere Erkrankung einer Verwandten meldete." ,
(Fortsetzung folgt.) 3,^
Die Reichstags Wahlbewegung.
Hf Heidelberg, 5. Juni. Versammlungen der
freisinnigen Vokspartei fanden in den letzten
Tagen statt in Hattmcrsheim am Samstag Abend,
in Mosbach am Sonntag Nachmittag, in Ober-
scheffl en z am Sonntag Abend. In diesen drei Ver-
sammlungen, welche sämmtlich sehr gut besucht waren,
sprach Herr Dr. Gehrke, und erntete lebhaften Beifall.
Neben ihm war Herr Abg. Rechtsanwalt Schumann
aus Mosbach anwesend. Außerdem fand in Neckar-
gemünd gestern Abend eine Versammlung statt, in
welcher Herr Gleichauf aus Mannheim gegen die
Militärvorlage sprach. Einige nationalliberale Herren
aus Eberbach versuchten Widerspruch, wurden aber
unter dem lebhaften Beifall der Anwesenden treffend ab-
geführt.
«« Heidelberg, 5. Juni. Unter dem Vorsitze des
Herrn Geh. Hofrath Meyer fand gestern im großen Saale
der „Harmonie" bei zahlreicher Betheiligung eine nationa-
liberale Versammlung statt. Dieselbe wurde kurz nach 3
Uhr mit einer einleitenden Ansprache Seitens des Herrn
Hofrath Meyer eröffnet und ertheilte derselbe sodann
dem officiösen Redner des Tages, Herrn Landtagsabge-
ordneten Dr. Wilckens, der beim Besteigen der Redner-
tribüne mit lebhaften Bravorufen begrüßt wurde, das Wort. —
Der Vortragende beleuchtete in eingehenden Worten die
Nothwendigkeit der Annahme der Militär-Vorlage und
sodann in kurzen Zügen die heutige Stellungnahme der
Gegner der Militärvorlage, bei denen lediglich das
Partei-Interesse das wirkliche Vaterlands-Interesse über-
wuchere. Der Redner zog hierauf einen Vergleich zwischen
der Heeresstärke Frankreichs, Deutschlands und Rußlands.
Frankreich habe im Jahre 1890 230,000 Mann Re-
kruten ausgehoben, in den Jahren 1891/92 habe sich diese
Anzahl um ein Geringes vermindert, was eine directe
Folge des 70er Krieges gewesen sei. Die dortige Wehrpflicht er-
streckte sich auf 25 Jahrgänge und Frankreich sei im
Stande, im Falle eines Krieges eine Armee von 4 Millionen
Soldaten ins Feld zu stellen. Deutschland dagegen habe
im letzten Jahre nicht ganz 200,000 Rekruten ausge-
hoben, die Wehrpflicht erstreckte sich nur auf 24 Jahr-
gänge und im Kriegsfälle seien 3,200,000 bezw. mit
Ersatz-Reservisten 3,500,000 Soldaten disponibel. In
Anbetracht dieser für Deutschland ungünstigen Zahlen-
Verhältnisse erinnerte Redner an das beständig herrschende
Rcvanchegelüst der Franzosen und schilderte jene Greuel-
thaten und Verwüstungen in der Pfalz vor 200 Jahren.
Nachdem Redner noch einige Erörterungen über eine
etwaige Ablehnung der Militärvorlage, durch welche sicher-
lich die nationale Existenz des jungen deutschen Reiches
in Frage gestellt sei, gegeben und einige wesentliche Vor-
theile bei Annahme der Militär-Vorlage erwähnt hatte,
schloß derselbe mit einer Empfehlung der Candidatur des
Herrn Consul Weber. Hierauf ertheilte der Vorsitzende
dem Candidaten Herrn Consul Weber das Wort. Unter
Darlegung seines Programms betonte er, daß er voll und
ganz für die Militärvorlage eintrcte und an der gesetz-
lichen Festlegung der 2jährigen Dienstzeit fefthalte.
Redner erklärte, er stehe ganz auf dem Boden der Bis-
marck'schen Wirthschaftspolitik und weise die Behauptung
zurück, die der freisinnige Wahlaufruf enthalte, wonach
lediglich für die Kosten der Militär-Vorlage ein national-
liberaler-conservativer Reichstag indirecte Steuern, die
vorwiegend die ärmeren Klassen des Volkes belasten, auf-
bringen würde. Zur Deckung der Kosten für die Militär-
Vorlage empfahl der Herr Candidat lediglich die Börsen-
steuer, die nach einer nochmaligen Erhöhung einen
jährlichen Gewinn von ca. 25—30 Mill, ergäbe. Außer-
dem stehe er einer Einkommensteuer und einer Vermögens-
steuer, ähnlich der jüngst im preußischen Landtage einge-
brachten, sehr sympathisch gegenüber. Auf eine Anfrage
in einem hiesigen Blatt die Aufhebung der Sonntagsruhe
waren der Kronprinz sowie die drei Söhne des Prinzen
Albrecht eingetreten. Der Kaiser führte der
Kaiserin, die mit den kaiserlichen Prinzen, der Her-
zogin Adelheid von Schleswig-Holstein, den Prinzessinnen
Friedrich Leopold und Alerandrine, der Erbprinzessin von
Hohenzollern und der Herzogin Johann von Mecklenburg
der Parade von den Fenstern des Stadtschlosses aus bei'
wohnte, das Regiment der GardeS-du-Corps zweimal vor,
ebenso der Prinz von Turin das Gardekürassicr-Regiment,
das zur Theilnahme an der Parade heute früh cinge-
troffen war. Nach der Parade fand im Stadtschloß
Frühstückstafel statt.
Oesterreich-Ungarn.
Wie», 3. Juni. Der Ausschuß für äußere Angelegen-
heiten der ungarischen Delegation eröffnete seine
Berathung über das Budget des Aeußeren mit dem Re-
ferate Falks, welcher die Nichterwähnung des Dreibundes
in der Ansprache des Kaisers hervorhob. Es sei wohl
in Folge der Selbstverständlichkeit des Fortbestandes dieses
feststehend gewordenen Bündnisses nicht geschehen, zugleich
aber auch sei cs ein Anzeichen, daß das ehemalige Miß-
trauen gegen die rein friedliche Bundestendenz und die
damit zusammenhängende Gegenströmung nachgelassen und
sich somit die Beziehungen nach dieser Seite erheblich ge-
bessert hätten, ebne daß das Verhältnis zu den Bundes-
genossen an Intimität eingebüßt habe. Redner fragt den
Minister, ob diese Auffassung richtig sei. Hierauf gab
Graf Kalnoky eine Ucbersicht über die Lage. Er führt
darin aus, im Dreibund habe sich nichts ge-
ändert. Derselbe stehe so fest wie früher
und werde auch so bleiben. Das Gefühl der Sicherheit
bezüglich der Erhaltung des Friedens habe sich gestärkt.
Große Massen des italienischen Volkes seien mit dem
Bündniß einverstanden und es liege kein Grund vor,
gewisse, aus der Vergangenheit herrührende irredentistische
Vorgänge heraufzubeschwören. Mit der serbischen Re-
gierung wird freundschaftlich verkehrt, der König wird von
uns beglückwünscht. Bezüglich der Beziehung mit Ruß-
land berechtigen die Dispositionen des Kaisers Alexander
und der russischen Regierung zur Hoffnung, daß sich die
guten bestehenden Beziehungen noch verbessern.
Italien.
Rom, 3. Juni. Binnen Kurzem wird der Kammer
eine neue Vorlage über die bürgerliche Eheschließ-
ung zugehen, welche sich von dem Entwurf Bonaccis
dadurch unterscheidet, daß sie nur die Geistlichen und
zwar mit Geld bestraft, während fester gegen alle Be-
theiligten Freiheitsstrafen verhängen wollte.
Rumänien.
Bukarest, 3. Juni. Der Herausgeber des anti-
dynastischen „Adeverul" wurde wegen einer beleidigenden
Verleumdung des Kronprinzen von einem Major
des kronprinzlichen Jägerbatallions geohrfcigt.
Amerika.
Chicago, 2. Juni. Die Differenzen ist Betreff der
Preisvertheilung sind bcigelegt, nachdem ein dem
Jury-System ähnliches Verfahren angenommen worden
ist. Die Entscheidung über die Preisvertheilung liegt
darnach in den Händen eines Comitss internationaler
Preisrichter, welches den Bericht des mit der Vorprüfung
beauftragten Preisrichters verwerfen oder abändern kann.
Auf Verlangen des Comites würden von der amerikanischen
Preiscommisston drei oder mehr Preisrichter zur Vor-
prüfung ernannt werden. — Es ist der Plan angeregt
worden, die Chicagoer Ausstellung in San Francisco
fortzusetzen und Weihnachten zu eröffnen. 3000 Aus-
steller hätten sich bereit erklärt, nach Schluß der Aus-
stellung sich von Chicago nach San Francisco zu begeben.
nehme Herr von Molitor, den man mit der größten Zuvor-
kommenheit empfing.
An einem trübkn, regnerischen Tage war Molitor in die
nächste Stadt gefahren; er beabsichtigte jedoch wieder am
Abend zurück zu sein, da Alma Gesellschaft bei sich sah und
er daher nicht fehlen durfte.
In dem Hotel, welches Molitor als Absteigequartier be-
nützte, kannte man ihn genau.
Der Gastwirth öffnete ihm selbst die Thüre des Speise-
zimmers und geleitete ihn mit einem tiefen Bückling in das-
selbe. Es befand sich nur noch ein Gast in dem ziemlich
geräumigen Gemache.
Molitor schenkte diesem keinerlei Aufmerksamkeit und be-
fahl, man möge ihm ein gutes Diner serviren und Sorge
tragen, daß der Kutscher in einer Stunde zur Abfahrt be-
reit sei.
Bei den ersten Worten, die Molitor sprach, hob der ein-
same Gast lauschend seinen Kopf. Während er eifrig in einer
Zeitung zu lesen schien, verlor er keine Silbe von dem, was
Molitor sagte.
Ueber das scharfgeschnittene Gesicht des Fremden flog ein
Lächeln, als der Wirth das Zimmer verließ. Er stand dann
auf und in unauffälliger Weise seinen Platz ändernd, setzte
er sich so, daß er Molitor's Gesicht genau sehen konnte.
Molitor verzehrte ruhig die aufgetragenen Speisen; er
bemerkte es nicht, wie scharf er beobachtet wurde, und mit der
vornehmen Sicherheit, die ihm zur zweiten Natur geivordcn
war, entfernte er sich, als ihm der Wirth selbst die Nachricht
brachte, der Wagen stehe bereit. — Kaum war Molitor da-
von gefahren, als der Fremde seine Rechnung verlangte.
Während er bezahlte, erkundigte er sich nach dem vornehmen
Gäste, den »ran so aufmerksam empfangen und bald hatte er
alles erfahren, was man von Molitor in der Stadt wußte.
Kein Zug in dem Gesichte des Fremden verrieth, wie sehr ihn
eigentlich alle diese Mittheilungen intcressirteu; mit einem
widersprul
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die ander,
lich Olde:
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im I.Be
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rührung !
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Lächeln auf den Lippen stieg er dann später in das bescheidene
Zimmer hinauf, das er in dem Gasthofe seit drei Tagen inne
hatte.
Als er in seinem Zimmer war, verwandelte sich das
Lächeln in ein leises, ironisches Lachen. „Nun bin ich ge-
borgen," sagte er, „Norbert muß mir helfen, alle Noth hat
ein Ende!"
* Ka
allgemein
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Auf den trüben Tag war ein Heller, sonniger Morgen
gefolgt — die Luft war frisch und balsamisch rein, der Him-
mel klar und wunderbar blau.
Molitor hatte ziemlich lange geschlafen, denn er war erst
spät von Schloß Minden heimgekehrt. Behaglich in einem
bequemen Stuhle zurückgelehnt, saß Molitor beim offenen
Fenster, ein Tischchen mit seinem Frühstück und Zeitungen
vor sich. Er dachte an Alma; sie gefiel ihm doch eigentlich
recht gut, und mit der Zeit gelangte er sicher dazu, sie ganz
zu beherrschen.
Der Eintritt des Dieners unterbrach diese angenehmen
Betrachtungen; er meldete, ein Fremder sei da, welcher Herrn
von Molitor in einer wichtigen Angelegenheit zu sprechen
wünsche.
Molitor's erster Gedanke war Ernest von Balkan. Es
war ja immerhin möglich, daß der junge Mann vor dem be-
stimmten Zeitpunkte, der ohnehin nicht mehr fern lag, zurück-
kehrte — und vielleicht auch — Molitor hatte schon öfter
daran gedacht, verzichtete er auf Melitta's Hand und opferte
die ziemlich beträchtliche Summe.
So ganz recht wäre das Molitor nicht gewesen, denn was
fing er dann mit Melitta an?
„Dann kann sie zu ihrem geliebten Walter zurückkehren,"
sagte er leise vor sich hin, indem er dem Diener einen Wink
gab, den Fremden zu ihm hereinzuführen.
Molitor hatte sich von seinem Sitze erhoben, um dem Ein-
tretenden entgegen zu gehen..
Redner, daß das Gesetz über die Sonntagsruhe allerdings
einer Abänderung bedürfe, daß jedoch die Sstündige Ar-
beitszeit an Sonntagen nicht abgeschasst werden könne,
obwohl gewisseHärten dieses Gesetzes leicht zu verbessern seien.
Den Hausirhandel bezeichnete der Herr Candidat als ein
nothwendiges Nebel und sicherte auch hierbei sein Be-
streben zu, nach beiden Seiten gerecht zu werden. —
Nach dem Herrn Candidaten sprachen noch die Herren
Prof. Schöll und Koch, Hauptlehrer Meyer von hier
und Herr Hauptlehrer Stein aus Handschuhsheim, von
denen der Letztere in wenig zündenden Worten
die Candidatur des Herrn Consul Weber empfahl. Herr
Stadtverordneter Ditteney, der mit Herrn Weber
persönlich gut befreundet zu sein scheint, bezeichnete die
Candidatur des Herrn Weber als die allerglücklichste.
Nachdem sich kein Redner einer Gegenpartei zum Worte
meldete, schloß der Vorsitzende die Versammlung mit
einem Hoch auf den deutschen Kaiser.
Karlsruhe, 3. Juni. Demnächst erscheint der
Aufruf der katholischen Wäh l e r, keinemGegner
der Militärvorlage eine Stimme zu geben.
Karlsruhe, 3. Juni. In einer von ca. 2000 Per-
sonen besuchten freisinnigen Versammlung sprach
der frühere Rcichstagsabgeordncte Professor Günther-
München für den Candidaten Pflüger unter lebhaftem
Beifall. Der socialistische Sprecher erklärte, daß Pflüger
im Reichstag gehalten habe, was er versprochen und daß
die Socialisten bei der Stichwahl zwischen dem freisinnigen
und dem nationalliberalen Candidaen f ü r Pflüger stimmen
würden.
Aus Bade», 3. Juni. Dekan Lender erläßt als
Kandidat für den achten badischen Reichstagswahlkreis nach-
stehende öffentliche Erklärung: „Freunde und Gesinnungs-
genossen ersuchten mich, meine Stellung zum Centrum näher
darzulegen. Ich entspreche diesem Wunsche dahin: 1.
Ich bekenne mich nach wie vor zu den Grundsätzen deS
Centrums und beabsichtige durchaus nicht, aus der Frak-
tion, der ich seit 1871 angehörc, auszuscheiden. Ich be-
trachte die Militärfrage nicht als solche, welche die Grund-
sätze des Centrums berührt. Da die Fraktion keinen
Abstimmungszwang kennt, kann die Zugehörigkeit zu ihr
durch eine Abstimmung auch nicht beeinträchtigt werden-
2. Die Kosten für die Verstärkung des Heeres sollen nicht
durch die unteren, sondern durch die oberen Klassen der
Gesellschaft aufgebracht werden, sei es durch Lurussteuer
oder durch eine Wehrsteuer in der Form eines Zuschlags
zur Einkommensteuer, etwa beginnend mit dem Einkommen
von 10 000 Mk. Ich will keine erhöhte Bier- oder Brannt-
weinsteuer, auch keine Monopole."
Würzburg, 3. Juni. Die Antisemiten stellten
Geisler in München, den Redakteur des „Deutschen
Volksblattes," auf.
Bon der Donau, 3. Juni. In Hechingen iw
Fürstcnthum Hohenzollern hat der freisinnige Verein
einstimmig beschlossen, sich der freisinnigen Volkspartei
anzuschließen. Im Fürstenthum Hohenzollern werden die
freisinnigen Stimmen auf den Namen des Abg. Eugen
Richter abgegeben.
Mainz, 3. Juni. Oberlandesgerichtsrath Frank
Darmstadt hat die Centrums-Candidatur für den Wahl
kreis Worms-Heppenheim abge lehnt.
Bom Rhein. Im Wahlkreise Geldern-Cleot
stellt das Centrum dem bisherigen Vertreter, dem Grafts
Los, der sich nicht gegen die Militärvorlage binden will'
den Redacteur der „Germania", Dr. Ed. MarcoUl,
entgegen. Hier steht also die Fraktion gegen eines ihrer
Mitglieder, das mit der Mehrheit gegen den AntraK
Huene gestimmt hat.
Berlin, 3. Juni. In den bisherigen Wahlkreis^
der Freisinnigen Partei sind nunmehr die Canvr'
datenaufstellungen beendigt. Unter den 66 in Betrat
Das klare Licht des Tages fiel hell und scharf auf
Züge desselben. Schweigend standen sich die beiden Männft
eine Zeit lang gegenüber. Molitor's Gesicht war leichenfab
geworden, ein heftiges Zittern befiehl ihn; wie ein Gespür
starrte er den Fremden an, der lächelnd zu ihm sagte: „Nüw
Norbert, erkennst Du mich endlich." ,
„Mein Herr, hier muß eine Täuschung vorliegen, ich kerw
Sie nicht," stammelte Molitor, ohne selbst recht zu wisst!''
was er sprach. .
„Verstelle Dich doch nicht! Du hast mich, Deinen alte
Freund Bernard Tisson sehr gut erkannt. Etwas veränN ,
mag ich mich wohl haben, denn mir ist es nicht immer sog^
ergangen wie Dir — aber, daß Du mich erkannt, zeigt De
Erschrecken, Dein erstaunter, betroffener Blick. Ach, Norbee'
Du bist doch stets ein Glückspilz gewesen!" Er schlug
dabei derb auf die Schulter. „Reich, angesehen, der Verlos'.,
einer schönen jungen Dame, einer solchen Gunst des Sw'
sals habe ich mich nicht zu erfreuen gehabt." ..L
Molitor kämpfte noch mit sich selbst, aber er sagte st"
daß Leugnen hier vergeblich sein würde.
„Nun denn," sagte er mit einem tiefen Athemzuge,
ich bin's, Bernard Tisson. Aber was führt Dich hieltst'
Wie hast Du mich ausfindig gemacht?"
„Gestern in dem Gasthofe, in welchem Du dinirtest,
bert," gab ihm Bernard Tisson zur Antwort; „dort ers -
ich auch alle näheren Details. Ucbrigens, daß Du unter -
Namen Molitor lebst, wußte ich schon früher. ES mög^/s!
acht Jahre her sein, da traf ich Dich in Paris; Du lE^
auf großem Fuße wie ein vornehmer Herr, als ich mich
aber nähern wollte, um Dich an unsere Freundschaft
inner», Dir vergangene Tage in's Gedächtniß zurück zu rUI
hattest Du Paris schon wieder verlassen. Es hieß dam
im Hotel, Du hättest eine Depesche erhalte», welche D»
schwere Erkrankung einer Verwandten meldete." ,
(Fortsetzung folgt.) 3,^
Die Reichstags Wahlbewegung.
Hf Heidelberg, 5. Juni. Versammlungen der
freisinnigen Vokspartei fanden in den letzten
Tagen statt in Hattmcrsheim am Samstag Abend,
in Mosbach am Sonntag Nachmittag, in Ober-
scheffl en z am Sonntag Abend. In diesen drei Ver-
sammlungen, welche sämmtlich sehr gut besucht waren,
sprach Herr Dr. Gehrke, und erntete lebhaften Beifall.
Neben ihm war Herr Abg. Rechtsanwalt Schumann
aus Mosbach anwesend. Außerdem fand in Neckar-
gemünd gestern Abend eine Versammlung statt, in
welcher Herr Gleichauf aus Mannheim gegen die
Militärvorlage sprach. Einige nationalliberale Herren
aus Eberbach versuchten Widerspruch, wurden aber
unter dem lebhaften Beifall der Anwesenden treffend ab-
geführt.
«« Heidelberg, 5. Juni. Unter dem Vorsitze des
Herrn Geh. Hofrath Meyer fand gestern im großen Saale
der „Harmonie" bei zahlreicher Betheiligung eine nationa-
liberale Versammlung statt. Dieselbe wurde kurz nach 3
Uhr mit einer einleitenden Ansprache Seitens des Herrn
Hofrath Meyer eröffnet und ertheilte derselbe sodann
dem officiösen Redner des Tages, Herrn Landtagsabge-
ordneten Dr. Wilckens, der beim Besteigen der Redner-
tribüne mit lebhaften Bravorufen begrüßt wurde, das Wort. —
Der Vortragende beleuchtete in eingehenden Worten die
Nothwendigkeit der Annahme der Militär-Vorlage und
sodann in kurzen Zügen die heutige Stellungnahme der
Gegner der Militärvorlage, bei denen lediglich das
Partei-Interesse das wirkliche Vaterlands-Interesse über-
wuchere. Der Redner zog hierauf einen Vergleich zwischen
der Heeresstärke Frankreichs, Deutschlands und Rußlands.
Frankreich habe im Jahre 1890 230,000 Mann Re-
kruten ausgehoben, in den Jahren 1891/92 habe sich diese
Anzahl um ein Geringes vermindert, was eine directe
Folge des 70er Krieges gewesen sei. Die dortige Wehrpflicht er-
streckte sich auf 25 Jahrgänge und Frankreich sei im
Stande, im Falle eines Krieges eine Armee von 4 Millionen
Soldaten ins Feld zu stellen. Deutschland dagegen habe
im letzten Jahre nicht ganz 200,000 Rekruten ausge-
hoben, die Wehrpflicht erstreckte sich nur auf 24 Jahr-
gänge und im Kriegsfälle seien 3,200,000 bezw. mit
Ersatz-Reservisten 3,500,000 Soldaten disponibel. In
Anbetracht dieser für Deutschland ungünstigen Zahlen-
Verhältnisse erinnerte Redner an das beständig herrschende
Rcvanchegelüst der Franzosen und schilderte jene Greuel-
thaten und Verwüstungen in der Pfalz vor 200 Jahren.
Nachdem Redner noch einige Erörterungen über eine
etwaige Ablehnung der Militärvorlage, durch welche sicher-
lich die nationale Existenz des jungen deutschen Reiches
in Frage gestellt sei, gegeben und einige wesentliche Vor-
theile bei Annahme der Militär-Vorlage erwähnt hatte,
schloß derselbe mit einer Empfehlung der Candidatur des
Herrn Consul Weber. Hierauf ertheilte der Vorsitzende
dem Candidaten Herrn Consul Weber das Wort. Unter
Darlegung seines Programms betonte er, daß er voll und
ganz für die Militärvorlage eintrcte und an der gesetz-
lichen Festlegung der 2jährigen Dienstzeit fefthalte.
Redner erklärte, er stehe ganz auf dem Boden der Bis-
marck'schen Wirthschaftspolitik und weise die Behauptung
zurück, die der freisinnige Wahlaufruf enthalte, wonach
lediglich für die Kosten der Militär-Vorlage ein national-
liberaler-conservativer Reichstag indirecte Steuern, die
vorwiegend die ärmeren Klassen des Volkes belasten, auf-
bringen würde. Zur Deckung der Kosten für die Militär-
Vorlage empfahl der Herr Candidat lediglich die Börsen-
steuer, die nach einer nochmaligen Erhöhung einen
jährlichen Gewinn von ca. 25—30 Mill, ergäbe. Außer-
dem stehe er einer Einkommensteuer und einer Vermögens-
steuer, ähnlich der jüngst im preußischen Landtage einge-
brachten, sehr sympathisch gegenüber. Auf eine Anfrage
in einem hiesigen Blatt die Aufhebung der Sonntagsruhe