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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) — 1893 (Januar bis Juni)

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No. 131 - No. 140 (6. Juni - 16. Juni)
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die Kosten zu erhöhen, die Zahl der jährlich auszuheben-
den Rekruten ohne Widerspruch und somit auch die
Wehrhaftigkeit des Reiches bedeutend steigern. In Frank-
reich gehören zu dieser Kategorie, die bloß ein Jahr-
dienen, die Familienstützen, und die bloß bedingt Taug-
lichen, zu denen noch nach Maßgabe des Looses bei der
Ziehung diejenigen hinzukommen, welche behufs Inne-
haltung tes festgestellten Militäretats noch entlassen
werden müssen. Herüber dürfte sich leicht eine Ver-
ständigung in dem neuen Reichstage durchführen lassen.
Berlin, 7. Juni. Offtciös wird aus dem Preßbureau
des Reichskanzlers mehreren Blättern geschrieben: Der
„Reichsanzeiger" hat bereits angedeutet, daß mittlerweile
die auf eine höhere Besteuerung des Luxus abzielenden
Pläne als einigermaßen ausstchtsooll befunden worden
seien, und wenn auch kaum daran zu denken ist, den
größeren Theil der Kostensumme aus einer besonderen
Besteuerung des Aufwandes der reicheren Klassen zu
decken, so braucht doch deßhalb nicht auf dieses Mittel,
den Kostenantheil für Waaren des allgemeinen Verbrauchs
zu verringern, verzichtet zu werden. Es wird ja wesentlich
von der Zusammensetzung des neuen Reichstages ab-
hängen, welche Art der Gesammtvertheilung der finan-
ciellen Lasten am ersten durchzufübren wäre. Schon
jetzt aber halten wir es für sicher, daß die Verdoppelung
der Brausteuer nicht wiederkehren wird. Dunkel ist der
Rede Sinn. Wenn die Verdoppelung der Brausteuer
nicht wiederkehrt, was tritt an die Stelle derselben?
Die ganze officiöse Presse hat bis in die letzten Tage
hinein versichert, daß gerade die höhere Besteuerung der
geistigen Getränke, für welche 2 Milliarden ausgegeben
werden, dem deutschen Volke besonders wenig schwer-
fallen würde. In dem ofsiciösen Artikel wird auch gar
nicht bestritten, daß auch nach den neuen Plänen der
größte Theil der Kostensumme durch Versteuerung des
allgemeinen Verbrauchs gedeckt werden solle.
Berlin, 7. Juni. Der „Nordd. Allg. Ztg." zufolge
ergiebt der endgiltige Finanzabschluß der Reich spo st-
und Telegraphen-Verwaltung in dem am
31. März 1893 beendeten Etatsjahr einen Ueberschuß
von 24 528 078 Mark, d. h. gegen das Vorjahr ein
Mehr von 2 765251 Mark, gegen den Etat ein Mehr
von 3 375 140 Mark.
Berlin, 7. Juni. Der „Reichsanz." publizirt eine
Verordnung betreffend die Auseinandersetzungen zwischen
Staat und Gemeinde Helgoland hinsichtlich der
Helgoländer Grundstücke. Danach werden die Grund-
stücke des Oberlands an Preußen, des Unterlands nebst
der Duene und der Austcrnbank der Gemeinde Helgoland
überwiesen. Der Gemeinde verbleiben ferner vom Ober-
land das Wasserreservoir und die Schul- und Kirchen-
grundstücke, dem Staate verbleibt vom Unterland das Ge-
richtsgebäude und das Postgebäude, sowie mehrere be-
stimmte Grundflächen. Die von der Marineverwaltung
durch Ausschüttung hergestellte Grundfläche verbleibt dem
Reiche.
Berlin, 7. Juni. Fürst Bismarck beabsichtigt im
Juli zur Badekur nach Kissingen zu reisen. Der Prinz-
regent von Bayern hat ihm laut „Börsenztg." bereits
Hofwagen und Dienerschaft zur Verfügung gestellt.
Frankreich.
Paris, 7. Juni. Gleich anderen Blättern zieht das
„XIX. Siecke" aus den Erklärungen des Grafen
Kalnoky mit sichtlicher Genugihuung den Schluß, daß
die Lage des Dreibundes jedenfalls schwieriger geworden
sei und Oesterreich-Ungarn dran denke, sich von Deutsch-
land loszusagen.
Paris, 7. Juni. Heute Vormittag hat die alljähr-
liche Seelenmesse für die Soldaten und Seeleute, die
im Dienste des Vaterlandes gestorben sind, stattgefunden.
Alle Kriegervereine hatten Abordnungen mit Fahnen ge-
schickt. Viele Generäle und Officiere waren zugegen.

Der Präsident der Republik, die Minister des Krieges und
der Marine hatten Vertreter geschickt.
Paris, 7. Juni. Der Ausschuß, welcher beraten sollte,
ob die von Vlasti an Rouvier geliehenen 50000
Franken der Pa na m a ges el lsch aft zurückzuzahlen
seien, ist auf den Beschluß zurückgekommen, Rouvier für
haftbar zu erklären. Mit 5 gegen 5 Stimmen wurde
die Zahlung aus Staatsmitteln verworfen.
England.
London, 7. Juni. Unter den fürstlichen Gästen,
welche zur Hochzeit des Herzogs von Aork mit
der Prinzessin Mary von Teck sicher erwartet werden,
befinden sich die Kaiserin Friedrich, der König und die
Königin von Dänemark und König Leopold von Belgien.
Falls Kaiser Wilhelm nicht herüberkammt, wiro Prinz
Heinrich von Preußen als Stellvertreter erwartet; auch
der italienische Thronfolger wird vielleicht erscheinen.
Amerika.
Newyork, 7. Juni. In der gestrigen Cabinets-
sitzung wurde die Proclamation des vielbesprochenen Aus-
lieferungsvertrages mit Rußland ausgefertigt.
Derselbe tritt am 24. Juni d. Js. in Kraft.
Die Reichstags Wahlbewegung.
Mannheim, 7. Juni. Die Rede des Groß-
herzoges nebst dem Telegeamm des Kaisers verbreiten
die Nationalliberalen als Flugblatt. Das Hereinziehen
der Person des Monarchen in den Wahlkampf erregt
solbst in den natiouallrberalen Kreisen lebhaftes Befremden.
— Der Gemeinderechner Treiber aus Plankstadt de-
mentirte die Meldung, daß er die conservative Kandidatur
im hiesigen Wahlkreis angenommen habe. Die Konser-
vativen stimmen für Wassermann.
sZ Dilsberg, 8. Juni. Die gestern Abend in der
„Sonne" hier abgehaltene freisinnige Versammlung er-
freute sich einer zahlreichen Betheiligung. Eröffnet wurde
dieselbe durch Herrn M ech li n g von hier. In einer
stündigen Rede sprach dann Referent Herr Gleichauf
aus Mannheini und zwar über die Fragen des Tages:
Militärvorlage, Steuerprojecte, Wahlrecht u. s. w. Die
Ausführungen des Redners, die nicht nur sachlich und
klardurchdacht, sondern auch gemeinverständlich gehalten
wurden, ernteten außerordentlichen Beifall. Bei der
darauffolgenden Debatte sprach Herr Pfarrer Arnold
von Mückenloch z-nächst dem Referenten seinen Dank
aus für seine sachlichen Ausführungen und erklärte sich,
obwohl er nationalliberal, mit den meisten Punkten ein-
verstanden. Nur in Bezug auf die Militärvorlage be-
kundete er seine abweichende Meinung und äußerte sich
etwa dahin, daß das Rüsten und Steuererhöhen, falls es
so fort gehe, das Volk zwar an den Abgrund führen
müsse, aber leider stecke Deuschland einmal in der üblen
Lage und könne nicht anders. Als hierauf Herr Lehrer
Noe von hier sich über das Wahlrecht auslicß und hier-
bei der Meinung Ausdruck gab, daß doch das indirecte
Wahlrecht, wie es gegenwärtig im Landtag gehandhabt
werde, auch für den Reichstag sehr gut sei, da dem Volk
dabei die Aufregung erspart bliebe, wurden in der Ver-
sammlung so offene und entschiedene Gegenrufe laut, daß
in Folge der entstandenen Aufregung über diesen national-
liberalen Gedanken der Sprechende mit einer Rechtfer-
tigung nicht zu Stande kam. Nachdem sich des Weiteren
auch die Herren Pfarrer Eckert aus Waldwimmersbach,
Lehrer Kühn-hier und G er b ert - Heidelberg an
der Debatte betheiligt, schloß um 12 Uhr die für die
freisinnige Sache erfolgreiche Versammlung.
ck' Strümpfelbrunn, 7. Juni. In der Wirtschaft
zum „Ochsen" dahier hielt heute Abend die freisinnige
Volkspartei eine Versammlung ab, welche so zahlreich
besucht war, daß Viele keinen Platz mebr finden konnten.
Den Vorsitz führte Herr Prof. Osthof f-Heidelberg, welcher
vor Eröffnung der Versammlung in warmen Worten des

verstorbenen Bürgermeisters und Ochsenw irthes Ihrig
gedachte, der ein treuer Anhänger der freisinnigen Partei
war. Sodann entwickelte Herr Dr. Gehrke sein Pro-
gramm und begründete seine ablehnende Haltung gegen-
über der Militärvorlage und den zur Deckung vorge-
schlagenen Steuern unter lebhaftem, oft stürmischen Bei-
fall. Sodann meldete sich Oberamtmann Schröder
(nationalliberal) aus Eberbach zum Wort, welcher zunächst
an die Centrumswähler appellirte, aber dadurch eine ge-
harnischte Absage von Seiten des anwesenden Pfarrver
wesers, Herrn Blöther, veranlaßte. Das Centrum,
erklärte dieser, wähle deßhalb freisinnig, weil die Frei-
sinnigen gegen die Militärvorlage seien, weil sie für das
allgemeine, direete und gleich« Wahlrecht eintreten, und
weil sie jedem Anderen das Recht seines Glaubens lassen.
Im Laufe der weiteren, lebhaften Discussion zwischen den
Herren Schröder, Osthoff und Gehrke wurden
insbesondere die Steuerfragen eingehend behandelt. Gegen
Mitternacht schloß die Versammlung mit einem von
Herrn Dr. Gehrke ausgebrachten Hoch aus das Alle
einende deutsche Vaterlano.
Naumburg, 7. Juni. An Stelle des verstorbenen
Abgeordneten Barth ist Landgerichtspräsident Günther
als Reichstagscandidat ausgestellt worden.
Straßburg, 7. Juni. Prinz Alexander von
Hohenlohe, Sohn des Statthalters, lehnt die ihm
von ven Notabeln des Kreises Weißenburg-Hagenau an
getragene Rcichstagscandidatur ab niit der Motivirung,
er wolle auch den Schein vermeiden, als ob mit seiner
Kandidatur eine über die Bedeutung der Reichstagswahl
hinausgehende politische Demonstration besichtigt werde.
Nürnberg, 7. Juni. D o r n b u s ch - Nürnberg wurde
nun auch als Kandidat der Volkspartei im Wahl-
kreis Neu markt (Oberpfalz) aufgestellt.
Nürnberg, 7. Juni. Das Kultusministerium be-
auftragte die Kreisregierungen, den Lehrern, welche
für den Reichstag candidiren, den zu den Wahlvor-
bereitungen nöthigen Urlaub zu gewähren.
H Wahlkreis Euskirchen-Bergheim b.Köln,7.Juni.
Merkwürdige Wahlverhältnisse walten zur Zeit ob im
Wahlkreise Bergheim-Euskirchen (b. Köln.) Bis heran
wählte man stets den klerikalen Abgeordneten Rudolphi.
Für die nun kommenden Wahlen glaubte sich der Land-
rath Otto Graf Beissel in Bergheim zu Gunsten der
Militärvorlage ins Zeug legen zu müssen und stellte als
Gegencandidaten den Grafen Hoensbroich auf. Hoensbroich
will in allen wichtigen Fragen mit dem Centrum stimmen,
nur bei der neuen Heeresvorlage gedenkt er gegen die
Ueberzeugung der Klerikalen mit den konservativen zu
gehen. Es ist characteristisch, daß sich auf Seite des
Grafen Hoensbroich hauptsächlich Reserveofficiere, Be-
amte und andere abhängige Leute befinden. Die Herren
geben sich sehr viel Mühe, halten in Land und Stadt
Versammlungen ab — für diese Woche sind deren eine
ganze Reihe angekündigt — und machen dem Volk Angst
und Bange vor den Franzosen. Da kann man von ab-
abgebrannten Dörfern, ermordeten Säuglingen u. s. f.
gar rührend reden hören; nur schade, man glaubt ihnen
wenig. Und soviel Arbeit um ein Leichentuch! Der ge-
sunde Sinn des Volkes wird am 15. Juni den hochge-
borenen Herren im Wahlkreise Euskirchen-Bergheim eine
gründliche Lection ertheilen; gleichfalls ist die Kandidatur
Sr. Hochgeboren, des Grafen Mirbach, welcher als con
servativ-klerikaler Abgeordneter im Kreise Düren debütiert,
ganz aussichtslos.
Aus Wcch und Ievn.
* Karlsruhe, 7. Juni. Nach längerem Zögern seitens
der Metzger sind endlich die Fleischpreise auch hierherab-
gegangen und zwar um 8 bezw. 4 Pfg. für Kalb- und
Rindfleisch. Da der niedere Kaufpreis der Schlachtthiere
sich bisher in den Fleischpreisen nicht ausprägte, war

berichtete in ihrem Tagebuche, wie ihr Gatte den Leblosen am
Meeresufer gefunden, wie er ihn zu sich gebracht, als Ge-
fährten ausgenommen hatte. Dann wurden die Aufzeichnun-
gen kürzer, seltener, aber sie lauteten alle so glücklich! Die
Schreiberin hatte Mutterfreuden zu erwarten, sie machte tau-
send Pläne für die Zukunft, dann auf einmal kamen wenige
Worte von männlicher Hand.
„Todt, dahin, ich habe sie verloren, mein Glück mein
Alles! Ich kann das Kind nicht sehen, es thut zu weh, mein
armes, süßes Weib, ich werde Dir folgen, ohne Dich giebt
es kein Leben für mich — heute soll es geschehen auf ihrem
Grabe, ich werde wenigstens neben ihr ruhen!" —
Melitta starrte so lange auf die Blätter, die sie in ihrer
Hand hielt, bis ihre Augen sich mit heißen Thränen füllten.
So hatte sie ihr Herz nicht getäuscht — wie oft hatte sie
sich selbst Vorwürfe gemacht, daß sie ihren Vater so wenig
lieben konnte; nun lag alles klar und offen vor ihr. — Dem
Todten hatte er den Namen gestohlen, um dessen Geld be-
halten zu können, sie war ihm stets nur eine überflüssige Last
gewesen.
Melitta seufzte tief ans; sie stand so allein im Leben, an
wem sollte sie sich wenden, um aus den Händen dieses Man-
nes befreit zu werden!
Sie dachte an Walter; konnte er sie wirklich so rasch auf-
gegeben haben, war dies alles nicht auch ein Lügengewebe,
in welches man sie zu eigennützigen Zwecken verstrickt hatte?
Wie oft waren ihr schon Zweifel gekommen, ob Walter's
Liebe wirklich so wenigstandhastgewesen, um sie so kampflos,
so bereitwillig auszngeben. Ach, der Gedanke, daß Walter sie
noch liebe, ihr noch treu sei, goß neue Zuversicht, neue Hoff-
nung in ihre Seele.
Melitta verbarg sorgfältig das für sie so wichtige Tage-
buch und verließ dann ihr Zimmer, um über den Zustand
des Kranken Erkundigungen einzuziehen.
Es stand schlecht um ihn und der herbeigerufenc Arzt be-

reitete Georgine darauf vor, daß der Patient die Nacht kaum
überleben werde. In dumpfem Schweigen nahm Georgine
diese Mittheilung entgegen. Ein Entschluß arbeitete in ihr,
dessen Ausführung für sie einen schweren Schritt bedeutete.
Erst in den letzten Stunden am Bette des Kranken war er
in ihr wach geworden, als sie sah, daß es mit dem Leben des
Mannes zu Ende ging, den sie einst doch geliebt, wenn seit-
her ihr Herz auch kalt und hart geworden war.
Bereuen, sich demüthigen, das konnte Georgine nicht, aber
gut machen, so viel gut zu machen war, das stand in ihrer
Macht und das wollte sie auch. Das erste, was sie that, war,
daß sie eine telegraphische Depesche nach Schloß Dahlen sandte,
Walter sollte sofort Herkommen.
Sie wußte wohl, daß Walter nicht mehr auf Schloß Dah-
len weilte, aber der jetzige Besitzer desselben kannte gewiß
seinen Aufenthalt und würde nicht zögern, ihm die für ihn
bestimmte Depesche znkommen zu lassen. Als dies besorgt,
wandte sicy Georgine wieder zu dem Krankenlager zurück, das
sie nicht mehr verließ, bis alles zu Ende war.
Molitor starb, ohne wieder das Bewußtsein erlangt zu
haben.
Georgine war es, die ihm die Augen zudrückte, eine ein-
zige Thräne groß und schwer fiel auf das kalte, blasse Antlitz
des Todten; die einsame Fran gedachte der Zeit, da sie beide
jung und lebensfroh vereint gewesen.
Wenn sie damals statt nach Glanz und Luxus zu jagen,
nach einer ehrlichen Existenz gestrebt hätten, das Leben wäre
ihnen keine Irrfahrt geworden — das Glück würde ihnenin
bescheideneren Verhältnissen eher geblüht haben, als jetzt, da
sie alt und müde geworden — plötzlich am Rande des Ab-
grundes standen. Nun, er hatte überwunden, und was sie noch
zu tragen hatte, das würde sie geduldig tragen; wie lange
konnte es noch bei ihr dauern?
Georgine fühlte sich gealtert — auch in ihrem Aeußeren
war in den letzten Stunden eine große Aenderung vorgegan-

gen ; durch das wellige Haar zogen sich silbergraue Streifen,
die Vorboten des Alters, und die großen, dunklen Augen,
wie matt und trübe blickten sie — mit einem Schlage wat
die schöne, stattliche Frau zur Matrone geworden.
Sie weilte lange noch bei dem Todten, stille Einkehr in
sich haltend, dann ging sie zu Melitta.
Das Mädchen hatte ein Recht alles zu wissen, alles zu er-
fahren. Doch bei den ersten einleitenden Worten Georgine»'^
unterbrach sie Melitta. „Ich weiß alles," sagte sie, „der
Todte war nicht mein Vater," und nun erzählte sie, auf welch
wunderbare Weise sie in den Besitz des Tagebuches gelang'
sei. —
Erschüttert hörte ihr Georgine zu; so hatte sich alles ve^
eint, die Fäden aufzudecken, die noch so fein gesponnen doch
an's Licht des Tages kommen.
Dennoch unterließ es Georgine nicht, ihr weitere Mn-
theilungen zu machen, daß sie eine Zeit lang selbst Melitta
für Walters Schwester gehalten und daß dies der Grund st'-
weshalb es Walter aufgegeben, um den Besitz der Geliebten
zu kämpfen. 3,14 l^e
„Nun kann noch alles gut werden," schloß die bleiche Fra»'
„sei getrost Melitta. Das Glück, das ich Dir rauben wollte-
kann Dir noch zu Theil werden — sei geduldig und harre!
Georgine unterließ es nicht, sich nach Bernard Tisson ö"
erkundigen. Wie sie geahnt hatte, so war es gekommen. Tisian
lebte! Ein Flurenwächter hatte ihn gefunden und auf Seht?.''
Minden gebracht. Dort ward ihm die beste Pflege zu TheP
und vielleicht hätte sich sein Schicksal so günstig gewend^
daß Alina von Minden sich entschlossen haben würde, sE
Frau zu werden, wenn nicht die Polizei plötzlich ein sehr
Haftes Interesse für Bernard Tisson gefaßt hätte. ,,
Es kamen da Dinge zu Tage, die für Tisson nicht sey'
ehrenvoll lauteten; der kaum Genesene mußte froh sein, da»
ihm noch die Freiheit blieb. Und so zöger dann eines scho^,
Tages weiter, um anderswo sein Glück zu versuchen. (Säst. I-
 
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