geregt, um regelmäßig zu arbeiten. Eine Annexion von
Seiten einer Großmacht wäre das Beste für Samoa.
Wahlresultate aus dem deutschen Reich.
Stuttgart. In Württemberg wurden 301 476
Stimmen abgegeben. Davon erhielt die Deutsche Volks-
partei 105 239, die Deutsche Partei 64,969, das Cen-
trum 58 712, die Soeialisten 41 588, Konservative und
Bauernbündler 30 968. Gegen die Militärvorlagc stehen
205 500, also fast 70 pCt. aller Stimmen.
Ulm, 17. Juni. Wie die „Ulm. Ztg." mittheilt,
wird die Volkspartei die Wahl des antisemitisch-agrarisch-
deutschparteilichen Abg. Banti eon im 14. württemb.
Wahlkreis anfechten, wozu das Material bereits vorliege.
Da Bantleon nur eine Mehrheit von 14 Stimmen hat,
ist ein Erfolg der Wahlprotestler wahrscheinlich.
München. Ueber den Wahlausfall in Bayern be-
richten die „9t. N.": Das Centrum hielt Oberbayern,
Schwaben und die Oberpfalz, theilweise gegen starke
Minderheiten; es erlitt in Niederbayern und Franken er-
hebliche Einbußen, behauptete in Niederbayern bei der
ersten Wahl nur Landshut, verlor in Unterfranken stark
an die Demokraten. Auch in Freih. v. Frankenstein's
ehemaligem Wahlkreis kommt er in die Stichwahl mit
den Demokraten. Die fränkischen Centrumssiege zeigen
nur noch eine knappe Mehrheit. Die Nationalliberalcn
hielten nur drei Wahlkreise sofort; sie verloren einen
und sind durch zwei Stichwahlen gefährdet. Die Freisinnigen
verloren einen und gewinnen einen Sitz. Die Social-
demokraten haben Stichwahl-Aussicht in einem oder zwei
Wahlkreisen. — Der Renommir - Bauer Lutz ist in
Dünkelsbühl gewählt, kommt also nicht mit einem Volks-
parteiler in die Stichwahl.
Landshut. Mayer (C.).
Berlin, 17. Juni. Die konservativen im zweiten
Berliner Wahlkreise haben Wahlenthaltung beschlossen.
Damit ist der Sieg Fischer's gegen Virchow unzweifelhaft.
Berlin, 17. Juni. Heute Mittag waren 342
Resultate bekannt. Gewählt sind 42 Conservative, 1
Bund der Landwirthe, 7 Freiconservative, 18 National-
liberale, 63 Centrum, 21 Socialdemokraten, 3 freisinnige
Vereinigung, 13 Polen, 2 Antisemiten, 1 Däne, 5
Elsässer, 4 deutsche Volkspartei, 1 Wilder. 159 Stich-
wahlen sind erforderlich; daran sind betheiligt 46 Con-
servative, 8 Bund der Landwirthe, 5 Freiconservative,
71 Nationalliberale, 27 Centrum, 76 Socialdemokraten,
10 frei. Vereinigung, 35 freis. Volkspartei, 7 Polen,
16 Antisemiten, 7 Welfen, lElsässer, 9 deutsche Volks-
partei.
Berlin, 17. Juni. Der Vorstand des Bauernbundes
beschloß endgiltig dessen Auflösung zu Gunsten des Bundes
der Landwirthe und die Ueberführung seines Vermögens
an diesen. — Die nächste Sitzung des Abgeordnetenhauses
findet am 27. Junt statt.
Elbing, Puttkammer (Cons.) gewählt.
Fulda. Fabrikant Richard Müller (Centrum) ist im
Wahlkreise Fulda-Schlüchtern-Gersfeld mit bedeutender
Majorität gewählt.
Waldeck. Arolsen Böttcher (Nl.).
Anhalt. Dessau Rösicke (Wild) Stichwahl zwischen
Röstcke und Peus (Soc.), Bern bürg (Oechelhäuser
Nl.) Friedberg (Nl.).
Sondershausen. (Pieschel Nl.) Stichwahl zwischen
Pieschel und Bock (Soc.).
Jerichow. Graf Herbert Bismarck ist gewählt.
Arnswalde-Friedeberg. (Endgiltig.) Ahlwardt
(Antis.) 8046 gewählt, Bornstedt (K.) 2973, Ernst (Fr.)
1447, Millara' (Soc.) 743.
Weißenburg. Schädler (C.) wiedergewählt.
Metz. Das Ergebniß der Reichstagswahl ist
im allgemeinen so ausgefallen, wie es vorauszusehen
war; der lothringische Kandidat vr. msä. Haas ist ge-
wählt. Im einzelnen aber hat es die gehegten Erwar-
tungen einerseits nicht ganz erfüllt, anderseits dieselben
übertroffen._
Aus Wutz und Ievu.
stsi Handschuhsheim, 19. Juni. Der gestrige erste
Kirchweihtag brachte unserm Ort einen reichen Zufluß
von auswärtigen Gästen. In verschiedenen Localitäten
vergnügte sich die Jugend beim Tanz und überall herrscht
echtes Kirchweihleben. Leider ist der Sonntag, wie ver-
lautet, auch nicht ohne Ercesse verlaufen, die sich bekannt-
lich als Zugabe bei derartigen Festlichkeiten einzustellen
pflegen.
Dossenheim, '18. Juni. Ein großes Unglück ist
gestern am Porphyrwerk der Gebr. Leferenz durch den
dortigen Waagmeister verhütet worden. Der dortige Knecht
wollte mit einen, Pferd gerade über das Geleise fahren
als der Zug 5 Nbr 48 Minuten daher fuhr, ohne Signal
gegeben zu haben. In einem Moment wäre Knecht und
Pferd zermalmt worden, wenn nicht der aufmerksame
Waagmeistcr durch sofortigen lauten Zuruf das Unglück
abgewendet hätte. — Eine ledige taubstumme Frauensperson
hier genaß eines Kindes, das sie in eine Dunggrube warf.
Durch Nachbarsleute wurde der Vorgang jedoch sogleich
bemerkt und konnte dadurch das arme Geschöpf wieder
befreit werden.
/X Kirchheim, 19. Juni. Aus Rachsucht erschoß
am Samstag ein sich hier aufhaltender junger Mann eine
Cigarrenarbciterin. Dieselbe starb heute Nacht im
akademischen Krankenhaus in Heidelberg. Der Thäter
wurde sofort verhaftet.
* Hebdesheim, 17. Juni. Während bei uns in
den wärmeren Theilen das Getreide bereits zu bleichen
beginnt und die Ernte höchstens noch drei Wochen auf sich
warten läßt, fängt es in den rauheren Gegenden Schwabens
und Bayerns erst an zu blühen. Bei WöriShofen steht
es bereits in der schönsten Blüthe.
* Eberbach, 17. Juni. Sämmtliche hiesige Metzger
haben den Preis des Rind- und Kalbfleisches auf 50
Pfg. herabgesetzt.
* Wertheim, 18. Juni. Die für dieses Jahr in
Aussicht genommen gewesene Erweiterung des hiesigen
Winterhafens in einen Floßhafen unterbleibt noch.
Mancherlei Gründe sind hierfür vorgebracht; auch die
Jahreszeit ist schon zu weit vorgerückt, die Herstellungs-
kosten erhöhen sich um ein Bedeutendes und so müssen
die noch nöthigen Mittel erst von den Ständen bewilligt
werden.
* Lahr, 17. Juni. In dem benachbarten Reichen-
bach wollte die 21jährige Lina Schwörer beim Feuer-
anzünden mit Petroleum nachhelfen, die Flasche erplodirte
und die brennende Flüssigkeit ergoß sich über die Kleider
der Unglücklichen, welche sofort auf die Straße sprang.
Dort wurden ihr von einigen Männern die Kleider her-
untergerissen. Das Mädchen erlitt furchtbare Brandwunden
und auch die Hilfe leistenden Männer wurden verletzt.
* Freiburg, 17. Juni. Der diesjährige Pioniertag
findet Sonntag, den 25. Juni ds. Js. mit folgendem
Programm statt: 1. Sonntag, 25 Juni von morgens 7
Uhr Empfang der Kameraden; 2. Frühschoppen mit
Musik; 3. Aufstellung und Abmarsch; 4. Gemeinschaft-
liches Festessen; 5. Allgemeiner Spaziergang; 6. Abends
8 Uhr Festbankett; Montag, den 26. Juni: Ausflug
nach Titisee.
* Aus Oberfranken, 17. Juni. Aus einem selt-
samen Motive hat in der Stadt Hof der Zuckerwaaren-
händler Hilpert seine Frau mittels einer Hacke erschlagen.
Hilpert besaß ein Vermögen von 2000 Mark; er be-
schäftigte sich nebenbei damit, aus den Karten die Zukunft
zu lesen. Diese hatten ihm nun verrathen, seine Frau
sehne sich nach dem Tode ihres Mannes und nach dessen
Vermögen. Um zu verhindern, daß das Vermögen der
Frau zufalle, erschlug er sie und sprang dann in die
Saale. Das Wasser jschien aber ernüchternd auf ihn zu
wirken, denn Hilpert, ein baumlanger Mensch durchwatete
die Saale und begann zu schreien, als ob er wahnsinnig
sei, was wohl auch nicht ausgeschlossen ist. Der Mörder
ist verhaftet.
* Leipzig, 17. Juni. Eine 2500 Menschen fassende
Tribüne auf dem Vereins-Sportplatz ist bis auf die Um-
fassungsmauern niedergebrannt. Man vermuthet Brand-
stiftung.
* Schneidemühl, 17. Juni. Die durch die Bohrung
eines artesischen Brunnens entstandene Gefahr nimmt
fortwährend zu. Die Senkung des gesammten anliegenden
Stadttheils schreitet immer weiter, der Stadttheil ist aufs
höchste gefährdet, die Räumung der Häuser bis zum
Wilhelmsplatz ist polizeilich angeordnct.
* Halle, 17. Junt. Das Landgericht Breslau ge-
nehmigte die Freilassung Kunnert's gegen Kaution.
* Hamburg, 17. Juni. Der Senatsbeschluß durch
den alle Auswanderer von Hamburg zurückgewiesen
werden, wird strengstens durchgeführt. Die Bahnhof-
polizei und Hafenwachen sind erheblich verstärkt. Heute
mit der Bahn eingetroffene siebzig Auswanderer wurden
unbarmherzig zurückgewiesen, desgleichen dreißig mit dem
Dampfer „Gemma" hierher gesandte russische Rück-
wanderer, die nach ihrer Ausschiffung an Bord zurückge-
bracht wurden; der Dampfer wird strengstens überwacht.
* Stettin, 17. Juni. Der Forstmeister Genee von
Mühlenbcck, derStadtförster Krohn aus Altdamm und
der Eisenbahninspektor Stahl aus Stettin wurden, als
sie auf einer Draisine zu einem Waldbrand bei Groß-
Christinenberg fuhren, von einem entgegenkommenden
Güterzug überrascht und zermalmt.
* Neumünster (Schleswig-Holstein), 17. Juni. Der
Hilfsbriefträger Scheel hat eine vom Wochenmarkt zurück-
kehrende Bauersfrau ermordet und beraubt und die That
bereits eingestanden. ES wird behauptet, daß Scheel auch
im Frühjahr ein junges Mädchen Namens Sach er-
mordet, das seine Braut war, und eine Scheune des
Dienstherrn der Sach, der ihm das Haus verboten hatte,
aus Rache in Brand gesteckt hat. Das Mädchen war
als Leiche an einem Baume hängend aufgefunden worden.
Der Verbrecher ist nach Kiel eingeliefert worden.
* Innsbruck. 17. Juni. Die erste Tiroler Landes-
ausstellung wurde heute Vormittag in Gegenwart zahl-
reicher Festgäste feierlich eröffnet.
* Epinal, 17. Juni. Hier herrscht eine große Futter-
noth. Pferde werden mit 5—10 Fr. verkauft, da die
ländliche Bevölkerung ihr Vieh zu verkaufen durch die
Noth gezwungen ist.
* Athen, 17. Juni. Seit mehreren Tagen sind
an verschiedenen Puncten Griechenlands, namentlich in
Achen, Theben und Corfu wiederholt Erderschütterungcn
verspürt worden. In Theben sind die bei dem letzten
Erdbeben stehen gebliebenen Häuser zerstört worden. Das
Dorf Khimrai liegt in Trümmer.
* Athen. 17. Juni. Das Kriegsdepot in der Nähe
von Athen ist durch eine Explosion zerstört worden; 2
Officiere und 12 Soldaten sind todt, einige andere schwer
verwundet worden. Der Schaden wird auf 4 Millionen
Frcs. geschätzt.
* Chicago, 17. Juni. Das Bundesgericht al«
Appelhof entschied einstimmig und endgültig zu Gunsten
der Oeffnung der Ausstellung am Sonntag. Für
die Ausstellung bedeutet dies einen großen Erfolg.
Loccrse Mitttzeikrngen.
Heidelberg, tS- Juni.
O (UniverfitLtsnaÄricht.) Die Universität Dublin
hat Herrn Professor Dr. A- Merx an der hiesigen Hochschule
den Titel Vovtor logum verliehen.
* (Postsendungen nach Nutzland.) Den durch die
Post beförderten Packetsendungen nach Rußland dürfen nach
verstehen werde. Nachdem die beiden Gefangenen durch
den engen Gang in die Zelle Riedmüllers hinunter gekrochen
waren und dieser seinem Genossen all seine Schätze vorge-
wiesen, erfüllte dessen Herz überströmende Hoffnungsfreudig-
keit. Als ihm auch die Schrift überreicht wurde, rief er:
„ES ist in französischer Sprache geschrieben, welche ich
recht wohl verstehe."
Hierauf begann er in deutscher Uebersetzung laut zu lesen:
„Wer Du auch bist und was Du auch verbrochen haben
magst, so soll Dir doch mein Erbe, das der Zufall Dich finden
ließ, den Weg zur Freiheit bahnen. Dies Schriftstück ist zu-
gleich mein Testament, denn ich stehe am Vorabend meines
Todes, der mir durch Henkershand bereitet wird. Schon
glaubte ich an das sichere Gelingen meiner Flucht und an-
statt dessen wurde ich zur Hinrichtung geführt. Leichter
würde mir das Sterben fallen, wenn ich nicht Weib und
Kind hätte, nach denen mein Herz sich in den letzten Stunden
sehnend drängt. Ich werde zum Tode geführt als ungarischer
Rebell; ich selbst nenne mich jedoch einen ungarischenPatrioten,
der nur zu früh das zu erreichen suchte, was gewiß in späterer
Zeit vollendete Thatsache sein wird, umgeben von dem Scheine
des Rechtes.
Hier im Kerker fand ich in dem Gefangenwärter den
Spielgefährten meiner Kindheit und meiner Jugend, den Sohn
unseres langjährigen treuen Dieners. Unser Wiedersehen in
öder Kerkerzelle war ein rührendes. Ohne daß ich ihn dar-
um angegangen, schwur er, mir alle Mittel zur Erlangung
der Freiheit anschaffen zu wollen. Er hat sein Versprechen
redlich gehalten und nachdem es geschehen, seine Entlassung
genommen. Dann ist er, versehen mit einem Schreiben von
mir, nach Ungarn zu meinem Vater gereist, der ihm sicher
mit Freuden die von mir angewiesene Summe von 20000
Gulden ausgezahlt, mit welcher er nach Amerika answanderu
wollte. Jedenfalls befindet er sich längst im Lande der Frei-
heit. Durch fast ein Jahr hindurch habe ich rastlos ani Wege
zur Flucht gearbeitet. Doch als das Schwierigste bereits zu
Ende, wurde mir die Vollstreckung desTodesurtheiles ange-
kündigt, an welche ich nach so ewig langer Zeit nicht mehr
geglaubt. Neuerliche Verschwörungen in Ungarn haben das
bittere Loos über mich herbeigeführt; dasselbe soll mit als
abschreckendes Beispiel dienen.
Alles Nähere über meine bisherigen Arbeiten zur Er-
langung der Freiheit befindet sich auf einem dem Plane des
Spielberges beiliegenden Zettel verzeichnet. Zugleich liegt
auch ein Brief an meine Frau und Tochter bei, welcher meinen
letzten Abschied und noch einige wichtige Nachrichten für die-
selben enthält. Gelingt es Dir, unbekannter Leidensgenosse,
durch mich die Freiheit zu erringen, so sorge dafür, daß mein
Schreiben in ihre Hände gelangt; es ist die Bitte eines Ster-
benden. Denke mitunter meiner und bete ein Vaterunser für
meine ewige Ruhe. Bela Graf Ugron."
Erschüttert falteten die beiden Gefangene» die Hände,
still ein Gebet verrichtend.
Später studirte Tarloni eifrig den Bericht des unglück-
lichen Ungarn über die von ihm vorgenommenen Befreiungs-
arbeiten, welche sich unter einer genau bezeichneten Stein-
platte befinden sollten. Als sie dieselbe emporhoben, gähnte
ihnen ein enger Gang entgegen. Nachdem sie eine Kerze an-
gezündet, stiegen sie hinab, wohl an zehn Meter tief; dann
ging es in wagrechter Richtung weiter, eine ziemlich weite
Strecke. Bisher hatte der Gang nur durch festgestampftes
Erdreich geführt, dann aber führte er durch eine 'meterstarke
Ziegelmaner fort. Wie Tarloni aus dein Plane des Spiel-
berges ersah, wo der Ungar seine Arbeit genau bezeichnet
hatte, mußten sie bald an eine Kerkerzelle gelangen. Da sie
wußten, daß die unteren Gelasse nicht mehr zur Unterbrin-
gung der Gefangenen dienten, so brauchten sie auch nicht zu
fürchten, einem solchen daselbst anzutreffen.
Als sie am andern Tage eben rüstig daran arbeiteten,
den Gang in der Ziegelmauer weiter zu führen, klanges ihnen
plötzlich hohl entgegen. Sofort war es ihnen klar, daß sie
an der Zelle angelangt waren, welche auf dem Plane ange-
geben war.
Es dauerte nicht lange, so hatten der Graf und Ried-
müller ein Loch durchgebrochen, doch kaum war es geschehen,
so strömte ihnen durch dasselbe ein so entsetzlicher Geruch
entgegen, daß sie fast das Bewußtsein verloren und sich eilig
zurückziehen mußten. Nach einer langen Weile erst wagten
sie sich wieder vorwärts. Trotzdem der üble Geruch sie noch
immer stark belästigte, mußten sie doch wieder an die Arbeit
gehen. Bald hatten sie die Oeffnung so vergrößert, daß ein
Mensch hindurchschlüpfen konnte. Riedmüller machte mit
der brennenden Kerze in der Hand den Anfang; kaum war
er jedoch darin, so gellte auch schon ein dumpfer Entsetzens-
schrei seinem Gefährten entgegen. Als dieser auf dieses hin
rasch nachfolgte, sah er Riedmüller gleich einem Wahnsinni-
gen angstverzerrt nach der einen Wand der Zelle starren-
Aber auch Tarloni sträubten sich die Haare zu Berge, da
seine Augen derselben Richtung folgten, hing doch dort, fest-
genagelt an ein Brett, eine mumienartig vertrocknete Leiche,
an welcher sich unter den Armen noch immer die Spuren
von Brandwunden zeigten. Der Schädel des Todten war
dunkelbraun und der Mund weit aufgespeert. Den Beiden
war es, als entringe sich demselben ein entsetzliches Wehge-
heul. Sie befanden sich in einer ehemaligen Folterkainmer,
woran auch die darin befindlichen Geräthschaften gemahn-
ten. Der mit den Händen und Füßen an das Brett Genagelte
war seinen Qualen inmitten der Tortur erlegen und man
hatte es nicht für uöthig gehalten ihn herabzunehmen, um
ihn der Erde zu übergeben. Man hatte, als die Folter in
Oesterreich aufgehoben wurde, die Thür zur Folterkammer
einfach vermauert. Wahrscheinlich war der vertrocknete Todte
das letzte Opfer einer grausamen Zeit gewesen.
(Fortsetzung folgt.) 2,1 18«
Seiten einer Großmacht wäre das Beste für Samoa.
Wahlresultate aus dem deutschen Reich.
Stuttgart. In Württemberg wurden 301 476
Stimmen abgegeben. Davon erhielt die Deutsche Volks-
partei 105 239, die Deutsche Partei 64,969, das Cen-
trum 58 712, die Soeialisten 41 588, Konservative und
Bauernbündler 30 968. Gegen die Militärvorlagc stehen
205 500, also fast 70 pCt. aller Stimmen.
Ulm, 17. Juni. Wie die „Ulm. Ztg." mittheilt,
wird die Volkspartei die Wahl des antisemitisch-agrarisch-
deutschparteilichen Abg. Banti eon im 14. württemb.
Wahlkreis anfechten, wozu das Material bereits vorliege.
Da Bantleon nur eine Mehrheit von 14 Stimmen hat,
ist ein Erfolg der Wahlprotestler wahrscheinlich.
München. Ueber den Wahlausfall in Bayern be-
richten die „9t. N.": Das Centrum hielt Oberbayern,
Schwaben und die Oberpfalz, theilweise gegen starke
Minderheiten; es erlitt in Niederbayern und Franken er-
hebliche Einbußen, behauptete in Niederbayern bei der
ersten Wahl nur Landshut, verlor in Unterfranken stark
an die Demokraten. Auch in Freih. v. Frankenstein's
ehemaligem Wahlkreis kommt er in die Stichwahl mit
den Demokraten. Die fränkischen Centrumssiege zeigen
nur noch eine knappe Mehrheit. Die Nationalliberalcn
hielten nur drei Wahlkreise sofort; sie verloren einen
und sind durch zwei Stichwahlen gefährdet. Die Freisinnigen
verloren einen und gewinnen einen Sitz. Die Social-
demokraten haben Stichwahl-Aussicht in einem oder zwei
Wahlkreisen. — Der Renommir - Bauer Lutz ist in
Dünkelsbühl gewählt, kommt also nicht mit einem Volks-
parteiler in die Stichwahl.
Landshut. Mayer (C.).
Berlin, 17. Juni. Die konservativen im zweiten
Berliner Wahlkreise haben Wahlenthaltung beschlossen.
Damit ist der Sieg Fischer's gegen Virchow unzweifelhaft.
Berlin, 17. Juni. Heute Mittag waren 342
Resultate bekannt. Gewählt sind 42 Conservative, 1
Bund der Landwirthe, 7 Freiconservative, 18 National-
liberale, 63 Centrum, 21 Socialdemokraten, 3 freisinnige
Vereinigung, 13 Polen, 2 Antisemiten, 1 Däne, 5
Elsässer, 4 deutsche Volkspartei, 1 Wilder. 159 Stich-
wahlen sind erforderlich; daran sind betheiligt 46 Con-
servative, 8 Bund der Landwirthe, 5 Freiconservative,
71 Nationalliberale, 27 Centrum, 76 Socialdemokraten,
10 frei. Vereinigung, 35 freis. Volkspartei, 7 Polen,
16 Antisemiten, 7 Welfen, lElsässer, 9 deutsche Volks-
partei.
Berlin, 17. Juni. Der Vorstand des Bauernbundes
beschloß endgiltig dessen Auflösung zu Gunsten des Bundes
der Landwirthe und die Ueberführung seines Vermögens
an diesen. — Die nächste Sitzung des Abgeordnetenhauses
findet am 27. Junt statt.
Elbing, Puttkammer (Cons.) gewählt.
Fulda. Fabrikant Richard Müller (Centrum) ist im
Wahlkreise Fulda-Schlüchtern-Gersfeld mit bedeutender
Majorität gewählt.
Waldeck. Arolsen Böttcher (Nl.).
Anhalt. Dessau Rösicke (Wild) Stichwahl zwischen
Röstcke und Peus (Soc.), Bern bürg (Oechelhäuser
Nl.) Friedberg (Nl.).
Sondershausen. (Pieschel Nl.) Stichwahl zwischen
Pieschel und Bock (Soc.).
Jerichow. Graf Herbert Bismarck ist gewählt.
Arnswalde-Friedeberg. (Endgiltig.) Ahlwardt
(Antis.) 8046 gewählt, Bornstedt (K.) 2973, Ernst (Fr.)
1447, Millara' (Soc.) 743.
Weißenburg. Schädler (C.) wiedergewählt.
Metz. Das Ergebniß der Reichstagswahl ist
im allgemeinen so ausgefallen, wie es vorauszusehen
war; der lothringische Kandidat vr. msä. Haas ist ge-
wählt. Im einzelnen aber hat es die gehegten Erwar-
tungen einerseits nicht ganz erfüllt, anderseits dieselben
übertroffen._
Aus Wutz und Ievu.
stsi Handschuhsheim, 19. Juni. Der gestrige erste
Kirchweihtag brachte unserm Ort einen reichen Zufluß
von auswärtigen Gästen. In verschiedenen Localitäten
vergnügte sich die Jugend beim Tanz und überall herrscht
echtes Kirchweihleben. Leider ist der Sonntag, wie ver-
lautet, auch nicht ohne Ercesse verlaufen, die sich bekannt-
lich als Zugabe bei derartigen Festlichkeiten einzustellen
pflegen.
Dossenheim, '18. Juni. Ein großes Unglück ist
gestern am Porphyrwerk der Gebr. Leferenz durch den
dortigen Waagmeister verhütet worden. Der dortige Knecht
wollte mit einen, Pferd gerade über das Geleise fahren
als der Zug 5 Nbr 48 Minuten daher fuhr, ohne Signal
gegeben zu haben. In einem Moment wäre Knecht und
Pferd zermalmt worden, wenn nicht der aufmerksame
Waagmeistcr durch sofortigen lauten Zuruf das Unglück
abgewendet hätte. — Eine ledige taubstumme Frauensperson
hier genaß eines Kindes, das sie in eine Dunggrube warf.
Durch Nachbarsleute wurde der Vorgang jedoch sogleich
bemerkt und konnte dadurch das arme Geschöpf wieder
befreit werden.
/X Kirchheim, 19. Juni. Aus Rachsucht erschoß
am Samstag ein sich hier aufhaltender junger Mann eine
Cigarrenarbciterin. Dieselbe starb heute Nacht im
akademischen Krankenhaus in Heidelberg. Der Thäter
wurde sofort verhaftet.
* Hebdesheim, 17. Juni. Während bei uns in
den wärmeren Theilen das Getreide bereits zu bleichen
beginnt und die Ernte höchstens noch drei Wochen auf sich
warten läßt, fängt es in den rauheren Gegenden Schwabens
und Bayerns erst an zu blühen. Bei WöriShofen steht
es bereits in der schönsten Blüthe.
* Eberbach, 17. Juni. Sämmtliche hiesige Metzger
haben den Preis des Rind- und Kalbfleisches auf 50
Pfg. herabgesetzt.
* Wertheim, 18. Juni. Die für dieses Jahr in
Aussicht genommen gewesene Erweiterung des hiesigen
Winterhafens in einen Floßhafen unterbleibt noch.
Mancherlei Gründe sind hierfür vorgebracht; auch die
Jahreszeit ist schon zu weit vorgerückt, die Herstellungs-
kosten erhöhen sich um ein Bedeutendes und so müssen
die noch nöthigen Mittel erst von den Ständen bewilligt
werden.
* Lahr, 17. Juni. In dem benachbarten Reichen-
bach wollte die 21jährige Lina Schwörer beim Feuer-
anzünden mit Petroleum nachhelfen, die Flasche erplodirte
und die brennende Flüssigkeit ergoß sich über die Kleider
der Unglücklichen, welche sofort auf die Straße sprang.
Dort wurden ihr von einigen Männern die Kleider her-
untergerissen. Das Mädchen erlitt furchtbare Brandwunden
und auch die Hilfe leistenden Männer wurden verletzt.
* Freiburg, 17. Juni. Der diesjährige Pioniertag
findet Sonntag, den 25. Juni ds. Js. mit folgendem
Programm statt: 1. Sonntag, 25 Juni von morgens 7
Uhr Empfang der Kameraden; 2. Frühschoppen mit
Musik; 3. Aufstellung und Abmarsch; 4. Gemeinschaft-
liches Festessen; 5. Allgemeiner Spaziergang; 6. Abends
8 Uhr Festbankett; Montag, den 26. Juni: Ausflug
nach Titisee.
* Aus Oberfranken, 17. Juni. Aus einem selt-
samen Motive hat in der Stadt Hof der Zuckerwaaren-
händler Hilpert seine Frau mittels einer Hacke erschlagen.
Hilpert besaß ein Vermögen von 2000 Mark; er be-
schäftigte sich nebenbei damit, aus den Karten die Zukunft
zu lesen. Diese hatten ihm nun verrathen, seine Frau
sehne sich nach dem Tode ihres Mannes und nach dessen
Vermögen. Um zu verhindern, daß das Vermögen der
Frau zufalle, erschlug er sie und sprang dann in die
Saale. Das Wasser jschien aber ernüchternd auf ihn zu
wirken, denn Hilpert, ein baumlanger Mensch durchwatete
die Saale und begann zu schreien, als ob er wahnsinnig
sei, was wohl auch nicht ausgeschlossen ist. Der Mörder
ist verhaftet.
* Leipzig, 17. Juni. Eine 2500 Menschen fassende
Tribüne auf dem Vereins-Sportplatz ist bis auf die Um-
fassungsmauern niedergebrannt. Man vermuthet Brand-
stiftung.
* Schneidemühl, 17. Juni. Die durch die Bohrung
eines artesischen Brunnens entstandene Gefahr nimmt
fortwährend zu. Die Senkung des gesammten anliegenden
Stadttheils schreitet immer weiter, der Stadttheil ist aufs
höchste gefährdet, die Räumung der Häuser bis zum
Wilhelmsplatz ist polizeilich angeordnct.
* Halle, 17. Junt. Das Landgericht Breslau ge-
nehmigte die Freilassung Kunnert's gegen Kaution.
* Hamburg, 17. Juni. Der Senatsbeschluß durch
den alle Auswanderer von Hamburg zurückgewiesen
werden, wird strengstens durchgeführt. Die Bahnhof-
polizei und Hafenwachen sind erheblich verstärkt. Heute
mit der Bahn eingetroffene siebzig Auswanderer wurden
unbarmherzig zurückgewiesen, desgleichen dreißig mit dem
Dampfer „Gemma" hierher gesandte russische Rück-
wanderer, die nach ihrer Ausschiffung an Bord zurückge-
bracht wurden; der Dampfer wird strengstens überwacht.
* Stettin, 17. Juni. Der Forstmeister Genee von
Mühlenbcck, derStadtförster Krohn aus Altdamm und
der Eisenbahninspektor Stahl aus Stettin wurden, als
sie auf einer Draisine zu einem Waldbrand bei Groß-
Christinenberg fuhren, von einem entgegenkommenden
Güterzug überrascht und zermalmt.
* Neumünster (Schleswig-Holstein), 17. Juni. Der
Hilfsbriefträger Scheel hat eine vom Wochenmarkt zurück-
kehrende Bauersfrau ermordet und beraubt und die That
bereits eingestanden. ES wird behauptet, daß Scheel auch
im Frühjahr ein junges Mädchen Namens Sach er-
mordet, das seine Braut war, und eine Scheune des
Dienstherrn der Sach, der ihm das Haus verboten hatte,
aus Rache in Brand gesteckt hat. Das Mädchen war
als Leiche an einem Baume hängend aufgefunden worden.
Der Verbrecher ist nach Kiel eingeliefert worden.
* Innsbruck. 17. Juni. Die erste Tiroler Landes-
ausstellung wurde heute Vormittag in Gegenwart zahl-
reicher Festgäste feierlich eröffnet.
* Epinal, 17. Juni. Hier herrscht eine große Futter-
noth. Pferde werden mit 5—10 Fr. verkauft, da die
ländliche Bevölkerung ihr Vieh zu verkaufen durch die
Noth gezwungen ist.
* Athen, 17. Juni. Seit mehreren Tagen sind
an verschiedenen Puncten Griechenlands, namentlich in
Achen, Theben und Corfu wiederholt Erderschütterungcn
verspürt worden. In Theben sind die bei dem letzten
Erdbeben stehen gebliebenen Häuser zerstört worden. Das
Dorf Khimrai liegt in Trümmer.
* Athen. 17. Juni. Das Kriegsdepot in der Nähe
von Athen ist durch eine Explosion zerstört worden; 2
Officiere und 12 Soldaten sind todt, einige andere schwer
verwundet worden. Der Schaden wird auf 4 Millionen
Frcs. geschätzt.
* Chicago, 17. Juni. Das Bundesgericht al«
Appelhof entschied einstimmig und endgültig zu Gunsten
der Oeffnung der Ausstellung am Sonntag. Für
die Ausstellung bedeutet dies einen großen Erfolg.
Loccrse Mitttzeikrngen.
Heidelberg, tS- Juni.
O (UniverfitLtsnaÄricht.) Die Universität Dublin
hat Herrn Professor Dr. A- Merx an der hiesigen Hochschule
den Titel Vovtor logum verliehen.
* (Postsendungen nach Nutzland.) Den durch die
Post beförderten Packetsendungen nach Rußland dürfen nach
verstehen werde. Nachdem die beiden Gefangenen durch
den engen Gang in die Zelle Riedmüllers hinunter gekrochen
waren und dieser seinem Genossen all seine Schätze vorge-
wiesen, erfüllte dessen Herz überströmende Hoffnungsfreudig-
keit. Als ihm auch die Schrift überreicht wurde, rief er:
„ES ist in französischer Sprache geschrieben, welche ich
recht wohl verstehe."
Hierauf begann er in deutscher Uebersetzung laut zu lesen:
„Wer Du auch bist und was Du auch verbrochen haben
magst, so soll Dir doch mein Erbe, das der Zufall Dich finden
ließ, den Weg zur Freiheit bahnen. Dies Schriftstück ist zu-
gleich mein Testament, denn ich stehe am Vorabend meines
Todes, der mir durch Henkershand bereitet wird. Schon
glaubte ich an das sichere Gelingen meiner Flucht und an-
statt dessen wurde ich zur Hinrichtung geführt. Leichter
würde mir das Sterben fallen, wenn ich nicht Weib und
Kind hätte, nach denen mein Herz sich in den letzten Stunden
sehnend drängt. Ich werde zum Tode geführt als ungarischer
Rebell; ich selbst nenne mich jedoch einen ungarischenPatrioten,
der nur zu früh das zu erreichen suchte, was gewiß in späterer
Zeit vollendete Thatsache sein wird, umgeben von dem Scheine
des Rechtes.
Hier im Kerker fand ich in dem Gefangenwärter den
Spielgefährten meiner Kindheit und meiner Jugend, den Sohn
unseres langjährigen treuen Dieners. Unser Wiedersehen in
öder Kerkerzelle war ein rührendes. Ohne daß ich ihn dar-
um angegangen, schwur er, mir alle Mittel zur Erlangung
der Freiheit anschaffen zu wollen. Er hat sein Versprechen
redlich gehalten und nachdem es geschehen, seine Entlassung
genommen. Dann ist er, versehen mit einem Schreiben von
mir, nach Ungarn zu meinem Vater gereist, der ihm sicher
mit Freuden die von mir angewiesene Summe von 20000
Gulden ausgezahlt, mit welcher er nach Amerika answanderu
wollte. Jedenfalls befindet er sich längst im Lande der Frei-
heit. Durch fast ein Jahr hindurch habe ich rastlos ani Wege
zur Flucht gearbeitet. Doch als das Schwierigste bereits zu
Ende, wurde mir die Vollstreckung desTodesurtheiles ange-
kündigt, an welche ich nach so ewig langer Zeit nicht mehr
geglaubt. Neuerliche Verschwörungen in Ungarn haben das
bittere Loos über mich herbeigeführt; dasselbe soll mit als
abschreckendes Beispiel dienen.
Alles Nähere über meine bisherigen Arbeiten zur Er-
langung der Freiheit befindet sich auf einem dem Plane des
Spielberges beiliegenden Zettel verzeichnet. Zugleich liegt
auch ein Brief an meine Frau und Tochter bei, welcher meinen
letzten Abschied und noch einige wichtige Nachrichten für die-
selben enthält. Gelingt es Dir, unbekannter Leidensgenosse,
durch mich die Freiheit zu erringen, so sorge dafür, daß mein
Schreiben in ihre Hände gelangt; es ist die Bitte eines Ster-
benden. Denke mitunter meiner und bete ein Vaterunser für
meine ewige Ruhe. Bela Graf Ugron."
Erschüttert falteten die beiden Gefangene» die Hände,
still ein Gebet verrichtend.
Später studirte Tarloni eifrig den Bericht des unglück-
lichen Ungarn über die von ihm vorgenommenen Befreiungs-
arbeiten, welche sich unter einer genau bezeichneten Stein-
platte befinden sollten. Als sie dieselbe emporhoben, gähnte
ihnen ein enger Gang entgegen. Nachdem sie eine Kerze an-
gezündet, stiegen sie hinab, wohl an zehn Meter tief; dann
ging es in wagrechter Richtung weiter, eine ziemlich weite
Strecke. Bisher hatte der Gang nur durch festgestampftes
Erdreich geführt, dann aber führte er durch eine 'meterstarke
Ziegelmaner fort. Wie Tarloni aus dein Plane des Spiel-
berges ersah, wo der Ungar seine Arbeit genau bezeichnet
hatte, mußten sie bald an eine Kerkerzelle gelangen. Da sie
wußten, daß die unteren Gelasse nicht mehr zur Unterbrin-
gung der Gefangenen dienten, so brauchten sie auch nicht zu
fürchten, einem solchen daselbst anzutreffen.
Als sie am andern Tage eben rüstig daran arbeiteten,
den Gang in der Ziegelmauer weiter zu führen, klanges ihnen
plötzlich hohl entgegen. Sofort war es ihnen klar, daß sie
an der Zelle angelangt waren, welche auf dem Plane ange-
geben war.
Es dauerte nicht lange, so hatten der Graf und Ried-
müller ein Loch durchgebrochen, doch kaum war es geschehen,
so strömte ihnen durch dasselbe ein so entsetzlicher Geruch
entgegen, daß sie fast das Bewußtsein verloren und sich eilig
zurückziehen mußten. Nach einer langen Weile erst wagten
sie sich wieder vorwärts. Trotzdem der üble Geruch sie noch
immer stark belästigte, mußten sie doch wieder an die Arbeit
gehen. Bald hatten sie die Oeffnung so vergrößert, daß ein
Mensch hindurchschlüpfen konnte. Riedmüller machte mit
der brennenden Kerze in der Hand den Anfang; kaum war
er jedoch darin, so gellte auch schon ein dumpfer Entsetzens-
schrei seinem Gefährten entgegen. Als dieser auf dieses hin
rasch nachfolgte, sah er Riedmüller gleich einem Wahnsinni-
gen angstverzerrt nach der einen Wand der Zelle starren-
Aber auch Tarloni sträubten sich die Haare zu Berge, da
seine Augen derselben Richtung folgten, hing doch dort, fest-
genagelt an ein Brett, eine mumienartig vertrocknete Leiche,
an welcher sich unter den Armen noch immer die Spuren
von Brandwunden zeigten. Der Schädel des Todten war
dunkelbraun und der Mund weit aufgespeert. Den Beiden
war es, als entringe sich demselben ein entsetzliches Wehge-
heul. Sie befanden sich in einer ehemaligen Folterkainmer,
woran auch die darin befindlichen Geräthschaften gemahn-
ten. Der mit den Händen und Füßen an das Brett Genagelte
war seinen Qualen inmitten der Tortur erlegen und man
hatte es nicht für uöthig gehalten ihn herabzunehmen, um
ihn der Erde zu übergeben. Man hatte, als die Folter in
Oesterreich aufgehoben wurde, die Thür zur Folterkammer
einfach vermauert. Wahrscheinlich war der vertrocknete Todte
das letzte Opfer einer grausamen Zeit gewesen.
(Fortsetzung folgt.) 2,1 18«