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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (6) — 1936 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.9507#0905

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Lsits?

8ts61

„Vokksgememschast^

DZenAtqs. den 1. Sevtembe- 1W8

Golöne Zäöen auf öer /lu...

Der September zieht ins Lanü -- Der volksmunö sprickt

Jn dcr Reihe der zwöls Monate des Jahres
^rschönt der Sevtember als lebter die Natur.

Bauersmann bringt er den Zins sür Tage
Auhevollen Schaffens in der Eestalt von Obst,
^-rauben. Wein, Kraut, Gemüse. Kartoffeln und
^nderen Dingen. Ehe der Laubfall der Bäume ein-
^bt. schmückt sich die Natur noch einmal mit bunt-
^nrbigem Eewande als Abschiedsgrutz. Der Dichter
lagt:

Durch des Sevtember heitern Vlick

Schaut noch einmal der Mai zurück.

^ie in dem Wonnemond die Kinder mit Vater
n»d Mutter hinauszogen in Feld und Wald. so
rreiben sie's im Sevtember. Jn den Weinbergen
derrscht Jubcl und Freude. unter den Obstbäumen
treibt sich das junge Volk herum, indes der Vater
»us der Leiter den Segen vorsichtig in die Körbe
vsliickt. Wer würde bei der Obsternte den Kindern
Mehren, zu essen. was und wie viel sie wollen? —
Pon der nahen Wiese führt der Bauer das Oehmd
r». die Scheune. und auf dem Wagen dürfen die
Ainder alle mitfahren. Es ist ja nur eine kleine
<tuhre und ein Unfall nicht zu befürchten. Wie
r»acht das den Kindern Freude. und selbst der
^auersmann emvfindet diese Arbeit als ein letztes
^bschiednehmen. Freilich ist es höchste Zeit: denn
»nn August kann man öhmden. im September aber
^ur öhmdeln". Damit kennzeichnet der Bauer die
^uenge und Eüte des zweiten Schnitts. Der Sonne
^ehlt schon viel von der sommerlichen Kraft zum
Dö'rren des grünen Futters. Heitzt es doch:

Durch die Felder sieht man sahren
Eine wunderschöne Frau.

Und von ihren langen Haaren
Goldne Fäden auf der Au
Svinnet sie und singt im Eehen:

Eva, meine Blümelein.

. Nicht nach andern immer sehen,

Eya, schlafet, schlafet ein!

Denn der Altweibersommer durch die Lüfte sliegt,
dann neigt sich der Sommerbogen des Jahres dem
Herbst entgegen. Der erste Tag im Sevtember. der
^egidiustag, ruft dem Bauer zu:

Wenn Sankt Aegidi bläst ins Horn,

So heitzt es: „Bauer, sä' dein Korn!"

^er Charakter dieses Tages soll bestimmend sein
auf die Beschafsenheit der Witterung der kommen-
aen Zeit: „Jst's am Aegidientage schön, dann wird
auch gut der Herbst besteh'n!"

Eib wohl auf Aegidi acht,

Er sagt dir, was der Monat macht.

Jst's an Aegidi rein.

So wird's so bis Michaeli sein.

Nn Allgäu und im Kanton Unterwalden gilt der
unagnustag (6. Sevt.) als eine Art Feiertag:
mm wird als schützender Helfer bei dem Vieh Ver-
ahrung entgegengebracht. Der Tag Mariä E e-
a.Urt am 8. September gilt vielsach als der letzte
Sonrmertag. Es beiht nicht bloh: Mariä Eeburt
^ehen die Schwalben surt, sondern der Svruch wird
auch gedeutet: Mariä Eeburt zieht der Sommer
'urt.

Um diesen Tag macht der Winzer schnellere
Hchritte wie sonst: denn nun kommt seine Zeit.
-urifft alles gut ein, dann hat die Zunft der Wein-
^ärtner wieder einen guten Herbst. Die Trauben

ernten und Wein zu keltern, das ist eine schöne
Zeit.

Jst Maria gebor'n,

Winzer, keine Zeit verlor'n!

^e länger die Sonne den Beeren Sühigkeit ver-
^ihen kann, desto besser wird der Wein, und der
Wnzer duldet es gerne, wenn ihm im September
^le Sonne ganz gebörig auf den Buckel scheint.

Dann sagt er lachend:

Einer Traub' und einer Eeih

Wird's im Sevtember nicht zu heih.

Dann an den Trauben nicht gerät.

Was der September nicht kocht und brät,

Wenn im Sevtember die Flüsse klein,

Gibt der Herrgott 'nen guten Wein.

^iese Beobachtung gilt nicht nur dem Sevtember.
'nnderu allen Sommermonaten. Ein diesbezüglicher

Svruch ist am Rhein zu Hause: er vaht aber aus
alle Weinorte:

Wenn der Fisch schwitzt und runzelt
llnd der Weinbauer schmunzelt
llnd die Schifser machen lange Schnuten:
Dann gibts Euten!

Aber: Wenn die Schiffer triumvbieren
Und die Easthofkellner srieren.

Und die Winzerstirn sich legt in Falten:
Dann trinkt Alten!

„Lange Schnuten" machen die Schifser bei nie-
derem Wasserstand. Jn diesem Jahre aber konnten
sie sich über mangelnde Wasserfülle nicht beklagen.
Hofsentlich hilft der Sevtember die Trauben noch
reichlich kochen. Dem 21. September widmet der
Winzer besondere Aufmerksamkeit:

Matthäus mit viel Wasser
Jst guten Weines Hasser.

Er aus Wein oft Essig macht.

Wenn Matthäus weint, statt lacht,

Der Tag Mariä Eeburt. 8. September, nennt
den allbekannten Spruch: „Mariä Eeburt zieh'n
die Schwalben furt". Dem entgegen steht der Reim:

Sind an Mariä Eeburt die Schwalben noch
nicht furt.

Svät der Winter wurd.

Trefsen die Strichvögel zeitig ein.

Wird srüh und streng der Winter sein.

Vleiben im September die Schwalben lang,
Hab' vor frühem Winter keine Bang'.

Dem Laubfall widmet der Vauer auch seiner Aus-
merksamkeit. Die Regel prophezeit:

Fällt im Wald das Laub sehr schnell,

Jst der Winter bald zur Stell'.

Noch feblt der heldenhafte Streiter St. Michael
am 29. September. Gar ost schickt er schon strenge
Winde, die einem gehörig um die Ohren blasen.
Das soll ein Zeichen eines strengen Winters sein:
Wenn Nord- und Ostwinde um Michaelis wehn,
Werden wir einem kalten Winter entgegengehn.

Viel Eicheln um Mickaelis —

Viel Schnee um Weihnachten.

Vorerst erwarten wir vom Herbstmonat noch
manckien Eoldschimmer für die Landschaft, ehe die
Natur Stück sür Stück von ihrem sommerlichen Ge-
wand abstreift und der erste Reif eintritt. Jn die-
ser Zeit der Wende zwischen Sommer und Herbst
hielten unsere Vorfahren, die Germanen, ihre
Herbstthinge ab. Die Aeltesten sprachen Recht und
Urteil, und alle Streitigkeiten der Volksgenossen
wurden beigelegt. Man brachte den dem Ackerhau
gnädig gesinnten Eottheiten Opfer dar. zündete auf
den Bergen Freudenfeuer an und umschwärmte mit
Fackeln die lodernde Elut. Heute trefsen sich Ver-
wandte und Bekannte an den Kirchweihfesten. Es
geschieht des Jahres nur einmal. heiht es in einer
alten Schrift, dann ist es löblich und ehrlich. sinte-
malen die Leute dazu geschaffen sind. dah sie freund-
lich und ehrlich untereinander leben sollen. L.

was -er winterfahrplan bringt

Vieöer gute verbin-ungen un- wertvolle Neuerungen ab 4 GktrLer

Der neuc Winterfabrplan. der vom 4. Oktober
bis 21. Mai 1937, also über 7)4 Monate gültig sein
wird, liegt nunmehr im Entwurfe vor. Wenn er
auch als Teilabschnitt des schon festgelegten Jahres-
sahrvlans im grohen und ganzen von vornberein
seststand. und die llblichen. durch den Wegfall des
sommerlichen Ausslugs- und Ferienverkehrs beding-
ten Streichungen und Einschränkungen wohl nie-
manden überraschen. so dürfen doch folgende, sür
Heidelberg wertvolle Neuerungen und
beachtentzwerte Mehrleistungen der Reichsbahn her-
vorgehoben werden:

Da erstmals in diesem Winter der Paris-Wie-
ner V-Zug. der bisher seinen winterlichen Kurs
erst in Karlsruhe begann. und in München be-
endete, in seinem Gesamtlauf beibehalten wird, zu-
gleich aber auch infolge des Wechsels der franzö-
sischen Sommerzeit zu der eine Stunde später ein-
setzenden westeuroväischen Normalzeit eine erheblich
hinausgerückte Lase ab Strahburg erhalten muh,
kann der Morgeneilzug Wiesbaden—Heidelberg—
Stuttgart an ibu in Stuttgart herangebracht wer-
den. Es entsteht hierdurch eine vorzügliche
Vormittagsverbindung Heidelberg
—M ünche n—Wien (Heidelberg ab 8.4S, nach nur
Sstündiger Fahrzeit in München bereits an 13.46).

Ein dankenswertes Fahrplangeschenk bedeutet
ferner die Aufrechterhaltung der ausgezeichneten
Vormittagsverbindung Heidelber g—
Verlin mit dem vv-zugsmähig gesübrten drei-
klassigen O3 Frankfurt—Berlin und ebenso mit O4
zurück, die beide im Winterdienst des Vorjahres ge-
strichen waren. Die rascheste Fahrgelegenheit mit
3. Klasse von und nach der Reichsbauptstadt bleibt
sonach ganzjährig erhalten. (Heidelberg mit dem
in Frankfurt anschliehenden Eilzug ab 7.86, Berlin
Anh. Bbf. an 12.49: in der Eegenrichtung Verlin
Anh. Vhf. ab 12.30, Heidelberg mit Eilzug an
21.14.) Zu erwäbnen wäre vielleicht auch die er-
heblich« Beschleunigung des allerdings Heidelberg
nicht berübrenden Riviera-Ervreh Berlin—Cannes
und —Rom, aus den nunmehr insolge seiner ge-
änderten Lage mit dem letzterwähnten Eilzug (Hei-
delberg ab 21.23) in Karlsruhe oder Baden-Vaden-
West übergegangen werden kann.

Nicht gering anzuschlagen ist auherdem die ab
14. Mai erfolgende Wiederkehr des aus-

Mchtung! Registrier-Sallone!

Sallone un- vrachen mit wissenfchastlichen ^lpparaten stn- Staatseigentum

» >zm htzatzmen der Arbeiten der Jnternationalen
vnmmission für die Erforschung der sreicn Atmo-
m«are werden nicht nur deutsche. sondern auch
"hsländische Registrierballon« und Drachen mit
wertvollen Jmtrumenten aufgelassen. Durch
meje Jmtrumente sollen die Temveraturen und
^Ndeke Wetterelemente selbständig aufgezeichnet.
^urch dje Feststellung des Flugweges kolcher Bal-
«u.ne ohne Jnstrumente sollen die Windströmungen
/ngestellt werden. An diesem Aufstiegsbetrieb be-
ilUlgen sjch alle Kulturstaaten. Jrgendwelche Son-
i?Unteressen eines Staates baben mit diesen
KNternehmungen nichts zu tun. weil alle Staaten
Mer die meteorologischen Verhältnisse durch die
nm'uationale Arbeit genügend Bescheid wissen.

«H Da das Wiederaussindsn der Registrierballone
hU) die Arbeiten der Jnternationalen Kommission
„sMnders wertvoll ist. müssen fämtliche Ballone,
bö« uültig. ob sie mit Jnstrumenten oder mit An-
,?»gekarten ausgelassen wurden. und gleichgültig.
luii^? ärohe Ballone oder nur soaenannte Kinder-
öpUnnllone sind. an die Ortsvolizeibebörden, in
Regel alio an den Bürgermeister. in Amts-
ljUuten mit Staatsvolizei an das Bezirksamt (Po-
de» räsidium, Polizeidirektion) abseliefert wer-
iür 'i, ^un der Jnternationalen KommMon sind
Finder Delohnungen ausgesetzt. wenn die
ri^trumente. die sich in den Ballonen besinden,
7>MNg bebandelt wurden. Auherdem werden dem
alle Unkosten erstattet. die ibm mit der
sen ^ndung bzw. Ablieferung der Ballone «rwach-
NjU, Bei der Ausfindung der Ballone sollen die
nner »unächst die in den Ballonen oder Drachen

sie

besindlichen Anweisungen genau besolgen und
sodann der Ortsvolizeibebörde abliefern.

Es wird noch darauf hingewiesen. dah die Bal-
lone. Drachen sowie die mitgefübrten Avvarate
Staatseigentum sind und dah ibre böswillige Be-
schädigung oder Entwendun« strafrechtlich verfolgt
wird.

gezeichneten V-Z".^s Essen — Köln —
Heidelberg ü>':r Koblenz—Mainz—Riedbahn.
Essen ab 6.08. )köln ab 7.28, Heidelberg an 11.16
(Anschlnh nach Stuttgart) und seines abendlichen
Eegenzuges v 203. Ursprünglich war diesem erst-
mals im Hochsommer dieses Jahres eingelegten 0-
Zugspaar eine Lausdauer von nur wenigen Wochen
zugedacht. Offenbar hat es aber derart erfreu-
lichen Zusprüch ersahren. dah es noch vor Beginn
des kommenden Sommerfahrvlans eingesetzt wer-
den kann. Eine fllr den Fremdenverkehr
aus den Rbeinlanden höchst wichtige
Schnellzugsverbindung hat damit Anker
gesaht. die hoffentlich sich noch weiter als ausbau-
fähig erweist.

Dem Fremden- und Wintersvortverkehr nach dem
Südschwarzwald sehr dienlich wird die Be-
schleunigung des ohnehin schon sehr slotten Frllh-
eilzugs 306. Heidelberg ab 6.22 sein. der künftig
in Freiburg an den nunmehr elektrisch gefahrenen
und daher wesentlich beschleunigten Höllentaleilzug
anknüpft. Dadurch wird es möglich. von Seidelberg
aus in 3 Stunden 22 Minuten am Titisee und kurz

nach 10 Uhr bereits in Värental-Feldberg zu wei-
leu: dah auherdem zur Ausübung ües Winter-
sports wieder die erheblich verbilligten schnellen
Sonderzüge vorgesehen sind. die sesttags auf beson-
üere Anordnung verkehren (Heidelberg nach Frei-
burg, Bärental-Seebrugg ab 8.08, ferner nach Of-
senburg mit unmittelbarem Anschluh nach Ober-
bühlertal und Ottenhösen. Heidelberg ab 6.30. evtl.
auch Samstags ab 18.16) versteht sich am Rande.

L.

Eine erfte Segegnung

Woran dic kleine Biene gestorben war, hätte
niemand sagen können. Sie war irgendwie ins
Zimmer geraten. Vielleicht war ihr die Stuben-
luft nicht bekommen, vielleicht hatte ste sich auch
an irgendeinem Möbelstück den Kopf eingerannt.

Nun lag ste da, mitten in der Stube auf dem
Boden. Still und leblos und so leicht, datz ein
Windhauch sie hätte wegwehen können. Als der
Sonnenstrahl langsam über den Voden kroch,
glänzten ihre feinen silberigen Flüael und der
dunkle braue Pelz bekam einen goldenen Schim-
mer.

So sah Heini, der im Zimmer spielte, plötzlich
die kleine Biene liegen. Auf seinem morgend-
lichen Spaziergang von einem Möbelstück zum an»
dern, der immer noch ein besondere Sensation be-
deutete, lag plötzlich die Biene vor ihm.

„Summ-", murmelte Heini vor sich hin.

Jrgendwie verband stch 'n feinem lleinen Verstand
diese tote Biene mit der Vorstellung lustig herum-
summender Jnsekten. Jrgendwie war sie de»
Fliegen und Brummern Lhnlich, die manchmal
durchs Zimmer sloaen, und drautzen im Earten
hatte er wohl ai.ch schon solch kleines braunes
Etwas um die Mumenkelche summen sehen.

Mit diesem Tier aber war es etwas anderes.
Warum flog es nicht herum? Es war ein
„Summlu.am" und war doch keins. Heini hielt
auf stlnem Spaziergang durchs Zimmer inne und
slarrte langc auf das tote Jnsekt. Ernst, nachdenk-
lich, mit sast philosophischer Mienc. Anzusassen
wagte er es nicht. Man konnte nicht wissen . . .
Vorsichtig ging er um die Biene herum, ste be»
klommen von der Seite betrachtend.

blsnclax


Dann kam Mutter ins Zimmer. Sie würde
Rat wissen. „Summsumm — flieg!" sagte Heini,
auf die Biene deutend. Was heitzen sollte, die
Biene mützte nun fliegen. Aber sie flog nicht.
Mutter hob das Tierchen auf. Leblos lag es in
ihrer warmen Hand. Sie wollte es Heini zeigen,
aber er zog sich ängstlich ein paar Schritte zurllck.
„Lasten wir das „Summsum" fliegen", sagte Mut-
ter und warf die kleine Bicne rasch vom Balkon,
von wo der Wind sie auf den grllnen Rasen des Ear-
tens trug.

„Is fort defiegt" murmelte Heini, aber er sah
dabei so nachdenklich aus, datz man seinem kleinen
Gesicht entnehmen konnte, die Sache kam ihm sehr
dunkel und sehr unverständlich vor.

Erste Begegnung mit dem Tod ...

Keinr Wohnungszwangswirtfthaft

vie neue Mieterschutzregelung nur zeitlich be-ingt

Neugeborene kin-er
in -er Krankenverstcherung

Jn dem Bericht des Reickisaufsicktsamtes für
Privatverstcherung fiir das Jahr 1935 wird u. a.
festgestellt, datz zahlreiche vrivate Krankenversiche-
rungsunternehmungen ihre Bedingungen geändert
haben, um die bevölkerungspolitischen Matznahmen
der Reichsregierung zu unterstützen. Das Reichs-
aufstchtsamt stellte dabei fest, datz seine Vorsckriften
über die Wartezeit in der Krankenverückerung
dann nicht zu beachten sind, wenn neugeborene
Kinder gleich nach der Geburt im Anschluh an
die bestebende Versicherung der Eltern angemeldet
werden. Nach dieser Klarstellung dürften inzwischen
alle privaten Krankenversicherungen ibre Beding-
ungen dahin abgeändert baben, datz für neuge-
borene Kinder keine Wartezeit mehr vorgesckoben
ist, wenn die Eltern bereits versickert sind. Ferner
sind die Leistungen der privaten Krankenoersiche-
rung auch auf Schwangerschaftsbeschwerden, die
nicht als Krankheit im eigentlichen Sinna »nzu-
sehen stnd, ausgedehnt worden.

Die an den Wohnungsbaumarkt herantretenden
Aufgaben sind autzerordentlich. Nicht nur, datz
Rückstände aus der Zeit vor dem Umbruch aufge-
holt werden müssen, ist auch durch den wirtschaft-
lichen Aufstieg in den letzten Jahren der Woh-
nungsbedarf wie auch der kulturelle Anspruch, der
heute an die Wohnungsbeschafsenheit gestellt wird,
sehr gestiegen. Mit alledem konnte trotz starker
Steigerung die Bautätigkeit nicht ganz Schritt hal-
ten. Deswegen war der Gedanke einer Wohnungs-
zwangswirtschaft verschiedentlich ernstlich in Er-
wägung gezogen worden. An seine Stelle aber trat
das Eesetz zur Aenderung des Reichsmietengesetzes
und des Mieterschutzgesetzes vom 18. April dieses
Jahres.

Es ist bekannt, datz im vorigen Jahre viele An-
träge beim Reichsarbeitsministerium eingegangen
sind, die frühere Wohnungszwangswirtschaft wie-
der aufleben zu lassen. Die Anträge haben keine
Veachtung gefunden — und werden auch für
die Zukunst keine Beachtung finden. Wer in dem
neuen Gesetz vom 18. April den ersten Schritt zur
Einführung der Wohnungszwangswirtschaft sehen
will, täuscht sich und geht von einer völlig falschen
Beurteilung der Voraussetzungen zum Erlatz dieses
Eesetzes wie auch hinsichtlich seiner Dauer aus.
Schon allein der Erundgedanke, von dem das neue
Gesetz ausgeht, nämlich die Miete in Bezieh-
ung zur Unkostendeckung des Grund-
stllcks zu setzen, so datz also bei Erhöhung der Un-
kosten auch eine Erhöhung der Miete eintreten
wird, zeigt, datz auch bezüglich des Mieterschutzes
das neue Gesetz etwas von dem alten Mieterschutz
wesentlich Verschiedenes ist.

Es kann also keine Rede davon sein, dah das
neue Gesetz nur der erste Schritt zu einem Ausbau
der Wohnungszwangswirtschaft und des Mieter-
schutzes in dem früheren Sinne ist. Im Eegenteil,
es soll alles getan werden, um nicht durch gesetz-
liche Matznahmen Hemmungen in der Wohnungs-
bautätigkeit zu schaffen; solche Hemmungen wür-
den unstreitig eintreten, wenn auch nur die Ver-
mutung einigermatzen begrllndet wäre, datz die
Wohnungszwangswirtschaft neu belebt werden
sollte. Nichts ist mehr geeignet, diese Auffassung
zu zerstreuen, als die Feststellung, datz das neue
Eesetz keinen Dauercharakter hat, sondern nur eine
aus den Vedürfnissen der Gegenwart geborene
zeitlich bedingte Matznahmeist. Ausdrück-
lich stellt dies auch bei einer Betrachtung des Ee-
setzes vom 18. April in der Zeitschrift „Der deut-
sche Volkswirt" Ministerialrat Dr. Ebel feft:

„Diese Aenderungen des Mieterschutzes, di«
zweifellos 'eine gewisse Verschärfung bedeuten,
sind daher nur als Matznahme anzusehen, dte
aus die gegenwärtige Wohnungsknappheit zurück-
zuführen ist. Sie stellen keine grundsätz«
liche Aenderung der Reichspolitik
dar. Das Ziel mutz bleiben, durch stärkste Fö?-
derung des Wohnungsbaues das Mitzverhältms
zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Woh-
nungsmarkt zu beseitigen. Ist dies geschehen, ?o
wird auch wieder ein Abbgu des Mieter-
schutzes möglich jein."

LVinken aus -em fa!)ren-en Aug

Eine Mahnung zur Vorsicht

Abschiedwinken und Zuwinken aus Eisenbahn»
zllgen sind alltägliche Eeschehnisse des Reisever-
kehrs. Besonders dort. wo landschaftliche Reize
sich den Reisenden entfalten, Kraft-durch-Freude»
Reisende aneinander vorllberfahren, Vergnügunaq-
dampfer und Eisenbahnen sich begegnen, schwiklt
das Herz des Reisenden, so datz er oft jede ruhige
Ueberlegung und Vorsicht vergitzt. Zur Warnung
sei deshalb an das folgende Ereignis erinnert:

Ein Sonderzug, der von einer Rheinlandfahrt
zurückkehrte, überholte in der Nähe von Königs-
winter einen Rheindampfer mit lustigen Reiienden.
Das gab Veranlassung zu einem heftigen Tücher-
schwenken und Winken auf beiden Seiten. Einem
Betriebsleiter, der zu den Reisenden des Sonder-
zuges gehörte und sich begeistert beteiligte, wurde
plötzlich die aus dem Abteilfenster mit dem Tuch
hinausgestreckte Hand vom Arm abgeris-
sen. Teile von ihr flogen ihm gegen Gestcht und
Nase. Die Ursache des Unfalles konnte nicht aufge-
klärt werden. Wahrscheinlich hat irgend ein fester
Eegenstand in der Nähe des Bahnkörpers gestan-
den, oder es war ein rangierender Eüterwagen mit
überstehenden Lasten vorbeigefahren. Der Verun-
glückte, der aus dem Eesichtspunkt des Eisenbahn-
betriebsunfalles Schadenersatz von der Deutschen
Reichsbahn fordert, erhielt Ersatz nur zu zwei
Dritteln zugebilligt. Zu einem Drittel wurde er
wegen eigene Verschuldens mit seiner Schadens»
ersatzklage abgewiesen.

Darum, lieber Leser, wer du auch seist: Halt»
beim Zuwinken niemals die Hand oder den Arm
aus dem Zuge heraus, insbesondere dann nicht,
wenn es sich um einen fahrenden Zug handelt.
 
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