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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (6) — 1936 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.9507#1865

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Dartamentseröffnung in London

Thronrede König E-uards VIII. — Korisetzung der bisherigen englischen politik

. London, 3. November

/ Ednard VIH. snhr am Dicnstag wegen
^"renden Regens ohne das seit zwei Erne-
geübte Zeremoniell im Auto zum Oder-
«gi' die erste Parlamentserösfnung seiner
^ »ugszeit vorzunehmen.

As,'h-^ösfnung erfolgte in dem bei dieser Ge-
«tdg " üblichen prunlvollen Rahmen. Auher den
>>k«den weiblichen Oberhausmitgliedern in
l«tjk,?^chtlgen Kleidern war das gesamte Diplo-
^sie» Korps, darunter auch der deutlcke Bot-
Ribbentrop, anwesend. Der König trug
^>d,.^lnem purpursarbenen und goldverzierten
°ih >?nutel die Adntiralsunisorm. Da der König
>thj ^ngekrönt ist, trug er während der Zeremonie
> Krone, sondern den Admiralshut. Als er
>.j "cher Prozession das Oberhaus betrat, wur-
''chsa .bieichskrone, das Staatszepter und der
l>b/.?N>eI vor ihm hergetragen. Da König Eduard
ejj ,^»atet ist, stand zum ersten Male seit langer
xfst Thronsessel anf der Empore.

ItgMem der „Schwarze Herold" die llnterhaus-
»Sdj ». nnd die nicht dem Oberhaus angehören-
«ijch.'nister herbeigerusen hatte, oerlas der König
das protestantische Glaubensbekenntnis und
^t«, >>ete sich, die Gebote einzuhalten, die die
s ^nntische Thronfolge erfordern. Hieraus oer-
König die Thronrede.

E )>ieser Thronrede werden erneut die bereits
leai >^i Richtlinien der englischen Politik dar-
König betonte, datz die britische Re-
kM.'ö ihre Politik auf die Mitglicdschafl beim
«e/A>nd stlltze, datz sie jedoch Vorschläge zu
Ssrp- ^rni des Völkerbundes bereits in Genf
gl'^cht habe. Die Befriedung Europas soll von
>f ° niit allen Mitteln gefördert und es soll
Ioj»^n Westpakt hingearbeitet werden. Die
>««x. . n a b m a ch u n g e n zwischen Amerika,
'»«dl ^ und England sollen nach der Thronrede
r^'nge einer internationalcn Flottenverein-
^ « bilden.

itjö König legte Nachdruck darauf, daß die
Regierung die politische Lage im Fer-
«d r^Nen mit Sorge verfolge. Dort sei Friede
>tji-»he wesentlich für wichtige Interessen des
Volkes. Er hoffe auf eine friedliche
Swischen China und Japan.

»keü bekannte sich Eduard VIII. zu dem Ee-
e«g .des Nichteinmischungsabkom-
>g«l>, >n Spanien. Den Bündnisvertrag zwischen
« und England hofft er noch vor Ende

tö«^ Dkai des nächsten Jahres soll anlätzlich der
'«-»gsseierlichkeiten eine britische Reichs-
!ö«^»e.nz stattfinden. Jm Anschlutz an die
krz^Ssfeierlichkeiten will der König zur Kai-
> de,"Ä nach Jndien reisen. Erwähnt wird
A dronrede auch die geplante Neuregelung
»Ittz ^tsassung in Indien. Zur Palästinafrage
König mit, datz die königliche Unter-
K>!e« ^koinmission noch in dieser Woche aus-
> °"rd.

hro^ britische Aufrüstung soll nach der
urit äutzerster Tatkraft vorwärts ge-
, werden, und zwar sowohl der Verteidi-
^ Empires willen als auch zur Jnnehal-
!»«s ^ lnternationalen Verpflichtungen Eng-
>8 jx^eichzeitig bekannte sich der englische Kö-
,^>««nl^ öur Förderung einer allgemeinen inler-
/r Befriedung, durch die eine Begrenzung
. »öbausgaben möglich wäre.

^slh^hkich wandte sich Eduard VIII. innerpo-
.Pwblemen zu, unter denen auch die
Me«t.?rr Vergbauabgaben wieder auftauchte.
M ist die Ankllndigung einer Eesetzesoor-
»«g. «icherung der inneren Ruhe und Ord-
i >>>fti„ bestehenden Eesetze seien abänderungs-
,, , Jn dem neuen Eesetz soll jedoch der
"'«« />»d Versammlungsfreiheit nicht Abbruch
«erden.

Bes ratifizieren zu können.

Daldwin vor -em Llnterhaus

Nach kurzer Vertagung trat das Unterhaus wie-
der zusammen, um die Dankadresse an den König
entgegenzunehmen. Sie wurde zum ersten Male in
der Eeschichte des englischen Parlaments von einer
Frau. nämlich der konservativen Abgeordneten Mitz
Hor-sbrugh eingebracht.

Dann sprach der nationale Abgeordnete Harold
Nicholson. Jn der Autzenpolitik hätten sich, so
führte der Redner u. a. aus, im letzten 2ahr die
Beziehungen zu den anderen europäischen Staaten
beträchtlich gebessert. Das deutsche Volk habe
den Engländern in den letzten Monaten ein Matz
der Sympathie und Freundschaft gezeigt, das jeden
ermutlgen miisse, der eine Vereinbarung zwischen
dem deutschen und dem englischen Volk gu freund-
schaftlichen und gleichen Bedingungen wünsche.

Der Ovvositionssührer Attlee erklärte, datz
die Thronrede zahlreiche wichtige Probleme un-
erörtert gelassen habe. Sie sei über die Frage der
Arbeitslosigkeit und der Unterernäh-
rung Hinweggegangen. obwohl es in England
zur Zeit eineinhalb Millionen arbeitslose und
viereinhalb Millionen unterernährte Menschen

gebe. Der Schlutz der Rede war ein Angriff auf
das vrivatkapitalistische System.

Anschließend sprach Ministervräsident
Valdwin. Er kündigte u. a. an, datz am Don-
nerstag eine allgemeine autzenpolitische
Aussprache stattfinden werde. Eine Regie-
rungserklärung über Palästina werde gleich-
falls am Donnerstag abgegeben. Baldwin äutzerte
bei dieser Gelegenheit seine Vefriedigung über die
Besserung der dortigen Lage.

Ein grotzer Teil der Baldwin-Rede war eine
Wiederholung der bereits in der Thronrede an-
gekündigten Matznahmen. Hierbei beschäftigte sich
der Redner auch mit der gevlanten Vorlage zur
Aenderung des Eesetzes über die öffentliche Ord-
nung. Die Stabilität des Regierungswesens. so
wie England es kenne, hänge von der Freiheit der
Kritik ab, aber die Freiheit ihrerseits sei von der
Toleranz abhängig, die gegenseitig sein müsse.
Alle britischen Bürger ohne Unterschied seien be-
rechtigt. ohne Furcht vor Eewalttätigkeiten odcr
Einschränkungen ihrem Beruf nachzugehen. Die
Regierung werde auch nicht einen Augcnblick lang
die Einschüchterung irgendwelcher Gruppe dulden.

Oer Wahliag in LtGA

Ausgelassenfte Stimmung — Wettleidenschast steigert das Wahlfieber

Newqork, 3. November

Der Anbruch des Dienstag fand Newyork für
den ausgelassensten Wahltag seiner Geschichte ge-
rüstet. Die Stimmung am Abend einer amerikani-
jchen Präsidentschaftswahl kann mit europäiichen
Verhältnissen kaum verglichen werden. Hunderttau-
sende von Menschen, die meisten in angehei-
tertem Zustande, alle mit Pfeifen und Trom-
peten ausgerüstet, vollführen einen Höllen-
l ä r m.

Auf dem Times-Square und den Nebenstratzen
des Newyorker Theaterviertels schieben und drän-
gen sich die Menschenmassen. Der Verkehr kommt
völlig zum Stillstand. Auf der Spitze des Times-
Squäre-Turmes leuchten jeweils rote, blaue und
grüne Lichter auf und verkünden den augenblick-
lichen Vorsprung der einen oder anderen Partei.

Riesige laufende Lichtbänder an den Häuser-
fronten der grotzen Zeitungen melden die letzten
Ergebnisse.

Die Wettleidenschaft ungezählter Wähler, dis
oft hohe Summen auf den einen oder anderen Prä-
sidentschaftskandidaten gesetzt haben, steigert das
Wahlfieber in USA geradezu ins Ungemessene.

Die grötzte Nachrichtenagentur der Vereinigt-n
Staaten, die Associated Pretz, hat zu ihrem aus-
gedehnten Kabelnetz aus Anlatz der Präsidenten-
wahl noch 100 000 km Kabellinie hinzugemietet und
50 000 Perfonen eigens zum Auszählen und Zu-
sammenrechnen der Einzelresultate in allen Teilen
der Vereinigten Staaten angestellt. Durch diese
Vorbereitung will die Leitung der amerikanischen
Nachrichtena'gentur die Derbreitung der Endergeb-
nisse der Präsidentschaftswahl mit „amerikanischem
Tempo" sicherstellen.

Der Wahloorgang in den Vereinigten Staaten
ist äutzerst kompliziert, weil autzer dem Präsidenten
und autzer Kongretzmitgliedern gleich auch Abge-
ordnete und Senatoren der bundesstaatllchen Par-
lamente und selbst städtische Beamte, wie Stadt-
richter und Kämmerer, gewählt werden. Autzer-

dem stehen oft auch noch eine Abänderung von
Eemeinde- oder gar Staatsverfassungen zur Ab-
stimmung.

Die Spannung ist ungeheuer, da niemand mit
Sicherheit weitz, wie die jungen Wähler stimmen
werden.

Da das Wetter günstig ist, rechnet man mit
wenigstens 45 Millionen Stimmen und glaubt,
datz sich 25 Millionen für Roosevelt aussprechen
werden. Allerdings gibt die Stimmenzahl nicht
notwendigerweise den Ausschlag, denn es wird
nach Wahlmännern gewählt, deren Zahl 531 beträgt
und aus der Summe der 96 neu zu wählenden Sena-
toren und 435 Abgeordneten sich ergibt.

Die Zahl der Wahlmänner ist in jedem Staat
verschieden, da jeder Staat zwar zwei Senatoren
hat, die Zahl der Abgeordneten sich aber nach der
Einwohnerzahl richtet und durch die alle zehn
Jahre vorgenommene Volkszählung neu festgcsetzt
wird. Daher haben viele kleine Staaten nur drei
Stimmen, während Neuyork Lber 47 Stimmen
verfügt und demgemätz von beiden Partei stark
umworben wird. Immerhin entscheidet auch in
Neuyork, wie in allen anderen Staaten, die ein-
fache Mehrheit über den Sieg der betreffenden
Wahlmännerliste, die daraus geschlossen zu ihrem
Kandidaten geht. Es gibt weder eine Verhältnis-
wahl, noch nützen dem in dem einen Staat siegen-
den Kandidaten die die einfache Mehrheit über-
steigenden Stimmen, da bei dem Gesamtergebnis
lediglich die Zahl der Wahlmännerstimmen aus-
schlaggebend ist.

Konservative Sachkenner geben heute Roosevelt
277, Landon 254 Wahlmännerstimmen, während
viele Iournalisten Roosevelt bis zu 400 Stimmen
zusprechen. Das endgültige Wahlergebnis wird
wegen der pielen ländlichen Wahlbezirke und der
späten Stunde des Wahlschlusses voraussichtlich
erst am Mittwoch bekannt gegeben.

Bis Mitternacht lagen noch keine Wahlergeb-
nisse vor.

Kurswechsel i'm Irak

O Bomben und Reoolverschüsse, die den Ka-
binettswechsel im Jrak einleiteten, haben, kaum
datz Palästina zur Ruhe gekommen ist, wieder die
Augen der Welt aus die Vorgänge im Vorderen
Orient gelenkt.

Noch lassen sich die Folgen der Ereignisse nicht
in ihrer vollen Tragweite absehen, doch eins scheint
heute bereits festzustehen: datz sich in der politi-
jchen Haltung des Irak ein bedeutungsvoller
Kurswechsel vollzogen hat. Nicht nur der
eben ermordete Kriegsminister Dschaafar Pa-
jcha es Askari galt als eine der stärksten
Stützen Englands iir Vagdad, sondern auch der
nun des Landes verwiesene bisherige Autzenmini-
ster Nuri as Said hat durch seine Vermittlungs-
aktion während der Araberunruhen in Palästina
jeine Englandsreundlichkeit unter Beweis gestellt.
Mit ihm sind nunmehr auch der bisherige Jnnen-
minister Raschid Ali und der Ministerprüsident
Pasin zur Auswanderung gezwungen worden.

Die neuen Männer haben bereits bewiesen, datz
sie vor nichts zurückschrecken, um ihre po-
litischen Ziele zu erreichen. Wenn auch mit dem
47jährigen Hikmat Suleiman eine Persönlichkeit
ans Ruder kommt, die schon früher wiederholt
ihre Fähigkeiten als Jnhaber von Ministerämtern
bewiesen hat, so dürfte doch weniger in seiner
Hand, als in den Händen derer, die hinter ihm
stehen, die Entscheidung für das kommende politi»
jche Eejchehen zu suchen sein.

Eigentlicher Träger des Kurswechsels ist die
Armee, deren Eeneral Vekir Sidky sich als
geistiger und militärischer Leiter der letzten Er-
eignisse erwiesen hat . Vekir Sidky ist Kurde und
mehr als einmal hat er bereits seine eiserne
Härte bti der Durchführung feines Willens be-
wiesen.

So ist sein Name einer grötzeren Oefsentlichkeit
anlätzlich des grausamen Assyrermassakers von
Dairabun im Iahre 1833 bekannt geworden. Da-
mals hätte er durch seine Tat beinahe eine eng-
lische Jntervention hervorgerufen. Er und seine
Kreise müssen als Vertreter einer eigenen, von
England unabhängiben Autzenpolitik an-
gesehen werden. Wie wert sich nun nach dem
englischen Prestigeverlust bei der abessinischen As-
färe und nach den palästinensischen Unruhen der
Regierungsumschwung im Zrak zu einer Schlappe
Englands auswirkt, sei einmal dahingestellt. Datz
England bei den Ereignissen der Hauptleidtra-
gende ist, kann allerdings als über jeden Zweifel
erhaben gelten. Durch die vor wenigen Wochen
erfolgte Erhebung des bisher als französisches
Mandat verwalteten Syrien zum selbständigen
Staat, haben die england-gegnerischen Tendenzen
im Jrak neuen Auftrieb ethalten.

Zwischen Damaskus und Bagdad besteht ein
festes geistiges Band, seit Emir Feisal im Jahre

1919 von der Vevölkerung als Befreier umjubelt
in Damaskus eingezogen ist.

Damaskus sollte die Hauptstadt seines grotz-
arabischen Reiches werden, dessen Entstehung Fei-
sal immer wieder von scinem englischen Bsrater,
dem Obersten Lawrence, in den buntesten Far-
bcn ausgemalt worden war. Für Damaskus und
dieses Reich hatte Feisal seine Beduinen gegen
die Türken geführt. Doch lange bevor sich der
Emir durch die Besetzyng seiner Königsstadt Da-
maskus am Ziele seiner Wünsche sah, hatte Eng-
land im Sykes-Picot Abkommen des Jahres 1910
Syrien seinem französischen Bundesgenossen zuer-
kannt. Vergeblich hat König Feisal, der feit März

1920 in Damaskus als König residierte, sich den
von Beiruth aus vorrückenden französischen Trup-
pen des Eenerals Eourand entgegengestellt. Am
24. Juli 1920 beendete die Schlacht bei Meysse-
Loun den Traum eines arabischen Erotzreiches.

Frankreich zog in Damaskus ein! Seine
englischen Bundesgenossen entschädigten Feisal für
diesen Verlust mit der llebertragung der Herr-
schaft im Irak.

Seit jener Zeit herrscht im Jrak das Haus der
Haschimiden. Doch noch gab Feisal nicht alle
Hoffnung auf Verwirklichung seiner Pläne auf. Er
wutzte, was sein Name für die syrische Bevölkerung
bedeutete. Selbst heute noch, Jahre nach Feisajs
Tod, kann der Besucher Svriens fsststellen, wie
dieser Name Mythos syrischen Freiheitswillens ge-
worden ist.

Hatte König Feisal auch viele seiner Pläne
opfern müssen, so blieb ihm doch die Eenugtuung,

ber AiiMlmilternzug auf dem ÜniverWtrplah in heidelberg

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