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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (6) — 1936 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.9507#2168

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Lsits 4


„Volksgemeinfchast^

Dormerstaa. deu LK. November

Hszsliän^sts ^u^sncl

XVIII.

668^)1^1301^^6 »16 OSZekiel-iis sin68 VsgAbun66nI<in6S8 SU8 66M V/vIgalsnclS VQN s-161'MANN ^Uklg

Wir waren Lberfiihrt. Vrandstister, Räuber
und Spitzbuben! Wir lagen in einem engen
Raum, der weder Fenster noch Luftlöcher hatte.
Auger uns war noch ein Mann darin unterge-
bracht, der falsche Sowjetrubel in Umlaus ge-
bracht hatte. Das Gefängnis war seit der Sowiet-
herrschaft wohl nicht gereinigt worden. Unser Rat-
tenschuppen wäre mir lieber gewesen als diese
Pesthöhle. Die Fesseln hatte man uns bei der Ein-
lieserung abgenommen. Man hielt den Raum
wohl für genügend sicher.

llnser Mitgefangener sprach wenig. Er schien
zu grübeln. Darin ähnelte er Alexei, der sich
gleich wieder daran machte, die Fluchtmöglich-
keiten zu untersuchen. Was er entdeckte, war sehr
betrüblich. Dicke, undurchdringliche Mauern und
eine Tür mit einem schweren Eisenschlotz, zu dem
nur unser Wärter den Schlüssel hatte. Aber Alexei
war trotz allem guten Mutes. Ich traute meinen
Augen nicht, als er seinen 100-Dollar-Schein her-
auszog. Jch hatte ihm meinen gegeben, bevor er
den Fischer ansprach. Der mutzte nur von einem
100-Dollar-Schein gehört haben. Das war Alexei
rechtzeitig eingefallen, und er hatte den zweiten
Schein unter dem Wundverband versteckt. Wer
weitz, wenn der Fischer von 200 Dollar gehört
hätte, vielleicht wäre er doch noch auf den Vor-
schlag eingegangen. Vestechung ist alles in Väter-
chen Stalins Reich. Alexei hatte also noch Reser-
ven. Daher seine gute Laune. Als es Abend
wurde, bestellte er bei dem Wärter eine Wodka-
flasche mit zehn Liter Inhalt. Ein Elück, datz die
Sowjetwärter alle trinken. Sie trinken, um das
zu vergessen, was um sie her vorgeht. Um nichts
zu sehen. Unser Aufseher war ein bärbeitziger
Halunke, der nur eine Tugend hatte: er soff. Nur
fehlten ihm wohl die Mittel, um den Rausch in
einen chronischen zu verwandeln.

Als Alexei ihn um zehn Liter Wodka bat,
machte er Kulleraugen, zog die Stirn kraus,
rümpfte die Nase und leckte sich die Lippen. Alexei
sah es mit Wohlbehagen. Er war sich seines
Sieges sicher. Aber der Aufseher wollte Eeld
haben. Run war Alexei nicht so dumm, die hun-
dert Dollar herzugeben. Er hatte sich mit unscrm
Zellengenossen verständigt, und dcr lieh ihm
prompt die nötigen Mittel. Alexei besah sich die
Scheine und gab sie dann her. Erst spätcr erfuhr
ich, datz sie auch falsch waren. Also — man steckte
den Mann ins Gefängnis, wollte ihm den Prozetz
machen wegen Falschmünzerei und dann hatte die-
ser Mann noch die Möglichkeit, den Aufseher mit
Falschgeld zu bestechen.

Es wurde ein fröhliches Eelage, eigentlich das
fröhlichste, das ich je in einem russischen Gefäng-
nis erlebt habe. Ein Glück, datz Ialta nur eine
kleine Stadt war, wo die Eefangenen nur so lange
festgehalten wurden, bis man sie abholte. Sonst
wäre unser Aufseher längst versetzt oder aber ge-
hängt worden.

Wir tranken nicht viel, Alexei und ich. Wir
mutzten ja klar im Kopf bleiben, aber der Auf-
seher hielt sich wacker dabei, und auch unser Zellen-
genosse zeigte, datz er eine gute Wodka nicht ver-

schmähte. Als er und der Aufseher um falsches
Eeld würfelten, waren wir längst über alle
Verge, den Schlüsselbund des Aufsehers warfen
wir ins Meer. Was aus unserm Zellengenossen
geworden ist, habe ich nie erfahren, denn wir fuh-
ren noch in der selben Nacht „blind" nach Sebasto-
pol, im Bunker eines Schwarzen Meeres-Dampfers.

So hörten wir auch nichts mehr von der Be-
strafung unseres schnapsscligen Aufsehers. Die
Dampfer auf dem Schwarzen Meer sind klein, und
man kann nicht lange unentdsckt bleiben. Aber wir
hatten in jenen Tagen eine Glückssträhne, denn
als die Mannschaft uns entdeckte, da waren wir
bereits vor Sebastopol, und an Bord hatte nie-
mand ein Jnteresse daran, uns auszuliefern. Die
Mannschaft machte sich sogar ein Vergnügen
daraus, uns herauszufüttern.

Den Plan, nach der Türkei zu sliehen, hatten
wir endgültig aufgegeben, denn wir wollten nicht
noch einmal durch Verrat in die Eewalt der Rot-
gardisten kommen. Hier in Sebastopol waren wir
für die ersten Tage sicher, hier trieb sich so viel
lichtscheues und zerlumptes Volk herum, datz wir
weiter nicht auffielen.

Aber wir merkten hier schon den Temperatur-
unterschied. Es war schon nicht mehr so warm wie
in Sotschi oder Suchum oder in Jalta. Nachts
froren wir entsetzlich, mochten wir uns auch noch so
eng aneinanderschmiegen. Am Tage lietz es sich
aushalten. Dann trieben wir uns unten am
Meeresufer herum und warteten auf eine günstige
Eelegenheit, nach Odessa zu kommen, obwohl wir
uns nicht verhehlten, datz die Temperaturunter-
schiede dort noch grötzer waren. Da lagen Kriegs-
schiffe der Sowjetunion. llnd Alexei hatte den
waghalsigen Plan, sich bei Nacht und Nebel an
Bord zu schmuggeln und zu warten, bis das Schiff
nach dem Vosporus auslief, um dann ins Wasser
zu springen und ans llfer zu schwimmen.

Aber-kam mir der Eedanke-mutzte

es denn unbedingt ein Kriegsschiff sein? Lagen
hter nicht genug Handelsschiffe herum, die noch
weiter fuhren als zum Bosporus? Und wir be-
gaben uns nochmals auf die Suche, vom Morgen
bis zum Abend und abermals von morgens bis
abends Einmal hatten wir schon das Deck eines
Franzosen betreten, als uns der Lrste Osfizier er-
wischte und uns durch einen Koch hinausbefördern
ltetz. Zeuge dieser gewaltsamen Entfernung war
ein Rotgardist, der am Hafen Wache hielt. Als
wir ihn auf uns zukommen sahen, liefen wir da-
von. Da nahm er sein Eewehr und schotz nsch
uns. Aber er traf nicht uns, sondern einen alten
Bettler, der von Schiff zu Schiff ging und die
Speisereste sammelte. Der Greis stürzte kopfllber
ins Wasser, wo er verschwand. Niemand kümmerte
sich um den Vorfall, niemand dachte an einen Ret-
tungsversuch, aber der Rotgardist verlor uns durch
diesen Zwischenfall aus den Augen.

Wir mutzten vorsichtig sein, damit wir dem Po-
sten nicht noch einmal in die Quere liefen. Er
verstand keinen Spatz und Menschenleben waren
spottbillig, wie uns der Vorfall wieder einmal ge-
lehrt hatte.

Für ein paar Tage tauchten wir deshalb wieder
in oex Stadt unter und mieden den Hafen. An
einer Spelunke winkte uns cin Mädchen. Wir
folgten ihm. „Du kannst wieder gehen", sagte es
zu Alexei „dich aber könnte ich brauchen". Damit
stietz es Alexei zur Türe hinaus und hielt mich
zurück, während der Schlllssel dabei in der Türe
kreischte. Ich wehrte mich nach Leibeskräften, bitz
und kratzte, datz die Iungfrau hald aus zahlreichen
kleinen Wunden blutete. Und während ich hier im
Innern einen schweren Kampf aussocht. warf sich
Alexei gegen die Türe, datz sie in allen Fugen
krachte.

(Fortsetzung solgt).

Furchlbares Hochbabnunglülk in Lblraso

Expreh rast in Lokalzug — Iahlreiche Tote und Verwundete

Chicago, 2S. November

Auf dem Hochbahnhos Granoille in Chicago
ereignete sich am Dienstag ein schweres Hochbahn-
unglück. Ein in voller Fahrt befindlicher Expretz-
Zug fuhr auf einen auf dem Bahnhos haltenden
Lokalzug auf. Die Wirknng war surchtbar. Die
letzten Wagen dcs Lokalzuges, die in «iner ver-
alteten Holzkonstrultion gebaut waren, wurden
vollkommcn zertrümmert.

Durch den Zusammenprall wurden die Jnsasfen
viele Meter weit aus die Gleise und die sechs
Meter tiefer liegende Stratze geschleudert. Bisher
konnten zehn Tote und 75 teilweise Schwerverletzte,
darunter zahlreiche Frauen und Kinder, geborgen

wcrden. Die Polizei befürchtet, dah unter den
Trümmern noch eine gröhere Zahl weiterer Todes-
opfer begrabe» liegt.

MW ln Grübern

Neuyork, 25. November

Aus Neuyork wird uns gemeldet: Die amerika-
nischen Vlätter erzählen eine amüsante Anekdote
über die Vootlegger neuesten Typs. Die Alkohol-
schmuggler sind nicht ausgestorben; sie haben sich viel-
mehr spezialisiert, denn es gilt, echten englischen
Whisky zu schmuggeln, und die Schmuggler machen
sich die altbewährten Methoden der „guten trocknen
Zeit" zunutze. Auf dem Friedhoi von Richmond
(Virginia) entdeckte ein Maurer, der ein Erab aus-

besserte, feltsame Dinge. Als er die steinerne
platte adhob, gewahrte er einen reichlich chit -vi
L White und Scotch ausgestatteten Whiskykell -
Nicht weniger als vierzehn Eräber angesehener tl
milien von Richmond waren von den Schmuggle
zu Whisky und Champagnerkellern verwandelt M
den.

Sen Salal Lama gesunben?

Kalkutta, 25. Novembek

Nach beinah zweijähriger Suche ist es nach '
dungen des Lhasa den vierzehn Weisen des Lam
des gelungen, den neuen Herrscher und Dalai-Law
zu entdecken. Die vierzehn Weisen hatten in
vergangenen zwei Jahren systematisch jede menl«
liche Siedlung ihres Eebiets auf der Suche »a.^
dem neuen Herrfcher vergeblich durchstreift. Schucm
lich ist es ihnen gelungen, in einer kleinen Ansie
lung ein Haus ausfindig zu machen, dessen Bewo^
ner drei Kinder hatten, die nach Angaben
Eltern alle unqefähr in der Sterbestunde des Da-a
Lama das Licht der Welt erblickt hatten. M
bleibt es dem Ratsbeschlutz der buddhistischen Pr'.
ster überlassen, welches der drei Kinder zum Dalw
Lama und allmächtigen Herrscher Tibets ausgerull
werden wird.

Mittel gegen TMendlebe

Bukarest, 25. November
Aus Bukarest wird berichtet: Die Bustarestt'
Polizei beschäftigte sich mit einem originellen Br"-
schlag, um Taschendieben künftig ihr Handwerk s
legen. Alle polizeibekannten Taschendiebe so".^
nämlich gezwungen werden, sich das Eesicht und o
Hände mit einer roten Anilinfarbe anzuschmier
Damil würde man schon von weitem einen Tasche'
dieb erkennen.

Mbische Bobemvtkulaston ln Palüsltna

London, 25. November
Nach Berichten aus Jerusalem beschäftigt "
der englifche Untersuchungsausschutz zurzeit beson
ders mit der Frage der jlldischen landwirtfchai
lichen Siedlung. In der gestrigen öffentlim
Sitzung wurde die bemerkenswerte Tatsache rn
hüllt, datz die Juden seit 1920 170 000 Acres (etw
58 000 Hektar) im Werte von annähernd . WN
Millionen Pfund gekauft haben, während birch.
nur ein Siebentel der jüdischen Vevölkerung
sächlich Landwirtschaft betreibe.

Der Bierfilz als Privalurkunbe

Obermainbach, 25. November
Ein Zecher hatte am 11. Oktober d. I. in ein.e'
Wirtschaft in Obermainbach von seinem BierN»
mit den Fingernägeln ein Strichlein weggekraö:
um so ein Bier weniger bezahlen zu müssen. Da" ^
wurde er jedoch beobachtet. Das Schöffengeri"
Schwabach, vor dem er sich nun zu verantworie
hatte, verurteilte ihn wegen eines Versuches »
einem Verbrechen der Privaturkundenfälschung '
Tateinheit mit einem Vergehen des Betrugs
hattc sich seinerzeit auch nebenbei eines Zechbetru?
schuldig gemacht — zu vier Wochen Eefängnts, o
durch die Untersuchungshaft als verbützt gelten.

Donnerstag, der 28. November 1988 -

lÄosef von Eickcnborff. 1857 aesk. — Adw
ral Scheer. 1928 aelt.l:

Die Welt mit ihrem Eram nnd Elücke
will ich, ein Pilger, srohbereit
betreten nur wie eine Brücke
zu dir, Herr, Lbern Strom der Zeit.

Josevb Freiberr von Eichendork^

kcrmsn von tl. O. Wullig


13. Fortsetzung

Stomvs überläßt ihm gerne Hoie, Nadel und
Faden, und nun zeigt Franz seine Nähkunst. Er
kann es wirklich besser, und ein Loch ist schon
tadellos vernäht.

„Das ist wohl deine Sonntagshose?" fragt
Werner.

„Meine nicht — der Killing soll sie haben, der
Alwin. Jhr kennt ihn doch?"

Nein, weder Merner noch Franz kennen ihn.
Da erzählt ihnen Stomvs von Alwin.

„Na ja, bei zweihundert Mann dauert es eine
Weile, bis man sich gegenseitig kennt. Alwin ar-
beitet in der zweiten Schicht und mutz jetzt unten
beim Schwellentragen dabei sein. Jst ein armer
Hund, der Iunge. Jch sorge so ein bitzchen für ihn.
Er kann doch morgen am Sonntag nicht in der
dreckigen Arbeitshose herumlausen. — Das hier ist
eine abgelegte von Neufeld, dem Schachtmeister
drüben am Berg. Jch wollte sie gerade ein bitzchen
zurechtslicken."

„Wenn sich dein Alwin heute nacht noch unter
dem Strohsack eine Vügelsalte hineinplättet, kann
er morgen ordentlich Staat damit machen", sagt
Werner.

Unter den geschickten Händen von Franz ist in
der Hose jetzt wirklich sast jeder Ritz vernäht.
„Danke dir schön", sagt Stomps, als er die Hose
wieder entgegennimmt. „Hier ist dein Schneider-
lohn, und da auch eine fürs Zusehen."

Zwei Zigaretten erscheinen aus Stomps Westen-
tasche.

„Uebrigens, wenn Ihr den Alwin mal trefft,
nehmt euch seiner etwas an. Er hat hier keinen
Menschen, der zu ihm hält. Es ist aber nicht leicht
mit ihm. Mitztrauisch und scheu ist er. Der mutz
iemanden haben, der ihm das dumme Zeug aus
oem Kopf redet."

„Schön, wird gemacht!" Franz und Werner ver-
fprechen es ihm. Dann aber stehen sie auf.

Auf dem Feld, das hinter dem Lager liegt, ist
»ämlich ein Futzballspiel im Eange. Bauführer
Larsen hat den Platz für die Freizeit zur Ver-
PMNg srMt Mr LchM MLl LlM MWM

lassen. Schon steigt ein Ball steil in die Luft. Die
Rufe ertönen bis hierher. Da hält es Franz nicht
mehr. Jn Stettin war er eine grotze Kanone als
Autzenstürmer. Jetzt mutz er dabei sein. Werner
geht mit. Futzball ist auch etwas für ihn. Vor
drei Jahren stand er im Tor seiner llniversitäts-
mannschaft. Es geht auch jetzt noch, und zehn Mi-
nuten später wehrt er schon zwischen den Pfosten
ein placierte Vombe von Franz grotzartig ab.

Es ist schon dunkel, als endlich die zweite Schicht
zurückkommt und müde, abgekämpft und hungrig
in der Kantine Lber das Essen herfällt. — Die Ko-
lonne Luch bringt wenig erfreuliche Nachrichten
mit. Die Bagger ziehen nicht mehr. Dreimal sind
in den letzten sechs Stunden die Stützbauten weg-
gesackt. Das Moor trägt das Eewicht nicht, und in
der Dunkelheit, nur beim Licht der Karbidstrahler,
ist die Arbeit sehr schwierig und gefährlich. Zwei
Mann sind schon mit den nachgebenden llnter-
hölzern in den Morast gefallen und haben sich die
Knochen zerschlagen. Auch den Bauführer, der
zwölf Stunden ununterbrochcn dabeistand, hat ein
herausspringender Balken getroffen. Das Holz
hielt die Spannung nicht aus. Am Montag sollen
beide Schichten eingesetzt werden, um nur mit dem
Spaten ein Stück der Tonschicht freizulegen, auf der
dann die Bagger weitergeschoben werden können.

Jn der Hutschachtel ist noch lange Betrieb. Nur
ein paar Plätze von Leuten aus der näheren Um-
gebung sind frei. Schon gleich nach dem Mittag
sind sie losgezogen, den ersten Sonntag daheim zu
verbringen. Franz aber sitzt wieder mit seiner
Ziehharmonika auf dem Tisch und um ihn herum
sind die Kameraden.

„Schöner Schatz, du mutzt nicht weinen . . . ."
spielt er und die ganze Baracke singt den Refrain
mit. Morgen ist Sonntag! Si^ können ja aus-
schlafen!

Schön beginnt der nächste Tag. Die Zeit der
Aprilschauer scheint vorbei zu sein. Strahlend und
wolkenlos ist der Himmel, doch kalt und eisig ist
noch das Wasser bei der Morgenwäsche. An den
WMHMll tzinter Lem LtzHsls.ch Lerrfcht M Me,

senandrang. Werner reibt Franz gerade mit einem
Handtuch den Rllcken trocken, datz die Haut sich
krebsrot färbt, da dreht sich dieser um und zeigt auf
einen Mann im Eedränge.

„Werner, sieh dir mal die Hosen an. Die ken-
nen wir doch!"

Werner nickt.

„Alwin!" ruft Franz nun. Der Mann fährt
hoch, steht erstaunt auf die beiden und geht auf ste
zu.

„Woher kennst du mich denn?" fragt er Franz.

„Mensch, ich kenn dich gar nicht. Aber unser
Lagerschimmel, der Stomps, hat uns von dir er-
zählt."

Alwin sieht Franz mitztrauisch an.

„Was hat denn der von mir zu crzählen?" Es
klingt abweisender als Alwin eigentlich beabsichtigt
hat.

„Tritt dir man nicht gleich auf den Schlips",
sagt Werner nun, „das hier ist der Franz, der hat
dir nämlich gestern die Hosen da geflickt."

Jetzt wird Älwins Eesicht etwas freundlicher,
sein Mund verzieht sich sogar zu einem Lachen.

„Du bist das gewesen? Na, dann latz dir man
dein Lehrgeld wiedergeben. Jch suche nämlich schon
lange den Kerl, der mit dem verdammten Flicken
die Hosentaschen zugenäht hat."

„Was?" Franz geht der Sache gleich auf den
Erund. — Tatsächlich, er hat gestern die Flicken
direkt auf die Taschen gesetzt und sieht sich sein
Werk nun etwas bekümmert an.

„Du bist der richtige Scheider. Armen Leuten,
die doch nichts in die Taschen zu stecken haben,
nähst du ste einfach zu", lacht ihn Alwin aus.

„Aber sonst ist es doch eine Prachthose!" sagt
Werner.

„Ja, ja, und das Sacktuch und die dicke Marie
steck ich mir so lange unter den Hut, was?"

Schlietzlich verspricht Franz, den Schaden nach-
her wieder zu beheben. Die Bekanntschaft mit Al-
win ist jedenfalls gemacht, und unter Lachen, Pru-
sten und Zähneklappern beenden die drei ihre Mor-
genwäsche.

„Was fängst du denn heute mit dem Tag an?"
fragt Werner den Alwin später in der Kantine
Drei Flaschen Bier stehen auf dem Tisch. Franz
bestellt gerade eine neue Runde.

„Jch schlafe. Menschenskind, ich habe gestern
den ganzen Tag Lber Bohlen und Schwellen getra-
gen. Zwanzig Stück in der Stunds von der Lhaus-
ses bis zum Uebergms. 24 WK» wtH gM tlird

Da setzt Franz ein geheimnisvolles KesiA
auf, zwinkert mit den Augen und spitzt den Müsi
„Wir gehen auf Vrautschau, mein Lieber!
heitzt, der Werner macht sich ja nichts aus M" -
chen. Aber sür mich gibt es da eine — du, so etw «
hast du überhaupt noch nicht gesehen, was Wer»e»

— Prost!" ,

Werner hebt sein Glas nicht mit. Er vers"^

das Eespräch in eine andere Richtung zu-bring^
aber Franz ist gerade voll in Fahrt. Um Aliv §
zu imponieren, übertreibt er sogar noch, datz
glauben mutz, er sei mit dem Mädchen längst
Lot. Eanz neugierig ist Alwin dabei geworv^
„Wo wohnt denn die Kleine? Jn SchmöllN'
Da haut Werner auf den Tisch:
„Donnerwetter, hört doch endlich auf mit V-
Eequatsche!"

Verständnislos sieht ihn Franz an. ^

„Was ist denn los? Du kannst ja hierhleib-
wenn du so ein Weiberfeind bist", und zu AlB
gewendet fährt er fort:

„Kennst du den kleinen Hof unten an der Eho"
see? Dicht ain Moor? Die ist es!"

„Was, Marie?" Beinahe entsetzt starrt ihn ^
win an.

„Du kennst sie?" ^

Doch da schüttelt Alwin den Kopf. Kennen
nein. Aber er habe von ihr gehört. llnd
Franz ihn weiter nach ihr ausfragen will, da n" z
er vorsichtig in seinen Antworten, weicht aus N
ift schlietzlich zum Schlutz sehr einsilbig. ,

Als er später allein ist, denkt er sehr angestre"^
über die Angelegenheit nach. Marie — die stA
Marie. Sie ist also auch nicht besier, als alle
deren. Einen Dreck sind sie alle wert. — Nun, "
Karl gönnt er es. Dieser Hund hat ihn daE,,
vom Nöselerhof gebracht. Ueberhaupt erfüllt
win die ganze Sache plötzlich mit einer
Eenugtuung. Er hatzt den Röselerhof und a"^j
was damit zu tun hat. Jetzt hat er einen Sch^M
in die Hand bekommen. — Aufpassen, sagt er z"
selbcr. Jmmer mit der Ruhe. Erst mal abroai's,)

— Dann trinkt er sein Vier aus und geht pfeist^
davon, um sich in der Baracke auf den Strvd«
zu legen. Werner ist nun doch mit Franz zum
selerhof aufgebrochen. Jhre llnterhaltung auf " ,<
Weg dorthin ist jedoch sehr einsilbig. Eine
würdige Verstimmung liegt über den beiden "^<
ein Teil der Freude, die sie noch am Vormittag
füllt hat, ij^ Lerschwnnden. Stumm gehen sie ne"

Fortsetzung fm»*
 
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