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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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Fernsprech-Anschluß Nr. 83

M. 47.

Kkitas, den 24. Februiir

>898.

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Die Beisetzung des Präsidenten Fanre.
Gestern ist Felix Fanre, der so unerwartet gestorbene
Präsident der französischen Republik, mit großem Pomp
auf dem Friedhof Psre Lachaise zu Paris beigesetzt worden.
Man befürchtete, daß es bei dieser Gelegenheit zu De-
monstrationen kommen würde; es ist aber nichts passirt,
außer daß der „halbverrückte Poet" und Präsident der
Patriotcnliga sich lächerlich gemacht hat.
Das Wetter war sonnig und sehr schön. Ungeheure
Menschenmassen standen auf dem Weg, den der Leichenzug
vom Elysse zur Notre-Dame-Kirche und von dort zum
Friedhofe zurückzulegen hatte. Ueberall begegnete er ach-
tungsvollem Schweigen.
Die Zipfel des Bahrtuches trugen die Minister Tel-
cassö, Leygues, Lockroy, de Freycinet, Viger, Krantz, Gui-
Yesse und Peytral. Hinter dem Wagen schritten 16 Ka-
pitäne, die die Orden des Verstorbenen auf Kissen trugen,
daran schlossen sich die Mitglieder der Familie, Director
Le Gall und der Unterdirektor des Präsidialcabincts Blon-
de!. Der Anblick der sichtlich niedergedrückten Angehörigen
des Tobten machte tiefen Eindruck. Dann folgten entblöß-
ten Hauptes der Präsident der Republik Loubet, der Vicc-
Vrästdent des Senats Franck-Chauveau, der Ministerpräsi-
dent Dupuy, der Präsident der Kammer Deschanel und
der Justizminister Lebret. Hieran reihte sich das Militär-
kabinet des Präsidenten, die Botschafter mit dem Nuntius
an der Spitze und die Generäle. Die Menge hatte
auf dem ganzen Wege das Haupt entblößt. Die
Elysaeischen Felder und der Concordienplatz waren
überfüllt; selbst auf den Bäumen saßen Neugierige.
Die besondere Aufmerksamkeit der Menge galt dem
neuen Präsidenten Loubet und der deutschen Abordnung,
die allerdings nicht gut zu übersehen war. Fürst Radzi-
svill, Graf Wedel und General v. Scholl gehören durch
ihre Länge und Stattlichkeit eben nicht zu den alltäglichen
Erscheinungen und gar der Major v. Plüskow vom 1.
Tarderegiment zu Fuß ist eine Riese zu nennen; er über-
ragte alle um Haupteslänge. Es ist daher kein Wunder,
kenn die Worte: „Da ist die Abordnung des Kaisers
Wilhelm!" auf Schritt und Tritt zu hören waren; hin-
öuzufügen ist, daß diese Worte stets einen ausgesprochen
achtungsvollen Charakter trugen. Zwölf Wagen mit
Kränzen waren in dem Zuge. Man schätzt den Gesammt-
Kerth der Kranzspenden auf eine halbe Million.
Gegen halb 1 Uhr traf der Zug in der Notredame-
Kirche ein. Die kirchliche Trauerfeicr wurde von Cardi-
nal Richard geleitet. Kurz vor 1 Uhr verließen die Mit-
glieder des Trauerzuges die Kirche. Die Räthe des
Kässationshofs wurden von Dragonern eskortirt und
fuhren direkt nach dem Justizpalast, ohne daß Kund-
gebungen oder Rufe gehört wurden.
Beim Friedhof traf der Leichenzug um 3 Uhr ein.
^iuch auf dem zweiten Theil seines Weges, obgleich dieser
^urch weniger zuverlässige Stadtviertel führte, blieben die
befürchteten Kundgebungen aus. Es herrschte ein furcht-

bares Gedränge, sodaß man gellende Schreie von Frauen
hörte, die in Gefahr kamen, erdrückt zu werden; auch
krachte hin und wieder eine Bank oder eine Tribüne, ge-
legentlich wurden Rufe oder Pfiffe laut, aber von Bedeu-
tung war das nicht. Vor dem Thore des Friedhofes
war auf der Straße ein prachtvoller Katafalk errichtet,
mit schwarzem silbergesticktem Tuch bedeckt, mit grünen
Palmen bestanden. Vor dem Katafalk stand die mit
schwarzem Tuch umhüllte Rednerbühne. Ringsum und
auch noch auf der gegenüber liegenden Straßenseite waren
schwarz gepolsterte Bänke aufgestellt. Während der Sarg
in den Friedhof getragen wurde, wo die Familie ihren
Tobten erwartete, ging draußen vor dem Katafalk die
offizielle Trauerfeier fort. Der Vizepräsident des Senats,
der Kammerpräsident, der Ministerpräsident, der Marine-
minister und der Kolonialminister hielten Ansprachen. Von
mehreren derselben wurde der russisch-französischen Alliance
gedacht, die während seiner Präsidentschaft zu Stande gekom-
men ist. Den Schluß der Feier bildete der Vorbeimarsch der
Truppen. Die Kompagnien, die besonders gut vorbeikamen,
wurden applaudirt. Die deutschen Offiziere standen in der vor-
dersten Reihe. Die Zuschauer salutirten jede Fahne. Dann be-
stieg der Präsident der Republik einen offenen Landauer,
den ein ganzes Regiment Kürassiere eskortierte, und trat
die Rückfahrt nach der Stadt an, während die Musik
die Marseillaise spielte und die Menge: „Es lebe Loubet!"
schrie. Auch einige Rufe: „Es lebe die Armee!" wurden
laut. Die Trauerfeier endete um 5 Uhr nach sieben-
stündiger Dauer. Die Rückfahrt der Trauergäste gestaltete
sich etwas ungemüthlich. Das Volk wurde von der
Polizei nicht mehr zurückgehalten und trieb allerlei Unfug.
Auf der Place de la Roquette wurden die deutschen
Offiziere, die in einem offenen Landauer zurückfuhren,
nach einem Telegramm der Franks. Ztg., mit Geheul und
Rufen: „Es lebe Rußland, es lebe die Armee!" empfangen.
Schlimm muß es nicht gewesen sein, denn ein zweites
Telegramm der Franks. Ztg. berichtet: Die deutschen
Offiziere, die die Abordnung bildeten, äußern sich höchst
befriedigt über den Verlauf des heutigen Tages. Ueberall,
selbst wo sie im Gedränge mit dem Publikum direkt in
Berührung kamen, hat man ihnen die größte Courtoisie
bezeugt.
Als ein Regiment auf dem Rückwege vom Kirchhof
über die Place de la Nation marschirte, wo sich die Mit-
glieder der Pattio tenliga angesammelt harten, schlossen
sich letztere an und begleiteten das Regiment unter den
Rufen: „Hoch die Armee!" zur Kaserne. Mehrere Theil-
nehmer an der Kundgebung faßten Soldaten unter und
wollten mit ihnen in die Kaserne eindringen, wur-
den aber durch Schließen der Thore daran gehindert.
Deroulöde verfolgte den General Roget, der an der
Spitze jenes Regiments vom Friedhof zurückkehrte, mit
Aufforderungen, die Menge nach dem Eli fee zu
führen. Roget antwortete: „Machen Sie kein Geschwätz."
Doroulöde gelang es, in die Kaserne einzudringen; er
wurde verhaftet. Gegen 10 Uhr fanden neuerdings Kund-
gebungen auf dem Boulevard statt. Eine größere oder
gar gefährliche Bedeutung erlangten dieselben indessen nicht.

Deutsches Reich
— Die Egyptische Korrespondenz theilt mit, daß die
Italiener, die unter dem Verdachte, einen Bomben-
anschlag gegen den deutschen Kaiser geplant zu haben,
s. Zt. in Egypten verhaftet wurden, vom italienischen
Konsulatsgerichte in Kairo freigesprochen worden sind.
Das Ganze sei ein von der cuglisch-egyptischen Polizei

im Dienste der englischen Politik ausgeheckter Schwindel
gewesen.
— Bisher hat die Heeresverwaltung in der
Budgetcommisston des Reichstages vollständig nur die Ar-
tillerieverstärkung durchgesetzt. Gar nichts erreicht hat sie
bisher für die Kavallerie. Es läßt sich aber, nach
der nat.-lib. Corresp., erwarten, daß sie bei der zweiten
Lesung die Ueberzeugung bei der Commission für sich zu
gewinnen vermag. Zumal das ungeheure Mißverhältniß
zwischen den Kaoalleriebeständen diesseits und jenseits der
Grenzen die geforderte Verstärkung eher noch als zu ge-
ringfügig erscheinen läßt. Darum betonte der Kriegs-
minister auch zum Schluß der Sitzung vom 22. d., daß
der ablehnende Beschluß über die Kavallerieverstärkung
„schleuniger nochmaliger Prüfung" bedürfe. Bei
der Sachlichkeit, mit der auch die Mitglieder des Centrums
in den bisherigen Verlauf der Kommissionsberath urigen an
der Berathung der Heeresvorlage Theil genommen haben,
läßt sich annehmcn, daß der gefaßte Beschluß bezüglich der
Infanterie nicht das letzte Wort bedeutet. Auch da-
rum, weil es weder taktisch noch politisch verlocken kann,
dringende Forderungen dem Reiche zu verweigern, nur um
der ohnmächtig gebliebenen fruchtlosen Negation von Richter
bis Bebel wieder von ihrem tobten Strang herunlerzu-
helfen. Noch hat sich das Centrum alle Wege offen ge-
halten.
— Die Budgetcommission des Reichstags genehmigte
50 000 Mk. für das Goethe-Denkmal in Straß-
burg.
— Die Bcrathungen der Reichsbankkommission
schreiten unter der Leitung des nat.-lib. Abg. Büsing
erfreulich vorwärts. Nachdem in der ersten Sitzung der
Vorlage gemäß das Reichsbankkapital von 120 Mill. Mark
auf 150 Mill. Mark erhöht worden war, wurde am
21. Februar der sogenannte „Verstaatlichnngeantrag" des
reichsparteilichen Abg. vr. Arendt, die neuen 30 Mill. Mark
vom Reiche übernehmen zu lassen, abgelehnt mit allen gegen
sechs Stimmen. Mit 17 gegen 9 Stimmen wurde schließ-
lich der Antrag des Zentrumsabg. Müller-Fulda ange-
nommen, 40 oOO Antheile zu 3000 Mk. und 30 000
Autheile zu 1000 Mk. zu begeben. Mit 16 gegen 10
Stimmen der zweite Antrag Muller-Fulda: „Der Reichs-
kanzler wird ermächtigt, die auf Grund des Artikel I aus-
zugebenden neuen Antheilscheinh im Wege öffentlicher
Zeichnung zu begeben. Die Höhe des bei Begebung der
neuen Antheilsscheine zu entrichtenden Aufgebotes und die
Fristen für die Einzahlung des Gegenwerthes bestimmt der
Reichskanzler."
— In der Hedwigskirche zu Berlin wurde am Don-
nerstag eine Trauerfeier für den Präsidenten
Fanre abgehalten. Zugegen waren die französische Co-
lonie, die hier anwesenden Prinzen, das diplomatische Corps,
der Reichskanzler, die Staatsminister v. Bülo w und Frhr.
v. d. Recke, die Generalität und Admiralität. Um 4 Uhr
erschien auch der Kaiser, gefolgt vom Oberhofmarschall
Graf Euleuburg und dem Commandeur des Hauptquar-
tiers General v. Plessen. Am Eingang wurde er von dem
Botschafter Marquis de Noailles und der Geistlichkeit em-
pfangen. Der Kaiser nahm neben dem Altar Platz.
Hierauf wurde ein Requiem celebrirt. Der Kaiser reichte
dem französischen Botschafter, der ihn zum Wagen geleitete,
wiederholt die Hand.
Deutscher Reichstag. Berlin, 22. Febr. Justiz-
etat.
Abg. Hilpert (Südd. Bauernd.) befürwortet die bedingte
Verurtheilung und schonende Behandlung der jugendlichen Ver-
brecher.

2)

Der erste Maskenball.
Novelle von I. Leopold Schiener.

(Fortsetzung.)
. »Ich fordere strengen Fahneneid," sagte sie leise erwar-
tungsvoll.
, , »O, fordern Sie nur, lassen Sie mich schwören und Ihnen
folgen!"

»Der Türke bat ein weites Herz für Frauen. Wo ich
Fesitz ergreifen soll, muß ich zuvor wissen, ob der Platz noch
völlig frei ist. Dazu bedarfs der Prüfung."
»Die wäre?"
. »Wenn es Ihnen ernst ist. so suchen Sie mich unter an-
veren Verhältnissen wiederzufinden als die heutigen."
»Wie kann ich es ohne Ihre Hilfe?"
»Schon verzagt, mein Herr Ritter?" spottete sie.
»Selbst wenn ich als fahrender Sänger unter jedem
Muster meine Stimme wollte erschallen lassen, wie kann ich
?le finden, da Sie mir so hartnäckig Ihr Gesicht ver-
argen ?"

.. »Der Wea wird freilich lang und mühevoll sein, aber desto
ucherer die Probe für mich, ob Sie auf Ihrer Wanderung
Mer den Schönen der Stadt nicht endlich doch das Weiter-
jvchen vergessen. Sie kennen meine Summe, Sie hören
UUlen Ton, mein Gesicht und mein Haar haben Sie selbst
sn.» Eben. Als weiteres Kennzeichen," fuhr sie langsamer
(ort und zupfte an ihrem Fächer, „will ich Ihnen verrathen,
mich ein kleiner Höcker schmückt."
Er sah unwillkürlich überrascht an die bezeichnet Stelle,
ist nur ein ganz kleiner." scherzte sie. „Er ist jetzt
o'kt zu sehen, die Größe meines Kopftuches hat zugleich den
, ihn vor der Gesellschaft zu verdecken. Aber Sie wird
jE >n Ihrer Verehrung für mich nicht stören, denn Sie haben
io kürzlich geschworen, daß der Mangel an Schönheit,
>»j kwst x,u Buckel Sie nicht zurückhalten würde, einer Dame
in. » entgegenzubringen, die sie wegen ihres Geistes und
kres Reichthums verdiene!"

„Wer bat Ihnen das gesagt?" fiel er ibr in die Rede.
„Ich habe es in den Linien Ihrer Hand gelesen," er-
widerte sie schalkhaft. „Ich trage freilich diesen Höcker und
besitze diesen Mangel an Schönheit, aber ich bin reich — ob
auch voll des von Ihnen gewünschten Geistes, das lasse ich
dahingestellt. Nun. Herr Türke, wenn Eure Lieb' so heiß ist.
wie Ihr mir's zu dieser Stunde schwört, so löst meines
Namens Dunkel!"
„Wer kann der Verräther gewesen sein," zürnte er nach-
sinnend. „Eine derartige scherzhafte Aeußerung unter Damen
zu kolportiren!"
„Sie vergessen, daß ich die Wahrsagekunst verstehe. Ich
kenne auch Ihren Namen." setzte sie triumphirend hinzu.
„Das sage» Sie mir erst jetzt?"
„Ich verrathe es überhaupt nur, um Ihnen Vertrauen
zu erwecken. Wenn Sie meiner Spur nachforschen und in
meine Nähe gekommen sind, dann soll Ihnen ein zärtlicher
Licbesblick Ihr nahes Glück verheißen?'
„Aber zuvor soll ich gestraft werden wegen einer
Aeußerung des Uebermutbs, gethan im Kreise heiterer
Freunde. Schöne Maske, warum willst Du mich verbannen
aus Deinem Sonnenkreise?"
„Bin ich Ihre Sonne, so werden meine Strahlen auch
Anziehungskraft genug besitzen, Sie' mich bald wiedcrfindcn
zu lassen, wenn Sie überhaupt suchen wollen."
„O. mein Gott!" stöhnte er. „Mit welchen Windmühlen-
flügeln werde ich gleich dem Junker von LaMancha kämpfen
müssen, ehe ich mein Ziel erreiche?"
„Dem Muthigen gehört die Welt, mein tapferer Ritter!"
Sie neigte sich ein wenig zu ihm und flüsterte fast unhörbar:
„Wenn Sie ernstlich suchen, werde ich Ihnen nicht aus-
weichen. Ich werde Mitleid mit Ihnen haben!"
„Nur Mitleid?"
„Mitleid ist die Mutter der Liebe." sagte sie zärtlich.
Dann aber ging sie gleich wieder in ihren heiteren Ton über,
indem sie fortfuhr: „Vergessen Sie den Höcker nicht und die
Sommersprossen, und als Erkennungszeichen für Sie, daß
Sie auch wirklich diejenige gesunden haben, mit der Sie die-

sen sonderbaren Pakt eingehen, nehmen Sie die Hälfte dieser
Schleife." Sie löste eine Schleife von ihrem Jäckchen, trennte
sie in der Mitte und reichte ihm den einen Theil. „Wer
Ihnen die andere Hälfte vorzeigen kann," fuhr sie fort, „ist
diejenige, mit der Sie diese Fastnachtunterhaltung gepflogen
haben. Vielleicht treibt Sie die Neugierde, die Größe meines
Höckers kennen zu lernen, gelegentlich nach mir zu forschen,
Herr Doktor Waldheim l"
In diesem Moment ging in der malerischen Tracht einer
Zigeunerin dicht an ihr vorüber eine schlanke Gestalt. Das
lange schwarze Haar hing lose über Schultern und Nacken.
Wie eine Königin des Abends schritt sie durch den Saal.
„Du bist beobachtet, Ada," flüsterte sie der Spreewälderin
zu, „die Mama —"
Die Spreewälderin zuckte leicht zusammen.
(Fortsetzung folgt.)

Stadt-Theater.
^ Heidelberg, 24. Februar.
„Der Compagnon", Lustspiel in 4 Akten von Adolph
LÄrronge.. Benefiz für Herrn Regisseur Rudolph.
Während die Witzblätter die anhängliche Schwiegermutter als
Zielscheibe mehr oder minder guter Scherze bevorzugen, sieht
man auf der Bühne häufiger den überzärtlichen, besorgten Schwieger-
vater als unabsichtlichen und ungebetenen Störer jungen Ehe-
glücks auftretcn. L'Arronqe hat einen solchen klebenden Schwieger-
vater in den Mittelpunkt aller vier Akte seines Compagnons
gestellt und so diese Figur gleich einer Zitrone bis auf den
letzten Tropfen ausgedrück". Vollständig glaubwürdig will sie
aber trotzdem oder vielleicht gerade deßwegen nicht erscheinen,
vielmehr haftet ihr ein deutlicher Zug des Gemachten an. Hat
man sich damit einmal befreundet, so folgt man gern und mit
Vergnügen der lustigen Führung des Dichters, der mit so großem
Erfolg — weil er über Humor. Gemüth und dramatisches Geschick
verfügt — die Politik der Mittelstandskomödie getrieben har.
LÄrronge versteht es, die Leute lachen zu machen, ohne daß sie
 
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