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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0378

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allzufrühen Heimgang des Erbprinzen von Sachsen-Koburg
und Gotha und zufolge des bedingten Verzichtes des
Prinzen von Wales für sich und seine Nachkommen auf
das Erbfolgerecht in den Herzogtümern Sachsen-Koburg
bin ich nach dem Hausgesetz der nächste zur Thron-
folge bestimmte Agnat des Herzogshauses. Als solcher
bin ich und mein Haus bereit, unsere Pflichten gegen die
uns angestammten Herzogtümer Sachsen-Koburg und
Gotha zu erfüllen. Ich ermächtige Sie, von meiner vor-
stehenden Erklärung geeigneten Gebrauch zu machen."

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Hof-Ansage. Wegen Ablebens seiner Kaiserlichen u.
Königlichen Hoheit des Erzherzogs Ernst von Oesterreich legt
der Grotzherzogliche Hof von heute an die Trauer auf 8 Tage
bis zum 17. April einschließlich nach der 4. Stufe der Trauer-
ordnnng an. Karlsruhe, 10 April 1899. Großherzogl. Oberst-
kammerherrn-Amt. Frhr. v. Gemmin gen.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
König!. Preußischen Major a. D. Paul v o n N athusiu s in
Karlsruhe zum Kammerherrn ernannt.
— Steuercontroleur Joseph Anton Walzenbach beim Fi-
nanzamts Hornberg wurde in gleicher Eigenschaft zum Haupt-
steueramt Mannheim versetzt.
Karlsruhe, 10. April. Gestern Vormittag nahmen
die Großherzoglichen Herrschaften an dem Gottesdienst in
der Schloßkirche theil. Danach begab sich die Großhcrzogin
in das Markgräfliche Palais zur Eröffnung der dort ver-
anstalteten Historischen und Trachten-Ausstellung. Auch
die Prinzessin Wilhelm, sowie die Fürstin zur Lippe und
die Erbprinzessin von Anhalt waren dabei anwesend. Hie-
rauf fuhr die Großhcrzogin zum Bahnhof und empfing
dort die Prinzessin Feodora von Schleswig-Holstein. Ihre
Hoheit traf von St. Blasien nach einem mehrwöchigen
Kuraufenthalt ein. Die Prinzessin wurde von der Groß-
herzogin zum Schlosse geleitet, wo dieselbe bis Abends ge-
gen 6 Uhr verweilte. Ihre Königliche Hoheit gab dem
hohen Besuch dann wieder das Geleite zum Bahnhof.
Abends besuchten die höchsten Herrschaften die Oper im
Großh. Hoftheater. Die Großherzogin besuchte heute im
Museumssaal den Lieder- und Balladen-Abend von A.
Gortcr.

Ausland.
Frankreich. Paris, 10. April. Der Figaro ver-
öffentlicht heute die Aussagen der Generäle Zurlinden und
Chanoine vom 14. November 1898. Beide halten an der
Schuld des Dreyfus fest. Zurlinden speziell ist überzeugt,
daß das Borderean von Dreyfus herrühre.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 11. April.
X Aus dem Stadtrath. In den Sladlralhssitzungen
vom 6. und 8. ds. M. wurden u. A. folgende Gegenstände zur
Kenntniß bezw. Erledigung gebracht:
1) Die Ortskrankenkasse zählte auf den 1. d. M. 5274 männ-
liche und 1391 weibliche Mitglieder, während auf den gleichen
Zeitpunkt bei der Gemeindekrankenversicherungskasse 2339 weib-
liche und 439 männliche Personen versichert waren.
2) Nach dem Geschäflsausweis der Verrechnung der städtischen
Sparkasse wurden bei dieser im vorigen Monat 1314 Einlagen
mit zusammen 221841 Mk. 45 Pfg. gemacht, dagegen in 972
Einzelbeträgen zusammen 247821 Mk. 45 Psg. an die betreffen-
den Einleger zurückbezahlt und hat die Gesammtzahl der letzteren
seit dem 1. Januar d. I. um 192 zugenommen.
3) Die öffentlichen Gaslateruen an der Ostseite der Rohr-
bacher Straße auf der Strecke von der Bergheimer Straße bis
zum Eisenbahn-Uebergang sollen für die Folge als Richtlaternen
behandelt und demgemäß die ganze Nacht hindurch beleuchtet
werden.
4) Mit den beabsichtigten Aenderungen an den Statuten der
Ortskrankenkasse erklärt der Atadtrath sich einverstanden.
5) An Stelle des verstorbenen Herrn I. Spengel wurde Hr.
Hch. Koch, Metzgermeister, zum Mitglieds der Schlacht- und Vieh-
hof-Kommission ernannt.
6) Folgende Vorlagen an den Bürgerausschuß wurden fest-
gestellt:
a. Die Stelle des Vorstandes des Schlacht- und Viehhofes.
b. Ankauf von Grundstücken der Peter Zechner Wittwe.
o. Organisation der Gewerbeschule.
ch Errichtung eines städtischen Elektrizitätswerkes.
s. Beizug der Anstößer der Häusserstraße (Strecke von der
Kronprinzen- bis zur Alleestraße) zu den Straßen-
herstellungskosten.
k. Erwerbung eines in die Grenzstraße bei Handschuhsheim
fallenden Geländestücks.
Z. Anstellung eines städtischen Geometers.
b. Anstellung eines städtischen Architekten beim Hochbauamte.
i. Regulirung der Gehallsverhältnisse der Mitglieder des
städtischen Orchesters.
7) Die Erweiterung des Waschhauses des Akademischen Kranken-
hauses wird nicht beanstandet; ebenso die Bauvorhaben des Hrn.
Franz Mai am Wredeplatz Nr. 1 und des Herrn Hermann Job
am Steigerweg Nr. 25.
8) Das Ergebniß der Holzversteigerung vom 6. d. Mts. mit
einem Erlös von 14444 Mk. 45 Pfg. wurde genehmigt.
9) Nach einer Vorlage des Vorstandes des städtischen Aichamtes
wurden im 1. Quartal 1899 von den Aichmeistern 3 Postpaket-
waagen, 1 Balkenwaage, 1 Hohlmaß und 1818 Fässer geaicht.
10) Das Grundstück des Wilhelm Müller von Waldhilsbach
in der Gewann „Bubenwiesen" der hiesigen Gemarkung soll für
die Stadtgemeinde angekauft werden.
K Kreisversammlung In der am Samstag abgehaltenen
Kreisversammlung wurden gewählt als Mitglied des Aus-
schusses der Lerbandsverwaltuug der Rindvieh-
versicherung: Gemeinderath Philipp Schwetufurth in Sins-
heim; als Stellvertreter: Stabhalter Zimmermann in Schwaben-
heim ; in den Kreisausschuß: ».als Mitglieder: 1. Dr.
W. Blum, 2. Professor Friedrich Eisenlohr, 3. Oberbürgermeister
Dr. Wilckens, 4. Prof. Dr. A. Seng, 5. Major a. D. Koehn-
horn von Heidelberg, 6. Gemeinderath Schweinfurth von Sins-
heim, 7. Gerbereibesitzer Julius Burckhardt von Wiesloch, 8. Bür-
germeister Neuwirth von Neckarbischofsheim, 9. Stabhalter Zim-
mermann vom Schwabenheimerhof, b. als Stellvertreter: Bürger-
meister Vielhauer in Eppingen, Oekonom PH. Heinr. Stoll jun.
in Mertesheim; in den Sonderausschuß für Armen-
kinderpslege: Prof. Dr. Friedrich Eisenlohr in Heidelberg,
Gustav Neudeck in Eppingen, Gerbereibesitzer Julius Burckhardt
in Wiesloch, Rentner Karl Höchstetter in Sinsheim, Steinbruch-
desitzer I. Amann in Neckargemünd, Stadtpfarrer Graebener in
Neckarbischofsheim; in den Sonderausschuß für die Kreis-

einer Zugabe vom Getragenen zum leichter Bewegten überzu-
gehen. Der Vortrag, in dem sie ihre ausnehmend schöne Stimme
verwerthet, ist ruhig und gemessen und hat manchen Vorzug, vor
Allem gute Aussprache, aufzuweisen. Die Aufnahme der sympa-
thischen Sängerin war eine sehr warme. Or. 8.

Pflegeanstalt Sinsheim: Freiherr Moritz von Göler in '
Heidelberg, Bezirksarzt Dr. Wippermann in Sinsheim, Ge-
meinderath PH. Schweinfurth in Sinsheim, Altbürgermeister Hch.
Rothenhöfer in Meckesheim, Stadtrechner L. Schick in Sins-
heim; in den A u f s i cht s r a t h der landwirthschaftl. Kreis-
winterschule Eppingen: Freiherr August von Gem-
mingen-Hornberg zu Michelfeld, Bürgermeister Ph. Vielhauer in
Eppingen, Altbürgermeister Bentel in Eppingen, Gutspächter
PH. Hege auf Oberbiegeihof. Großh. Oberförster E. Weismann
in Eppingen; in den Aufsichtsrath der Kretshaus-
haltungsschule Neckarbischofsheim: Bürgermeister
Neuwirth, Stadtpfarrer Graebener. Bezirksassistenzarzt Dr. Schleid,
Oekonom Adam Schicck und Großh. Oberförster Wesch in Neckar-
bischofsheim, Großh. Oberförster Vogt in Neckargemünd, Graf
Mctor von Helmstatt in Neckarbischofsheim; in den Sonder-
ausschuß fürdieLandwirthschaft: Gemeinderath PH.
Schweinfurth in Sinsheim, Stabhalter Zimmermann in Schwa-
benheim. Oekonom PH. Heinr. Stoll jnn. in Meckesheim. Oeko-
nom PH. Zimmcrmann in Altwiesloch, Gutspächter Hege auf
Oberbiegelhof bei Grombach, Bürgermeister Vielhauer in Ep-
pingen; in den Sonderausschuß für den Obstbau:
Major a. D. C. Koehnhorn in Heidelberg, Großh. Oberförster
E. Weismann in Eppingen. Gcmeinderath PH. Schweinfurth in
Sinsheim, Großh. Oberförster Vogt in Neckargemünv, Oekonom
Adam Schieck in Neckarbischofsheim, Fabrikant Wilhelm Reitz in
Rauenberg, Graf Victor von Helmstatt in Neckarbischofsheim;
in die Rechnungsprüfungskommission: Graf Victor
von Helmstatt in Neckarbischofsheim, Altbürgermeister I. Endlich
in Heidelberg, Bürgermeister Rehm in Gauangelloch.
O Generalversammlung des Ltederkranz. Gestern Abend
fand im Vereinshause des „Liederkranz" die jährliche General-
versammlung statt, zu welcher sich etwa 70 - 80 aktive und pas-
sive Mitglieder eingefunden hatten. Herr Dr. Keller begrüßte
die Erschienenen freundlichst und nachdem er die Entwickelung
des „Liederkranz" in den letzten 8—10 Jahren in großen Zügen
geschildert, ertheilte er dem zweiten Vorstande des Vereins, Hrn.
Sendete, das Wort zur Berichterstattung über die Thätigkeit
des „Liederkranz" im abgelaufenen Jahre. Mit der an ihm ge-
wöhnten Gründlichkeit entledigte Herr Sendele sich dieser Auf-
gabe und als er geendigt, erschollen laute Beifallsrufe. Der
Veieinsrechner, Herr G. Schmidt, erstattete sodann den Be-
richt über die Kassenverhältnisse, aus welchem zu entnehmen war,
daß eine Vermögensvermehrung in diesem Jahre nicht zu ver-
zeichnen ist. Grund hiefür sind verschiedene Festlichkeiten des
letzten Jahres, welche bei Aufstellung des Voranschlags für
1898,99 nicht vorgesehen waren. Der Voranschlag für 1899/1900
wurde nach längerer Besprechung angenommen, ebenso der An-
trag des Vorstandes, für die Folge nur die Hälfte der Vorstands-
mitglieder und des Vergnügungsausschusses neu zu wähle», so
daß von jetzt an die gewählten Mitglieder zwei Jahre im Amte
verbleiben. Bei den nun folgenden Wahlen wurden die Herren
Dr. Keller wieder als l. und Herr Sendele als II. Vor-
stand durch Zuruf an die Spitze des Vereins gestellt. Durch
geheime Abstimmung wurden die sämmtlichen andern Vorstands-
mitglieder wieder gewählt. Nur in den Vergnügungsausschuß
wurden einige neue Mitglieder berufen, da verschiedene Herren
eine Wiederwahl dankend ablehnten. Damit war die Tagesord-
nung erschöpft und es brachte sodann ein Vertreter der passiven
Mitglieder ein freudigst aufgenommenes Hoch auf den Dirigenten
des Vereins, Herrn Weidt, aus, welcher für diese Ehrung in
warmen Worten dankte, worauf der Vorsitzende, Hr. Dr. Keller,
die Versammlung schloß.
* Stadt. Arbeitsnachweisanstalt Heidelberg. Monats-
bericht. Nack amtlicher Zulammenstellung wurden im
Monat März 1899 im Ganzen 1191 Geluche eingetragen und
zwar: 652 von Arbeitgebern, 334 männl., 318 weibl., welche
878 Arbeitskräfte verlangten (543 münnl. und 335 weibl.)
und denen 688 Arbeitskräfte zugewiesen wurden. (439 männl.
und 249 weck!.) Arbeitnehmer waren es, insofern dieselben
einen Eintrag verlangten, 539 (378 männl. und 161 weibl.).
von denen 529 sofort Arbeit nachgewlesen werden konnte
(372 wännl. und 157 weibliche.) Befriedigt wurden im Gan-
zen 767 und zwar 330 Arbeitgeber (220 männl.. 110 weibl.)
und 437 Arbeitnehmer, darunter 322 männl. und 115 weibl.
Zu den 767 Befriedigten können auch in diesem Monat noch
10—12 Gesuche als befriedigt hinzugerechnet werden, von
denen die Anweisungsscheine n'cht mehr an die Anstalt zu-
rückgebracht wurden. Außerdem haben noch 151 Arbeit-
nehmer bei der Anstalt um Arbeit nachgesucht, welche, da
ihnen nicht sofort vassende Arbeit nachgewiesen werden
konnte, auf einen Eintrag verzichteten. Was den Rückgang
beiden männlichen Arbeitnehmern betrifft, so dürste er in der
günstigen Witterung des Monat März zu suchen sein, da
überall über Arbeitermangel geklagt wurde, bei den weiblichen
Personen jedoch immer noch in üer starten Abneigung der
Dienstmädchen gegen die Anstalt und in der schädigenden
Konkurrenz der Mägdeverdingerinnen.
lJ Schöffengerichtssttzung vom 10. April. 1) Franz Bau-
meister aus Miesenbach, erhielt wegen Diebstahls 3 Wochen Ge-
fängniß 2) Paul Rothenbücher aus Kaiserslautern, wegen
Diebstahls 10 Tage Gefängniß. 3) Georg Veith, Taglöhner
dahier, wegen Betrugs 3 Wochen Gefängniß. 4) Karl Hilbert,
Oberheizer in Eppelheim, wegen Körperverletzung 2 Wochen Ge-
fängniß. 5) Karl Bung, Volksschüler dahier, wegen Diebstahls
einen Verweis. 6) Malchen Karlsruher Ehefrau geb. Neu dahier,
wegen Beleidigung 50 Mark Geldstrafe. 7) Johann Glaiter aus
Lobenhausen, z. Zt. hier in Haft, wegen Vergehens gegen 8 183
R.-St.-G.-B-, Beleidigung und Widerstand 3 Wochen Gefängniß
und 3 Tage Haft. 8) Philipp Schüßler, Taglöhner in Plank-
stadt, wegen Diebstahls 1 Woche Gefängniß. 9) Ludwig Schellig
aus Würzburg, wegen Körperverletzung 20 Mark Geldstrafe.
10) Johann Jakob Himmelmann, Landwirth in Gaiberg, Franz
Josef Schäfer, Taglöhner in Lingenthalerhof, angeklagt wegen
Körperverletzung, wurden freigesprochcn.
— Polizeibericht. Vier Personen kamen in vergangener
Nacht wegen Ruhestörung und Unfugs zur Anzeige; ein Bettler
wurde verhaftet.
I-. Von der Bergstraße, 10. April. Unser zur Zeit sehr
rauhes und unfreundliches Wetter ist für die Entwicklung der
Kirschenblüthe, die soeben in voller Pracht dasteht, nicht von
Nutzen. Die Blüthen gehen zu Grunde und die noch nicht völlig
aufgeschlossenen verkümmern, da sie sich nicht entwickeln können.
Das Ungeziefer nimmt zusehend überhand und man findet stellen-
weise schon massenhaft angestochene Blüthen, die schon abfallen.
Die Blüthenzeit dauert schon zu lange; ist dieselbe nicht in
10 bis 14 Tagen beendet, so ist auf keine große Kirschenernte
zu hoffen. So gestaltet sich die Aussicht in Folge dieses schon
die ganze vorige Woche anhaltenden naßkalten Wetters nicht be-
sonders günstig.
— n Neckarbischofsheim, 9. April. Die projcktirte Straße
nach Hasselbach wird nun zum zweiten Male zur Vergebung
der Bauarbeiten ausgeschrieben, da die erste Submission nicht
befriedigt hat. Die Vorarbeiten sollen auch einer wesentlichen
Ergänzung bedürfen. Auf den Ueberschlag sind bis zu 30 Proz.
aufgeboten worden. Der Wenigstnehmende Unternehmer hatte bei
der ersten Submission 9 Prozent aufgeboten.
8. 0. Mannheim, 9. April. Dem Vater unserer Kreisver-
fassung, dem verdienten Lam ey, soll in Mannheim ein Denkmal
in Form eines Standbildes errichtet werden. Man hofft, daß
sämmtliche Kreise des Landes Beiträge leisten. Bisher wurden
von 7 Kreisen vorbehaltlich der Genehmigung durch die Kreis-
versammlungen, insgesamt 3900 Mark bewilligt. Die definitiven
Erklärungen der Kreisausschüsse Villtngen, Lörrach und Waldshut
stehen noch aus. Der Kreisausschuß Mannheim hält einen
Beitrag von 5000 Mk. für angemessen. Es ist nicht zu zweifeln,
daß auch aus den Kreisen der Bürgerschaft des ganzen Landes
Beiträge fließen zu einem würdigen Denkmal für den hochver-
dienten Staatsmann.

Mannheim. 10. April- Im Prozeß Alv arv ist von
Herrn Stadirath Dr. Stern im Namen und Aufträge des
Stadtrathes mit dem Bevollmächtigten der Alvaryschen
Rechtsnachfolger ein Vergleich abgeschlossen morden, zu wel-
chem alsbald die Zustimmung des Bürgerausschussss nack-
gesucht werden soll. — In Bezug aut daS Ausschreiben
zur Erlangung von Projekten tür Erbauung einer elek-
trischen Bahn zwischen Mannheim und Heidel-
berg sollen auf Grund näherer Untersuchung des städt.Twi-
bauamts noch verschiedene Vorfragen zwischen deck beiden
Städten geklärt werden.
ch Mannheim, 10. April. (Schwurgericht.) Herr Land-
gerichtsdirektor Dr. West erklärte heute Vormittag die Schwur-
gerichtssession für das zweite Quartal für eröffnet. Nach einge-
hender Belehrung der Geschworenen trat man in die Verhand-
lungen ein-
1. Fall. Das „ländliche Fensterln" führt nicht selten zu
bösen Folgen. So verhängnißvoll wie für die 21 Jahre alte
Frau oes Fabrikarbeiters Johann Schümm in Brühl ist aber
wohl für wenige Mädel das Fensterln geworden. Vor vier Jahren,
als die Frau noch ein 17jähriges Mädchen und im Hause ihrer
Eitern in Petersthal war, machte ihr ein Bursche, der Dienst-
knecht Sebastian Merk l, den Hof, er fand Gnade und wurde
öfters Nachts ins Haus gelassen. Schließlich aber wurde der
Bursche von den Eltern des Mädchens ertappt nnd wegen Haus-
friedensbrnchs angezeigt. Am 29. Oktober 1895 hatte er sich vor
dem Schöffengericht Heidelberg zu verantworten. Das Mädchen
wurde dabei als Zeugin vernommen und behauptete auf ihren
Eid, sie habe dem Merkel niemals erlaubt, Nacht? in ihr elter-
liches HauS einzusteigen und auch kein Verhältnis mit ihm
gehabt. Gelegentlich des Gangs zur Beichte fragte später das
Mädchen eine Freundin, die Jakobine Müller, ob sie auch beich-
ten müsse, daß sie einen Meineid geleistet habe. Die Müller
erwiderte: „Natürlich, sonst gilt ja die ganze Beicht' nichts." Da-
rauf erzählte ihr die Laier, (das mar der Mädchenname der An-
geklagten), die Geschichte ihres Verhältnisses mit Merkel und ihr
Auftreten vor Gericht. Drei Jahre gingen darüber hin, als die
Laier in die Lage kam, gegen den Vater der Müller als Zeugin
aufzutreten. Nun erinnerte sich die Müller jener Hausbruchs-
affaire, wegen der übrigens Me kel damals zu 6 Tagen Gefäng-
niß verurtheilt worden war, nnd sie benützte ihr Wissen zu einem
Gegenzuge gegen üie Laier, indem sie Anzeige erstattete. Die
Vertheidigung plädirte in erster Linie auf Annahme fahr-
lässigen Meineids, in zweiter Linie auf Zubilligung des Straf-
ermäßigungsgrundes nach Paragraph 157 Ziff. 1, da die Ange-
klagte, wenn sie die Wahrheit gesagt hätte, sich eine Anklage
wegen Beihilfe zum Hansiriedensbrnch zngezogen hätte. Die Ge-
schworenen bejahten die Schuldfrage im Sinne der Anklage mit
der Einschränkung des Paragraph 157 Ziff. 1 R.-St.-G.-B.
DaS Urtheil lautete darauf auf 1 Jahr Gefängniß.
2. Fall. Angeklagt war der 23 Jahre alte Dieustknecht
Johann Georg Ludwig Nidinger wegen versuchter Nothzucht.
Ridinger, ein dem Trunk und der Völlerei ergebener Bursche,
hatte in der Nacht vom 22. zum 23. August 1897 ein aus einer
Mühle bedienstetes Mädchen, das er vom Erntetanz beimbegleitete,
in unsittlicher Absicht attakirt. Das Mädchen hatte sich s. Z.
durch eine Geldentschädigung abfinden lassen. Die Anzeige stammte
von einem Wirth, der sich ärgerte, daß Ridinger nicht mehr bei
ihm zechte. Ridinger wurde freigesprochen.
3. Fall. Ein? recht harmlose Prügelei von Bauernburschen
bildete den Thatbestand des dritten Falls, in welchem die Anklage
auf räuberische Erpressung lautete. Der 21 Jahre alte Lcmdwirtb
Adam Lenz von Oberschwamach nnd der 20 Jahre alte Dienst-
knecht Adam Weber von Weisbach prügelten Anfangs Oktober
1897 auf der Landstraße den Schreiner Otto Mund: und den
Dienstknecht Georg Stoll II. von Neunlirchen, weil diese sich
geweigert hatten, Bier zu bezahlen. Dabei soll Lenz dem Mundi
zugerufen haben: „Wenn Du nicht Geld hergibst, schlag ich Dich
todt", worauf Mundi ihm 12 Pfg gab. Die beiden Burschen
haben sich s. Zt. auch mit Geld abfinden lassen. Die Strafanzeige
erfolgte aus Rache. Die Geschworenen erklärten die beiden An-
geklagten für nicht schuldig, worauf das Gericht auf Freisprechung
erkannte.
SO. Karlsruhe, 9. April. Die historische und Volks-
tracht e n - A u s st e l l u n g im Markgräslichen Palais wurde
beute Vormittag in Anwesenheit der Großherzogin, der
Erbgroßherzogin. derPrinzessin Wi Ih elm, der F ü r-
stin zur Lippe und zahlreicher Vorstaudsdamen vom Bad.
Fraucnverein eröffnet. Die hohen Gäste wurden im prächtig ge-
schmückten Vestibül vom Generalsekretär des Bad. Frauenvereins,
Geh. Rath Sachs und dem Arrangeur der Ausstellung. Hof-
apothekcr Ströbe empfangen und durch die Säle geleitet. Der
Bemcher ist überrascht von der Fülle des Gebotenen: Die ganze
Kostümgeschichte vom grauen Ailerthum bis auf die neuesten
Tage wird uns hier vor Augen geführt. Wir finden natur-
getreue Kostüme on miniaturs von Assyriern, Griechen, Römern,
Byzantinern, von Patriziern des Mittelalters, wie von modernen
Radlerinnen. In der Volkstrachtenabtheilung sind aller Herren
Länder vertreten, am besten natürlich unser engeres Heimathland
Baden mit seinen herrlichen Trachten, dann aber auch Rumänien
und Schweden-Norwegen, dank der regen Unterstützung, welche
das Unternehmen Seitens der Königin von Rumänien und der
Kronprinzessin von Schweden erhielt. Einige hübsch arrangirte
Gruppen bringen angenehme Abwechslung in die große „Puppen-
stube", bei deren Anblick, wre wir heute beobachten konnten, die
lieben Kleinen in förmliches Entzücken gerathen. Ganz besondere
„Raritäten" finden wir auf einem mit der Büste der Groß-
yerzogtu geschmückten Tische: Eine Puppe, die unsere Groß-
herzogin als 13jähriges Kind von Kaiser Wilhelm I. erhalten
h:t, ferner ein altmodisches Kinderstü/lchen, das vom alten
Kaiser, von Kaiser Friedrich und von den Kindern unseres Großb-
PaareS benutzt wurde. Auf dem Tische liegen auch mehrere
Puppenkleidchen, eine Handarbeit der Großberzogin aus den:
Jahre 1851. So bietet diese eigenartige, einzig dastehende
Sammlung für alle Besucher Anregung und Belehrung.
Theater- nnd Kunstnachrichten.
Mannheim. (Großh. Hof- und Nartonaltheaier.- Mittwoch,
12. April: „Der schwarze Domino "
Darmstadt. (Großh. Hoftheater.) Dienstag. 11. April: ZnM
1. Male: „Der Prior von San Marco." Drama in 5 Akten
von Carl Hepp. Mittwoch, 12. April: „Die Regimentstochter."
Hierauf, neu einstudirt: „Waldeinsamkeit." (Komisches Ballet.)
Donnerstaa, 13. April: „Im weißen Rößl "
Handel und Berkehr.
Mannheim, 10. April. (Aktien.) Oberrh. Bank 125.50 G-
Rheinische Creditbank 146.— G. Rheinische Hypothekenbank
166.— B. Heidelberger Aktienbrauerei 137.— G. Schrödl'M
Brauerei - Aktien 147.— G. Portland - Cementwerk Heidelberg
166.- G.
Frankfurt, 10. April. Effektensocietät. Abends 6'/-
Oesterr. Credit 222.80 b. Disconto-Kommandit 193 40 b. Darn>-
städter Bank 150.— b. Dresdener Bank 160.— b. Berlin»
Bank 117.70 b. G. Reichsbank 157.40 b. G. Braunschweig»
Landeseisenbahn 135 b. Oesterr staatsbahn 154.60 b. Loa>-
darben 28.70 b. Northern 79.20—30 b. 3pCt. Mexikaner 26.1/
b. cpt., 5pCt. dto. 99 b., 5pCt. dto. 3. S. amort. 42.20 b. 0>'
4pCt. Spanier 58.50 b. 6pCt Buenos 40.60 b. G. 6pCt.
kaner 100.60 b. Bochumer 256 b. Harpener 191 B. 190.90 A
Hibernia 204.70 b. Oberschles. Eisen 159.70 b. Hilgers 125»^
b. G. Hüttenheim Spinn. 100 b. G. Nürnb.-Fürther Slr. 255
Züricher Elektr. 163 b. G. Bad. Zucker 53.50 b. G. Siemen
u. Halske 195.40 b. Court 165 b. G. Lloyd 119 b. Eschwell»
227 b. G. Gotthard-Aktien 143.50 b. Schweizer Central 142.20
Schweizer Nordost 97.50 b. Schweizer Union 77.20 b.
Simplon 88.60 B. 50 G. 5pCl. Italiener 94.60 B. 50 G.
6'/.—6'/ü Uhr: Spanier 58 60 P. 50 G. 5pCt. amort. Dftk
kaner 3. S. 42.30 b. G.
 
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