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Heidelberger Zeitung — 1899 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.39312#0467

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monatlich 50 Pf.
frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
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«usschließlich Zustellgebühr.




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15 Pf. ft.r die Ispaltige
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Für hiesige Geschäfts- und
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ermäßigt.
GratiS-Anfchlag
der-Jnscrate auf den Plakat«
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Fernsprech-Anschluß Nr- 82

Xi-. 103.

Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für die Monate Mai und
Juni werden bet allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Expedition, Untere Neckarstr. 21, fortwährend angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für die Monate Mai
und Juni, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfg., mit
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Der Staatsminister über den Ordensantrag.
In der Debatte der zweiten bad. Kammer über den
Antrag des Centrums, betr. die Einführung von Männer-
orden, sagte Staatsminister Dr. Nokk (ausführliche
Wiedergabe): Die Regierung könne nur die dem Hohen
Hause gegenüber schon 1896 abgegebene Erklärung wieder-
holen. Es scheine der Regierung aus den wiederholt er-
örterten Gründen nicht möglich, den zur Verhandlung
stehenden Initiativantrag als annehmbar zu erachten.
Seit das Großherzogthum Baden bestehe, sei es Landes-
recht gewesen, daß klösterliche Niederlassungen zngelassen
oder nicht zugelassen werden konnten. So stehe es im
ersten Constitutionsedikt und die Befugniß der Regierung
sei auch in Z 11 des Gesetzes vom 9. Octobcr 1860 wie-
der ausdrücklich ausgesprochen worden. Er glaube bestimmt
versichern zu können, daß keine Regierung die in dem
Initiativantrag geforderte unbedingte Freigebung der Klöster
annehmen werde. Jede Regierung werde daran festhalten
müssen, daß ihr Pflichthaftes Ermessen über die Zulassung
einer Ordensnicderlassung im Einzelfalle zu entscheiden habe.
Der Herr Berichterstatter habe nun zwar ausgeführt,
daß der zur Berathung stehende Antrag nicht nach seinem
Wortlaut aufzufassen sei, vielmehr die Tendenz habe, die
Regierung dazu zu veranlassen, daß sie von ihrer Befugniß,
Männerorden zuzulassen, Gebrauch mache. Allein wenn
der Antrag die Annahme aller gesetzgebenden Faktoren
fände, so wäre eine staatliche Einflußnahme auf die Nieder-
lassung .von Orden überhaupt beseitigt. Das wäre ein
gesetzlicher Zustand, wie er nicht nur den deutschen An-
schauungen widerspräche, sondern wie er — er glaube das
behaupten zu dürfen — in keinem Staate existire, auch da
nicht, wo man die Trennung von Staat und Kirche habe.
Denn da gelte dann für die Orden das gemeine Recht,
insbesondere das Vereinsrecht. Hier aber solle ein Privi-
legium für dieselben geschaffen werden, das jedes Heran-
ziehen des Vereinsgesctzes abschneide und jeden Einfluß der
Regierung ausschließe. Eine derartige Privilegirung bestehe
nirgends und könne vom staatlichen Standpunkt aus nicht
bewilligt werden.
Die Regierung sei in bereitester Weise auf die Zulassung
von Frauenorden cingegangen und sie habe sich bemüht,
die Missionsthätigkeit auswärtiger Geistlicher in Baden zu
ermöglichen, da ein völliger Ausschluß derselben zu weit-
gehend erschienen sei; wenn man nun frage, wann die
Regierung mit der Zulassung von Männerorden Vorgehen
werde, so könne er in dieser Richtung nur den Grundsatz
der Regierung angeben, den sie immer gehegt habe. Ein
Entgegenkommen der Regierung sei wesentlich davon ab-
hängig, ob Sicherheit dafür gewonnen werden könne, daß
ihre Schritte zu friedlicher Gestaltung der kirchenpolitischen
Verhältnisse und zu einer Milderung der unerfreulich ge-
schärften konfessionellen Gegensätze führen werden.
Der Herr Berichterstatter habe erklärt, die Regierung
habe ein Unrecht gut zu machen. Dagegen verwahre er
sich entschieden. Wenn Jemand von seinem gesetzlichen
Recht Gebrauch mache, begehe er kein Unrecht. § 11 des

Mittwoch, drn 3. Mai

Gesetzes von 1860 sehe ausdrücklich die Staatsgenehmigung
bezüglich der religiösen Orden vor, und wenn die Re-
gierung diese Genehmigung in einzelnen Fällen nicht ertheilt
habe, so sei sie dabei ihrer ehrlichen Ueberzeugung gefolgt,
der Jedermann zu folgen habe, möge er stehen, wo er
wolle, und habe dabei lediglich von der Bestimmung des
Gesetzes Gebrauch gemacht. Die Herren könnten sagen,
eine Anwendung des Gesetzes in anderem Sinne, die an
sich auch möglich gewesen, wäre ihnen lieber gewesen. Das
sei selbstverständlich und das lasse man sich gefallen. Aber
man dürfe nicht sagen, die Regierung habe ein Unrecht
gut zu machen; das würde voraussetzcn, daß die Re-
gierung das Recht nicht beachtet hätte.
Er müsse sich ferner dagegen verwahren, daß die Re-
gierung Angst bezeige bezüglich des konfessionellen Friedens.
Angst habe die Regierung gar keine; er wisse nicht wes-
halb. Die Regierung werde sich durch nichts davon ab-
bringen lassen, in einem gegebenen Falle die ihr obliegende
Prüfung vorzunehmen, ob der Schritt unternommen werden
könne, Männerorden in unserem Lande zuzulassen. Sie
könne von der Prüfung nicht absehen, ob, wie er gesagt
habe, Sicherheit dafür gewonnen werden könne, daß eine
friedliche Gestaltung der kirchenpolitischen Verhältnisse durch
die Gewährung herbeigeführt werden würde. Das sei
sehr einfach, was die Regierung damit meine. Sie könne
doch nicht einen solchen Schritt thun, um sich Tags darauf
sagen zu lassen, das sei ein thörichtes Unterfangen, es
handle sich um die volle Klosterfrciheit, und nicht um ein-
zelne Niederlassungen. Die Regierung könne nicht heute
offiziell Frieden schließen, um morgen offiziös den Krieg
Wecker zu führen.
Er habe gesagt, die Regierung werde sich durch nichts
von ihrer Pflicht abbringen lassen in dem einzelnen Falle
zu erwägen, ob Sicherheit für die friedliche Gestaltung
der kirchenpolitischen Verhältnisse gewonnen sei. Er habe
nur gesagt, die Regierung werde sich durch keine Drohungen
und Agitationen von ihrer Pflicht abbringen lassen, und
das werde die Regierung auch nicht thun.
Er sei jetzt auch veranlaßt zu erklären, daß der Grund-
satz, von dem er gesagt habe, daß die Regierung bei Be-
urtheilung dieser Verhältnisse nach ihm sich richten werde,
die Ansicht der Regierung in ihrer Gesammtheit wiedergebe.

Deutsches Reich.
— Gelegentlich der sogen. Maifeier haben die
sozialdemokratischen Blätter wieder einmal hitzig von dem
Werth der Sozialdemokratie phantasirt und deren angeb-
lich noch zu erwartende Heldenthaten herausgestrichen.
Demgegenüber sei daran erinnert, daß die sozialdemokratische
Fraktion gestimmt hat:
1883 gegen die Krankenversicherung,
1884 „ „ Unfallversicherung,
1889 „ „ Jnvaliditäts- unv Altersversicherung,
1890 „ das Gesetz, betr. Einführung der Gewerbegerichte,
1891 „ „ Arbeiterschubgesetz,
1881 „ die erste Börsensteuervorlage,
1893 „ „ zweite Börsenstcuervorlags,
1895 „ das Börsengesetz,
1895 „ „ Gesetz zurBekämpfungdes unlauteren Wettbewerbs,
1890 „ „ erste Gesetz zur Bekämpfung des Wuchers,
1894 „ „ verschärfte Gesetz zur Bekämpfung des Wuchers,
1896 „ „ bürgerliche Gesetzbuch.
Alle diese Gesetze hat die sozialdemokratische Führung
zu verhindern gesucht, insbesondere die ganzen Arbeiter-
versicherungs- und Arbeiterschutzgesetze, die heute täglich
— wie statistisch feststeht — allein an baarer Unter-
stützung mehr als eine Million Mark an Unfall-, Kranken-
und Altersentschädigung dem Arbeiter auf Kosten der
Arbeitgeber und der Allgemeinheit zuführen. Das ist

1809.

die Maifeier positiver Arbeit, die die bestehende Gesell-
sellschaftsordnung den leeren Schlagworten der Liebknecht,
Singer, Bebel und Genossen an diesem Tage ent-
gegenzustellen vermag.
— Uebcr die Entwickelung des Verkehrs auf
dem Kaiser Wilhelm-Kanal giebt eine dem Gesetz-
entwurf betreffend die Gebühren für die Benutzung dieses
Kanals beigefügte Denkschrift Auskunft. Danach hat
sich der Gesammtschiffsverkehr von 20 068 Schiffen mit
1 751 065 Registcrtons im Jahre 1896 auf 25 224 Schiffe
mir 3009 011 Registcrtons im Jahre 1898 gehoben. Die
Steigerung betrug bei den Schiffen 25,7 "/„, bei dem
Raumgehalt 71,8 Die Größe der den Kanal be-
fahrenden Schiffe hat sich merklich gesteigert. Das durch
den revidirten Tarif eiugeführte stärkere Abfallen der Tarif-
sätze mit steigender Schiffsgröße hat nicht unwesentlich zur
Heranziehung der größeren Schiffe beigetragen. Der An-
theil der Flaggen betrug 1898 in Registertous: deutsch
68,5 °/o, britisch 9,3 dänisch 7,3 "/„, schwedisch 5,2 °/,,
niederländisch 3,4°),, norwegisch 3,3 °/„, russisch 2,2
Der Rest siel auf die belgische, französische und sonstige
Flaggen.
— lieber die Brodverpflegung der Soldaten
sind im hygieinisch-chemischen Laboratorium der Kaiser
Wilhelm-Akademie in Berlin zahlreiche Untersuchungen
ausgcführt worden. Als Ergcbniß wird mitgctheilt: Die
vorzüglichste Ausnutzung zeigte Versuchsbrod aus Weizen-
zwiebacksmehl mit 80 Prozent Kleienauszug. Das Mehl
ging beim Sieben vollständig durch die feinste Nummer
des Siebsatzes, V- Millimeter, durch. Zur Einführung
für den täglichen Gebrauch der Armee eignet sich trotzdem
dieses zwiebackähnliche Brod nicht — wohl aber kann nach
dem ihm zugrundeliegenden Prinzip eine Verbesserung des
Soldatenbrodcs vorgenommen werden. Die geringste Aus-
nutzung im Körper erfuhr ein reines Kleienbrod. Dasselbe
ging zur Hälfte unverdaut wieder ab. Man kann daraus
folgern, daß die möglichst vollständige Ausscheidung der
Kleie aus dem Brodmehl gefordert werden muß.
— Das Reuter'sche Bureau meldet unter dem 22.
April aus Apia: Die „Rebellen" (soll heißen die
Mataafa-Leute) haben sich nach Zerstörung des Forts
von Vailima und der Forts längs der Küste zurückgezogen.
Ernste Gefechte haben nicht mehr stattgefunden.
Baden. Die Karlsr. Ztg. druckt eine von der Münch-
ner Allg. Ztg. veröffentlichte Korrespondenz aus Karls-
ruhe über den Besuch des Kaisers dortselbst ab. In
derselben heißt es u. A.:
Daß während des kurzen Aufenthaltes in der Residenz die
hohe Politik in den Kreis der zwischen dem Kaiser und
dem Groß Herzog gepflogenen Erörterungen gezogen wurde,
kann als selbstverständlich betrachtet werden. Großherzog Fried-
rich ist — wenn man es so nennen darf — der Vertrauensmann
des Kaisers. Mit seinem reichen Schatz von Erfahrungen, ge-
paart mit wahrhaft väterlichen Gesinnungen für das Beste des
Volkes, ist Großherzog Friedrich in der That der berufenste
Mann, seinem Kaiserlichen Neffen ein treuer Berather zu sein;
sein Eingreifen zu Zeiten gespannter politischer Verhältnisse hat
dem Reiche schon zu wiederholten Malen znm Segen gereicht.
Man wird nun nicht leugnen können, daß angesichts unserer
inneren politischen Lage der Rath eines allezeit wahrhaft kon-
stitutionellen, echt deutsch empfindenden Monarchen, der beinahe
fünf Jahrzehnte an der Regierung ist, die höchste Bedeutung besitzt.
Badischer Landtag. 0.6. Karlsruhe, 2. Mai.
140. öffentliche Sitzung der Zweiten Kammer.
Vicepräsideut Lauck theilt die Zuschrift der Ersten
Kammer mit, wonach dieselbe die ZZ 2 und 8 des Einführungs-
gesetzes zur Grundbuchordnung in der Fassung der Zweiten
Kammer angenommen, im Uebrigen aber ihre eigene Fassung
aufrecht erhalten hat. Die weiteren Entwürfe wurden in
der Fassung der Zweiten Kammer angenommen.

Die geraubte Braut.
4) Eine rumänische Dorfgeschichte von Bertha Kätscher.

(Fortsetzung und Schluß.)
„Ich kann nicht von Dir lassen, Mädchen !" flüsterte ihr
Virgil plötzlich ins Ohr, als er sie, stvie der Tanz es erfor-
derte, um die Mitte faßte, um sie in die Höhe zu fchwi ngen.
„Ich habe bei Gott und allen Heiligen geschworen, daß Du
mein werden mußt! Du wirst es. Arsena, denn ich fühle es
an dem Klopfen Deines Herzens, daß Du mich ebenso liebst,
wie ich Dich! Warum sollten wir nicht glücklich werden?
Du wirst heute Nacht Dein Fenster offen lassen, denn nur
so . . . ."

In dem Moment brach die Musik ab — ei» quietschender
Dudelsack — Virgil führte die leichenblasse Arsena an ihren
Platz zurück, ohne den Satz vollendet zu haben. Sie lief
Unter irgend einer Ausrede nach Hause. Die Männer zechten
noch immer. Der Bojar tag unter dem Tisch und schnarchte.

„Wie ein Dolchstich drang es Arsena durchs Herz. Dieses
Häufchen Jammer sollte ihr Mann werden? Nicht einmal
Pi seinem Verlobungstage konnte er sich zusammennehmen I
sSchöne Aussichten für die Zukunft! Ein kalter Schauer lief
cht über den Rücken. Hatte Moschule ihr nicht vorhin ge-
sagt : „Noch bist Du nicht des Bojaren Weib I Das Glück
kommt oft unerwartet!"
„ Wie eine Erleuchtung kam es plötzlich über sie. O. der
Pcke. treue Moschule! Ja. sie wird dem Glück Thor und
Ahür öffnen und — das Fenster dazu, dann mochte der
joomr schnarchen bis in die Ewigkeit. Der alte Gauner ver-
Mrte nichts Besseres, als daß man ihm ein Schnippchen
'Mage!

y,. „Um Mitternacht Hot' ich Dich wieder zum Tanz!" sagte
Airgil, der ihr ins Zimmer gefolgt war, so laut, daß alle
Umstehenden es hören konnten, wenn sie wollten. „Sei be-
reit. Arsena I"
„Ich werde bereit sein," gab sie mit fester Stimme zurück.


Ihre Blicke trafen sich und vermochten sich nur mit Gewalt
von einander loszureißen.
Bis spät in die Nacht hinein tanzte die Jugend vor der
Kirche, während die Alten bei Pascus wciterzechten. Niemand
war es ausgefallen, daß Virgil sich entfernt hatte und daß
auch Arsena fehlte. Der Bojar schnarchte noch immer. All-
mählich entfernten sich auch die letzten Gäste, so daß Pascus
endlich zur Ruhe gehen konnten. Tiefe Stille herrschte im
Hause und auf der Straße.
Als es Mitternacht schlug, wurde leise ein Fenster geöffnet,
das in den Garten hinausging. Eine Nachtigall begann zu
flöten: auf den ersten Thon schwang sich jemand über den
niedern Zaun, kletterte die Leiter hinan, die an der Mauer
lehnte, erfaßte das am offenen Fenster stehende, neugierig
lauschende Mädchen und trug es durch den Garten hinaus
in die stille Seitengasse, wo ein Wagen bereit stand.
Ohne ein Wort zu verlieren, machte sich's Arsena neben
dem Entführer bequem, der auf den Kutschbock gesprungen
war und die Zügel ergriff.
Eine dunkle Gestalt trat aus dem Schiiten.
„Arsena, soll ich Dir jetzt gratuliren?" flüsterte Moschule
verschmitzt. „Was soll ich Deinem Bräutigam, was Deinem
Vater ausrichten?"
„Daß ich der Mutter Gottes gelobt» nie und nimmer des >
Bojaren Weib zu werden, und daß mein Schädel noch härter
ist, als der seinige!" lachte sie und schmiegte sich zärtlich an
ihren Räuber, der nun wie toll auf die Pferde loshieb,
während er rief:
„Moschule, sag' dem Bojaren, daß ich ihm Wagen und
Pferde morgen in aller Frühe zustellen werde, das Mädchen i
aber nicht. Wenn er wieder einmal zur Brautschau fahren
sollte, mag er weniger trinken und besser auf seine Braut
und seine Pferde achten. Es lebe die gute alte rumänische i
Sitte des Mädchenraubs!" !
Und fort sauste das glückliche Paar in die mondhelle !
Frühlingsnacht hinaus. Virgil brachte sein geraubtes Bräutchen s
in das nächste Dorf zu seinen Verwandten, die es freundlich
ausnahmen und beherbergten, bis der alte Pascu kam, um

seine Tochter abzuholcn, die er nun Virgil zur Frau geben
mußte, wenn er nicht Spott und Hohn auf sich und sein
Haus laden wollte.
Moschule rieb sich vergnügt die Hände.
„Die Leute sollen nur noch einmal auf die guten alten
Sitten schimpfen — ich will ihnen dann erzählen, wie ich
durch den Mädchenraub ein großes Unglück verhütet habe-
Virgil hatte geschworen, Arsena und den Bojaren vor dem
Traualtar niederzustechen, mochte dann geschehen mit ihm,
was da wolle. Und der wilde Bursche würde Wort gehalten
haben, wenn ich ihm nicht dazu verholsen hätte, Ariena zu
rauben. War das eine Ueberraschung, als Pascu in aller
Frühe die saubere Entdeckung machte. Ich hätte mich todt-
lachen können über die verblüfften Gesichter des Bräutigams
und des Vaters. Wie die fluchten und tobten, namentlich
als sie entdeckten, daß Virgil nicht nur die Braut, sondern
auch die prächtigen Rappen entführt hatte. Ja, ja, wenn die
Menschen nicht selbst den Verstand haben, das Richtige zu
thun, müssen sie dazu gezwungen werden. Wozu schenkte
mir Galt die 80 Jahre?!"
— Ende. —

Kleine Zeitung.
— Aus Württemberg, 25. April. Ueber die bedeutenden
Etablissements des Pfarrers Hermann Faulhaber in Schwä-
bisch-H all mußte das Co neurs verfahren eröffnet werden,
was im ganzen Lande ungewöhnliches Aufsehen erregt. Faul-
haber, der als Militärpfarrer den Feldzug mitgemacht und das
Eiserne Kreuz erworben hat, wollte — so schreibt man der Köln.
Ztg. — durch eine Eisenwaarenfabrik und eine große Buchhand-
lung in selbstlosester Weise social wirken und innere Mission auf
industrieller Basis treiben; er war aber trotz organisatorischer
Fähigkeiten den großartigen Unternehmungen so wenig wie einst
sein Vorbild, der edle Menschenfreund Gustav Werner, geschäft-
lich gewachsen. Etwa 800000 Mk. sind gedeckt. Für Faulhaber,
der sein ganzes Vermögen mitverliert, und zahlreiche Mitbetroffene
ist der Zusammenbruch ein schwerer Schlag. Nicht mitbetroffen
 
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