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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 203 (1. August 1901 - 31. August 1901)
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Donnerstag, 8. Anglist IM.

Zweites Blatt.

43. Jahrgang. — Ilr. 183.

Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen- — Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Hans gebracht, bei der Expedition nnd den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-
zogen vierteljährlich 1.35 Pik. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Inserate ans den Plakattafcl» der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Rnschluß Nr 82

Ein italienischer Bischof über deutsche
Katholiken.
Dar Bischof Bononialii voll Cremcma, der s. Zt. in
Baden weilte, hat ein Buch geschrieben: „Drei Monate
wnseito der Alpen". Darin heisch es: „Was ich euch von
>A'r erbaulichen frommen Stimmung, der wahrhaften
Gottesfurcht der Deutschen im allgemeinen nnd der
Freiburger im besonderen erzählen will, kann für uns
Italiener, die wir uns als gläubige Katholiken, reli-
giöser als andere ansgeben, von Nutzen sein. Wer immer
M Deutschland gereist hat, kathol. Kirchen besuchte, den
Funktionen beiwohnte und das Benehmen der Leute in
^'r Oeffentlichkeit wie im Privatleben beobachtete, kann
sticht umhin, anznerkenncn, daß das religiöse Ge-
fühl des deutschen Volkes tiefer und
Nachhaltiger ist, als das, was man in
Krankreich gewahrt, viel mächtiger
a b er, als wir es in Italien ke n n e n. Da
Nt auch nicht einer, der im Gotteshause mit seinem Nach-
bar schwatzt oder lacht, alle sind in andächtiges Schweigen
gehüllt, jeder halt sein Gebetbuch in der Hand. Welch
ain wohlerzogenes, t i e f r e l i g i ö s e s
Bolk!" Auch dein Kirchengesang in der Landessprache
üollt er feine Bewunderung. „In Italien habe ich nie
io etwas Herzbewegendes gehört!" ruft er aus. Als
Bischof Bonomalli in Begleitung des Herrn Erzbischofs
süe Strassen Freiburgs durchwanderte, bemerkte er mit
Freuden das respektvolle Grüßen von alt und jung, sogar
hon Andersgläubigen, wie ihm erklärt wurde. „Woher
dieser Unterschied zwischen dem deutschen und dem ita-
lienischen Volk? Teilweise geht dies wohl aus ihrer
Gharakterverschiedenheit hervor, vieles aber muß man
ber verschiedenartigen, der Natur der beiden Nationen
ongepaßten Erziehung beimessen. Das deutsche Volk,
ernst angelegt, thnt alles aus Ueberzeugung und Re-
flexion, die militärische Gewohnheit ist ihm in Fleisch
Und Blut übergegangen — daher der Respekt den Be-
hörden gegenüber." Sehr in die Augen fällend ist dem
Verfasser die g e i st i g e U e b e r l e g e n h e i t der-
be u t s ch e n K leriker , die keine Anstellung erhalten,
'venu sie nicht ihre Universitätsstudien vollendet haben.
^Gewiß(?) meint er, bedeutet dies einen Eingriff des
Ttaatess?) in die Rechte der Kirche, aber das Gesetz
'st einmal da und Entbindung hiervon sehr schwierig".

Deutsches Reich.
-— Nachdem verschiedene schwache Dementis der
'Neldnng vorn ttrbcrtritt der Lnndgrirfi» Anna Vvn Hessen
Zu; katholische u K i r ch e verbreitet worden waren,
''eilt sich nach einer von unterrichteter Seite stammender
Blitteilnng der Korrespondenz für die Zentrumspresse
bsr Sachverhalt folgendermaßen dar: Richtig ist, daß
">e Aufnahme der Frau Landgräfin in die Kirche zwar
stoch nicht stattgefnnden hat, daß sie aber wahrscheinlich
stu September oder im Oktober statt finden wird,
-stie Frau Landgräfin hat bereits dem verstorbenen Erz-
bischof Georg Ignatius Komp häufig Besuche abgestattet;
ebenso wie Bischof Adalbert von Fulda nnd das Kloster
stuf dem Frauenberge bei Fulda oft von ihr besucht wer-
ben. Religionsunterricht erhält sie durch Herrn Dr.
st-hielemann, Professor am bischöflichen Priesterseminar
Fulda.

sty

Die Brieftasche.
Roman von F. von Kapff-Essenther.
(Fortsetzung.)

. . Wie heiß hatte Möhring von der Maschine geträumt,
schnlichst gewünscht, sic lebendig zu scheu! Nun lebte,
ststn arbeitete sic, aber zu seinem Verderben. Er harte sein
g> Visse» belastet, er hatte ein schweres Vergehen vor dem
^sttze auf sich geladen; und daran war die Maschine schuld.
Warum hatte er nicht warten können?
> Er hatte seitdem keine ruhige Stunde mehr; uichr bei
FWe, „icht bei Nacht. Der Betrag war zu groß, den er
, "erschlagen hatte. Wenn man der verlorenen Brieftasche
Fstststnschte — äen» es irgend jemand nuffiel, daß er so
L -stich zu Geld gekommen, oder daß der geheimnisvolle
ststvitalisr urplötzlich wieder vom Erdboden verschwunden warl
mstst" es zu einer Entdeckung kam, die seine» ehrlichen Namen
stUvhubar befleckte, was konnte ihm dann noch die Maschine
st'fen? Verführt hatte sie ihn, aber sie konnte ihn nicht
gststv! Wenn ihn nun jemand frug: „Woher hast Du das
s sto?" ch mar er verloren. Er konnte ja nicht beweisen,
b^r es aus.ehrliche Weise erhalten habe.
weiter die Sache gedieh, je vorteilhafter er das Pa-
so" verkaufte, und je besser sich die Maschine bewährte, um
cigvtehr Muchs die Gefahr für ihn. Er Wierde der Gegenstand
^äst'veincr Aufmerksamkeit; es erwuchsen ihm Feinde und
oidrr.
big Hoine wollte der Vertreter des englischen Konsortiums
'hm erscheinen, um den Vertrag abzuschliehen und die
'sine nngcne Summe zu bezahlen. Konnte der Engländer
" selbst auf den Gedanken kommen, ihn zu fragen, woher
Ist "'me Maschinenmeister, das Geld zur Herstellung der
'chiue bekommen habe?
gig, ""d wozu die ganze Qual? Sic war umsonst, ganz ver-
Ltiu ' Hatte er gewartet, so wäre er heute im Besitze einer
'vve gewesen, welche ihn, wenn auch mit Schwierigkeiten,

Preuße«.
— Der als Oberpräsident van Schleswig-Holstein in
Aussicht genommene Frhr. v. Wilmowski, bisher
Chef der Reichskanzlei, ist der Sohn des bekannten Kä-
binetSchefs Kaiser Wilhelms I. nnd steht im 52. Lebens-
jahre. Nach seiner Ernennung znm Gerichtsasfefsor
wirkte er zunächst als Richter bei dem damaligen Stadt-
gerichte Berlin nnd^wurde dann als Regiernngsassessor
in die allgenieine Staatsverwaltung übernommen. Sie-
ben Jahre lang war er in der Provinz Hannover in ver-
schiedenen Stellungen thätig. 1884 wurde er in das
landwirtschaftliche Ministerium übernommen, wo er un-
ter anderem das Deich- nnd Sielwesen sowie die Melio-
rationsarbeiten in der Provinz Schleswig-Holstein zu
bearbeiten hatte. Diese Thätigkeit fiel in bie Zeit des
Baues des Kaiser Wilhelm,-Kanals und war somit bvn
besonderer Bedeutung. Damals hat Herr v. Wilmowski
auch Gelegenheit gehabt, Land und Leute in Schleswig-
Holstein kennen zu lernen. Bei Bildung der Ansiede-
lnngskommission für Posen nnd Westpreußen wurde er
in diese berufen und ebenso war er Mitglied des Hoch-
wasseransschnfses. Als Fürst Hohenlohe Reichskanzler
wurde, wählte er ihn znm Chef der Reichskanzlei, in
welcher Stellung er sich durch seine große Zuverlässigkeit
nnd Geschäftsgewandtheit anszeichnete und das vollste
Vertrauen des Fürsten genoß. Auch unter dem Grafen
Bülow behielt er dieses Amt bei, bis er jetzt durch das
Vertrauen des Kaisers für seinen neuen Posten in Aus-
sicht genommen ist.

Ausland.
Amerika.
N e w y ork , 4. Ang. Die Vertreter der Vereinigten
Stahlarbeiter erließen nach Schluß der gestrigen
Zusammenkunft mit Morgan und Schwab eine Erklä-
rung, die besagt, baß der Vorschlag des Stablrings nicht
angenommen werde nnd keine weitere Verhandlung
mehr zwischen dem Stahlring und den vereinigten Stahl-
arbeitern stattfinden soll, außer ans Ersuchen des Rings.
Das Mitglied der American Tinplate Company Reid
hat geäußert, den vereinigten Stahlarbeitern sei nur ein
Vorschlag gemacht worden, nämlich der, die Arbeit zu
den Lohnsätzen des vorigen Jahres wieder mifznnehnien.
Die Pittsbnrger Vertreter der United States Steel Cor-
poration erhielten ein Telegramm von der General-
versammlung in Newyork, das lautet, der Kampf müsse
durchgekämpft werden, keine Nachgiebigkeit solle Platz
greifen. Die .Korporation werde alles daran setzen, um
die Mitglieder des Stahlarbeiterberbandes von allen
Werken der Korporation ausznschließen.

Aus Stadt und Land
Mannheim, 4. Aur. (Ne formg y mn asiu m.) Ein Aufsatz
der „Bad. Landesztg." berührt die Gründe, die las Mini-
sterium bestimmten, die Errichtung e-nes Rcformgymna-
s > ums in Mannheim nicht zu genehmigen. Die dortige
Oberrealschule ist nämlich überfüllt. Anstot' eine zweite Real,
schule zu errichten, wollte der Stadtrat der Ersparnis wegen eine
Reihe von Nealklassen dem Realgymnasium zuweisen, wodurch
auch dieses überfüllt Waiden wäre. Der Aushilfe zuliebe sollten
einstweilen die drei unteren Klassen des Realgymnasiums einen
Reformist«» erhalten. Dieses Vorhaben wurde vom Ministerium
verworfen. Der Verfasser des Aufsatzes glaubt jedoch, daß bei
gleichzeitiger Errichtung einer zweiten Realschule ein in sich ab-

aber doch ans ehrlichem Wege an das gewünschte Zitl führen
konnte. Daun war sein Gewissen frei, ferne Seele ruhig.
Allerdings konnte er ja noch jeden Augenblick zur Polizei
gehen nnd den Fund anmelden. Augenblicklich aber konnte
er das Geld gar nicht erlegen, nnd auch wenn der ab-
geschlossene Verkauf ihn dazu in die Lage setzte, so drohte
Ihm vielleicht Strafe, Gefängnis, unauslöschliche Schande.
Nein, mir das nicht I Dann lieber die Gewissensqual er-
tragen.
Langsam nmschritt er die Maschine. Wie vortrefflich
war das Modell gelungen, wie hatte es seine kühnsten Er-
wartungen übertroffen I Wie glücklich wäre der Erfinder ge-
wesen ohne jene surchtbare fremde Brieftasche I
Ob Mr. Thompson aber auch wirklich kommen würde? Das
war der Vertreter des englischen Konsortiums, welches das
Patent ankaufen wollte. Man hatte vor einer Woche die Ma-
schine von fachmännischer Seite prüfen lassen, und Möhring
hatte dann stolz sein Ultimatum gestellt. Bis heute Morgen
sollte man sich entscheiden. Zugleich hatte.er auch den An-
trag bekommen, als Teilhaber in die Maschinenfabrik mit
einzutreten, nnd er war auch bereits entschlossen, darauf ein-
zngehen, wenn der Verkauf des Patents wirklich zustande
kam, nnd er über ein entsprechendes Kapital verfügte.
Es klopfte. Ob es Mr. Thompson war? — Nein, nein
.— es wird der Briefträger sein, der einen Absagebrief
bringt i
Mit schlecht verhehlter Aufregung öffnete er die Thür
nnd sah in das steife, rotbäckige Gesicht des Engländers.
„Ich komme, Mr. Möhring," sagte jener eintrctend,
„wegen des Vertrages."
Hai War's doch eine Ablehnung oder eine Abänderung?
Möhring führte den Besuch in das kleine, unansehnliche
Kontor, Ohne weiter viele Worte zu machen, zog Mr.
Thompson hier eine Rolle ans der Tasche, welche in gleich
lautenden Exemplaren den Vertrag enthielt. Die Unter-
zeichnung des Generalbevollmächtigten war ücreirs erfolgt;
Möhring hatte nur noch seine Unterschrift zu geben. Nach-

geschlossener Plan zu einem Realgymnasium die Genehmigung
erhalten haben würde. Er triit warm für die neue Schulgatlung
ein und hebt namentlich den Vorteil hervor, daß die kleineren
Städte der Umgebung dann nur einige Realklasscn zu unterhal-
ten brauchten, um den Kindern den Ucbertritt sowohl in die
Realschule als in das Realgymnasium zu ermöglichen, so daß
die Lateinllassen, die für die meisten Schüler in kleinen Städten
wertlos sind, wegfallen könnten.
-j- Karlsruhe, 5. August. (U „ günstige Verhältnisse
im Finanzfach.) Zur Zeit, da sich die Pforten unserer Mittel-
schulen geschlossen, drängt sich für manchen Vater und Vormund
die Frage auf, welchen Beruf der Sohn oder Mündel nehme»
soll. Für die abgehenden Schüler mit dem Reifezeugnis für die
Prima hat sich bisher unseie Finanzverwaltnug als eine
b evorzngte erwiesen. Diese guien Zeiten liegen aber seit
einigen Jahren hinter uns; denn, wie Einsender, der nebenbei
bemerkt, an dieser Sache persönlich nicht beteiligt ist, schon seit
einigen Jahren hat leider beobachten müssen, liege» die An-
stcllungsverhältnisse der mittleren Finanzbeamten in ganz trau-
riger Weise darnieder. Assistenten, die schon vor sechs Jahren
ihre Finanzassistenlen-Prüfnng bestanden, warten heute noch ver-
geblich auf Anstellung. Es winde zu weit führen, wollte man
auf die inneren Gründe dieser auf die Dauer ganz unhaltbar
gewordenen Maßnahme des näheren Angehen. Soo-.el ist sicher,
daß nur wenigen es vergönnt ist, bald in eine bessere Stelle vor-
zurücken. Einerseits haben sich die Ftnanzpcaktikantcn einer
Reihe von Stellen bemächtigt, die früher ausschließlich den Finanz-
assistenten Vorbehalten blieben und anderseits ist es noch nicht
lange her, daß auch Bureauassistenten (Militäranwärtern) solche
Stellen übertragen worden sind, die bisher nur von Finanz-
assistenten besetzt waren. Daß durch solche Verwaltungsmaß-
nahmen die Anstellungs-, Besörderungs- und Existenzverhältnisse
der mittleren Finanzbeamten auf das Empfindlichste geschädigt
werden, steht außer Frage. Die Finanzbehörde mag ihre Gründe
dazu haben, allein wir erachten es für unsere Pflicht, öffentlich
auf die schr ungünstigen Anstellungsverhältnisse der Finanz-
assistenten aufmerksam zu machen. Prüfe daher jeder Vater
genau, bevor er zugiebt, daß sein Sohn sich als Finanzgehilfe
recivieren läßt.
v.di. Freiburg, 6. Aug. (P r c i s a r b ei t e n). Die rechts-
und staatswisscnschaftliche Fakultät Freiburg hat in Sachen des
Preisausschreibens der Dr. Rudolf Schleiden - Stiftung über
das Thema: „Landwirtschaft in Baden seit der Grundentlastung"
nnd wozu 2 Arbeiten eingeliefert worden waren, beschlossen, dem
Verfasser der einen Arbeit, Herrn Herm. Reichert sind. cam. in
Freiburg 200 Mk. und dem Verfasser der andern Arbeit mit dem
Molto: „Arbeit ist die Quelle des Reichtums", Herrn Dr. M.
Hecht, Regiernngsassessor beim Großh. Statistischen Landesamt
Karlsruhe, 800 Mk. als Preis zuzuerkennen. Beide Arbeiten
sind in historischer Beziehung sehr dürftig und haben den einen
Teil der gestellten Aufgabe, die geschichtliche Entwickelung des
badischen Landes seit der Grundentlastung und den Einfluß der
letzteren darauf darzustellen, nicht gelöst. Die in der Einleilung
zur A-bett 8 dafür geltend gemachten Gründe werde» von der
Fakultät nicht als hinreichend anerkannt.
Aus Baden. Dem Apotheker Ernst Grether von St.
Blasien ist die persönliche Berechtigung znm Betrieb einer selb-
ständigen Apotheke in I e st e t t e n verliehen worden.
LitterarischeS.
—Z Im Verlag von Hermann Seemann Nachfolger in
Leipzig ist soeben erschienen: Eugen Segnitz, Richard Wagner
und Leipzig. Preis brosch. Mk. 2.—. Der bekannte Leipziger
Mnsikforscher gibt in diesem lebendig geschriebenen Buche eine
anschauliche Schilderung der Kindheit nnd der Lehrjahre Wag-
ners an der Hand zahlreicher, bisher unbenutzter Quellen.
Interessant sind besonders die hier znm erstenmal veröffent-
lichten Urkunden über seine Schnlerzeit in Dresden nnd Leip-
zig, sowie die Analysen seiner ersten, jetzt ganz vergessenen
Kompositionen. Für alle Verehrer des großen Meisters bietet
das hübsch ansgestaktete nnd sehr preiswerte Buch reiche Un-
terhaltung nnd Belehrung.


dem diese erfolgt war, händigte ihm der Engländer einen
Check ein auf die „Deutsche Bank", wo die Vcrkanfsnmme zu
erheben war; sie repräsentierte ein für Möhring großes,
auch für jeden Bemittelten nicht unbeträchtliches Kapital.
Der Engländer empfahl sich dann ebenso steif wieder:
nnd ging.
Wie betäubt stand Möhring vor seiner Maschine, gleich-
sam Ang in Auge mit ihr. Sie hatte ihn mit einem Schlage
znm wohlhabenden Manne gemacht. Auf einmal erschien sie
ihm nicht mehr als böser Dämon. Alle Zweifel, alle Ge-
wissensbisse verschwanden wie Nebel vor der Sonne. Der
Erfolg hatte für ihn entschieden, ganz allein für ihn. Er
hatte richtig und vernünftig gehandelt. Es kostete ihn unr-
einen Federstrich, und er war Teilnehmer einer großen Firma.
Er wußte, daß es ihm nicht fehlen konnte, sich in dieser
Stellring ausznzeichncn, weiter zu streben; zu neuen Erfolgen,
zu neuen Ehren zu gelangen. Er war ein gemachter Mann.
Welch ein Glück, daß er sich durch thörichte Bedenken
nicht hatte abhalten lassen, das gefundene Geld zu behalten
nnd es im eigenen Interesse zu verwerten. Jener, der cs
verloren, hätte es- vielleicht i» derselben Zeit verschleudert.
Führ ihn, Möhring, war es eine Kleinigkeit, die Summe jctzr
zurück zu erstatten, und cs würde sich wohl eine Form finden,
dieser mit Umgehung der Behörde zu bewerkstelligen.
Seine Brust hob sich stolz. Es erschien ihm jetzt als eine
That des Mutes, der Mannhaftigkeit, das; er damals die
Brieftasche behalten hatte. Er beglückwünschte sich dazu.
Bierundzwanzig Stunden später hatte er einen zweiten
Liontrakt unterzeichnet, der ihn znm Teilhaber einer Ma-
schinenfabrik machte, welche zu den angesehensten Etablisse-
ments dieser Art gehörte. Und jetzr, als er von dem Rechts-
anwalt, wo er den Vertrag abgesclstosscn hatte, kam, kannte
sein Hochgefühl keine Grenzen. Stolz erhobenen Hauptes
schrill er durch die Straßen, direkt nach jener Weinstube, an
deren Schwelle sich damals sein Geschick entschieden hatre.
(Fortsetzung folgt.)
 
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