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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 282 - 305 (2. Dezember 1901 - 31. Dezember 1901)
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Freitag, 6. Dezember 1901.


.t-.

43.



Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich SV Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-
zogen vierteljährlich 1.3S Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgsschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Inserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Die Enthüllung -es Kaiser Wilhelm-
Denkmals.
Eine tausendköpsige Menschenmenge umstand schon um
10 Uhr gestern den Ludwigsplatz und erwartete mit Span-
nung die An'unft der Gro ß herz ogli ch en Herr-
schaften. Dieselben trafen um 10'/. Uhr in Begleitung
der Prinzen Max und Karl von Baden ein und wurden
mit stürmischen Hochrufen empfangen. Dem Großherzog-
lichen Wagen fuhren voraus der Oberbürgermeister Dr.
Wilckens und die Vertreler der Siaats- und Militärbehör-
den und der Universität. Es folgten die Prinzen Karl
und Max und das Gefolge.
Am Eingang des Saalbaues erwartete die
Höchsten Herrschaften das Denkmalkomitee, bestehend aus
den Herren Buhl, von Duhn, Klingel, Fr. Landfried und
Lossen, und geleitete sie bis zum Eingänge des Saales.
Kaum waren die Herrschaften in die Thür getreten, als
Bürgermeister Dr. Walz ein dreifaches Hoch auf sie aus-
brachte. Der Großherzog »nd die Großherzogin sowie
. Prinz Karl hatten das Band des schwarzen Adlcrordens
angelegt. Der Großherzog trug Generalsuniform, die Groß-
herzogin trug eine schwarze Robe und hatte u. a. auch den ihr
vom jetzigen Kaiser verliehenen Kaiser-Wilhclm-Ordeu angelegt.
Prinz Karl war in Dragoueruniform, Prinz Max in der
Uniform der Gardekürassiere erschienen. Anwesend waren
ferner der Div sionskomiuandeur, der Brigadekommandeur,
der Chef des Generalstabes des XIV. Armeekorps, der
Dberst des Kaiser Wilhelm-Regiments 110, sodann der
Generaladjutant v. Müller, zahlreiche Offiziere der Bruch-
eier, Mannheimer und Heidelberger Garnison, des aktiven
Heeres und der Reserve, sämtliche Minister aus Karlsruhe,
Staatsminister v. Brauer und die Minister Schenkel,
Buchenberger, v. Dusch, Reinhard, der Geh.
Legationsrat v. Babo, der preußische Gesandte v. Eisen-
acher. Erschienen waren außerdem die Oberbürgermeister
Schnetzler aus Karlsruhe und Beck aus Mannheim, die
Spitzen sämtlicher hiesigen staatlichen und städtischen Be-
hörden in seltener Vollzähligkeit, die Angehörigen des
akademischen Lehrkörpers, die Generäle v. Winning und Putzki,
Handtagsabgcordneter Rohrhurst rc. rc.
Im Saale selbst hatten in langer Reihe die Deputationen
öer Militärvcreine des Pfalzgauvcrbandes, sowie Depu-
tationen der meisten hiesigen nicht militärischen Vereine
bist ihren Fahnen vor dem Orchffterpodium Aufstellung
Neuommen und gaben dem Ganzen inmitten des von Hof-
tieferanten Atzler herrlich geschmückten Saales ein farben-
h/ächtiges Bild. An der Ostseite des Saales war unter
hinein Baldachin, flankiert von Kronen, auf strahlender
^onne ein V7 aus Kornblumen angebracht. Die Säulen,
Galerien und Wände waren durch Epheu und Tannen-
llewinde geschmückt und Fahnen in den Farben aller
putschen Staaten vervollständigten den Fcstglaiiz. Die
Galerien waren von Damen dicht besetzt.
^ Nachdem die höchsten Herrschaften die ihnen am nächsten
hhendcn bekannten Persönlichkeiten durch Händedruck begrüßt
hatten, begann das städtische Orchester unter Leitung des
.

Musikdirektors Radig mit dem Vortrage der Festouverture
zur Friedensfeier von 1871 von C. Reinecke. Nachdem
dieselbe verklungen war, trat Geh. Hofrat Marcks an
das Rednerpult und hielt eine einstündige wundervolle zu
Herzen gehende Rede*), in der er der Freude der Heidel-
berger Bevölkerung über die endlich erfolgte Enthüllung
^>es Kaiserdenkmals und der Dankbarkeit für die durch die
Anwesenheit des Landesherrscherpaares angethane Ehrung
Ausdruck gab und als bester Kenner des Lebens des großen
Kaisers uns ein Bild von dessen Persönlichkeit nnd Wir-
ken entrollte. Der Redner begann mit dem Zitate einer
Stelle aus einem Briefe Kaiser Wilhelms an den Fürsten
Bismarck, in dem der Kaiser von der Pflicht des Volkes,
seine großen Männer zu ehren, sprach, und wandte dies
selbe Wort auf den heutigen Tag an, an dem die Heidel-
berger Bevölkerung, nachdem schon an vielen Orten Denk-
mäler für Kaiser Wilhelm I. entstanden wären, ihren ersten
Kaiser in Treue und Dankbarkeit zu ehren im Begriffe
stünde. Er sprach von dem Segen, der grade für die
rheinischen Gebiete dem verewigten Fürsten zu danken fest
Er erinnerte an die Anwesenheit des Kronprinzen Fried-
rich von Preußen, der im Jahre 1886 in demselben Saale
grade Heidelberg als die Stätte echt deutschen Wesens mit
dem Hinweis darauf gefeiert hatte, daß die Heidelberger
Schloßruinen das beste Zeugnis davon ablegten, wie die
auswärtigen Staaten mit den vor der Regierungszeit
Kaiser Wilhelms zersplitterten deutschen Landschaften zu
handeln pflegten, bis es der Weisheit und dem Herrscher-
talent des großen Kaisers gelungen sei, die laug getrennten
Stämme zu einen. Kaiser Wilhelm war, so führte der Redner
weiter aus, zunächst nur König von Preußen; Preußen so
groß und mächtig zu machen, daß es die Führung über
die anderen deutschen Staaten an Oesterreichs Stelle über-
nehmen konnte, das war sein Ziel. Dies erreichte er durch
Schaffung eines starken Heeres, dessen Grundlage durch
das unter seiner Leitung durchgesetztc Allgemeine Wehrgc-
setz gelegt wurde. Im Herre stieg er auf. Redner be-
rührte die unendlichen Kämpfe, die Kaiser Wilhelm durch-
kämpfen mußte, ehe er sein Ziel erreichte und erinnerte an
die Konfliktszeit der 60er Jahre. Kaiser Wilhelm fügte
sich in die Welt, fügte aber stets sein eigenes Wollen hinzu.
„Wer Deutschland regieren will, muß es erobern," das
waren seine eigenen Worte. Nie hafte er Olmütz ver-
gessen und keinen Augenblick versäumt, das eigene Schwert
zu schärfen. Er führte die dreijährige Dienstzeit ein und
war unablässig thätig, sein Heer zu reorganisieren. Sein
Hauptvcrdienst bestand aber darin, daß er es verstanden
hat, stets die rechten Leute auf den rechten Platz zu stellen.
So berief er Roon als Reorganisator seines Heeres, Bis-
marck als Diplomat und Molike als Lenker der Schlach-
ten. Doch immer war er selbst es, der die endgiltige Ver-
antwortung trug. Selten wohl hat ein gleich schönes
Zusammenwirken zwischen Diener und Herr statigefunden,
als zwischen Kaiser Wilhelm und seinen Paladinen, und
wenn einmal ein Zwist im Ministerium ausgebrochen war,

*) Die Rede wird demnächst im Verlage von Carl Winter's
Universiiätsbuchhandlnng erscheinen.

immer klang er aus im Geiste der Weisheit und Ver-
söhnung, im Sinne unseres großen Kaisers. Wie oft hat
Bismarck von seinem Herrn gesagt: Jeder Zoll ein König?
Wie schön sagt Bismarck offenherzig in einem Briefe an
seinen Kaiserlichen Herrn: „ich möchte so gerne einen
neuen Ansdruck für Eure Majestät finden, ich finde
aber keinen schöneren und bezeichnenderen, als „Herr",
„Hoheit". Wie schwer ist es dem alten Kaiser
in seinem konservativen Gefühl geworden, die Kriege von
1864, 1866 und 1870—71 zu führen, nur die Not-
wendigkeit drückte ihm das Schwert in die Hand. Nicht
gern hat er sich neben den Titel „König von Preußen",
aus den er so unendlich stolz war, den Titel „Deutscher
Kaiser" setzen lassen, erst dem Drängen der anderen
deutschen Fürsten hat er nachgegeben und damit die
Einigkeit Deutschlands besiegelt. Die Einheit Deutschlands-
aber verdanken wir den Siegen 1870—71, diese Siege
indessen waren nur möglich durch die Einheitlichkeit der
deutschen Heerführer unter ihrem kaiserlichen Herrn. So
erlangte er die Kaiserkrone und wurde der Liebling des
deutschen Volkes und konnte, umjubelt und umjauchzt,
seinen achtzigsten und neunzigsten Geburtstag in körper-
licher und geistiger Frische feiern, bis ihn ein sanfter Tod
aus seinem langen, arbeitsreichen, aber auch mit Erfolgen
so reich gesegneten Leben abries. Er wurde zum Symbol
des deutschen Wesens, und wie es der Künstler verstanden
hat, in unser schönes Reiterstandbild belebende Gewalt
hineinzulegcn, so soll es auch auf die lebenden und
folgenden Geschlechter belebende Gewalt ausüben. In die
Hand des Kaisers hat der Künstler den Ausdruck seines
Willens und auch seines Segens gelegt; möge uns das
Denkmal stets des ersten deutschen Kaisers würdig finden,
möge die Heidelberger Bevölkerung stets treu stehen zu
Kaiser und Reich. Mit dieftm Gedanken schloß der
Redner.
R. Wagner's Kaiser Marsch beendete den Festakt im
Saal. Hierauf hielten die Höchsten Herrschaften Cercle
und zeichneten verschiedene Herren, besonders den Redner,
durch Ansprachen aus.
Auf dem Ludwigsplatz nahmen inzwischen die Vertreter
der Vereine Aufstellung und zwar in folgender Reihe:
An der Universität entlang die Militärvereine des Pfalz-
gauverbandes in vorpors mit ihren Fahnen, etwa 20 an
der Zahl. Diesen schlossen sich nach der Augustinergasse
an die Feuerwehr, die Schützenverein, der Heidelberger
Ruderklub, die Heidelberger Rudergesellschaft, sowie sämt-
liche Heidelberger Gesangvereine und Turnvereine. Hinter
den Vereinen stand das hiesige Militär, vor dem Saalban
sämtliche Studentenverbindungen, die Grabengasse entlang
die Ehrenkompagnie. Gegen VflL Uhr verließen die
Herrschaften den Saalbau. Die Musik intonierte den Präsen-
tiermarsch und das Militär präsentierte unter dem Befehl
des Hauptmanns Winckler. Der Großherzog schritt mit
Gefolge die Ehrenkompagnie ab. Dann begaben sich die
Herrschaften nach dem von Herrn Burckhardt hübsch aus-
gestatteten Pavillon. Herr Oberbürgermeister Dr. Wilckens
übergab sodann als Vorsitzender des Denkmalkomitees das
Denkmal der Stadt mit folgenden Worten:

Konzert der Wustkschute von K. Sahkender.
O Heidelberg, 6. Dezember.
^ Herr E. Suhlender veranstaltete am Mittwoch im
^orrnoniesaal ein Konzert zugunsten der Luisen heil-
st st alt. Das reiche und überaus vielseitige Programm
flAd durch Schüler und Schülerinnen eine würdige Wieder-
Wmm man an die Leistungen der jungen Musiker
zflH nicht denselbenMaßstab anlegen darf, den die Kritik für
u,Oostler von Fach anlegen würde, so zeigte sich doch auch wieder
vm, sem Konzert, einen wie schönen Erfolg Herr Suhlender
d fl seinen Schülern erreicht hat und wie fähige Schüler er zu
di? seinen zählen darf. Rein und mit feiner Technik wurde
L Chromatische Fantasie von Bach, die Mozart'sche O-äur-
d^,fljate, ferner das reizende Beethoven'sche L,moU-Trio, das
stz/H das Cellospiel des Herrn Brumm hervorragend unter-
V wurde, u. derRakoczymarsch von Liszt zu Gehör gebracht.
dxsV nber dasDilettantenniveau ragte besonders die Leistung
^8 .'u Heidelberg schon oft mit Erfolg ausgetretenen Frl.
„/'weiter hervor, welche beim /e-moll-Konzert von Schumann
den kleineren Kompositionen von Rachmcmieoff und
Ai Afl ihre ausgezeichnete Technik und ihr feines Verständnis
Agen Gelegenheit hatte.
^elq ^ recht willkommene Abwechslung boten die Lieder, bei
wir freilich gern etwas mehr Ungezwungenheit und
'Mrksamkcit in der Phrasierung gewünscht hätten,
der i unerwähnt lassen wollen wir Herrn H i r s z o w s k i,
die schöne Legende für Violine von H. Wieniawski
AH und stimmungsvoll wiedergab.
Besuch des Konzertes hätte in anbetracht des guten
^ ein besserer sein dürfen. —ch.
Kleins Zeitung.
Leipzig, 4.Dez. (Das Duell Breit-
ichys, fl g e r.) Am Morgen des 16. August d. I. er-
w wre wir schon seiner Zeit berichteten, der Rechts-

anwalt Dr. Breit, hier am Brühl wohnhaft, im Zwei-
kampf im Leutzscher-Holze seinen Gegner, den 21jährigen
Studenten der Rechte Richard Oettinger, den Sohn
des Fabrikanten Josef Oettinger aus Stuttgart. Heute
hat sich der genannte Rechtsanwalt vor den Geschworenen
zu verantworten wegen Zweikampfs mit tödtlichen
Waffen, wegen Hausfriedensbruchs nnd Körperver-
letzung. Die Vorgeschichte des Duells ist die folgende:
Der stuck. zur. Oettinger war Mitglied einer hiesigen
studentischen Korporationen, aber aus persönlichen Grün-
den ausgetreten. Eines Tages traf er im Palmen-
garten mit einem Studiosus C. zusammen, der ihm einen
Bekannten, welcher der in Frage kommenden Verbindung
angehörte, vorstellen wollte. Oettinger lehnte die Vov-
stellung ab, vielleicht in etwas brüskem Tone, und da-
durch fühlte sich C. in seiner persönlichen Ehre gekränkt.
Es kam zu schriftlichen Auseinandersetzungen, und
schließlich wandte sich C. an den ihm bekannten Rechts-
anwalt Breit, der an und für sich mit der Angelegen-
heit nichts zu thun hatte, er solle versuchen, von Oettinger
eine ihn zufriedenstellende Erklärung zu verlangen.
Rechtsanwalt Breit übernahm den Auftrag, er forderte
den Oettinger ans, die Erklärung zu unterschreiben, die
er ihm anbei einsende. Oettinger lehnte das scharf ab,
und auf einen zweiten Brief Bretts äußerte er sich da-
hin, er halte Bretts Intervention nicht für angebracht.
Er ließ durchblicken, Breit interveniere lediglich des
Honorars wegen, auch soll er ihn einen „Kneifer" ge-
nannt haben. Dann reiste er zu seinem Bruder nach
Plauen im Vogtland. Der Rechtsanwalt Breit ist ihm
nun nachgereist, er begab sich in die Oettinger'sche Woh-
nung, wo er den Studenten noch im Bette liegend an-
tras. Nun hat er den jungen Mann mit einer mitge-

brachten Reitpeitsche traktiert, worauf er sich zum
Bahnhof begeben hat. Oettinger ist ihm dahin gefolgt
nnd es ist im Wartesaal zu einer wüsten Szene gekom-
men, beide haben mit Stock und Schirm aufeinander
eingeschlagen. Die Forderung zum Duell war der
Schluß. Am frühen Morgen des 16. August fand der
Zweikampf im Leutzscher Holze statt. Oettinger erhielt
einen Schuß in die rechte Seite der Brust, das Rück-
grat ist schwer verletzt worden, und Oettinger starb nach
wenigen Stunden im hiesigen Krankenhause, wohin man
ihn transportiert hatte. Dr. Breit stellte sich selbst den
Behörden, ward aber nach Hinterlegung einer Kaution
in Höhe von 10 000 Mk. wieder auf freien Fuß gesetzt.
(Rechtsanwalt Breit wurde wegen Zweikampfs zu 3
Jahren 6 Monaten Festungshaft, wegen
qualifizierten Hausfriedensbruchs Zu 3 Wochen Ge-
fängnis verurteilt, dagegen von der Anklage der
Körperverletzung sreigesprochen.)
— Hannober, 4. Dez. Die hiesige Po stver-
waltung stellte heute einige Hundert Arbeits-
lose an für den Weihnachtsverkehr. Früher wurden
Soldaten eingestellt.

— Zwei glückliche Väter. A.: „Ich Hab' diesen Sommer
wieder eine Tochter unter die Haube bekommen " — B.: „Und
ich Hab' vor vierzehn Tagen einen Sohn unter den Pantoffel
gebracht."
Theater- und Kunstnachrichten.
Heidelberg 6. Dez. Nächsten Sonntag gelangt im Stadt-
thcater als neu einstudierte Oper „Rigo ! etto" von Verdi zur
Aufführung und werden die Hanptpartien gesungen von den
Damen Gordon. Heiland und den Herren Hunyadh, Keller,
 
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