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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 177 - 203 (1. August 1901 - 31. August 1901)
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43. IchMRß. — Lk. 194


Mittwoch, 21. MM IM.

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Der Besuch des Zare« in Paris.
Als die Kunde kam, der russische Kaiser werde mit
dem deutschen in diesen, Jahre Zusammentreffen, da hat
Wohl Mancher sich gefragt: Was sagt und was thut
Frankreich dieser Nachricht gegenüber? Nun, es hat das
Nächstliegende gethan, es hat sich darum bemüht, daß der
Zar auch nach Frankreich komme. Es wäre in der That
auch eigentümlich gewesen, wenn der Zweibundsgenosse
Auen Dreibnndsmonarchen zu??? Manöver besucht, aber
das verbündete Frankreich links liegen gelassen hätte.
Wenn also setzt die französische Regierung durch die
^Agence Havas" mit sichtbarer Befriedigung meldet, daß
der Zar nach Frankreich kommen, dort dem Schluß des
Seemanövers und einer Parade der Landtruppen bei-
wohnen werde, so entspricht das nur dem, was zu erwar>
ten stand. Zumal nach der von Kaiser Wilhelm ver-
anstalteten Geburtstagsfeier des Zaren in Metz, an der
aus seine Einladung die russische Gesandtschaft in Ber-
lin teilnahm, war zu erwarten, daß der Zar Gelegenheit
Nehmen werde, Frankreich seine Freundschaft in irgend
einer Weist: nachdrücktichst zu bekunden.
Rußland steht sich so gut bei der von Frankreich ge-
Inchten Freundschaft mit der Republik, daß es eine
große politische Sünde wäre, wollte es das wenige nicht
thun, was nötig ist, um die Freundschaft im Gange und
me Franzosen bei guter Bündnislaune zu erhalten. Eine
darüber hinansgehende Bedeutung hat der Besuch des
Russischen Kaisers in Frankreich nicht,, wenigstens nicht
w Bezug auf die Stellung der Mächte zu einander. Für
Me innere Politik Frankreichs ist er insofern von Wichtig-
keit, als er die Stellung des Kabinets Waldeck-Rousseau
stärkt. Die Regierung des Zaren hat dieses Ministerium,
das einen Sozialisten in seinen Reihen zählt, ursprüng-
lich nicht freundlich betrachtet. Der russische Botschafter
w Paris und namentlich der russische. Militärbevöllmäch-
Ugte dortselbst zeigten ihre Abneigung gegen dasselbe
Wwerholon. Aber dieses lebenstüchtigste aller Ministe-

rien der Republik, hat sogar die russische Anfeindung
überstanden und genießt jetzt den Vorteil, den Zaren in
Frankreich begrüßen zu dürfen.
Nachstehend einige Pariser Mitteilungen über den
Zarenbesnch:
P a r i s , 20. Ang. Die M anöver, deren Schluß
der Z a r beiwohnen wird, dauern vom 9. bis zun, ist.
September. Es nehmen an ihnen das I., II., VI. und
XX. Armeekorps teil. Die Blätter verzeichnen die Nach-
richt Vvm Aufenthalt des Zaren in Frankreich mit sicht-
licher Genngthunng und richten b e g e i st e r t e W o r t e
der B e g r ü ß n n g an den hohen Gast. Der „M a t i n"
versichert, der Zar werde denselben warmen Empfang,
dieselbe Begeisterung, dieselbe achtungsvolle Herzlichkeit
in Frankreich finden, wie bei den unvergeßlichen Tagen
seines ersten Besuches. Der „Figa r o" sagt, der Zar
werde den Beifall eines großen Volkes finden, bei dem die
Freundschaft für Rußland einen wesentlichen Bestandteil
des Patriotismus sei. Die „Libre Parole" ist
nüchterner. Sie fügt den amtlichen Mitteilungen hinzu:
Es ist zu hoffen, daß dieser zweite Besuch des Zaren mehr
praktische Ergebnisse als der erste, haben wird.
Paris, 20. Ang. Nach einer Darstellung des
„Teinps" habe Präsident Lonbet einer hochgestellten
Persönlichkeit des russischen Hofes, die das Vertrauen
des Zare n genieße, vor fünf Monaten etwa die Frage
vorgelegt, ob der Zar nach dem Wochenbett der Kaiserin
sein Versprechen von Chalons verwirklichen wolle, nach
Frankreich zurückzukommen. Lonbet habe den Herrn
gebeten, in den Zaren zu dringen, den Wunsch Frank-
reichs zu erfüllen. Als der Russe, nach Petersburg
zurückgekehrt, dem Zaren davon gesprochen habe, habe
er eine günstige Antwort erhalten nnd sie Lonbet mitgd-
teilt. Dieser habe dann im Anfang des August den
Zaren, also nachdem schon bekannt war, daß der Zar
Deutschland besuche, durch einen persönlichen
V ries eingeladen, was der Zar bejahend beantwortet
habe. Lonbet habe dann mit den amtierenden Ministern
das Programm entworfen, das gleichfalls die Billigung
des Zaren erhalten habe.
P a r i s, 20. Ang. Das Programm für den Aufent-
halt des russischen Kaiserpaares ist noch un-
vollständig. Es verlautet, daß der Kaiser am 17. Sep-
tember in Dünkirchen eintrifft und wahrscheinlich an
demselben Tage die Flottenschau über das franzö-
sische Nordgeschwadsr abhält. Von Dünkirchen begiebt
er sich nach Compidgne, wo am 19. September die Kai-
serin ebenfalls etntrisft. Beide wohnen sodann der Heer-
schau bei Reims bei, welche den Schluß des großen Ma-
növers im Osten bildet. An diesem nehmen das 1., 2.,
6. und 20. Armeekorps teil.
Pari s, 20. Aug. Wie die „Agentur Havas" mel-
det, verläßt, soweit bisher bekannt, das russische Kaiser-.,
paar Frankreich wieder am 19. September abends oder
spätestens am 20. September. Ein Besuch von Paris
oder von Städten im Zentrum Frankreichs ist nicht
in Aussicht genommen.

Deutsches K e i ch.
— Ten Bert. Blättern zufolge legte der Fürst zu
W i e d die Stelle als P räsident des dents ch e n
Flott e n verei n s nieder und schied gleichzeitig aus
dem Gesamtvorstande aus.

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Kleine Zeimnst.
. — Gumbinnen, 19. Aug. Im Mordprozeß
Krosigk wurde heute auch der Wachtmeister Mar-
Isll, der Vater des Hauptangeklagte?? vernommen.
Wachtmeister Marten, eine hünenhafte Gestalt, ein Mann
53 Jahren, schon ziemlich grau, erklärt als Zeuge
?uf Befragen, daß er von dein Rechte der Zeügnisver-
?eigerung keinen Gebrauch mache. Dann fährt er fort:
M stand zunächst sehr gut mit dem Rittmeister v. Kro-
M- Dieser hat aber schließlich Dinge von mir verlangt,
ich als alter Mann nicht mehr gut anssühren konnte.
JMn bei einem Manöver hat mir der Rittmeister be-
llen, die Leute auf Gütern einzuquartieren. Wegen
Ausführung dieses Befehls hat er mich dann aber
^ versammelten Unteroffizieren getadelt und ich bin
^ tzgx Iwrger in Ohnmacht gefallen und mußte nach
M R?use getragen werden. Danach habe ich noch sieben
" Wochen ini Krankenhaus gelegen und mußte danach ins
gehen. Ais ich zurückgekommen war, habe ich meine
. Ersetzung beantragt. Niemals aber hat mich der Ritt-
6 i^üier etwa beleidigt oder gar beschimpft; und auch nach
v Versetzung hat sich der Rittmeister immer gefreut,
er mich sah. Z. B. hat er nach an Kaisers Ge-
p^tswg zu einem Glase Wein eingeladen. Noch wenige
z^Se vor dem Morde hat er mich ersucht, in die Reitbahn
p, kommen nnd die besten Remontepfsrde auszusuchen.
Weihnachten sagte der Rittmeister: Ihr sohn ist
tüchtig, seine Abteilung ist sehr in Ordnung, deshalb
iwv ich ihm auch mit Vergnügen zwei Tage länger
ih^stub gegeben! Als mein Sohn in Berlin war, Habs ich
^ ^?°rt besucht und gefragt, ob er nicht lieber bei den
> Kulanen kapitulieren wolle. Aber mein Sohn hat

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erwidert: „Thn das doch meinem Rittmeister nicht an;
er hat mich zum Unteroffizier befördert nnd ans die Tö-
legraphenschule geschickt." Danach hätte der angeklagte
Marten keinen Grund gehabt, seinen Rittmeister zu
töten, (lieber das Urteil siehe Neuestes.)
— Ucbcr den beneidenswerten Appetit Eduards VII.
macht der „Figaro" Mitteilungen von kulturhistorischer
Wichtigkeit. Der König ist einer der feinsten „gourmets"
seines Reiches; er hat eine besonders Vorliebe für er-
lesene Gerichte, nnd seine staunenerregende Eßtust ge-
stattete ihm, selbst den reichlichsten „menus" die Spitze
zu bieten. Die berühmten Speisewirtc der Pariser Bou-
levards können davon manches Geschichtchen erzählen.
Seit seinem Regierungsantritt hat König Eduard VII.
seine Mahlzeiten nach einen: originellen Stundenplan
geregelt. Um 9 Uhr morgens serviert man ihm aus
einem runden Tischchen in seinem Arbeitszimmer Eier,
kaltes Fleisch, geröstete Brotschnitten und drei Tassen
Thse. Um zwei Uhr findet das Mittagsfrühstück statt:
drei bis vier Gerichte. Um fünf Uhr (five octock): einige
Tässen Thee mit kleinen Thecknchen. Um 7 Uhr leich-
tes Souper: kaltes Fleisch. Endlich, gegen Mitternacht,
ein „ernstes" sonper: eine ganze Reihe von raffinierten
und echt französischen Gerichten. Der Köniq ist nicht
unempfindlich für sogenannte Zwischengerichte und für
Leckerbissen - im Gegenteil! Die Rolle eines königlichen
.Kunstbäckers ist nicht immer leicht, denn er muß jeden
Tag ans den Tiefen seiner Phantasie ein neues Mehl-
speisen;-, Fruchteis- oder Leckerbissen-Rezept heraufholen.
Das LiebUngsgetrank des Königs ist Champagner. Das
landesübliche „Ale" flößt ihm ein Grauen ein, nnd von
dem „gewöhnlichen" Wein hält er auch nicht viel. Zum
Schlüsse sei noch bemerkt, daß Eduard VII. Kognak in

, — Interessante Mitteilungen über den Transvaal-'
krieg machte nach der „Frkf. Ztg." ein in Marburg
zum Besuche von Verwandten anwesender, in Transvaal
ansässiger Deutscher. Er bemerkte u. A., daß die
über die Grenelthaten der Engländer verbreiteten Nach-
richten der' Wahrheit entsprächen. Es sei aber mit Be-
stimmtheit zu hoffen, daß die Buren den Krieg zu einem
für sie siegreichen Ende führen würden, namentlich nach-
dem die Kapholländer in Hellen Haufen die Reihen der
Buren verstärktet?. Die Proklamation des Generals
Kitchener werde völlig wirkungslos bleiben. Neu war
die Mitteilung, daß zahlreiche Kolonialtrnppen,
die England nach Südafrika geschickt habe, dort zu den
Buren überge gangen seien. (Dies wird
jetzt übrigens auch von den Engländer?? eingeräumt.)
Der Gewährsmann bat, seinen Namen und die Art seines
Geschäftes zu verschweigen, falls seine Aeußerungen in
die Presse lanziert würden, denn die Engländer hätten
auf dem Kontinent ein ausgedehntes Spionage-
System eingerichtet und selbst die kleinsten Notizen
in de?? deutsche?? rc. Lokalblättern, die irgendwelche Auf-
schlüsse gäben, gelangten unter Umständen in die Hände
der englischen Verwaltung in Pretoria, um eventuelle
Maßregelungen vorznnehmen. Würde also dorten be-
kannt, daß seine Aeußerungen über England etwa feind-
selig seien, so könne es leicht sein, daß man einfach sein
Vermögen konfisziere.
Bremerhaven, 20. Aug. Vormittags 7 Uhr
landete der Dampfer „Straßburg" den Stab' und
zwei Bataillone des 3. ostasiatischen Infanterie-Regi-
ments, die leichte Feldhaubitze?r-M??nitio??skolon??e und
den größte?? Teil der 6. Feldbatterie ohne Geschütze, zu^
sammen 21 Offiziere und 803 Mann, die um 12^ Uhr
nach Münster weiterfuhren.
Baden.
80 Stockach, 20. Aug. Die Handvoll hiesiger
Demokraten leidet stark an Größenwahn: die
Herren sollen sich ernstlich mit dein Gedanken tragen,
im Wahlbezirk Meßkirchj-Stockach einen eigenen
Kandidaten anfznstellen, für de??, wenn es dazu käme,
noch nicht ein einziger Wahlmann aufgebracht würde,
da das Zentrum de?? hochtrabenden Demokraten bereits
mit dem Zaunpfahl abgewinkt hat. Es will ja selber
endlich einmal in diesem Bezirk siege?? und da kann es
die Großmanns-Sucht der Demokraten nicht brauchen.
-— Wen?? es zutrifst, was über die O sfenburger
Konferenz des Zentrums verlautet, so haben
dort Geistliche der Fabrikdörfer rnit großer Entschieden-
heit dagegen Verwahrung eingelegt, daß das Zentrum
die Soz.-Dem. auch nur indirekt begünstigen dürfe, da
die Pfarrkinder sonst irre werden und Gefahr laufen,
die Achtung vor der Autorität ihrer Seelsorger zu ver-
lieren.
* Im „Beob." ergreift nach langem Schweigen Herr
Wacker das Wort, um sich über die Karlsruher
Landtagswahl auszusprcchen. Er verwirft rundweg
jede Unterstützung nationalliberaler Kandidaturen. Nur
wenn dis Nationalliberalen nichtnationalliberale Kandida-
turen aufgestellt und sich damit begnügt hätten, daß eine
sozialdemokratische Vertretung ferngehalten wird, wäre es
denkbar und möglich erschienen, sich mit dem Zentrum zu-
sammenzufinden. Demgegenüber sei bemerkt, daß mehrere
Zentrumsblätter sich entschieden gegen Mischmaschkandida-

seinen Kaffee gießt, und daß er dieselben „Importen"
raucht, wie sei?? kaiserlicher Nesse Wilhelm II.
— Eine gelungene Festrede anläßlich des ersten
Spatenstichs zu einem Tunnelbau wird aus Ardning in
Körnte?? „Stangens Berkehrsztg." berichtet. Dort wird
eben zur Bohrung eines Tunnels durch den Bosruch ge-
schritten nnd bei dem einleitenden Fest sprach der Ge-
me???devorsteher von Windisch-Garsten als Prolog:
„Bosrnck, lei g'scheidt, geh', mach' uns die Freud', laß
o?ch anbohr'n schön g'schwind von vorn' nnd hint', denn
dre Bahn ist kein Wahl?; sie thut uns so not wie das täg-
liche Brot!"
— Engen Richters Braut. Die „Hagener Ztg.", die
zuerst Mitteilen konnte, daß sich der Abg. Eugen Richter
?n?t Fra?? Elise Parisins demnächst vermählen werde,
schreibt jetzt weiter: Frau Parisins ist die Tochter des
gerichtliche?? Bücherrevisors Bierstedt. In? Jahre 1843
zu Berlin geboren, heiratete sie 1862 den Landtagsabge-
ordneten nnd Kreisrichter Ludolf Parisins. Aus dieser
vor I14 Jahre?? durch den Tod getrennten 37jährigen
Ehe si??d drei Söhne entsprossen. Ter älteste ist Vor-
standsmitglied der Polksbank in Kreuznach, der zweite
ist gestorben, der dritte ist in der deutsche?? Genossen-
schaftsbank angestellt. Der Abg. Eugen Richter ist mit
der Familie sei? mehr als 30 Jahren eng befreundet.
Fra?? Parisins. die stets an allen politischen Zeitfragen
lebhaften Anteil genommen, ist eine in parlamentarischen
Kreisen der Freisinnigen Volkspartei nicht unbekannte
Dame. _

— Der Philosoph im Wirtshaus. „Kellner! Sie soll-
ten doch niit der Kürze unseres irdische:? Daseins rechnen
und etwas rascher servicrenN (Fl. Bl.)
 
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