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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 203 (1. August 1901 - 31. August 1901)
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43. IMMW. — 182

S

Mittwoch, 7. AiWst 1801.

Erste» Blatt.



'^chiiut täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg, in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 4V Pfg. Durch die Post be»
» zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
"ieig enpr eiS: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und .Privatanzeigen ermäßigt. — Anschlag der Inserate auf den Plakattafeln
der Heidelberger Zeitung und dm Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Hum Hinscheiden der Kaiserin Friedrich«
Eine Sonderausgabe des „Reichsanzeigers" der
^Mlicht eine Kabinetsordre des Kaisers an das preuß.
j^Äsministeriuin, wonach nach Bekanntgabe des Hin-
j^wens der Kaiserin Friedrich bestimmt wird, daß mit
^ 6. August sür Preußen eine sechswöchige
e s t r a n e r eintritt. Oefsentliche Musik, Lust
Seiten, Tanz und Schauspielvorstellungen sind bis
Abläufe des Tages der Beisetzungsfeier einzustellen.
^ . ön Sachsen und in Koburg ist- eine sechswöchige
grauer angeordnet, in Württemberg eine vierwöchige.
H.Prinz Heinrich wird vom nächsten französischen
' aus mit der Bahn nach Deutschland zurückkehren.
Zahlreiche Beileidstelegramme sind in
"würg beim Kaiserpaar eingetroffen.
^ Eie französischen Blätter besprechen den Heim-
M der Kaiserin mit herzlicher Teilnahme. Sie ver-
dabei besonders bei ihrem Familienglück, ihrer
t/Mng zu Bismarck und ihrer Haltung im Jahre 1870,
ij^hrem Besuche in Paris 1891 und bei ihrem Verhält-
Mu ihrem Sohne, dem Kaiser Wilhelm. Der
1 weint, die Geschichte werde der Kaiserin sich
> milde zu erweisen brauchen. Neben der Hoch-
E'Ug müsse man Mitleid mit ihr empfinden, denn sie
viel gelitten. Als Koburgerin mit einem hart-
^?8en Stolz, als Hannoveraneriu mit politischem
ausgestattet gewesen, habe sie an dieser doppel-
^c'Ztgifl leiden müssen, sie sei grausam getroffen
>i M in ihrem Frauenstolz, ihrer Fürstenwürde und
>k,,Mer Mutterliebe. Platt müsse sie mild beurteilen,
- ^ das Schicksal sei sür sie unendlich hart gewesen.
^ 'hMe Londoner Blätter, welche die Todesnachricht
Merscheinen mit Trauerrand und geben ihrer Teil-
in spaltenlangeit Nachrufen und Leitartikeln den
^Men Ausdruck. Die dahingeschiedene Kaiserin war
^ V^rn Vaterlande nicht tiur als das älteste Kind der
/ j°ll° gegangenen Königin, sondenr auch als charakter-
geistig hochbegabte Frau eine unter ihren Ge-
!t»hwern besonders bevorzugte Persönlichkeit. Ihre
si^'en Lebensschicksale hatten ihr dann noch in beson-
Grade die teilnehmenden Herzen zitgewandt, und
uw die Kaiserin äußert sich dort bei hoch und
^ M außergewöhnlich herzlicher Weise.



Hnr Heimkehr des Grafen Waldersee.
^Mte Mittwoch betritt Graf Waldersee, aus
zurückkehrend, den deutschen Boden; am Donners-
Rawdet in Hamburg die feierliche Begrüßung des Feld-
ItzEPalls statt, der beizuwohnen der Kaiser sich nicht
Ä,,Lehmen lassen, wenn ihn nicht die leider betrübende
^ sm Befinden feiner Mutter, der Kaiserin Fried-
ck'M deren Krankenbett gerufen hätte, so daß der Kai-
Kronprinzett mit seiner Vertretung in Hamburg
, ^Kgte, die nun auch nicht ausführbar ist.
N^^^'ude ein Jahr ist vergangen, seit die Be-
legung des Grasen Waldersee mit dem Oberbefehl
,^Aua bekannt wurde, sine Nachricht, die damals wie
Ileberraschung wirkte. Am 14. August
^ wenige Tage nach seiner Beauftragung mit
Mi^derbefehl, trat Graf Waldersee die Ausreise nach
jlM' er jetzt nach fast Jahresfrist in trotz seiner
^5ore unerschütterter Gesundheit und, nachdem er

salzburger Musikfeft.
I.

Salzburg, 6. Aug.
Als die iifternalionalc Stistuug „Mozarteum"
bekanut gab, daß sie zur Erinnerung an die
bPwe abgehaltene Mozart-Zentennarfeier in
. vom 5.—9. August abermals ein Musikfest
^ H^chAen werde, stand es bei mir als dem damaligen
" der stattlichen Hozartgemeinde K. einem be-
^ Verehrer des großen Genius sofort fest, daß
«^in^-ier antvohnen werde, zumal es in Salzburg,
Vesten Stadt Deutschlands, gefeiert werde sollte,
gilt das Sprüchlein:

-

^ Salzburg, aber da Jupiter Pluvius in den
Vollen sein'Möglichstes geleistet, so ist zu hoffen,

„Heidelberg Du schöne Stadt,
Wenn es ausgeregnet hat."

» ,^^-.Festesstimmungen so sehr störender grauer
bch über der Feststadt wölben werde.
M Megs nahm ich kurzen Aufenthalt in dem immer
Gehenden München, den ich vor

lk>, o^yenoen wcuncyen, oen :a; vorzugsweise zur
^ im vorigen Spätherbste eröffneten neuen
'! iAx,Z"Ustums, das seine Schätze nunmehr in weit
m?Em und künstlerischem Rahmen bietet, als
Mw. " Gebäude, sowie des in kurzem mit seinen
Me "8en " ' " ' " ' "


beginnenden Prinz-iRegenten-Theaters
o in Salzburg angelangt, bezog ich
Ntte ^Erweise vorausbestelltes Quartier, denn
,^tadt, welche in dieser Jahreszeit ohnedies
"Mliostr Reisenden bildet, scheint infolge des

manchen schweren Gefahren, wir erinnern nur an den
Brand des Kaiserpalastes in Peking, glücklich bestanden
hat, zur deutschen Heimaterde zurückkehrt.
Als Graf Waldersee den Oberbefehl übernahm und
nach China ging, sah es drüben schlimm aus, weniger mi-
litärisch als diplomatisch. Die militärische Situation
hatte sich nachdem der erste Ansturm der Chinesen von
den damals noch außerordentlich schwachen Kontingenten
der vereinigten Truppen glücklich abgeschlagen worden
war, bereits verbessert, aber diplomatisch war die Si-
tuation geradezu verzweifelt. Als ein weit schlimmerer
Feind denn die zum Kriegshandwerk wenig geeigneten
Chinesen erwies sich die Uneinigkeit und die Eifersucht
der Mächte untereinander, die jedes wirksame Vorgehen
verhinderte und aus dem Krieg gegen die aufständischen
Chinesen ein allgemeines Tohuwabohu, einen Krieg
aller gegen alle zu machen drohte.
In einem solchen heiklen Moment nahm Graf
Walderseee das schwere und undankbare Amt auf sich,
den Oberbefehl über ein Heer zu übernehmen, welches
des inneren Zusammenhanges, der Einheitlichkeit und
der Einigkeit entbehrte. Zur Lösung dieser Aufgabe
bedurfte es eines Feldherrn und eines Diplomaten. Wäre
der Oberbefehl in Anbetracht der schwierigen Situation
einem Diplomaten übertragen worden, so hätten die
militärischen Aufgaben in China scheitern können. Wäre
aber der Oberbefehl einen: Feldherrn übertragen worden,
so stand, was noch schlimmer war, zu befürchten, daß das
ohnehin wackelige Einvernehmen der Mächte völlig in
die Brüche gehen würde. In Waldersee fand sich ein
Mann, der die Begabung des Feldherrn und des Di-
plomaten in seiner Person vereinigte und der dazu —
hatte ihn doch der größte der Strategen Moltkc selbst
zu seinem Nachfolger designiert — über eine militärische
Autorität verfügte, die ihm seine schwierige Stellung
wesentlich erleichterte.
Wenn sich hie und da eine starke Enttäuschung über
den Ausgang der Chinaaffaire geltend macht, so liegt
das daran, daß man ihr von diesen Seiten mit durchaus
überschwänglichen Hoffnungen entgegengesehen hat. An-
gesichts der Interessengegensätze zwischen den Mächten,
die eben weit stärker wirkten als das gemeinsame Ziel,
welches in China erstrebt werden sollte, war günstigsten
Falles kaum mehr zu erreichen, als erreicht wurde.
Der Aufstand der Chinesen ist niedergeschlagen wor-
den, die Ruhe ist, soweit möglich, wieder hergestellt,
China hat sich zur Zahlung einer Kriegsentschädigung
verpflichten müssen, wenn auch zwischen der Verpflichtung
und dem Zahlen noch ein weiter Weg liegt und endlich
ist eine Anzahl Schuldiger bestraft worden, wenn freilich
auch eine Anzahl Hauptschuldiger frei ausgegangen ist.
Mehr ist angesichts der Verhältnisse, mit denen eben ge-
rechnet werden mußte, nicht zu erreichen gewesen, wenn
man nicht das ganze chinesische Riesenreich in Kriegs-
zustand bringen und noch dazu einen schweren Konflikt
zwischen den an der Chinasache beteiligten Mächten her-
bsiführen wollte.
Es ist also erreicht worden, was zu erreichen war,
und daran, daß dies geschehen, gebührt ein hervorragen-
des Verdienst der militärischen und vor allein der diplo-
matischen Thätigkeit des GrafenWaldersee. Es ist einiger-
maßen bekannt geworden, in wie zahlreichen Fällen er
Reibereien zwischen den verschiedenen Kontingenten zu
verhindern und ausgebrochene Streitigkeiten zu schlichten

Festes fast überfüllt mit Fremden zu sein. Viele Häuser
haben bereits Flaggenschmuck in den österreichischen und
tiroler Farben angelegt, auch das Denkmal des Meisters
auf dem Mozartplatze zeigt sich in einen Wald von
Bäumen, Blattpflanzen und Guirlanden gehüllt; zu
Füßen des Denkmals liegen Kränze, auf deren Schleifen
in a. Widmungen des Mozarteums und der Wiener
Philharmoniker zn lesen sind.
Die Muße des heutigen Nachmittags verwendete ich
mit vielen anderen zn einem Aufstiege zu der die Spitze
des Mönchberges krönenden alten Festung Hohen-Salz-
burg, von deren Aussichtsturm sich trotz aufsteigender
Wolken eine entzückende Aussicht umfassendster Art bot.
Auf dem Rückwege am ältesten Friedhofe der Stadt,
St. Peter, voriiberkommeind, stattete ich diesem mit
seinen bis ins 16. Jahrhundert zurückgehenden ^Grab-
steinen kurzen Bestich ab und trat in die zopfige Stifts-
kirche St. Peter ein, in welcher sich das Grabdenkmal
Michael Haydn's befindet. Es ist merkwürdig, wie dieser
fruchtbare Komponist bis auf ein einziges Werk, sein viel
gesungenes „Tenebrae factae sunt", völlig verschollen ist,
und doch war er der Begründer des heutzutage einen so
übermäßig breiten Raum einnehmenden vierstinunigen
Männergesangs, was kann: einem unter den zahllosen
Männergesangvereinen bekannt sein dürfte. Das Denk-
mal deutet dieses Verdienst in geschmackloser Weise da-
durch an, daß auf demselben u. a. ein entsprechsndesvGe-
sangvereinsheft in Stein gehauen liegt! M. Haydn's
bis vor kurzem sorgfältig erhaltenes, neben dem Fried-
hof gelegenes stilles Wohnhaus ist nun abgerissen und an
seine Stelle das Stationsgebäude der zur Festung führen-
den Drahtseilbahn getreten. „Sic trnnsit gloria mmidi!"

verstanden hat. Erst in der Folgezeit wird es völlig klar
werden, ein wie hervorragendes Verdienst' dem
Grafen Waldersee daran gebührt, wenn der in-
ternationale China-Feldzug ohne ernstliche und folgen-
schwere Konflikte ausgegangen ist.
Daß Graf Waldersee sich einer so schwierigen Auf-
gabe, wie sie ihm in China gestellt wurde, in dem hohen
Alter von 68 Jahren unterzog, ist ein Verdienst, dem alle
Anerkennung zukommt. Graf Waldersee und die deut-
schen Truppen haben dem deutschen Namen Ehre ge-
macht und nicht nur den Chinesen Achtung vor der deut-
schen Kriegstüchtigkeit eingeflößt! Graf Waldersee
kehrt aus China zurück als ein Mann, der sich um sein
Vaterland wohl verdient geinacht hat.

Deutsches Reich.
— Zum Empfang des Grafen Waldersee können
wegen Ablebens der Kaiserin Friedrich weder der Kron-
prinz noch der Reichskanzler nach Hamburg gehen.
— Tie „Köln. Volksztg." hatte eine Reihe von Na-
men adeliger Unterzeichneter veröffentlicht, die der vom
Jnfanten Don Alfons entworfenen Erklärung gegen den
Zweikampf zu Händen des Fürsten Karl zu Löwensiein
zustimmten. Das Blatt gibt nun abermals eine Liste
von 250 Unterzeichneten aus den Kreisen der Juristen
und Aerzte. Man findet darin die Namen folgender
Personen aus Baden: Rechtsanwalt Eckert-Baden-Baden,
AmtsrichterBüchner-Emmendingen, Landgerichtsrat Gut-
Waldshut, Rechtspraktikant Birken mayer- und Rechts-
anwalt Rouf-Freiburg i. Br., Amtsgerichtsdirektor I.
Gießler-Mannheim, die Aerzte Dr. Forster-Ueberlingen-
Dr. Fischer jr.-Heidelberg, Dr. Blum-Markdorf, Dr.
Sutterer-Mannheim. Im Anschlüsse an diese Liste schreibt
Fürst Löwenstein: „Bisher haben die Erklärung unter-
zeichnet 111 Adelige und 536 andere, fast ausschließlich
den akademisch gebildeten Ständen angshörend. Es
lausen noch täglich Zustimmungen ein.
— Zu der Nachricht, daß die russische Regierung
die Prensicngiingerei verbieten wolle, bemerkt
die „Natlib. Korresp.": Ob diese Meldung sich bestätigt
oder schon in Ausführung begriffen ist, wissen wir nicht.
Wir können nur feststellen, daß eine solche Maßnahme
schon von langer Hand her vom russischen Finanzminister
Witte geplant war. Zu diesem Zweck hat er durch
Agenten ausführliche Statistiken über das Wesen und den
Umfang der „Preußengängerei" d. h. der zeitweiligen
Auswanderung russischer Arbeiter nach Preußen, vorneh-
men und genaue Erhebungen über die von den Preußi-
schen Gutsbesitzern bezahlten Löhne, über die Ver-
pflegung n. s. w. anstellen lassen. Diese statistischen
Erhebungen sollen veröffentlicht werden, wenn dies nicht
bereits geschehen ist. Man berechnet die Zahl der rus-
sischen Saison-Arbeiter, die jährlich nach Deutschland
gezogen werden, auf 150 000. Dieser großen Zahl von
russischen Arbeitern würde allerdings durch die drohende
Maßnahme des Finanzministers Witte ein' lohnender
Verdienst entzogen werden-sie müßte hungern.
Aber auch die deutsche Landwirtschaft würde einen Er-
satz für die „Preußengänger" schwer beschaffen können.
— Zur Duisburger Wahl konstatiert das Zentral-
orgau der Sozialdemokratie, der „Vorwärts", daß der
von der sozialdemokratischen Parteileitung ausgegebenen
Wahlparole auf Stimmenthaltung „fast ausnahmslos"

Morgen früh beginnt das Fest mit dem ersten Kon-
zert, dessen vollständiges Programm ich unglaublicher-
weise bis jetzt nicht erfahren konnte.

Kleine Zeitung.
. , 7Q Weißruburg, 4. Aug. Eine allerliebste Geschichte
hat sich, wie dem „Elsässer" von hier berichtet wurde, in
einem benachbarten Reborte zugetragen. Dort ist
hllEs mit dem Spritzen und Schwefeln der Reben
beschäftigt und kaum ist von etwas anderein die Rede.
L.er Lehrer nahm nun dieser Tage mit den kleinen
Ä-B-C-Schützen die biblische Geschichte durch und erläu-
terte in eingehender Weise, wie sich Adam im Paradiese
mit dem Bebauen des schönen Gartens ernstlich be-
schäftigte. Er hatte seine Sache sehr gut gemacht, denn
als er an die Kleinen die Wiederholungsfrage richtete,
was Adam im Paradiese getrieben habe, da antwortete
einer der Knirpse, der Sohn des Wingertmannes: „Ec
schwefelte und spritzte die Reben!"
— Der 21. Deutsche Protcstantcntag findet am
3., 4. und 6. September 1901 in Kaiserslautern statt.
— Eine allgemeine Ausstellung für Kochkunst,
Nahrungs- und Genußmittel, Armeeverpflegung, Ge-
sundheitspflege, Volkscrnährung, Brauerei- und Wirt-
schaftswesen rc. findet in der Zeit vom 21. bis 30. Sep-
tember in Würzburg in der ca. 2500 Ouatr.-Meter
großen städtischen Ludwigshalle — veranstaltet von der
Gastwirts-Innung Zn Würzburg — statt. Die Aus-
stellung steht unter hohem Protektorat und Ehren-
Komitee und dem Schutze der städtischen Behörden. Eine
große Anzahl von Ehrenpreisen und Medaillen steht den
 
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