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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 204 - 228 (2. September 1901 - 30. September 1901)
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Dienstag, 3. September Ml. Wrstes Blatt.

43. Jahrgang. — Ir. 265.


Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familievblättern monatlich 50 Pfg. in'S Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 2V Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebencn Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Inserate auf den Plakattafelv der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

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Entschließen Sie sich zu einem
Probe-Bezug

der

Heidelberger
Zeitung
für den Monat September
und Sie werden diese reichhaltige, billige Zeitung
für die Zukunft nicht mehr entbehren wollen.
Unsere Träger und Zweigstellen sowie alle Post-
anstalten und Briefträger nehmen Bestellungen
entgegen.

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Die Sühnegesandtschaft ist weitergereist.
Die „Times" meint — und sie hat nicht unrecht —
daß in der Stadt, in welcher Voltaire der Gast Friedrichs
des Großen war, ein Kotau zum mindesten miß-
v e r st a n d e n werden könnte, doch sym-
pathisiere sie ganz mit dem Empfinden des deutschen
Volkes, daß der chinesische Gesandte fühlen sollte, daß
seine Mission den Charakter einer Sühne trägt. Die
Meldung, daß der Gesandte im Palaste des größten der
preußischen Könige wohnen und mit allen seiner Geburt
zukommenden Ehren empfangen werden soll, sei kaum
weniger erstaunlich als die Meldung, daß sein Gefolge
eine Zeremonie vollsühren solle, welche die europäischen
Gesandten in China schon vor hundert Jahren verweigert
haben. Doch sollte die chinesische Regierung die Ernie-
drigung fühlen, die sie über sich gebracht hat; sie muß
anerkennen, daß Ketteler das Opfer eines Mordes war,
und sie muß für den Mord in deutlichen Ausdrücken
um Verzeihung bitten.
Inzwischen ist schon gestern von Berlin aus angedeu-
tet worden, daß man dort auf dem Kotau nicht bestehen,
sondern mit einer milderen Form der Respekts-
Lezeugung sich begnügen wolle. Die Sühnegesandtschaft
ist von dem Entgegenkommen der deutschen Regierung
in Kenntnis gesetzt worden. Im Anschluß daran meldet
ein Telegramm aus Berlin, 2. Sept.: Hier ist eine
Depesche eingelaufen, wonach Prinz Tschun für
die kaiserliche Entscheidung seinen Dank ausspricht
und anzeigt, daß er heute Abend 11 Uhr nach Berlin
abreisen wird. Hiermit ist der chinesische Zwischenfall
erledigt, und das in einer Weise, welche die chinesische
Empfindlichkeit, soweit ihr aus chinesischen Gebräuchen
eine innere Berechtigung allenfalls zuerkannt werden
könnte, schont, zugleich aber dem Charakter der Sühne-
reise keinen Abtrag thut. Wie wir hören, wird der Kai-
ser den Prinzen in Potsdam allein empfangen,
wählend das Gefolge der Audienz nicht beiwohnt.

Ein Telegramm aus Basel, 2. September, kündet
an, daß die Abreise der Chinesen bevorstehe. Es lautet
Die badische, Bahnverwaltung hat auf heute Abend
11 Uhr 5 Minuten die Abfahrt des Extrazuges der
chinesischen Sühne Mission angesetzt und an
das Fahrpersonal einen besonderen Fahrplan ausgegg
ben. Der Zug ist schon bereitgestellt und die Lokomotive
geheizt. In dem Hotel zu den „Drei Königen" rührt
sich noch nichts. Es ist dort noch keinerlei Gepäck reise-
fertig gemacht. In eingeweihten Kreisen will man wis-
sen, daß trotz aller Anordnungen die Abreise heute doch
nicht stattfinden werde.
Die eingeweihten Kreise, die eine weitere Verzögerung
der Abreise voraussagten, haben sich geirrt. Die Gesandt-
schaft ist abgereist. Heute Nacht hat sie Heidelberg
Passiert.
Wir haben gestern schon ausgesührt, daß das Behar-
ren des auswärtigen Amtes auf dem Katarr dem Empfin-
den des Volkes nicht recht entsprochen hätte. So ist es
zu begrüßen, daß die Regierung durch angemessenes
Entgegenkommen, die Weiterreise der Sühnegesandt-
schaff veranlaßt hat.

Deutsches Reich.
— Die konservative „Kreuzzeitung" schreibt: Die
Entvölkerung des Platten Landes und die Zunahme der
Großstädte sind so bedenkliche Erscheinungen, daß man
nicht zögern darf, um sie zu beseitigen, selbst die Frei-
zügigkeit anzutastcir. Ist man dahin gekommen, die
inneren Wanderungen so zu lenken, wie sie den Interes-
sen des Staates und der Gesamtheit entsprechen, dann
wird man leichter auch die.internationale Wanderung,
die fremde Zuwanderung, der notwendigen Regelung
unterziehen können ... — Im Ernste ist doch nicht
daran zu denken, daß die Freizügigkeit jemals wieder
aufgehoben werden könnte.
— Von offiziöser Seite wird im Hinblick auf die
ungünstige Finanzlage des Reiches wiederholt betont,
welche wichtige Rolle die Frage der Deckung der im kom-
menden Etat erscheinenden Mehrausgaben spiele. Neben
der Erhöhung des Reichszuschusses für die Jnvaliditäts-
und Altersversicherung, die diesmal 2 bis 4 Millionen
Mark betragen wird, der Erhöhung des allgemeinen
Pensionsfonds und der Mehranforderungen für Heer
und Marine, werden diesmal auch die Kosten für die
Versorgung der Kriegsinvaliden und deren Hinterblie-
benen, worüber ein Gesetz vom Reichstage allgemein ge-
wünscht und in der vorigen Session auch angenommen
wurde, in der Höhe von 14 bis 16 Millionen Mark zu
decken sein.
— In der „Frkf. Ztg." eröffnet der bekannte Na-
tionalökonom Dr. Schäffle eine Artikelreihe unter
dem Titel: „Ein Votum gegen den Zolltarifentwurf".
— lieber die Handelsvertragsverhandlungen mit
Oesterreich-Ungarn teilt die „Kreuzztg." mit, daß Oester-
reich-Ungarn eine Ermäßigung der neuen deutschen Zölle
auf Gerste, Fleisch, Malz und Holz gegen entsprechende
Zugeständnisse verlangen wird. Nur auf dieser Grund-
age sei der Abschluß eines Handelsvertrags zwischen
Deutschland und Oesterreich-Ungarn möglich, wenn die
Leiden Reiche es nicht vorziehen sollten, vorläufig an einer
autonomen Handelspolitik festzuhalten.
— Auf Samva ist durch einen Erlaß des Gouver-

neurs allgemein an Stelle der bisherigen Dollar-Rech-
nung die M a r k-R echnung eingeführt worden.
Neuwied, 2. Sept. Bei der im Wahlkreis Neu-«
wied-Altenkirchen am Samstag vorgenommenen Rcichs-
tagscrsatzwahl erhielt der „Neuwieder Ztg." zufolge,
KruPP^Engers (Zentr.) 8 063, Osthaus '(natlib.)
6 934 und Erdmarin (Soz.) 119 Stimmen. Der Kreis
war vordem von dem inzwischen verstorbenen Zentrums-
ungehörigen Bender vertreten.
Norderney, 2. Sept. Der Reichskanzler ist
aus Berlin hierher zurückgekehrt und wird sich von hier
zur Kaiserbegegnung nach Danzig begeben.
Baden.
LTP F u r t w a n g e n, 1. Sept. Dieser Tage fand
im Ca sä Pfaff in Triberg eine Versammlung der Zen-
tr u m s p a r t e i des Wahlkreises statt, in welcher be-
schlossen wurde, den bisherigen Abgeordneten Herrn
Kaufmann Herth hier wieder als Kandidaten aufzu-
stellen. Derselbe nahm die Kandidatur an.
Lids. Karlsruhe, 1. sept. Für den Wahlbe-
zirk Donaueschingen hat Herr Hofapatheker Julius Kirs-
ner die liberale Kandidatur angenommen.
86 Karlsruhes. Sept. (Zur Wahlbewegung.)
Der natlib. Kandidat für den Bezirk Engen-Stockach,
Landgerichtsrat Dr. Ottendörfer steht laut „Heg.
Erz." in der Ordensfrage gallz auf dem gleichen Stand-
punkt wie der seitherige Abg. Müller, d. h. er hat gegen
die Zulassung einiger Männerklöster nichts einzuwenden.
80 Karlsruhe, 2. Sept. Gestern fand in
Untergrombach eine Zentrumswahlversammlung statt,
in der beschlossen wurde, in den ganz kathol. Orten desl
Wahlbezirks Durlach-Land Zent ruinsmän-
ner aufzustellen; in gemischten Gemeinden sollen ge-
mischte Wahlmännervorschläge gemacht werden. Bei der
Wahl werden die Wahlmänner des Zentrums für den
demokratischen Kandidaten Vorderer stimmen. — Eine
Vertrauensmännerversammlung der Zentrums-
partei aus dem Wahlbezirk Walldürn-Wer t-
h e i m stellte als Kandidaten den Notar Merklingen
in Taüherbischofsheim auf. Für den Wahlbezirk Offen-
burg-Stadt wird wiederum Rechtsanwalt Muser
(dem.) kandidieren. Die Zentrumspartsi wird diese
Kandidatur unterstützen.
80 Karls r uhe, 2. Sept. Auf Schloß
aldleinrngen bei Amorbach ist die Prinzessin
AIberta zu Leiningen infolge eines Herzschlags
im Alter von 38 Jahren gestorben. Durch diesen
Todesfall ist auch die Großherzogliche Familie in tiefes
Leid versetzt worden, denn die Mutter der Verstorbenen
war eine Schwester des Großherzogs.
K a r l s r u h e, ^31. Aug. Das Ministerium des
Innern hat, der „Südd. Reichskorresp." zufolge, an
die Verwaltungen der sechs größeren Städte des Groh-
herzogtums dis Anfrage gerichtet, wie es nach den Ver-
hältnissen des Landes mit dem Bedürfnis nach einer
siir Minderbemittelte und Unbemittelte
hestimmten Heilstätte für Nervenkranke be-
tellt sei. Es handelt sich hier um die Vorbereitung eines
weiteren, wichtigen Schrittes auf dem Gebiete der sozia-
len Krankenfürsorge. Daß die Neurasthenie sich nicht auf
die wohlhabenden Klassen beschränkt, wenn auch ihre
schwersten Formen vorzugsweise dort vertreten seim
mögen, ist jedem Arzt bekannt und allen Eifers erscheint
die Untersuchung der Frage wert, ob und was auf diesem

Kleine Zeitung.
80 Lannhcim, 2. Sept. Der 46 Jahre alte Metz-
germeister Welker in Ludwigshafen durchschnitt sich
mit einem Schinkenmesser den Hals bis zur Wirbel-
säule. Die grausige That verübte Welker nach einem
kurz vorausgegangenen Wortwechsel mit seiner Frau in
seiner Wohnnng. Der Tod trat sofort ein.
— Frankfurt a. M-, 2. Sept. Die Abendblätter
melden: Am Samstag Nachmittag ist der Kassiere r
Wen dl and von der Firma Grünewald mit 16000
Mk., die er bei zwei hiesigen Bankhäusern eintragen lassen
sollte, flüchtig geworden.
— ^Leipzig. Der 13. Verbandstag des Deut-
sch e n s e i l e r- und Reepschläger verbau des
findet vom 9. bis 11. September d. I. in Leipzig statt.
Ten Bericht über die Thätigkeit des Vorstandes seit dem
letzten, im Jahre 1899 in Bremen abgehaltsnen Ver-
bandstage wird Herr A. Dietrich-Eberswalde erstatten.
Auf der Tagesordnung steht u. a. ein Bericht über die
oran im Entstehen begriffene Fachschule für Seiler,

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über die Bewilligung von Stipendien u. s. w. Die voll-
ständige Tagesordnung enthält die letzte Ausgabe der
„Deutschen Seilcrzeitung" (Berg u. Schoch, Berlin O.,
Schillingstraße 30). Voraussichtlich wird der Verbands-
tag diesmal sehr zahlreich besucht. Die Leipziger Kollegen
bieten alles auf, den Gästen den Aufenthalt möglichst
angenehm zu gestalten. In Aussicht genommen ist unter
anderem, das Reichsgericht und das Grassimuseum zu
besuchen, letzteres vor allen: wegen der dort ausgestell-
ten chinesischen und japanischen Netze.
— Aus Kassel wird der „Frkf. Ztg." gemeldet:

Prinzessin Marie R e u ß, geborene Prinzessin von H o-
henloh e°O e h r i n g e n, ist hier in feierlicher Form
zun: Protestantismus übergetreten. Die Familie Hohen-
lohe-Oehringen ist zwar an sich lutherisch, aber der ge-
genwärtige Fürst Christian Kraft, Herzog von Ujest,
ist mit einer Katholikin, einer geborenen Prinzessin Für-
stenberg, vermählt. Infolgedessen wurden von den sie-
ben Kindern aus dieser Ehe die drei Töchter katholisch
und die vier Söhne protestantisch erzogen. Die älteste
Tochter, Prinzessin Marie (gehören 1849), hatte sich
1877 mit dem Prinzen Heinrich HX- Reuß, Preußi-
schen Divisionsgeneral in Metz, vermählt, der, wie alle
Mitglieder seines Hanfes, Protestantisch ist. Nach 24-
jähriger Ehe hat sich nun Prinzessin Marie in: 63. Le-
bensjahre entschlossen, auch protestantisch zu werden.
Mit der Prinzessin trat ihre Hofdame vom Katholi-
zismus zum Protestantismus über.
— Bern, 2. Sept. Heute Vormittag 11 Uhr ent-
gleiste bei Neuenburg der direkte Schnellzug Basel-Lau-
sanne infolge zu früher Weichenumstellung. A ch t
Person e n wurden verletzt, darunter drei schwer.
— Ansstellung Düsseldorf 1903. Im Jahre 1880
fand in Düsseldorf eine Ausstellung statt, die mit glän-
zendem moralischen und finanziellen Erfolg abschloß.
In dem nächsten Jahre nun soll in der Kunst- und Gar-
tenstadt, die zugleich eine Stadt heiterer Lebensfreude ist,
abermals eine deutsche Ausstellung stattfinden und zwar
in einem der heutigen Zeit entsprechenden vergrößerten
Maßstabe. Eine von der Ausstellungsleitung soeben her-
ausgegebene, reich illustrierte Broschüre gieht Auskunft
über das Unternehmen sowohl in sachlicher Beziehung,
wie in Bezug auf die Personen, die vornehmlich es vor-

bereiten. Der umfassende Arbeitsplan ist genau einge-
teilt. Tüchtige Männer sind der Leitung der einzelnen
Abteilungen vorgesetzt worden. Die Arbeit ist im besten
Gang. Ohne Zweifel wird Düsseldorf auch diesmal
wieder mit großen Ehren bestehen.
— Bären in der Schweiz. Aus Zernez (Graubün-
den) schreibt man der „N. Zürch. Ztg.": In einer der
letzten Nächte hausten Bären in einer unserer Alpen,
Barlatsch genannt. Der Schäferhund wurde unruhig und
bellte in der Richtung thalabwärts. Da der Hirt glaubte,
es käme etwa ein Alpgenosse, ihn zu besuchen, sperrte er
den Hund in die Hütte ein. Morgens fand er acht vom
Bären aufgerissine Schafe, denen dieser Lunge, Leber, Herz
gefressen hatte; eines davon hatte Meister Petz bereits
ganz verspeist. Das Schlachtfeld zeigte aber noch mehr
Tote. In der Angst flohen die Schafe die stark steinige,
teils felsige Alp hinauf, wurden aber wieder Herunterge-
trieben und dabei brachen sie Beine, Rippen, Schädel. Im
Ganzen sind 30 Tiere tot und acht verwundet, die ge-
schlachtet werden müssen. Der Betroffene ist ein Berga-
masker. Vier bewährte Jäger aus Brail und Cinuskel
gingen zur Stelle; aber die Nürnberger hängen Keinen,
bevor sie ihn haben. Die Alp dürfte aber für die Jagd-
liebhaber ein Anziehungspunkt bleiben, da der Bär ge-
wöhnlich nach acht Tagen wiederkehrt, um seine Beute
wegzuholen, d. h. das, was er in der Fülle zurückgelassen.
Der Fall erregt deshalb Aufsehen, weil acht Stück zer-
rissen wurden. Hiesige Bürger glauben, daß es eine alte
Bärin mit zwei Jungen gewesen sei.
 
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