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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 203 (1. August 1901 - 31. August 1901)
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Montag, 12. August Ml.

Grftes Blatt.

43. Jatrzsug. — str. 18k.

Er scheint täglich, Sonntags ausgenommen.

Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in'S HauS gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Psg. Durch die Post be-
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
«»zeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile -der beim Raum. Reklamezcile 40 Psg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Inserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Z«m Hmscheiden der Kaiserin Friedrich.
Homburg v. d. H., 10. Aug. Die Hitze ist
außergewöhnlich. In Cronberg wurden die letzten
Vorbereitungen für die Trauerfeierlichkeitcn am heutigen
Abend und am Sonntag Nachmittag getroffen. Sonder-
züge von und nach Frankfurt und Homburg werden heute
Abend und in der Nacht den Verkehr zu bewältige» suchen.
Schon um 8 Uhr wird die Straße vom Schloß Friedrichs-
Hof nach der Cronbergcr Stadtkirche für jeden Verkehr
gesperrt. Den schweren Sarg, der die Leiche der Kaiserin
Friedrich birgt, werden Unteroffiziere ihres Regiments
unter Fackelbegleitnng durch die Spaliere der Infanterie
und der Kriegervereine tragen. In der Kirche übernehmen
die Offiziere die Wache am Sarge von heute Nacht bis
Montag früh. Schon heute ist der Andrang von
Fremden in Cronberg ganz gewaltig. Für heute Abend
haben die Homburger Gastwirte in Cronberg die Fenster
ganzer Häuser für ihre Gäste gemietet. Hält morgen das
Prächtige Sommerwetter an, dann dürfte der Verkehr in
den engen Straßen Cronbergs sehr schwierig werden.
Tausende wünschten vergeblich Zutritt zu der morgigen
Hauptfeier in der kleinen Cronbergcr Stadtkirche.
Das Hofmarschallamt hat auf allerhöchsten Befehl zur
Beisctzungsfeier der Kaiserin Friedrich zahlreiche An-
sagen ergehen lassen; auch die Presse ist in großer
Zahl bedacht worden; etwa 25 Journalisten, aller-
dings meist Engländer, erhielten Berechtigungsscheine.
Die deutsche Presse begnügt sich meist mit den Berichten
des Wölfischen Telegraphenbureaus, das durch drei Ver-
treter und einen Stenographen vertreten sein wird.
Heute Abend wird der Kaiser zur Ueberführung
der Leiche der Kaiserin Friedrich von Friedrichshof in
die evangelische Stadtkirche sich begeben. Zu dieser
Feier in Cronberg erscheint das ganze Regiment der
Kaiserin Friedrich zur Spalierbildung. Die zwei Wies-
badener Bataillone der 80er Füsiliere marschieren schon
heute Vormittag nach Cronberg. Dort trifft heute auch
der Berliner Domchor ein, der den gesanglichen Teil der
Trauerfeier am Sonntag übernimmt. Der König und
die Königin von England treffen erst morgen hier ein.
Die Kaiserin Friedrich soll das S ch l o ß Friedrichs-
h o f ihrer jüngsten Tochter, der Prinzessin Margarethe
don Hessen, vermacht haben. Bei der Ueberführung der
Leiche der Kaiserin Friedrich in die Cronberg« Kirche
wird das gesamte 80. Infanterie-Regiment, sowie das 1.
Bataillon der 81er Spalier bilden.

Folgen der Börsengesetzgebung.
Als Seitenstück zu der kürzlich durch die Blätter
gegangenen Notiz über das Fallissement des Glatzer
Bankhauses infolge Erhebung des Registereinwandes
findet sich neuerdings in den Zeitungen die Notiz, daß der
Borsitzende des Aufsichtsrats der Abrechnungs-
stellefürKammzuggeschäftezuLeipzig
nr der Generalversammlung mitgeteilt habe, man habe
die Einbringung des Liqnidationsantragcs beschlossen u.
v. deshalb, weil man die Verantwortlichkeit bezüglich
«es Differenzeinwandes nicht zu tragen vermöge. Da-

bei handelt es sich um ein außerordentlich günstiges Ge
schäftsunternehmen, welches seit seinem Bestehen durch
schnittlich 16 Proz. Dividende verteilte, 36 Proz. Re
serven aufspeicherte und für das vergangene Halbjahr
ziemlich die Hälfte der vorjährigen Dividende (14 Proz.i
verdient hat. Man sieht an diesem Falle so recht denk
lich, welches Mißtrauen und Zweifel an einem gedeih
lichen Fortbestehen infolge unserer Börsengesetzgebung
selbst bei sehr gut fundierten Unternehmungen eingerissen
sind.
Englands neue Methode in Südafrika.
Chamberlain kündigte in seiner letzten Rede eine
neue Maßregel an, und diese selbst liegt nun in Kit-
chener sjüng st er Proklamation vom 7. Aug.
vor. Freilich geht Kitchener nicht soweit, wie Cham
berlain in Aussicht stellte, die noch kämpfenden Buren für
RebelIenzu erklären und ihnen die schönen Epitheta
zu geben, die die englische Scharsmacherpresse vorgeschla
gen hat, aber der G e i ft i st d er s e I b e. wenn auch die
Worte andere sind. Denn alle noch kämpfenden Buren-
führer und Regierungsmitglieder, die sich bis zum
16. September nicht ergeben, werden für immer aus
Südafrika verbannt, d. h. für vogelfrei erklärt, und für
den Unterhalt der Familien aller noch kam
pfenden Bürger wird deren bewegliche und unb e-
wegliche Habe haftbar gemacht, d. h. zum
Teil konfisziert. Das ist, wie die „Köln. Ztg."
hervorhebt, das äußerste, was England wohl ersinnen
konnte, ohne die Grenze zivilisierter Kriegsführung
zu überschreiten, wenn es sie nicht doch schon überschritten
hat. Denn das einzige Verbrechen, das sich die so schwer
bedrohten Burenführer haben zu schulden kommen
lassen, ist doch der unverwüstliche Freiheitsdrang dieser
Männer und ihr Glaube an die Unbesiegbarkeit ihrer
Nation. Was aber den Unterhalt der Familien anbe-
trifft, so sollte England nicht vergessen, daß es die meisten
von ihnen gewaltsam von ihrer Scholle gerissen
und ihnen also die Möglichkeit, .sich selbst zu erhalten,
entzogen, damit aber die Verpflichtung zur Ernährung
selbst übernommen hat. Hätten diese Familien die Frei-
heit auf ihren Farmen zu leben, so würden sie sich eben
selbst recht und schlecht durchschlagen. Das die rechtliche
Seite der Sache. Ob die Maßregel einen Praktischen
Erfolg haben wird, ist denn doch zweifelhaft. Die
Leute, die heute noch kämpfen, haben wohl schon längst
wenn England Sieger bleibt, darauf verzichtet, unter
englischer Herrschaft zu bleiben, und das Privateigen-
tum ist durch die Streifzüge der Engländer dermaßen
geschädigt, daß es fast als konfisziert gelten kann. Tie
Maßregel wird also vermutlich die erhoffte Wirkung
nicht haben.
Von der gesamten Presse Englands unter Einschluß
des „Daily Chronicle", dem Organ der Opposition Ros-
beryscher Färbung, und mit der einzigen Ausnahme
der „Daily News", die den burenfeindlichen radikalen
Flügel vertritt, wird die Proklamation höchst beifäl-
l i g ausgenommen. „Morning Post" hebt dabei aner-
kennend den schnellen Geschäftsgang hervor; der Kolonial-
minister habe eine am 26. Juli eingegangene Anreaung
des Gouverneurs von Natal, die sich in dieser Richtung
bewegte, bereits fünf Tage später in einem Entwurf
zu der Proklamation niedergelegt, an Kitchener tele-

Salzburger Musikfest.
IV.
Salzburg, 10. Aug.
R. Auch dem dritten Festkonzerte blieb Zudrang und
Beifall des Publikums getreu. Da es sich doch eigentlich
üin eine Mozartfeier handelt, hätte man nur Werke dieses
Meisters zur Aufführung bringen sollen, an welchen wahr-
^ch kein Mangel ist, jedenfalls paßt aber Wagners Ouver-
türe zu „Tannhäuser", so glanzvoll sie durch das heute
jvohl 100 Mann starke Orchester der Philharmoniker ge-
zielt wurde, nicht in den Rahmen des Uebrigen.- Lage-
rn fügten sich Beethovens 8. Sinfonie und das Klavier-
konzert in Ls-äur, von Emil Sauer mit seltener Klarheit
Phrasierung vorgetragen, und ebenso Haydns Winter-
orix aus den „Jahreszeiten", welcher Hofovernsänger Klöpfer
^us München einen herrlichen Bau lieh, besser ein. Mozart
heute nur mit der ersten Arie des Textes aus „Titus"
Artreten, allerdings weniger eine dramatische, als eine
Konzertarie, als solche aber von hoher Schönheit. Die
Den« Hofopernsängerin Edith Walker zeigte sich hierbei
A Besitze eines umfangreichen Mezzosoprans von solcher
Kraft und Fülle, daß das Publikum in frenetischen Jubel
"Usbrach.
^ Am Abend fanden sich in dem neuen, ganz in Weiß,
M und Gold erstrahlenden hocheleganten und doch heim-
sen, etwa 900 Personen fassenden Stadttheater so viele
M« zusammen, als eben Platz hatten; auch der Protck-
D des Musikfestcs, Erzherzog Eugen, war elenso wie in


dn Konzerten anwesend. Ungeachtet aller Wandlungen,

welche die Musik, insbesondere die dramatische, seit Schaf-
fung des „Don Juan" erfahren, wird diese Oper trotz
ihren 114 Jahren als Ganzes immer noch für alle Die-
jenigen als ein Gipfelpunkt in der dramatischen Musik erstrahlen,
welche Verständnis haben für melodischen Reichtum und
Schönheit der Melodik, Tiefe der Harmonik, unübertreff-
liche Charakterisierung der so verschiedenartigen handelnden
Personen und musikalisch-dramatische Wahrheit der je-
weiligen Situation. Sagte doch Rossini, als er dereinst
die Originalpartitur des Werks erfurchtsvoll durchblätterte:
„lls vais m'aASuonillsr cksvant cotts saints rsli^as —
v'sst Is pluo §ranä, v'sst Io inaitrs eiv kons, v'sst Io
Soul ezui ait sa autant äs svisuvs opro äs Asrüs
st antaut äs Zsnis ezns äs svisnvss!" Und
selbst R. Wagner, der übrigens tm Gegensätze zu vielen
seiner Anhänger Mozart bei jeder Gelegenheit vollste Ge-
rechtigkeit widerfahren ließ, erklärte den Auftritt des
steinernen Gastes als den großartigsten Moment, den die
ganze Opernwelt aufzuweisen habe. Die heutige Auf-
führung zeichnete sich vor Allem dadurch aus, daß mit
Ausnahme des Masetto, welchen Schätzte von Stuttgart
tüchtig, aber nicht hervorragend sang, und des Otlavio, der
eine unfeine Wiedergabe durch Arangi erfuhr, sämtliche
Rollen durch erste Kräfte besetzt waren. Lili Lehmann
verkörperte die Donna Anna darstellerisch und gesanglich
in großartiger Weise, und auch die von den dramatischen
Sängerinnen so gefürchtete hochliegende §-äur-Arie ge-
lang ihr vorzüglich. Edith Walker zeigte, daß die selten
ersten Sängerinnen übertragene Partie der Elvira nicht
minder bedeutungsvoll ist, und daß die Zerline der Eigcn-

graphiert, durch diesen die Gutachten der Regierungen
von Natal und der Kapkolonie eingeholt, am 2. und 3.
August die zustimmeuden Antworten erhalten und am
5. zu der Veröffentlichung des Wortlautes nach Abände-
rungen die Ermächtigung erteilt, worauf schon am 7.
August diese Veröffentlichung erfolgt sei. Der Termin
des Inkrafttretens fällt zusammen mit dem Zeitpunkte,
wo ein Teil der Truppen vom Kriegsplatze zurückkehren
soll. Daily News wendet gegen die Proklamation ein,
sie sR weder Krieg noch Frieden; wenn die Regierung
den Frieden wolle, möge sie Frieden machen, solange
das Heer unvermindert in Südafrika stehe; wenn sie
aber den Krieg für notwendig halte und mit Chamberlain
glaube, die Buren würden keine in England annehmbaren
Bedingungen gelten lassen, dann möge sie wirklichen
Krieg machen, nicht durch Internierung von Frauen und
Kindern in Lagern, sondern durch eine weitere Ver-
stärkung des Heeres bis zu dem Punkte, daß man die
Buren überwältigen könne.
Außerhalb Ennglands wird man in der Proklama-
tion Kitcheners nichts anderes sehen, als das Einge-
ständnis Englands, daß es mit dem kleinen Burenvolk
auf die normale Art nicht fertig werden kann.

Deutsches Reich.
-— Der „Reichsanzeiger" meldet: Der kaiserliche
Kommissär der freiwilligen Krankenpflege Graf Solms
veröffentlicht das Ergebnis der Sammlungen
freiwilliger Gaben für das o st a f i a t i s ch e Expedi-
tionskorps. Demnach gingen von der Hauptsam-
melstelle in Bremen bis Ende Juli Gaben im Werte von
960 000 Mark ein. Zur Verwaltung der Gaben wurde
in Tientsin ein Depot und in Tongku eine Filiale er-
richtet. Da infolge Vereisung des Golfes von Petschili
zahlreiche freiwillige Gaben in Shanghai. Taintau und
Schauhaikwan gelandet werden mußten und direkt von
dort aus durch Vermittelung des Generalkonsulats in
Shanghai und der Intendantur an die Truppen und die
Marine zur Verteilung gelangten, ist wohl in häufigen
Fällen den Empfängern der freiwilligen Gaben der Ur-
sprung nicht deutlich zum Bewußtsein gekommen. Aue
6. und 6. März wurde das Depot in Tientsin aufgelöst
und die Bestände der Intendantur des Expeditionskorps
übergeben. Graf Solms spricht allen Spendern noch-
mals wärmsten Dank aus und lenkt die Opferwilligkeit
nunmehr auf die Unterstützung der Angehörigen der Be-
satzungsbrigade.
— lieber den Mangel an ländlichen Arbeitern in der
Provinz Ostpreußen führt ein dortiger Bericht-
erstatter der „Frkf. Ztg." einige krasse Beispiele an. Er
erzählt: Eine große Domäne im KreiseOletzko. die für den
Bedarf ihrer Dampfbrennerei tausende Zentner Kar-
toffel aussetzt, mußte sich im vorigen Jahre aus Mangel
an Arbeitskräften darauf beschränken, die besten Lagen
der weitgesteckten Kartoffelfelder mit dem Pflug auf.
zureißen und die aufgeworfenen Kartoffeln einsammeln
zu lassen. Und selbst dazu waren bei einem außerge-
wöhnlich hohen Lohnangebot nicht die nötigen Arbeits-
kräfte zu gewinnen. Im Kreise Johannisburg hat der
bisherige Besitzer eines tausend Morgen großen Gutes
nst die Hälfte seines Areals brach liegen lassen, weil er
ie nicht bestellen konnte. Die Beispiele könnten nach
Belieben vermehrt werden, sie dürften aber schon genü-

art der Frau Wedekind ganz besonders entgegenkam und
ganz entzückend wiedergegcben wurde, ist selbstverständlich.
Den Don Juan vertrat ein Salzburger Kind, der Wiener
Hofopernsänger Ritter, für meinen Geschmack etwas zu
oberflächlich, aber sonst gut, mit voller Stimme und statt-
licher Erscheinung. Der Leporello des Wiener Hofopern-
sängers Hasch litt etwas unter seinem für diese Bufforolle
zu mächtigen, auch etwas rauhen Basse, während gerade
im Gegensätze der Wohllaut der Stimme des den Komthur
singenden Herrn Klöpfer hervortrat. Den meisten Sängern,
namentlich Fräulein Walker, der Wiener Walküre, wäre
nur etwas Mäßigung in der Tongebung zu wünschen ge-
wesen, da das kleine Haus für solche Stimmen nicht be-
rechnet ist, auch das aus den Mitgliedern des Dom-Musik-
vcreins und des Mozarteums zusammengesetzte Orchester,
das sich übrigens recht wacker hielt, verhältnismäßig schwach
besetzt war. Die wenigen Chöre hatten der Damenchor
des Mozarteums und die Salzburger Liedertafel über-
nommen. Mit Geschick waltete die Regie ihres Amtes,
und die schönen neuen Dekorationen, von Hoftheatermaler
Brioschi in Wien gemalt, thaten das klebrige. Sehr
störend wurde dagegen das in den räumlichen Verhältnissen
begründete häufige und lange Fallen des Zwischcnvorhangs
empfunden. Aber Alles in Allem genommen, muß die
Vorstellung als eine durchaus würdige, großenteils geradezu
hervorragende bezeichnet werden. So sind die schönen
Tage des vorzugsweise den Manen des an Vielseitigkeit
größten aller Tondichter geweihten Musikfestcs verrauscht,
und Befriedigung waltet auf allen Seiten, denn nicht nur
der künstlerische Erfolg war ein großer, sondern das
 
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