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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150 - 176 (1. Juli 1901 - 31. Juli 1901)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37097#0169

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Dienstag, 30. Juli 1901.

Grstes Blatt. 43. Jahrgang. — Ir. 175.


' cheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblüttern monatlich SV Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition »nd den Zweigstellen abgeholt 4V Pfg. Durch die Most be>
tz zogen vierteljährlich 1.35 Mt. ausschlietzlich Zustellgebühr.
^iigenpreiS: 2V Pfg. für die Ispcltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt.
der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. — Fernsprech-AnschlußlNr. 82.

Anschlag der Inserate auf dm Plakattaseln

Für die Monate

August und September

kostet die

>LckckeMr Münz"
durch die Post bezogen shne Zustellung
nur Sv Pfg., SLK
Zustellung durch den Briefträger frei ins
Haus Mk. 1.18.
allen Oiten, an denen wir Träger unter-
sten, kann die „Heidelberger Zeitung" durch
zum Preise von SO Pfg. im Monat frei
ins Haus bezogen werden.


Die Biehzölle im Tarif-Entwurf.
vollständige Aenderuug der Grundsätze, nach
Me Vichzölle normiert sind, wird in dem
) a' ifentwnrt geplant. Nach dem geltenden Z-otll
up»,?lrd das Vieh durchgängig nach der Stückzahl
M M der Tnrifentwurf behält zumteil die Verzollung
sch l der Stückzahl bei, führt znmteil die Verzollung
d e n d g e w i ch t ein und kombiniert bei den
siisstgU.den Stückzoll init einen: Wertzoll. Für P s er d e
MM 20 Mk. Pro stück gezahlt werden; in den
M l ^ dieser Satz für Pferde unter zwei Jahren
flgM E' ermäßigt worden. Füllen, die der Mutter
' Zehen frei ein. Nach dem neuen Entwürfe soll
M Pferd im Werte bis 300 B7k. ein Zoll von 30 Mk.,
in -P Pferd im Werte von mehr als 300 bis 1000
's SM im Werte vonr 1000 bis 2600 Mk. 160 Mk.,
Allele von über 2500 Mk. 300 Mk. gezahlt werden.
I x MUm sollen zollfrei bleiben. Der Zoll für M a n l-
o,!l'?d Maultiere soll von 10 .Mk. pro Stück auf 30
i slijsMoht, für Esel dagegen voir 10 auf 6 Mk.
, sh o - werden. Der Zoll für Bullen (Stiere) und
U soll von 9 auf 26, der für Jungvieh von 6
ch / der für Klilber von 3 auf 4 Mk., der für
«iMsM^don 1 auf 2 Mk. und der für Lämmer im
j öhM bis zu 8 Kg. von 50 Pfg. auf 1 Mk. pro Stück
iMwerden. Ziegen sollen wie jetzt frei einge-
M dürfen. Für Ochsen, die jetzt zu 25Z4
Stück eingehen, soll die Anordnung getroffen
"aß der Zoll rnit 12 Mk. pro Dz. Lebendgewicht
MM Mrd; für fette Ochsen wird damit eine erheb-
Erhöhung des Zolles erzielt, ebenso für fette
M durch die Bestimmung, daß an Stelle des Stück-
M°n 6 Mk. (Spairferkel 1 Mk.) eirr Zoll van 10
Doppelzentner Lebendgewicht treten soll.

Wie der für die Pferde geplante Wertzoll wirken

"4

ergibt sich aus
folgender kleinen Tabelle:
Wert
Zollfatz
Prozentsatz
(in Mark)
pro Stück
des Wertes
200
30
16
300
30
10
600
76
45
760
'
10
1000
76
7,6
1260
160
12
1500
150
10
2000
160
7,6
2500
150
5

Die Dinge in China.
Peking, 28. Juli. Die Gesamtsumme an Kapital
und Zinsen, welche China für Entschlidigurrgszahlnng
überhaupt anfzubringen haben wird, beläuft sich auf rund
1 Milliarde Tacls. Diejenigen Teile der Staatsein-
nahme, welche jetzt für den Dienst früher aufgenomme-
ner Anlehen verwendet werden, sollen, sobald diese An-
lehen getilgt sind, für die Entschädigungszahlung hinzu-
genommen werden. China wird, wenn es nicht in,-
zwischen neue Verpflichtungen auf sich nimmt, im Jahre
1940 von auswärtigen Schulden frei fein. Die Frage
der Bestrafung und der Aussetzung der Prüfungen ge-
langte heute auch zum thatsächlichcn Abschluß, indem
die Gesandten sich mit den chinesischen Erklärungen über
daS, was in Angelegenheiten der Bestrafungen geschehen
sei, und noch geschehen soll, einverstanden zeigten.
Heute wurden die Ermennungen zum Auswärtigen
Amte, das an Stelle des Tfungli-Vamens tritt, bekannt
gegeben. Sie werden allgemein rnit Befriedigung aus-
genommen. Pfchmg, welcher a.p d'-o Srütze tritt: berstf
2 Minister, nämlich den früheren Vizekönig von Tschili,
Wangwentschao und Tschuhunghi, die beide Mitglieder
des großen Rates sind. Ihnen sind der frühere Legations-
sekretär irr Washington Hsihupeng und Lienfang als
Hilfsbeamte 'beigegeben.
Den chinesischen Bevollmächtigten ist eirr Dekret zu-
gegangen, welches sie anweist, gegen eine übermäßige
Befestigung der britischer: Gesandtschaft, welche die kai-
serliche Stadt beherrsche, Eirrsvrnch zu erheben. Das
Edikt sagt, wenn es nötig sei, könnten statt dessen stärkere
Garnisonen längs der Bahnlinie bewilligt werden.

Deutsches N e i ch.
— Der Kaiser hat den verantwortlichen Redakteur des
„Germania", Hand Contzen, welcher wegen Beleidigung
der Justizbehörden durch die Presse anläßlich des Konitzer
Mordes zu 1 Monat Gefängnis verurteilt worden war,
zu 14 Tagen Festungshaft begnadigt.
— Generalleutnant v. Lessel meldet vom 28. ds. aus
Tientsin: Oberleutnant v. Heynitz vom 2. ostasiatischen
Infanterie-Regiment (früher sächsisches Nr. 103) ist am
27. auf einem Patrouillenritt bei Schanhaikwan im Vsth-
hof Schiho ertrunken bei dem Rettungsversuch von zwei
ebenfalls ertrunkenen Musketieren.
— Die Jsteinnahme an Zöllen und Verbranchs-
stenern hat für das erste Viertel des laufenden Etatsjahres
die Summe von 180,1 Millionen, oder 10,7 Millionen

weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres erbracht.
Wenn auch die fehlenden drei Viertel des Jahres noch
eine Besserung erwarten lassen, so bietet der Ausweis des
ersten Viertels jedenfalls ein schlechtes Bild, das sich gegenüber
dem Etatsvoranschlag noch ungünstiger darstellt.
Baden.
L. 6. Karlsru he, 28. Juli. An den Großh. Badischen
Ei se n b a h n r at, der im Monat August wieder Zusammen-
tritt, hat der Südd. Eisenbahnreformverein
folgende Eingabe gerichtet: „Im Hinblick auf die Beratung
und Feststellung des Wintcrfahrplancs der Großh. Badischen
Staatseisenbahnen »erstattet sich der Süddeutsche Eisen-
bahnreformverein, einen verchrltchen Eiscnbahnrat darauf
aufmerksam zu machen, daß während der Winterzeit ins-
besondere die Schnellzüge weit weniger besetzt zu sein
pflegen, als im Sommer, zumal die Züge mit nur 1. und
2. Klasse fahren trotz ihrer Kürze nur zu oft fast
leer durch's Land. Wäre es da nicht an der Zeit, die
3. Klasse, wie düs seit 6 Jahren bereits im benachbarten
Württemberg der Fall ist, in sämtlichen Züge (mit alleiniger
Ausnahme des im Privatbesitze befindlichen Orient-Ex-
preßzugcs) ewzustelleii? Auch die von den letzten Land-
tagen in Aussicht genommene von der Großh. Regierung
zugesagte Ermäßigung der Personcntarife würde am zweck-
mäßigsten zur Wintcrzcit und auf die Probe gestellt. Dieses
gilt insbesondere von der Beseitigung der Schnellzugszu-
schlagskarte für jede Art Fahrkarte. Weshalb soll der-
selbe nur dem glücklichen Besitzer eines Kilometer-
heftes erlassen sein? Bet der Festsetzung des Fahrplans
kann nicht genug darauf geachtet werden, daß die Zwischen-
stationen hinreichende Anschlüsse gewinnen au die Halte-
stelle der Schnellzüge. Wie wenig dieses zur Zeit der
Fall ist, davon überzeugt beispielsweise ein Blick aus die
Fahrtabelle für eine Hauptstrecke wie die von Oos nach
Appenweier und umgekehrt, auch in Bezug auf den Ver-
kehr nach Straßburg.
— Dem „Volksfreund" zufolge fand am Sonntag in
Söllingen (Amt Durlach) eine antisemitische Ver-
sammlung statt. Dieselbe war schwach besucht und noch
dazu waren die Sozialdemokraten in der Mehrzahl, sodaß der
antisemitische Redner — ein Hr. Walther aus Mannheim —
keinen Erfolg erzielte.
HH Meckesheim, 29. Juli. Die n a ti o nallibera le
Partei hielt gestern im „Ochsen" hier eine Versammlung
ab, welche gut besucht war. Der Kandidat für den Land-
tagswahlkreis Heidelberg-Land, Prof. Qu er: z er, schilderte
in nahezu zweistündiger Rede zunächst die politische und
die wirtschaftliche Lage Deutschlands und die Aufgaben,
welche dem liberalen Bürgertum an der Weiterentwicklung
der Macht und des Gedeihens unseres großen Vaterlandes
zufielen, wobei er zur Erhaltung des Friedens vor Allem
ein starkes Heer und den Ausbau der deutschen Flotte
notwendig erklärte. Uebergchend aus die badischen Ver-
hältnisse verglich Redner die Bestrebungen der verschiedenen
Parteien, namentlich der antisemitischen, gegenüber den-
jenigen der nationalliberalcn Partei, welche feit langen
Jahren auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens für
freiheitlichen zeitgemäßen Ausbau der Gesetze mit Erfolg

! über die Städtischen Ausgrabungen
,^elberg, Wiesloch, Krrchheirn, Rohr-


a. in der Zeit vom Juni bis
Juli 1UOI.
, Won Karl V fass.
MMe mit städtis eh en Mitteln in der Zeit vom
>! SM? Juli 1901 in Heidelberg und Umgebung von
dieses unternommenen Ausgrabungen
Mhren:
kMiMk s d e l b e r g wurden Juni bis Ende August 1900
MM^nPugeii auf dem Boden der einstigen Berg-
p« , üv>, > ch znmteil auch des sie umgebenden Fricd-
'.Mstchg MEar westlich des Schnittpunktes der Vangerow-
MlFmMaße), zu Ende geführt. Die Fundamentmauern
"^wentsohle der Kirche wurden nunmehr vollständig
>> »vhMvrd durch Herrn Stadtgeomcter Kramer technisch
An der Grenze von Chor und Langhaus wurde
cpM dj» Al' dicht daneben eine trichterförmige Grube auf-
MjM, F lich beide durch die in ihnen gefundenen Gefäß-
>>' M "MPeitete Knochen und Hüttenbewurf als neolithisch
Eme gleiche elliptische Grube wurde südwestlich
ähnliche

Friedhofmaner aufgcdeckt und
Mu- "Us ihr heransgeförderr. Damit ist auch
^M!äi9„MÜngs der südlichen Langhausmauer gefundenen

- Klarheit geschaffen: Es hat in der junge-
auf dem Hochgestade, nahe einer Neckarfurt,
i> ^.b^stAliche Niederlassung, ein n e o l i t h i s ch c s
M MfaM^n, dessen Bewohner von Ackerbau, Viehzucht
W MM lebten. Die Gefäßscherben gehören ihrer Ver-
L Mia» Mder sogen. Bogenbandkeramik an.
D^er südlich der erwähnten Trichtergrube trat
MMie, j ^ Grube zu Tage, die als Herdstelle gedicnr.
M Si»M Holzkohlen, Tierknochen und feineren und
Mse ZMscherben durchsetzte Aschenschichten füllten sie
L Scherben rühren ohne Ausnahme von germanischen,

wahrscheinlich alamannis ch e u, vielleicht frnhfränkischen,
Gefäßen her und stimmen völlig zu den Scherben, die in den
Heizkammern und dem Schürraum des Töpferofens ein-
gebettet waren, der sich 1899 in Hr Südwestecke eben dieser
Bergheimer Kirche gefunden hat. Es trieb also in alamanni-
schcr (vielleicht frühfränkischer) Zen da, wo früher Neolithiker
gehaust, wo später die Kirche des mittelalterlichen Dorfes
Bergheim sich erhob, ein germanischer Töpfer sein ehrsam
Gewerbe.
Schon 1899 waren längs der westlichen Fnndamcntmauer
der Bergheimer Kirche, ebenso 1900 auf dem Boden des an-
stoßenden Friedhofes, christliche P l a t t e n g r ä b e r ans
'Licht gerreten; Beigaben fanden sich in keinem; die Deckplatten
zeigten keinerlei Bild noch Schrift, nur eine wies ein roh cin-
gehauenes, gleicharmiges Kreuz auf. Nach dieser Richtung
brachte das Jahr 1901 bessere Ausbeute: Nahe der Westgrenze
des einstigen Bergheimer Friedhofes fand sich (wie bereits
berichtet) bei der Fortführung der Vangerowstrahe ein christ-
liches Plattengrab (ohne Beigaben), dessen Deckplatte mnd
Seitenwände durch drei mächtige römische Grabsterne
gebildet waren. Einer ist durch seine Reliefs (Fcnmuengast-
mahl und Fries musizierender Satyrn und tanzender
Mänaden), die beiden andern durcki die zahlreichen germa-
nischen Eigennamen ihrer Inschriften von großer Be-
dcurrmg, alle drei bilden eine sehr wertvolle Bereicherung der
römischen Abteilung der Städt. Kunst- und Altertümersamm-
lung.
Am 9. September erfuhr der Berichterstatter durch Herrn
Professor Dr. Lorentzen, daß in Wiesloch tags zuvor
— gelegentlich der Erdarbeiten für die Nebenbahn Wiesloch-
Meckesheim — Altertümerfnnde ge,nacht worden seien. Sofor-
tiger Augenschein ergab, daß eine bronzezeitlichc Brandbe-
startung vorliege. Dank dein liebenswürdigen Entgegenkom-
men der bauleitenden Beamten, der Herren Regierungsbaumei-
ster Rühle und Ingenieur v. Haselberg, konnten
vom 10. September bis Ende November vorigen Jahres die
Urnen u. s. w., die beim Abgrabe» des Terrains durch Ita-

liener (nahe der Städt. Sandgrube Wiesloch) zu Tage tra-
ten, geborgen und gleichzeitig ans dem anstoßenden unbe-
rührten Terrain systematische Ausgrabungen Veranstalter wer-
den. Das Ergebnis dieser Ausgrabungen und Funde ist be-
sonders für die Sredelungsgeschichte hiesiger Ge-
gend bedeutsam: Auf verhältnismäßig kleinem Raume fanden
sich zunächst pchere Beweise für eine st e i n z e i t l i ch e An-
siedclung: ein hübsches kleines Sreinbeil und neolithische Ge-
fahscherbcn, daruter solche mit Schnnrösen. Sodann Brcmd-
bcstattungen aus der jüngsten Bronzezeit, z. T.
unter Steingewölben, z. T. frei in Sand gesctzr, auch mit
schützendem Letten umgeben: Riesengroße, wie mittelgroße
und zierlich kleine Urnen, letztere beiden durch Form und
Dekvrationsweise (Buckel, durch fcstonariige Linien ver-
bunden) interessant, Schwert, Lanze, Rollnadeln, Fibeln,
alles aus Bronze, meist durch Feuer deformiert (ein aller-
jüngst dort aufgefundenes reizendes Bronzemesserchen ist un-
versehrt). Neben, ja zwischen diesen bronzezeitlichen Brand-
bestattuiigcn fanden sich Bestärkungen aus der ersten Eisenzeit
und zwar 3 nach Norden orientierte Skeletibestat-
tungeii der älteren Hallftattzeit und Brand-
best a t t u n g e n der mittleren H a l l st a t t z e i r; die
Urnen dieser sind teils nnverziert, teils klingen sie (so einige
neuerdings, Juni 1901, südlich der Sandgrube zu Tage ge-
tretene) in Farben und Dekorationsweise an die Urnen sog.
Fürstengräbcr au. Bei einer solchen Brandbestattung
fand sich ein (absichtlich zerbrochenes) Hallstattschwert mit der
Hälfte eines bronzenen Orrbandes. Etliche Gefäße dieser
Brandbcstattringen sind als U e b e r g a u g s f o r m c n von
der Bronzezeit zur H>allstattHeit bernerkenswerr. An der-
selben Stelle, wo Neolithiker gewohnt und Geschlechter der
jüngsten Bronzezeit und der älteren Eisenzeit ihre Toten
beerdigt oder verbrannt, errichtete ein ander Geschlecht, der
jüngeren Eisenzeit, seine ärmlichen Hütten: Mitten zwischen
den in erheblichem Abstand von einander beigesetzten Aschen-
urnen fanden sich Hütten gruben mit charakteristischen
Scherben der Mittel-La-Tene-Periode. Datz
 
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