Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 282 - 305 (2. Dezember 1901 - 31. Dezember 1901)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37097#1005

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Montag, 9. Dezember Ml. Westes Blatt. 43. Jahrgang. — Ar. 288

Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich SO Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-
zogen vierteljährlich 1.3S Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Inserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82.


I


Arankreich und Deutschland.
Nachdem einmal der französische Deputierte Massabuau
das Wort „Annäherung an Deutschland" in öffentlicher
Kammersitzung ausgesprochen hat, ohne daß die Wände
des Saales einstürztcn und den Sünder begruben, wird
das Thema ungeniert in den Blättern verhandelt.
Der bekannte Publizist Cassagnac schreibt in der
„Autorite" über die Rede Massabuau s, Frankreichs
Schwäche bestehe darin, daß es gleichzeitig England und
Deutschland gewachsen sein wolle. DaS sei unmöglich.
Die Stunde sei gekommen, wo Frankreich wählen müsse,
wenn cs sich nicht durch übermäßige Ausgaben zu Grunde
richten wolle. Von diesem Gesichtspunkte dränge sich eine
Annäherung an Deutschland allen denen auf, die
praktische Politik machen und sich nicht Sentimenta-
litäten hingeben. Die Annahme der Mithilfe Deutschlands
in der chinesischen Angelegenheit und Waldersee's Ober-
befehl seien der erste Schritt dazu gewesen. Ein kolonia-
les Einvernehmen mit Rußland und Deutschland würde
eine neue Kontinentalsperre gegen England werden. Die
öffentliche Meinung würde anfangs erstaunt sein, aber bald
diese Politik billigen. Man müsse sie nur daran erinnern,
daß Deutschland nur ein zufälliger, England aber der
Unerbittliche und beständige Feind Frank-
Reichs sei.
Auch der Deputierte Jaurös nimmt zu der Angelegen-
heit das Wort. Es halte verlautet, daß Charles Ferry
bagegen protestieren wollte, d aß Massabuau seinem Bruder
Stiles Ferry eine Politik der Annäherung an Deutschland
^geschrieben halte. Jaurss meint nun, daß Charles
Miry einen solchen Pretest doch unterlassen sollte, denn
^ sei für seinen Brüser nur em Ehrentitel zu erkennen, daß die
Ichinetternden Revanchephrasen unwürdig waren und daß
Uwn mit Deutschland eine Friedenspolitik ohne Ränke und
Hintergedanken einleiten müßte .... Allerdings habe
^ules Ferry keineswegs die französische Politik eng an
Deutschland ketten wollen; er habe sich nur so mit Deutsch-
en!, stellen wollen, daß er Deutschland gegen England
^sspielen konnte und er habe geklagt, daß seine Gegner,
"die Dummköpfe", bas nicht begriffen.
. Die Benutzung Deutschlands als Sturmbock gegen
England, das ist es, was allmählich die Franzosen er-
^gen läßt, ob eine Alliance mit dem Gegner von 1870/71
-^geschlossen sei oder nicht. Die Alliance mit Rußland
M sie zwar viel Geld gekostet, aber ihnen die Rache an
^Utschland nicht gebracht. Nun wäre es vielleicht nicht
^el, es mit Deutschland gegen England zu versuchen, das
^ar vor dreißig Jahren keinen Krieg mit Frankreich ge-
Mt hat, aber überall in der ganzm Welt den französi-
Jnicressen entgegentritt.
> Ein solches heftiges Betonen derZÄe der Alliance mit
^Utschland ist natürlich nicht geeignet, dieses für die
^che cinzunehmen. Deutschland hat keine Ursache, die
Letzten französischen Interessen an England zu rächen,
Frankreichs wegen mit England zu Überwerfen. So
^eibt die „Köln. Ztg.":
: Bei allen diesen Erörterungen der Franzosen habe bis-
^niemand gefragt, ob auch Deutschland einem sol-

Konzert des Keidewerger Lieder Kranzes.
O Heidelberg, 8. Dezember.
ft Was an den großen öffentlichen Konzerten des „Li e de r-
>>xZ nze Z" immer besonders angenehm auffällt, :st d:e Vor-
»tz'Bhcit des Programms, das Fernhalten jener wasscrrgen
^d^^rgbereinsweisen", welche sonst wohl die unvermeidliche
sEedienz der meisten Männcrchorkonzerte bilden u. für den
Öfteren Musikfreund derartige Veranstaltungen stets un-
machen. Einen weiteren Vorzug bildet das dankcns-
Bestreben, immer eine Novität oder doch ein seltener ge-
jst, s Werk vorznführen und so das Publikum auch auf die-
Kx Gebiete mit den Neuerscheinungen bekannt zu machen,
"k/rs wir ferner noch die Sorgfalt, welche auf die Auswahl
Solisten gewendet wird, die treffliche Qualität des Chores
leine begeisterte Hingabe an die zu lösende Aufgabe, die
stiis/Kgcnd künstlerische Leitung des Dirigenten, Herrn
Direktor Weidt, betonen, so ist damit genügend erklärt,
Ars'w die Konzerte des „Liederkranzes" unter den zahl-
Heidelberger Musikaufführungcn einen bedeutenden
, -8 einnehmen.
gestrige Konzert wurde mit Schumann's Festonvcr-
^e,i^er das „Rheinweinlied" eingeleitet, einem jener spä-
Werke, die nur traurige Erinnerungen an die vergangene
-st Kest im Schaffen des Meisters zu erwecken vermögen.
At chhor, welcher hier nur eine kleine Rolle spielte, trat erst
beiden a capsIIa-Liedern in seine Rechte. Das rei-
, Volkslied Silchers „Vom Frühjahr" und das stim-
»^L/vIle Chorlied „Am Ammersce" von Ferd. Langer
ltz st klangvoll und mit reicher Niiancierung vorgetragen.
Wiedergabe des „Gelöbnis", für Chor und großes
von Meyer-Olbersleben, eine unsäglich langweilige
m die sehr viel Patriotismus und gar keine musi-
VNf....stsdeutung aufweist, war tcrnperamentvoll und wir-
V^>id> Eine umfangreiche Aufgabe war den Aus-
st "/ss in dem „Deutschen Heerbann" für Solostimmen,
w Orchester von Felix v. Woyrsch gestellt. Das mit

chem Bündnis geneigt sei. Es scheine, als ob man
dieses in Frankreich ohne weiteres annähme; doch würde
man sich bei näherem Nachdenken sagen müssen, daß
Deutschland, so sympathisch es dem Gedanken der beidersei-
tigen Annährung und Verständigung im Sinne einer ge-
meinsamen Friedenspolitik gegenübcrstehen möge, die auch
die beiderseitigen Interessen zu wahren imstande wäre, ftrotz-
dcm von einem Bünd niß mit Frankreich in seinem
eigenen Interesse ebenso entfe rnt sei, wie Frankreich
von einem solchen mit Deutschland.

Deutsches Reich.
— Der Reichskanzler empfing am 6. d. den
japanischen Marquis Ito mit seiner Begleitung in län-
gerer Audienz.
— Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht die Ernen-
nung des Konsistorialrats Reicke zum kaiserlichen Re-
gierungsrat und ständijgen Mtarbeitsr dies Rstichs->
Versicherungsamts. (Konsfftorialrat Reicke, vom Kon-,
sistorium der Provinz Brandenburg, sollte bekamrtlich
wegen seiner Mitgliedschaft beim Goethebunde gemäß
Verfügung seiner Vorgesetzten Behörde von Berlin
nach Königsberg versetzt werden, erklärte jedoch lieber
aus dem Staatsdienst ausscheiden zu wollen, als sich
diese disziplinäre Versetzung gefallen zu lassen. 11m
dem unliebsamen Aufsehen das diese Maßregel in weiten
Kreisen erregte hatte, ein Ende zu machen, wurde da-
rauf, wie es damals hieß, zufolge umnittelbaren. Ein-
greifens des Reichskanzlers verfügt, daß Reicke unter
Ausscheiden aus dem Konsistorium zunächst als Hilfs-
arbeiter beim Reichsamt des Innern beschäftigt werde.
Durch die jetzige Ernennung ist er nunmehr wohl endgik-
tig den Fangarmen der Eiferer entrissen.)
— Das deni Reichstag zugegangene Etatsgesetz stellt
die Einnahmen sowie die Ausgaben auf 2 349 742 466
Mark (im Vorjahre 2 334 121 046 Mark) fest. Die fort-
dauernden Ausgaben betragen 1 960 455 968 Mark
(gegen 1 914 922 914 Mark) die einmaligen Ausgaben
des Ordinariums 191 073 113 Mk. (gegen 223 009 287
Mark), die des Extraordmariums 198 213 375 Mark
(gegen 216 188 845 Mark). Der Etat weist an Ma-
trikularb ei trägen auf 568 185000 Mark
(gegen 570 933 000 Mark), an UeLerweisung an
die Bundesstaaten 644 235 000 Mark (gegen
670 933 000 Mark). Der Reichskanzler wird ermächtigt,
zur Bestreitung der einmaligen außerordentlichen Aus-
gaben 182 068 995 Mark auf dem Wege des Kredits
flüssig zu machen. Er wird ferner ermächtigt, zur vor-
übergehenden Verarbeitung der ordentlichen Betriebs-
mittel nach Bedarf Schatzanweisungen bis zu 175 Mil-
lionen auszugeben. Die beigegebene Denkschrift
führt aus: Der Etatsentwurf schließt mit einem erhebli-
chen Fehlbetrag ab, zu dessen Begleichung 58,9
Millionen an ungedeckten Matrikularbeiträgen ersorder!-
lich waren. Aber die Einzelstaaten zu der Zahlung dieser
68,9 Millionen heranzuziehen, wäre für einen großen
Teil derselben eine finanzielle Unmöglichkeit und würde
ihre politische Selbständigkeit in ernstester Weise ge-
fährden. Deshalb ist es eine politische Notwendigkeit,
die Matriknlarbeiträge nicht auf 58,9 sondern nur auf
24 Millionen festznsetzen, was sich als das äußerste der
Leistungsfähigkeit jener Staaten darstellt. Die Aufbür-
dung des ungedeckten Restbetrages von 35 Millionen

einen: großen Apparat arbeitende, recht prctentiös auftretende
Werk, leidet an dem bekannten Fehler, auf den auch an dieser
Stelle schon wiederholt. hingewiesen wurde: einerseits ein
krampfhaftes Festhalten an den von vergangener Zeit
ererbten Formen und Ausdracksmitteln, was namentlich der
„Leipziger Schule" eigentümlich ist, der ja auch der Komponist
wenigstens der Gesinnung nach angehört; andererseits ein
unfruchtbares Kokettieren mit den „anzuerkenncnden" (I)
Errungenschaften der großen modernen Meister, was zu-
sammen eine Mischung von höchst bedenklicher Stillosigkcit
ergicbt. (Beispiel: ein gleich zu Anfang verwendetes Geigen-
motiv, das ziemlich wörtlich aus den „Meistersingern" ent-
lehnt ist, in. Verbindung mit einer recht nichtssagenden Dekla-
mation a In Max Bruch.) Der poetische Gehalt des Geibcl'schen
Gedichtes wird nur in recht matter Weise musikalisch wicder-
gegeben. Mit Ausnahme der Schilderung des Ungarnlagers
und der Pricstergesänge, wo eine gewisse künstlerische Stei-
gerung nicht zu leugnen ist, findet man wenig Mitreißendes,
innerlich Packendes. Und doch wäre durch den zu Grunde
liegenden Text reichlich Gelegenheit zu farbenprächtige,: Ton-
malereien aller Art gegeben. Wie langweilig korrekt wirken
bei der Beschreibung des Zusammenströmens der germanischen
Stämme zum Heerbann die braven, direkt der Kontra-
punktstunde entstammenden Sequenzen und Imitationen;
wie zahm und in welch banalen Rhythmen werden die blut-
dürstigen Ungarnhorden gezeichnet und wie bcgeisterungslos,
jeder originellen Stimmung bar klingt der Schlachtgesang
am Schlüsse aus! Welche Farben Härte hier ein Richard
Strauß gefunden! Das nicht leichte Werk würde im Ganzen
brav interpretiert; doch schien es manchmal als habe eine voll-
ständige Zusammengewöhnung zwischen Chor und Orchester
noch nicht stattgefunden. Die beiden Solostimmen waren
ausgezeichnet vertreten durch die Herren Rüdiger und
Kromer vom Mannheimer Hofthcater, welche auch schon im
ersten Teil des Konzertes durch Liedervorträge sehr zur Be-
lebung desselben beigetragen hatten. Herr Kromer, dessen
schöne, markige Baritonstimme leider gestern etwas belegt

Wurde im Wege der Verweisung von Einzelposteu der
Eiuzeletats ins Extraordinarium vermieden, um dis
gesunde Finanzierung der künftigen Etats nach lieber-
Windung der nur als vorübergehend anzusehenden
wirtschaftlichen und finanziellen Notlage aufrecht zu er-
halten. Dainit war der Weg der Entlastung durch eins
Zuschußanleihe gewiesen.
— Graf Waldersee ist mit dein Kaiser zugleich gegen-
wärtig Jagdgast des Fürsten v. Donnersmark. Waldersee
hat indessen nur einen Teil der Jagden mitmachen können.
Auf Rat des fürstlichen Leibarztes legte er sich zu Bett;
nicht gerade, daß er ausgesprochen krank wäre, aber die
Anstrengung einer Jagd bei Frost und Wind hat ihn, der
sich noch in der Rekonvaleszenz befindet, stark angegriffen.
— Die Hamburger Akkordmaurer gaben den Eini-
gungsversuchen einen eigenartigen Abschluß vor dem Ham-
burger Schöffengericht, vor das sic den Redakteur des
„Grundstein", Gen. Staningk, wegen Beleidigung zitierten»
Es handelt sich um Bezeichnungen, wie „Streikbrecher",
„Baulöwen" und „Auchkollegen", welche St. gegen die
Akkordmanrer gebraucht hatte und die er nun mit 150 Mk.
Geldstrafe, bczw. 30 Tage Gefängnis büßen muß. Mau
steht auch aus diesem Vorkommnis, daß die Hamburger
Akkordmaurer nicht mit sich spaßen lassen. Bekanntlich
haben sie sich nicht gefügt, vielmehr sind sie in größerer
Anzahl aus der sozialdem. Partei ausgeschlossen worden.

Deutscher Weichstag.
Berlin, 7. Dez. Das Haus erledigt verschiedens
Rechnungssacheir und setzt die Beratung des Zoll-
rar i f e u t w u r f s fort.
Abg. Minierer (Elsässer) betrachtet die Frage nicht
als eine politische, sonder:: als eine rein wirtschaftliche. Was
die industriellen Zölle betrifft, so werden wir immer Mit-
wirken, iun den Arbeitern bessere Arbeitsgelegenheit zu ver-
schaffen. Wir halten aber eine mäßige Erhöhung der land-
wirtschaftlichen Zölle für dringend notwendig. Wir glauben
dabei auf dem Boden einer ausgleichenden Gerechtigkeit zu
stehen.
Unterstaatssekretär von Sch raut: Der reichsländische
Lmwlvirtschaftsrat, dem meist kleine Landwirte angehören,
hat sich für eine Erhöhung der Zölle ausgesprochen. Redner
empfiehlt Schutz des Weinbaues und eine Erhöhung der Ter-
tilzöllc.
Abg. Schräder (freist Ver.): Nicht di« Zölle veran-
laßten den wirtschaftlichen Aufschwung, sondern die Tüchtig-
keit der industriellen Arbeiter. Die Zuckerzölle brachten zu
Wege, daß wir Zucker billig exportieren, ihn aber teuerer
offen, als irgcird jemand. Das Ausland weiß, daß wir vor
einer Aendcrung der Zollpolitik stehen, u:ck> ist auf seiner
Hut. Industrie, Handel und Kleingewerbe wünschen keine
Aenderung der jetzigen Zustände. Alle Agitation ging ledig-
lich von der Landwirtschaft aus. Ein Grund für die durch-
greifende Umgestaltung des Zolltarifs liege eigentlich nicht vor.
Die Landwirtschaft möge nicht glauben, daß die Industrie
ohne Gegenleistung bereit sei, der Landwirtschaft höhere
Zölle zu bewilligen. Die Aufgabe der Konsumenten werde
sein, die unerwünschten Zollerhöhungei: zu bekämpfen und zu
beseitigen.
Unterstaatssekretär o. Sch raut betont nochmals, daß
der fast ausschließlich aus kleinen Lmwwirten bestehende
Landwirtschaftsrat von Elsaß-Lothringen sich für Erhöhung
der Zölle ausgesprochen habe.
Abg. Frhr. v. Wangenheim (const, B. d. L.), er-
klärt auf dem Standpunkt zu stehen, daß nur allein der

klang, sang Lieder von Brahms und das entzückende „Selbst-
geständnis" von H. Wolf, Herr Rüdiger, der liebens-
würdige und auch bei uns so beliebte Tenor, Lieder von Richard
Strauß und das ebenso gefällige wie seichte „Schuhmacher-
Oed von F. Weingartner. Die Soloborträge wurden von
Herrn Gompf mit großer technischer Fertigkeit und Dis-
kretion begleitet. Dem Dirigenten des Konzertes Herrn Dir.
Weidt, seiner ruhigen, dabei doch so energischen Leitung,
sowie der vortrefflichen Leistung des Städtischen Orchesters
gebührt warme Anerkennung. O. S.

SLadttkeater.
d' Heidelberg, 9. Dezember.
„Rigoleito", Oger in 4 Akten von G. Verdi.
„Troubadour" — „Rigoleito" — die reinste Verdifeier! Viel-
leicht wollte men uachhoien. wes zu Anfang dieses Jabrss an-
läßlich des Ablebens des Masstro v rsäumt worden Obwohl
etwa? früher als der „Troubadour" entstanden, übertrisft „Rigo-
letto" diesen in mehr als einer Beziehung. Wenn auch nicht
ganz von derselben Melodieenfülle strotzend, so finden sich dafür
weniger Sünden gegen den Geist des guten Geschmacks, die Tri-
vialitäten dcs jungen Verdi sind weniger häufig und es zeigt sich
oft eine dramatische Gestaltungskraft, die schon deutlich die
Meisterhand ohne:: läßt, welche uns nachmals eine „Aid.:", einen
„Othello" und „Falstaff" schenken sollte. Ja selbst die sich spä-
ter so „originell" gebcrdenden Juvg-J'allener haben ihr redlich
Teil schon hier ßerouSaeholt; man braucht nur dies.:: Hofnarren
dem „volkstümlichen" Bajazzo LcoucavollsS geg-nüb.rstellen.
Herr von Keller, der in jeder Partie seine künstlerische
Fähigkeit einer in die Tiefe gehenden Charakterisierung bezeugt,
spielte die tot-.ressanie Figur des Rigoletto höchst drastisch und
wußte die verschiedenartigen Moments seiner Rolle trefflich zum
Ausdruck zu bringen. Von ergreifender Wirkung war sowohl
schauspielerisch wie musikalisch seine VcrzweislungSscen: im dritten
Akte. Die von Mn Sopranistinnen gefürchtete und geliebte Partie
der Gada sang Frln. G o rdon mü dem ganzen Können und
 
Annotationen