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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 282 - 305 (2. Dezember 1901 - 31. Dezember 1901)
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DomersLag, 5. Dezember 1901.

43« JahMilg. — ^r. 285.

Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 60 Pfg, in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post br»
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Inserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Vas Kaiser AWelm-

M dem LuWigtplatr ru Wüelberg.

Als Kaiser Wilhelm I. am 9. März 1888 seine Augen
schloß, da hatte das deutsche Volk das Gefühl, daß ihm
der ehrwürdige Vater entrissen worden sei. Selten wohl
ist der Heimgang eines Monarchen so allgemein, so auf-
richtig und so herzlich betrauert worden, wie der seine.
Ein Jeder empfand sein Hinscheiden als einen persönlichen
Verlust. Wohl konnte das deutsche Volk keine Klage er-
heben, wie sie erschallt, wenn ein Mann in der Vollkraft
seines Schaffens jäh dahingerafft wird, denn Wilhelm der
Erste war zu Jahren gelangt, die nur Wenige erreichen,
aber eine stille Wehmut und Trauer breitete sich bei seinem
Hiuscheiden über dem Volk aus. Die ungekünstelten Trauer-
krindgeben in allen Teilen des Reichs, legten dafür Zeug-
nis ab.
Dreizehn Jahre sind seit dem Heimgang Kaiser
Wilhelm 1. verflossen. Seine Regierung und seine Person
sind inzwischen durch die geschichtliche Forschung mehr und
Mehr beleuchtet worden. Ob die Nachwelt ihm den Namen
des Großen zusprechen wird, das muß die heutige Generation
dahingestellt sein lassen; soviel steht aber fest, daß mit
jeder neuen Publikation das Bild des Kaisers schöner
Und edler erscheint. Wer die Briefe aus Bismarcks
Nachlaß liest, die erst vor wenigen Tagen erschienen sind,
der wird ganz gefangen genommen von der schlichten, ge-
diegenen Männlichkeit, die sich in jeder Zeile des Kaisers
ausspricht. Man hat das Gefühl, daß ein solcher Kaiser
Uon dieser Charakterfestigkeit, dieser Gleichmäßigkeit im
Wesen, dieser Treue gegen sich und seine Umgebung nöthig
Kar, wenn das große Werk der Wiederaufrichtung Deutsch-
lands gelingen sollte. Wo man auch hinblickt, wo man
Mich die kritische Sonde ansetzt, in allen Stücken und zu
leder Zeit hat Kaiser Wilhelm sich als echt, tüchtig und zu-
derlässtg erwiesen.
Hier in Heidelberg hat man für Kaiser Wilhelm I.
seit der Zeit, da man ihn und seine Absichten begriff, eine
uch immer mehr steigernde Sympathie gehabt; dem sieg-
reichen Kaiser, dem lebendigen, ehrfurchtgebietenden Aus-
druck der Einigkeit des Reichs hat man immer freiwillig
don ganzem Herzen gehuldigt. Deshalb war man gleich
^ach dem Hinscheiden Wilhelms I. sich hier darüber einig,
. aß in einer Stadt, die für Kaiser und Reich so begeistert
Ui, w-e Heidelberg, ein Denkmal zur Erinnerung
?u den dahingeschiedenen erlauchten Wiedererneuerer des
Reichs nicht fehlen dürfe; ebenso wenig eines für den
Ersten Bismarck, der, unterstützt und geschützt von dem
..aiser, die Hauptarbeit an dem großen Werk hat leisten
surfen.
Die Kosten des Denkmals sind zum Teil durch frei-
willige Gaben, die vermittels einer Sammlung aufgebracht
Wurden, zum Teil durch Veranstaltung von lebenden
Widern im hiesigen Stadttheatcr aufgebracht worden. Die

StadttHeater.

Heidelberg, 4. Dezember.
»Zopf und Schwert", Lustspiel von Gutzkow,
dl, Mit dem Sicgcslied aus dem Judas Makkabäus verbindet
^ Reineckesche Festouverture in feiner Art das hehre Motiv von
j>>n U danket alle Gott". Sie wurde heute, des Siegeskaisers
^^dankerfülltem Herzen zu gedenken, als schöne Einleitung
N-.3ur Feier der Enthüllung des Kaiserdenkmals gab es „Zopf
„a"? Schwert". Robert von Mohl spricht an einer Stelle seiner
w„u?"serinnernngen" die Ansicht ans, es werde hoffentlich nie-
d so thöricht sein, sich ein Bild von der Karlsschule nach
die i? willkürlicher Darstellung zu machen; er selbst habe Laube
gfl-,Unrichtigkeiten seiner Darstellung auseinandergesetzt. Ein
Gutzkow gegenüber in Betreff Friedrich Wilhelms I-, zu
U»d ' ^ bier nicht die Stelle. Es ist etwas von der Einseitigkeit
trifl Enge des jungen Deutschland, die sich in Gutzkows Beur-
EZ Ä des Preußentums und seinem Theaterstück widerspiegelt,
^ar,, En Zopf, dies Stück bei Preußenfesten anfzuführen;
konnte es nicht der „Prinz von Homburg" sein?
do„ Kleist einzig spürt man in unvergleichlicher Weise etwas
Geiste, der Preußen groß gemacht hat. Man denkt:
Vr>. , von wovsrs, und giebt einem Effektstück alter Mache den
edem,6 vor einer Dichtung, die an einem festlichen Tage in
" Weise die aufbanenden und konservativen Mächte des
"Preußentums unsere Herzen erwärmt hätte,
lieh , "s Stück mit der Szene aus dem Tabakskollegium, wesent-
fln w'k Heiratsintrignen der Handlung nach aufgebaut, enthält
P?iBemerkungen, die in heutigen Zeitläuften interessieren.
Beratung, die der König mit dem Prinzen von Bayreuth
e»f^! vne man bei den bevorstehenden Festlichkeiten die Gäste
^ ihn amüsante und graziöse Manier unterhalten könne, fragt
aste - er ^gegebenenfalls in das Festspiel, das er dichten

ex

Holländisches einfließen zu lassen geneigt sei.
»vakskollegium wird gefragt: „Eversmanu, sin!

Dann
sind keine


holländischen Zeitungen da?" „Ja, Majestät, es stehn aber lauter
Lügen drin." Man sieht, die Zeiten sind anders geworden.
Der König ist mir wenigen Strichen gezeichnet. Herr
Wiegner stellte seine Mittel in den Dienst dieser Aufgabe und
löste sie glücklich. Er spricht klar, hat ein ausdrucksvolles Mienen-
spicl und eine gute Art, sich Haltung zu geben. Fräulein Kögl's
darstellerische Vorzüge ließen sich an ihrer Prinzessin wiederum
alle ablesen. Die Figur der Königin ist vom Autor ganz blaß
gelassen. Frl. Hohenau fügte aus Eigenem auch nicht viel
Farbe hinzu. Seckendorf, Is pstit oorubinatsur, dar,egen gewann an
Leben in der Darstellung des Herrn Groß mann. Eckhof, der
mehr gelernt hat als Lichtputzen beim Theater und sich in der
Montour so unglücklich fühlt, war Herr Brandt, im drama-
tischen wie im Geiaenspiel, mit dem er das Menuett der Hof-
dame mit der Prinzessin im Stubenarrest begleitet, gleich
glücklich l
Eversmann wurde in der Wiedergabe des Herrn Schneider
eine wirkungsvolle charakteristische Figur. Als Fremde bringen
in diese Potsdamer Welt einige Bewegung der englische Gesandte
und der Erbprinz (wie die Königin sagt) „von Ansbach", der mit
seiner französischen Bildung das kleine Kunstwerk von Bayreuth
in sich präsentieren kann. Die Herren Rudolph und Bernau
widmeten sich diesen Rollen mit echtem Eifer und schönem Er-
folge. Herr Rudolph führte die Regie mit Umsicht.

Kleirre Zeitung.
— Hochschulnachnchteu. Jena, 4. Dez. Der Direktor
des landwirtschaftlichen Instituts an der hiesigen Universität,
Professor Dr. Henry Sette gast, ist gestorben.
Gotha, 4. Dez. Der 24 jährige Student Hans
Fischer aus Berlin, der während der Pfingstferien in Eisenach
seine Geliebte erschossen hatte, ist laut „Gothaer
Tageblatt" vom Schwurgericht zu zehn Jahren Zucht-
haus und zehn Jahren Ehrverlust verurteilt worden.

Bilder wurden unter Leitung der Hrrren H. Lossen, G.
Schmitt und Hcnoumont aus Düsseldorf gestellt, welch'

Letzterer auch den jeweiligen Text dazu verfaßt hat;
Frl. Lollo Boch aus Frankfurt sprach den Prolog. Sie
waren der Geschichte der Pfalz entnommen und fanden bei

der gesamten Bevölkerung so lebhafte Teilnahme, daß ein
Erlös von etwa 6000 Mk. erzielt wurde. Hierzu kam
außerdem ein wertvolles Vermächtnis des Herrn Franz
Walz. Nach langem Tasten — es war zuerst von einem
Brunnen mit Büste oder Medaillon die Rede — fand das
nunmehr ausgestellte und heute enthüllte Reiterstand-
bild, dessen Abbildung wir den Lesern vorführen, den
größten Beifall.
Wie bekannt, ist das hiesige Denkmal die Wiederholung
des Hauptteils des westphälischcn Provinzialdenkmals auf
Hohensyburg. Dort erscheint der Kaiser in Begleitung des
Kronprinzen und des Prinzen Friedrich Karl, sowie Bis-
marcks und Moltke's. Das Denkmal dort auf dem Berge
ist ein großer Sgliedriger Bau. Das eigentliche Kaiserstandbild,
von Prof. Donndorf in Stuttgart modelliert, von dem
auch die hiesige Bismarcksbüste herrührt, ist indessen so geartet,
daß es auch für sich allein volle Wirkung thut. Auf starkem
edlem Rosse, das bei leicht bewegten Haaren der Mähne
und des Schweifes fest and sicher ausschreitcnd, in dem
lebhaften Ausdruck des Kopfes und der straffen Haltung
der Muskeln ein Gefühl für die Würde seines Reiters zrr
verraten scheint, sitzt in aufrechter Haltung, die Füße straff
im Bügel, Kaiser Wilhelm. Der Helmbusch wie der
zurückgeschlagene Mantel, der vorn die Generalsuniform
mit dem Bande des Schwarzen Adlerordens und den son-
stigen Lieblingsorden des Herrschers frei läßt, flattert im
Winde. In der Linken die Zügel erhebt er die offene
Rechte wie zum Segnen. Wohlwollen und milde Freund-
lichkeit verklären die Züge, die den alten pflichttreuen Sol-
daten nicht verkennen lassen.
So möge dieses würdige Kaisermonument die nach-
folgenden Geschlechter, die in unserm schönen Heidelberg
aufwachsen, vertraut machen mit der Person des edeln
Fürsten, unter dessen Regierung das neue Deutschland ent-
stand; möge der Anblick des alten Heldenkaisers die künf-
tigen Generationen an die großen Zeiten der Wiederher-
stellung Deutschlands erinnern und sie bestärken in der
Liebe zu Kaiser und Reich!

— Prof. Donndorf aus Stuttgart, der das hiesige Kaiser-
denkmal modelliert hat, befindet sich seit gestern hier. Adolf
Donndorf ist geboren am 16. Februar 1835 zu Weimar. Er hat
an der Vollendung des Lutherdenkmals mitgearbeitet, an dem
fünf Statuen von ihm sind. Später schuf er das Reiterdenkmal
des Großherzogs Karl August von Weimar, das Cornelius-
denkmal in Düsseldorf, Schumanns Grabdenkmal in Bonn,
das Burschenschaftsdenkmal in Jena, das Denkmal Bachs in
Eisenach und andere mehr. Auch zahlreiche Porträtbüsten hat er
geschaffen, so die Bismarcksbüste hier und in Stuttgart. Seit
1877 wirkt Herr Donndorf in Stuttgart als Professor an der
Kunstschule.

Haag, 4. Dez. Die Königin ist vollständig
wieder hergest'el lt und unternahm gestern die
erste Ausfahrt.
Kapstadt, 3. Dez. In der Mosselbai (Südküste) sind
fünf Personen an der Pest erkrankt.
— So große Annehmlichkeiten das Reisen auf den
elektrischen Bahnen auch hat, so ist doch eine unangenehme
Begleiterscheinung nicht zu vermeiden: daß nämlich die
Uhren der Passagiere magnetisiert werden. Schon
vielfach wären — so schreibt eine englische Wochenschrift —
dieserhalb letzthin Klagen laut geworden und könnten die
Reisenden sich hiergegen in der Weise schützen, daß sie ent-
weder ihre Uhren zu Hause ließen, oder aber sie in einer
nichtleitenden Kapsel trügen. Erstere Möglichkeit ist aber
kaum durchführbar und so bliebe dann nur die letztere
übrig; gegen die Einwirkung elektrischer Ströme schütze
aber auch ein seidenes Taschentuch und thäten die Reisen-
den gut, wenn sie beim Betreten der Elektrischen ihre Uhren
mit jenem Gegenstände umwickeln würden. Von
einer Schadenersatzverpflichtung der Eisenbahngescllschaft,
mit der man in England sonst immer gleich bei der Hand
ist, spricht das Blatt zunächst nicht.

Theater- und Kunstnachrichten.
Heidelberg, 5. Dez. Im Stadttheater geht morgen Freitag
die interessante Komödie von Sudermann „Die Schmetteilings-
schlacht", welche bekanntlich bei ihrer Erstaufführung einen großem
Beifall erzielte, wiederholt in Scene.
 
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