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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 203 (1. August 1901 - 31. August 1901)
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Somstag, 24. August Ml.

Blatt.

43. MMM — !k. 197.

Grschetv! täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Kamiliendlättern monatlich bv Pfg. in's HauS gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abzehslt 4V Pfg. Durch die Post be»
zogen vierteljährlich 1,35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
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twrgcschriebcnen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Inserate auf dm Plakattofclv der Heidelberger Zeitrng und den Plakatsäulen. — Fernsprcch-Anschluß Nr. 82.


Ueitklberger ««
-------- »««» Teilung

noch nicht kennt, bestelle für den Monat Septem-
ber ein

mit. Martert erstattete sofort bei seinen Vorgesetzten
Meldung, Davon, daß der Schutzmann sich als Mit-
wisser des Mordes bezeichnet habe, wie es in der gestrigen
telegraphischen Meldung zu lesen war, ist nach dieser
genauem Darstellung keine Rede,
Das Gerücht über ein Geständnis Skopeks in Sachen
der Ermordung des Rittmeisters v, Krosigk wird von
der „Preuß.-Litth. Ztg." in Gumbinnen als unbegrün-
det bezeichnet.
Aus allen diesen Vorgängen sieht man, wie sehr
der unerwartete Ausgang des Gumbinner Prozesses die
Volksseele beschäftigt.

Probe-Abonnement.
Bei der j)ost kostet die „Heidelberger Zeitung"
45 pfg., unsere Träger liefern das Blatt für 50 pfg.
frei in's Haus. Jetzt hinzutretende Besteller erhalten
das Blatt bis zum (. September kostenlos geliefert.


Z«m Gumbinner Prozeß.
Wie dem „Berliner Lokalanzeiger" von zuständiger
Seite mitgeteilt wird, haben sämtliche Mitglieder des Gum-
binner Kriegsgerichts sofort nach dem Urteils-
spruch ein Gnadengesuch an den Kaiser gerichtet um
Umwandlung der Todesstrafe in eine Freiheitsstrafe.
Solche Gnadengesuche pflegen wohl gelegentlich von Ge-
richtshöfen ringer eicht zu werden, wenn nämlich die abge-
Mteilte Angelegenheit zwar unter das Strafgesetz füllt,
aber v'ch so liegt, daß der Verurteilte menschlich gerecht-
fertigt oder wenigstens entschuldigt ist. Hier kann von
dergleichen keine Red! sein. Man kann dsßhalb das
Gnadengesuch nur dahin auffasseu, daß dem Gericht vor
!emem eigenen Urteil bange geworden ist, wie auch der
Ktaatsanwalt davor zurückschrak, ein Todesurteil zu be-
antragen.
Das Berl. Polizeipräsidium teilt mit: Die beiden letzten
Abende sind Gerüchte umgegaugen über neue Enth ül-
lungen zu dem Prozeß wegen E r m o r d u n g
des Rittmeisters v. Krosigk in Gumbinnen,
bei denen Beamte der Berliner Schutzmannschaft er-
mähnt werden. Diese Gerüchte sind anscheinend zurück-
Mühren auf die Thatsache, daß ein Schutzmann
üch am 21. August verpflichtet gefühlt hat, die Mittei-
Ung zu machen über ein Gespräch, das er vor fünf bis
^chs Wochen über die erwähnte Angelegenheit mit einem
diesigen Handelsmann geführt hat. Was an dieser Mit-

ilung wahr ist, muß erst von zuständiger Stelle festge-
M werden.
Von anderer Seite wird dann noch näheres über
lese'Angelegenheit mitgeteilt. Darnach traf der Han-
delsmann Litsch am 17. Juli mit 6 Soldaten zusammen,
Welche früher im 11, Dragonerregiment gedient hatten,
iner derselben erklärte „Marten ist nicht der Thäter;

?er Thäter ist längst in Ostasiern" Litsch teilte am 21.
stugnst diese Unterredung dem Schutzmann M arkert

Men Pferde sie selbst lenkt. Gestern begegnete die
wrstgin bei Theux einem H u n d e f u h r w e r k, worin
^ ^...S, mit seiner Frau saß.

^ hiesige Lumpensammler , , ,
Par war betrunken und schlug mit aller Wucht auf
Hund ein, der vor Erschöpfung fast zusammenbrach.
, lltrüstet hielt die Königin an und bat die Leute, ab-
k-ste' ' .--- --.

Kleine Zeitung.
Vertuers, 22. Aug. Die Königin derBel-
ft er macht von Spa aus wieder ihre üblichen Aus-
Mge in die Umgebung, und zwar in offenein Wagen,

ergen, da das Tier nicht mehr weiter könne. Die
^Mpensammler weigerten sich jedoch und antworteten
M einer Flut von Verwünschungen und Beleidigungen.
Ae Königin fuhr in: Galopp nach Theux und beantragte
e Verfolgung der Unmenschen wegen Tierquälerei.
— Der Dom zn Wetzlar, ein altehrwürdiges Denk-
A mittelalterlicher Baukunst, bedarf dringend einer
Endlichen Wiederherstellung seiner zumteil gänzlich ver-
sierten Außenseite. Unter Beteiligung von Mini-
ftiat-Kommissaren hat eine eingehende Besichtigung des
^llnes und eine Besprechung über die zu ergreifenden
Mregetn stattgefunden. Es soll zunächst ein Projekt
L die Wiederherstellungsarbeiten aufgestellt werden,
(Men Ausführung voraussichtlich über eine Million Mk.
Ansprüchen wird. Es wird gehofft, diese bedeutenden
^Mittel, da die beteiligten Kirchengemeinden leistungs-
bohig sind, teils durch Zuschüsse des Staates und der
l^dinz, teils im Wege der Lotterie aufbrmgen zu
Awu.
Das Sündenregister der Herren führte dieser
U in einer Zuschrift an ein Berliner Blatt eme Dame
Wiesbaden ans, als Entgegnung der Angriffe, welche

Zeit zu Zeit die Damenwelt in der leidigen Schlep-

4.

Agrar- und Industriestaat.
Eine Auseinandersetzung mit den Nationalsozialen
und mit Professor L. Brentano über die Kehrseite
des Industriestaates und zur Rechtfertigung agrarischen
Zollschutzes von Professor Adolph Wagne r" betitelt
sich eine soeben im Vertage von Gustav Fischer, Jena,
erschienene bedeutungsvolle Schrift, welche in die aktuelle
Tagesfrage der Schutzzollpolitik eingreift. Wie der
Titel bereits besagt, handelt es sich um eine Auseinander-
setzung Wagners mit dem Münchener Nationalökonomen
L. Brentano. Hervorgegangen ist diese Schrift aus einer
Reihe vor: Aufsätzen, welche Professor Wagner zuerst
in der „Täglichen Rundschau" zur Abwehr der gegen ihn
gerichteten Angriffe seitens des Professors Brentano
und der Nationalsozialen veröffentlichte. Indessen sind
die dortigen Ausführungen in der vorliegenden Schrift
nach vielen Richtungen hin erweitert und vertieft worden.
Auch nimmt Prof. Wagner darin Stellung zum Zoll-
tarifentwurs; er schreibt dazu: Es ist höchst erfreulich,
daß man hier wenigstens erheblich höhere Minimalsähe
für Getreide, als die bisherigen Vertragszölle unbedingt
festhalten will, 6 Mark für Roggen, 51/2 Mark für
Weizen und Spelz, 3 Mark für Gerste. 5 Mark für Ha-
fer, Sätze, welche gewiß nicht zu hoch sind; daß mau auch
die Viehzölle angemessen erhöhen will, lieber einzel-
nes, z. B. das Maß der Erhöhung des Maiszolles, wird
sich reden lassen; ich möchte auch diese Erhöhung gleich-
wohl billigen. Eher sind vielleicht Zweifel berechtigt,
ob unsereg auze Industrie alle die Veränderungen
und Erhöhungen des Tarifentwurfs noch bedarf. In der
gegenwärtigen Entwickelung der deutschen Volkswirii-
schaft ist die „E r h a l t u n g s p o l i t i k" agrari-
scher Schutzzölle in viel stärkerem Maße geboten
und berechtigter, als die „E r z i e h un g s P o l i t i k"
industrieller Schutzzölle, allenfalls mit
Ausnahme des Kunstgewerbes, wie G. v. Mayr trefflich
ausführt. Denn im großen und ganzen bedarf unsere
Industrie einer solchen „Erziehung" kaum mehr, während
wenigstens einstweilen eine schutzzöllnerische „Erhal-
tungspolitik" für sie noch nicht in Frage kommt. Als
Verhandlungsbasis für Handelsverträge eig-
net sich der Tarifentwurf aber auch für die Industrie-
zolle vorzüglich. Möchte nur die Regierung gegenüber
der sofort wieder eingetretenen einheimischen '.wüsten
Agitation und jämmerlichen Nngstmeierei vor dem Ans-
tand und gegenüber letzterem fest bleiben. Der Reichs-
tag wird sich schon bereitwillig zeigen, lind das Geschrei
wird verstummen, wie auch 1879 und wie nach allen
den großen Wandlungen (1834, 1862, 1866!), welche
bei uns eine feste Regierung fast noch jedesmal gegen

penfrags erfahren muß. Sie erteilt folgende Rügen:
Da ist zuvörderst die ebenso unritterliche wie häßlich
aussehende Mode der Herren, den Arm der Dame zu
nehmen, sich also von dieser führen zu lassen, während
doch, wie es seit uralten Zeiten Sitte gewesen ist,
der Mann, als der Stärkere, Führer und Stütze der
Frau sein sollte. Der selige Knigge würde sich im Grabe
nmdrehen, wenn er solches sähe, sagt er doch deutlich ge-
nug in seinem berühmten Buch „lieber den Umgang mit
Menschen": „Wenn Du eine Dame führst, so reiche ihr
auch zuweilen den linken Arm, wenn sie an der rechten
Seite nicht so bequem gehen sollte." — Goethe läßt Faust
zn Gleichen sagen: „Darf ich wagen, Arni und Geleit
Euch auzutragen?" —bittet also nicht um ihren Arm,
wobei er wohl noch gründlicher abgeblitzt wäre — und
in „Hermann und Dorothea'Mheißt es: „Sorglich stützte
der Starke das Mädchen". Schiller kennt es auch nicht
anders und läßt seine Minna „am Arme seichter Thoren"
spazieren gehen. Zeus, so berichtet schon der alte Homer,
„führte am Arm auf den Thron die hoheitblickende Here".
Und wenn im alten Testament steht: „Der Mann soll
an seinem Weibe hangen", so bedeutet das: er soll sie lie-
ben und ehren, und nicht an ihr hängen. Also weg mit
dieser Mode, die schon weit um sich gegriffen und sogar
das Heer, bis zu den jüngsten Leutnants augesteckt hat.
Nun noch ein Wort über die abscheuliche Unsitte, den
Schirm oder Stock in wagerechter Lage mit weitausra-
gender Spitze über dein Arm zu tragen. Man sollte den-
ken, daß jeder Mensch so viel Vernunft besitzt, um sich
vorstellen zu können, wie gefährlich in einer bevölkerten
Stadt ein solches Tragen ist. Also meine Herren, fegen
Sie nur recht fleißig vor der eigenen Thür. Uebrigens
bin ich ganz Ihrer Meinung, wenn Sie den Wunsch aus-

die irre geleitete öffentliche Meinung erzwingen mußte
— zum Segen des deutschen Volkes."

Deutsches Reich.
W i l h e lms h ö h e, 23. Aug. König Eduard
traf um 12 Uhr 60 Minuten in der Station Wilhelms-
höhe ein. Zum Empfang war der Kaiser in der Uniform
eines englischen Admirals, die hier anwesenden Herren
des Hauptquartiers und der Gesandte v. Tschirschki und
Boegendorff erschienen. In Begleitung des Königs
befanden sich der Botschafter Laszelles und die Herren
seines Gefolges. Der König trug die Uniform der
Gardedragoner. Nach herzlicher Begrüßung begaben sich
die Monarchen in offenem Vierspänner in das Schloß,
wo Tafel stattfand. Die Tafel war mit einem großen
Tafelaufsatz geschmückt, welchen der Kaiser dem König
zum Geschenk machte. Derselbe trug die Aufschrift:
„Emperor William II. To King Edward VII." Der
Tafelaufsatz stellt eine hervorragende kunstgewerbliche
Arbeit aus Edelmetall dar, entworfen von dem Kaiser
und nach dessen Angaben ausgeführt von dem Lehrer
der Knnstgewerbeschnle Otto Rohloft. Gegen 4 Uhr
reiste der König von hier ab. Der Kaiser begleitete
den König zum Bahnhof.
Baden.
L.6. Pforzheim, 23. August. Tcr langjährige
Vertreter der Stadt Pforzheim im Landtag, Herr Fabri-
kant Albert Wittum, hat die ihm von den National-
liberalen wieder antragenc Kandidatur für Pforzheim-
Stadt angenommen.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Groß Herzog haben
dem Kaiserlichen Gesandten zu Tanger, Freiherrn von
Mentzingcn, die Erlaubnis zur Annahme und zum Tragen des
ihm verliehenen Königlich Preußischen Kroncnordens zweiter
Klasse erteilt.
Karlsruhe, 23. Aug. Heute Nachmittag kamen
von Schloß Heiligenberg der Fürst und die Fürstin,
sowie Prinzessin Amätie zn Fürstenberg mit mehreren
ihrer Gäste zum Besuch nach Schloß Mainau und nahmen
bei den Grotzherzoglichen Herrschaften den Thee ein. Nach
zweistündigem Aufenthalt kehrten dieselben wieder nach
Heiligenberg zurück. In einigen Tagen erwarten der
Großherzog und die Großherzogin den Besuch der Her-
zogin Mutter von Genua, geborenen Prinzessin von
Sachsen, welche einige Zeit Lei den Großherzoglichen
Herrschaften zu verweilen gedenkt.

Ausland.
Holland.
Haag, 23. Aug. Wegen heftigen Katarrhs
gab dieKönigin auf ärztlichen Rat die Reise nach Ol-
denburg aus. Ihr Gemahl, Prinz Heinrich, bezieht
sich allein dorthin, um den dortigen Feierlichkeiten beft
znwohnen.
Frankreich.
Pari s, 23. Ang. Während die r e p u b l i k a n i -
schen Franzosen sich der Ankunft des Zaren freuen,
treten die Sozialisten mit entrüsteten Ein-
sprüche n auf. Der allgemeine Ausschuß der sozialft
stischen Partei veröffentlicht eine Kundgebung, in der

sprechen die Schleppe geh' und nimmer kehr' sie wieder'
Ilm ihre Unbefangenheit in der Schleppenfrage zu erwei-
sen, versichert die verehrte Einsenderin, daß sie keine
„Landstrercherm" sei, d. h. den Erdboden nicht mit einer
Schleppe fege. „Landstreicherin" ist übrigens sehr gut.
^ ^ ^ u r 6, 23. Aug. Die Lustyacht der Ham-
burgMmerita-^.ime „Prinzessin Viktoria Luise", welche
gestern her M arstrand ankerte, empfing 7>ort den
Beftich des Königs von Schweden. Der König
kam mit großem Gefolge an Bord, besichtigte das Schiff
und erklärte, ein so schönes Schiff noch nie
g e s e h enzuhabe n. Dann fand ein Frühstück statt,
an welchem der König teilnahm. Als Andenken an seinen
Besuch schenkte der König dem Schiff sein Bild mit ei-
genhändiger Unterschrift.
LitterarifchcS.
— 8 Gemeinverständliche Darwinistische Vor-
träge und Abhandlungen. Herausgcgeben von Dr. Wil-
helm Brcitenbach, Odenltrchen. Die Hefte sollen zur Förderung
und Ausbreitung der modernen Entwicklungslehre und der
monistischen Weltanschauung dienen. Jedes Heft ist in sich ab-
geschlossen und einzeln käuflich. Als Mitarbeiter sind bereits
zablreiche der angesehensten Forscher und Schriftsteller gewonnen
worden. Im besonderen bat auch Ernst Haeckel, dessen Schüler
der Herausgeber gewesen ist. dos Unternehmen freudig begrüßt,
wie der dem ersten Heft als Vorwort beigegevene Brief dcS
Forschers zeigt. Zum leichteren Verständnis der Hefte ist für
Nichtfachleute dem ersten Heft ein 12 Seiten umfassendes Ver-
zeichnis von natnrwisscnichaftlichen Fachausdrücken beigcgeben»
deren Erklärung von Heinrich Schmidt stammt. Bisher sind 2
Hefte erschienen: 1. Pro?. Dr. L. Plate. Die Abstammungs-
lehre. Mit 8 Abbildungen, nebst einem Brief Ernst Haeckels
und einem Glossarium. Preis 1 Mk. 2. Dr. M. Breitenbach»
Die Biologie im 19. Jahrhundert. Preis 75 Psg.
 
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