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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 256 - 281 (1. November 1901 - 30. November 1901)
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43. IahrssMg. — Hr. 268

Freitag, 15. November 1901.



^scheint täglich^, Sonntags ausgenommen. — Preis mit FamilienR^ ^^,der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be,
^°igenpr eis: 20 Pfg. die Ispaltige Petttzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Ameiaen an bestimmt
^orgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Inserate auf den Plalattafeln der Heidelb^ den Plakatsäulen -

KyekonffikL des KroDerzogs von Kessen.
Es ist wenig Aussicht vorhanden, daß sich die Ent-
^wdung, die zwischen dem Großherzog Ernst Ludwig
io . Hessen und seiner Gemahlin, der Großherzogin Vik-
tz 'o, eingetreten ist, noch einmal, wie bei früheren
tz.winmnissen, überbrücken lassen könnte. Der Bruch
^ letzt allzu gründlich erfolgt, allzu öffentlich bekannt
Worden, man hat sich persönlich zu scharf gegenüber
fanden, als daß die Beteiligten noch den Wunsch
j^en dürften, die Scheidung vermieden zu sehen. Und
iz^erden die Anstrengungen, die Beiden wieder zn
kühnen, vermutlich scheitern, obwohl, Vermittlungs-
hon verwandter Seite immer noch fortgesetzt
der unmittelbaren Vorgeschichte des endgilti-
Vruches ist hervorzuheben, daß eine letzte Zusammenj-
iwsi des Paares noch in voriger Woche in München
^Tefunden, aber die stärkste Vertiefung des Konflikts
i^igeführt hat. Darüber und über den gegenwärti-
Stand der Dinge liefern folgende dem „Berl. Lo-
zugegangenen Depeschen genauere Anhalts-
>>i^Ünchen, 13. Nov. Daß das eheliche Verhält-
liilt hessischen Großherzogpaares seit Jahren ein gs-
mar, ist längst bekannt. Zu einem offenen Kon-
^ soll es, hiesigen Gerüchten zufolge, vor etwa acht
während des I n c o g n i t o-A u f e n t Halts
ixs^roßherzogpaares im hiesigen Ho-
^ --Bayerischer Hof" gekommen sein. — Die
^^heiten entziehen sich der Wiedergabe, nur muß
werden, ^oß der Scheidungsgedanke der Grotz-
, wohl nicht erst jetzt vertraut worden ist, während
>)k Gemahl bisher nicht die Hoffnung aufgab, wie schon
^Urch Nachgiebigkeit ein weiteres Zusammenleben
sj stoch zu ermöglichen. Ein schlimmer Auf-
^ in dem genannten Hotel bereitete dieser Hoffnung
K K^nde und veranlaßte den Großherzog, telegraphisch
^ ^ Schwager, den Erbprinzen Hohenlvhe-Langen-
l'U herbeizurufen. Dieser geleitete die Großherzogin
lsiy Koburg zu ihrer Schwester und begab sich dann
^ Nach Potsdam zum Bericht an den Kaiser. Daß
ii-^poßherzog an eine Wiedervermählung schon jetzt
ist völlig unwahr, dagegen darf man wohl an-
,^n, paß die Großherzogin einen derartigen Plan
ankfurt a. M., 13. Nov. Die Großher-
Us, st von Hessen, lehnt es entschieden ab,
^ Darmstadt zu r ü ck z uk e h r en, und auch dis
^ wtelungsversuche des Prinzen Heinrich, des Schwa,-
'iij^ks Großherzogs, scheinen zu keinem Ergebnis
^ ft zu haben. In der gleichen Angelegenheit soll ge-
äste Konferenz in Darmstadt zwischen dem Preußi-
?«esandten, Prinzen v. Hohenlohe-Oehringen, und
>>>tzpssischsn Staatsminister Rothe, sowie dem Justiz-
^ Dittmar stattgefunden haben.
^ st s Hessen, 13. Nov. Da die E h cschesi
des Grobherzogs von Hessen nahe bevorstehend
.Oh wird in Hessen vielfach die Frage erörtert,
,Lachem Verfahren die Ehetrennung herbei-
wrd auf welche Scheidungsgründs sie rechtlich
V werden könnte. Für streitige Ansprüche, außer
M^srechtlichcn, insbesondere für Ehestrcitigkeiten,
^^iir den Großherzog kein Gerichtsstand,

>5
v,


StadllHeater.
Heidelberg, den 14. November.
b^l!N on, Oper in 3 Akten von Ambroise L h o in a s.
dem Komponisten der „Mignon" vor, daß er
Eifrigsten Gegner von Georges Big et und nicht
at",» ftstlgsten Veranlasser der Niederlage gewesen fei,
ftis ft »Carmen" bei ihrer ersten Auffahrung in Paris
der Folge hat es sich gezeigt, wie wohlbcgrundet
»/d, ?v.des nachmaligen „Direktors des Konservatoriums"
i,i jdalen gewesen und wie sehr er durch dessen Meister-
m Schatten gestellt werden sollte. Welch ein
esteht aber auch zwischen dem Hauptwerke Vi-
iersi^r aus einem Gusse geschaffenen, vom ersten bis
Ton elektrisierenden Musik und der ans Sen-
und Banalität zusammengesetzten alles Lirfer-
"^nden u. nur aSf Lutzererr Efsek: ausgehenden Oper
N Es sind mir wenige Stellen darin, die eines ge-
nicht entbehren, und namentlich durch pikanten
», i- ----»unasvolle Instrumentation bestechen.
ist


, V? Ä Wirkungsvolle Instrumentation bestechen.
^ Äsiührung der „Mignon" in unserem Theater

. aus dem Grunde zu begrüßen, daß sie ein sel-
Werk ist und somit in das etwas spärliche
.« / w1?üu?ir erwünschte Abwechslung bringt. Man
ll,s jfjAr rstW dem Werke viel Sorgfalt und Fleiß gew


dem Werke viel Sorgfalt und Fleiß gewidmet»
c . ft im Ganzen und Einzelnen gleich gelungene
Ur
8r

bewies dies und darf Herrn Musikdirektor R a
ft „ wiederum ganz besonderes Lob zugcsprochen
ft °^ichpkaulein Koppenhöfer bot als Mignon eine
t, e^Ntl^ ^rmg. Liegt ihr auch der gesangliche Teil
günstig — die Stimme reicht oft nicht aus
sHÄ sinnlichen Wohlklangs, auch stört das
des Gesanges verwendete Parlando — so war
tistsL, Darstellung ausgezeichnet und in hohem Grade
' der Philine gab Frl.


d «i^Die schwierige Partie
^ ^^egenheit, ihre jüngst c

als „Königin oer Nacht"

"rsüge aufs Neue zu zeigen. Ihre Hauptstärke

weder nach Reichsrecht, noch nach Landesrecht. Schon
zur 'Zeit des alten Deutschen Reichs waren weder die
Reichsgerichte noch die geistlichen oder weltlichen Lan-
desgerichte für Ehestreitigkeiten der evangelischen Fün-
ften zuständig, nur versuchten die Reichsgerichte dahin
zu wirken, daß die Fürsten sich nicht zu Richtern in ei-
gener Sache aufwarfen, und hielten sie an, durch Schieds-
gerichte oder Konsistorien ihre „Eheirrungen" ans-
tragen zu lassen. Mit der nach Auflösung des alten
Rechts erlangten vollen Souveränität fiel diese Beschräm
kung weg. Die Großherzöge von Hessen waren danach
unbehindert, durch eigenen Machtspruch ihre
Ehe zu lösen. Ist das Eheschsidungsrecht des Regenten
nicht ein staatsrechtliches allein, sondern den Gliedern
des hochfürstlichen Hauses gegenüber zugleich ein hauZ-
rechtliches, dem Hauschef zustehendes Recht, dann ist
es aufrecht erhalten. Die Möglichkeit scheint hiernach zu
bestehen, daß der Großherzog durch einseitige Anordnung
als Landesherr und Chef des souveränen Hauses Hessen
seine Ehe trennt. Ein anderer Weg wäre der, daß der
Großherzog einen Gerichtshof nä doa beriefe, wie dies
1884 durch Ludwig IV. geschah, um die Scheidung sei-
ner Ehe mit der Gräfin von Hutten-Czapska vollziehen
zu lassen.

Deutsches Reich.
— Der Direllgegner des erschossenen Leutnants Blas-
kowitz, Oberleutnant Hildebrandt vom 1. Feldartillerie-
regiment ist, wie die Blätter melden, um seine Versetzung
in ein anderes Regiment eingekommen. Einstweilen Haler
einen Urlaub angetreten und ist von Insterburg verreist.
Bade«.
L.O. Karlsruhe, 14. Novbr. Die Nachricht der
„Stratzb. Post", daß die Notwendigkeit vorliege, den Land-
tag im Novsmber zusammcntreten zu lassen, weil noch in
diesem Monat das Finanzgesetz betreffend die Fort-
erhebung der Steuern erlassen werden müsse, ist nicht zu-
treffend. Denn es ist lt. „Karlsr. Ztg." als ausreichend
zu erachten, wenn ein Gesetz über die einstweilige Fort»
erhebung der direkten und indirekten Steuern im Laufe
des Monats Dezember zu Stande kommt.
8.0. Karlsruhe, 14. Novbr. lieber die sozial-
demokratische Parteiversammlung in Lörrach,
auf der die „feindlichen Brüder" Geck und Kolb ooram
xudlioo das Kriegsbeil begruben, liegt nun ein ausführ
iicher Bericht des „Volksfreund" vor. Darnach behandelte
Geck ausführlich die Bernsteinfrge und die Budgetöewilli-
gung. In sachlicher und ruhiger Weise vertrat er seinen
Standpunkt zu diesen Fragen und betonte, daß man sich
mehr den alten Geist der sozialen Bewegung zu Herzen
nehmen solle und keine Versuche machen dürfe, aus unserer
Partei eine bürgerlich-radikale Partei zu machen. Das
revolutionäre Prinzip müsse mehr hervorgehoben werden. „Wir
dürfen das Endziel unserer Sache bei keiner Aktion aus
dem Auge verlieren, nur dann können wir siegen." Re-
dakteur Kolb erklärte, in verschiedenen Punkten wesentlich
anderer Ansicht zu sein als Geck. Wir sollten uns doch
nicht darüber täuschen, daß noch eine Riesenarbeit be-
wältigt werden muß, bis wir im Besitze der politischen
Macht seien. Bernstein habe nicht die Voraussetzungen

liegt in der Koloratur und so gelangen ihr besonders die da-
hin gehörigere Stellen der Rolle; auch im Spiel zeigte sie
viel Gewandtheit und Temperament. ^ Herr S ch ade, dessen
Stimme leider etwas belegt klang, schrcn sich als Wilhelm
schauspielerisch etwas freier zu fühlen als sonst, waS seiner
Gesamtleistung sehr zu Gute kam. Mit trefflichem Gelingen
sang Herr von Keller den Lothario und die kleine Rollen
des Laörtes (Herr Winter ), Friedrich (Herr Lassen),
Jarno (Herr von Hunyady) u. s. w. fügten sich mit gutem
Erfolge dem Ganzen ein. Aeußere Ausstattung und Regie
waren — mit Ausnahme des zu früh erschcinerrden Feuerschei-
nes im 2. Akt — sehr lobenswert. Chor und Orchester trugen
ihr gut Teil zum guten Eindrücke der Gesamtleistung bei.
O. S.

Kleine Zeitung.
— Wien, 13. Nov. Der Advokat Ritter v. Ofen-
heim wurde wegen Herausforderung des Bürgermeisters
Lueger und des Bürgermeisterstellvertreters Neumaycr zum
Zweikampf zu einem Monat leichten Kerkers verurteilt; v.
Ofenheim meldete die Nichtigkeitsbeschwerde an.
— Paris, 14. Nov. Aus Rio de Janeirio wird ge-
meldet, der brasilianische Kongreß bewilligte dem Lust-
schiffer Santos Dumont 125 000 Francs als Belohnung
für seine Verdienste um die Lusischiffahrt.
— Ein Neunundncunzigjähriger. Am 22. November
feiert der Landwirt Georg Becht in Delkenheim bei Wies-
baden in vollster Rüstigkeit seinen nemiundncunzigsten Ge-
burtstag. Vier Söhne im Alter von 61 bis 71 Jahren,
die er noch heute Buben nennt, sowie 23 Enkel und 46
Urenkel sind seinem Stamme entsprossen. Das Gedächtnis

des Sozialismus überhaupt bestritten, wie Geck sagte,
sondern nur erklärt, daß gegenwärtig die Voraussetzungen
für die Verwirklichung des Sozialismus noch nicht vor-
handen seien. Er halte es auch für ein großes Verdienst
B-rnsteins. auf die Bedeutung der Ethik im Klassenkampfe
hingewiescil zu haben. Auf dem Gebiete der Erziehung
müsse noch Gewaltiges geleistet werden. Mit der Act, wie
Genosse Geck die sog. Verelendungstheorie anffasse, sei er
ganz und gar nicht einverstanden. Wenn es richtig wäre,
daß die Arbeiter im kapitalistischen Staat niemals dauernd
sich wirtschaftlich und kulturell verbessern könnten, dann wäre
es der größte Unsinn, Gewerkschäften zu gründen, Millionen
zu opfern, Tausende von Existenzen aufs Ssvel zu setzen,
alles pro nihilo. Dann müßte es auch wahr sein, daß
wir seit 30 Jahren umsonst gearbeitet haben. Ein Blick
auf die Vergangenheit und die Gegenwart widerlege aber
derartige Anschauungen. Niemand wolle das Endziel auf-
gcben. Der ganze Meinungsstreit drehe sich nur darum,
auf welchem Wege wir am schnellsten zum Endziel, d. h.
zur Sozialist rung der Gesellschaft, kommen. Er stehe auf
dem Standpunkt, daß dieses Endziel nur das Re,ultat einer
längeren historischen und ökonomischen Entwicklung, einer
großen Summe von Einzelerfolgen und Fortschritten, sein
könne. Das Endziel könne nicht kurzerhand verwirklicht
werden, erst müssen die politischen, ökonomischen und
kulturellen Voraussitznngen dafür vorhanden sein. Diese
zu schaffen, dafür arbeiten wir in Gewerkschaften, in der
Partei, im Reichstag, Landtag und Bürgerausschuß, kurz
überall, wo man praktisch thätig sein könne. Mit revolutio-
nären Phrasen änderten wir gar nichts an dem Bestehen
der kapitalistischen Welt. Die Budgetfrage sei aufgebauscht
worden. Er halte die prinzipielle Ablehnung des
Budgets für eine inhaltslose Zeremonie, die gar
nichts Revolutionäres an sich habe. Nicht eine solche
Zeremonie sei der Gradmesser für unsere revolutionäre
Propaganda, sondern die Act, wie im Parlament gearbeitet
wird, wie und welche Anträge gestellt, wie sie begründet
werden, wie Kritik an dem Bestehenden geübt wird. Im
übrigen seien diese Meinungsverschiedenheiten nicht der
Grund für die persönlichen Streitigkeiten in Baden.
Der Prinzipienkamps sei lediglich als Deckmantel
benützt worden. Es sei hohe Zeit, daß dieser per-
sönliche Kampf aufhöre, daß die Führer sich un-
ter sich vertragen. Sachliche Meinungsverschiedenheit brauche
nicht zum persönlichen Streit führen. Wenn wir die
Streitaxt nicht begraben, reißen wir immer wieder nieder,
was wir aufgebaut haben. Jeder der Beteiligten müsse
einschen, daß es so nicht mehr weitcrgehen kann, daß noch
vor dem nächsten badischen Parteitag die Ruhe hergcstE
werde, damit wieder praktische Arbeit geleistet werden kann«
Beide Redner ernteten stürmischen Beifall. Die
persönlichen Streitigkeiten sind sonach im sozialistischen Lager
äußerlich beigelcgt, die sachlichen Meinungsverschieden-
heiten aber bestehen, wie man sieht, trotz Bebel und Partei-
tag fort.
6.0. Karlsruhe, 14. Novbr. Die Ersatzwahl
eines Landtagsabgeordneten für den zurückgetretenen sozial.
Abgeordneten Wilh. Ooisictus wer ist auf Freitag,

dieses alten Mannes ist noch seyr gut. Lehr gern erzählt
er von den Franzosen, die bet ihrem Rückzuge von Ruß-
land seinen Vater acht Tage lang als Wegweiser mit-
schlcpptcn. Seine Angehörigen, die mehrere Kilometer weit
von seinem Hcimatsorte wohnen, besucht er öfters und
legt die Wege stets zu Fuß zurück. An den Wochentagen
arbeitet er noch fleißig auf dem Felde oder auf dem Hofe
seines Sohnes, denn ohne Arbeit kann er nicht gut sein.
Auf seinen hundertsten Geburtstag freut der Greis sich
sehr und befürchtet nur, daß nicht alle seine Söhne, Enkel
und Urenkel den seltenen Tag mit ihm erleben werden.

— Humor des Auslandes. Die siebenjährige Ella soll
einen Aussatz über die Katze machen. Die Arbeit lautete also:
„Die Katze ist ein Häustier. Sie hat einen Kovi mit einem
Schnurrbart. Sie hat einen Schwanz und an jedem Eck ein Bein/'

Anklage.
Dein Zauberauge klag ich an,
Hat mir die Ruhe genommen:
Was Hab ich ihm zu leid gelhan.
Dem unschuldvollen frommen? —
Doch will ein gnäd'ger Richter sein
Ich ihm und gern verzeth'n
Sein sündiges Vergehen,
Wenn einmal noch darf sehen
Jn's dunkelnächt'ge Aug' ich Dir
Und suchen dort die Ruhe mir,
Die mir geraubt so ganz und gar
Dein schelmisch Sternen-Augenpaarr
 
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