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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 204 - 228 (2. September 1901 - 30. September 1901)
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Donnerstag, 5. September Ml. Erste» Blatt. 43. Jahrgang- — Ir. 207.

Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in'S HauS gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 4V Pfg. Durch die Post br.
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: SV Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebencn Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Inserate auf den Plakattafetn der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. — Fernsvrcch-Anschluß Nr. 82.

Vom Sühneprinzen.
In Basel hinterließ Prinz Tschun ein paar goldene
Manschettenknöpfe mit pingravierter chinesischer Wid-
mung für den Hotelbesitzer; dessen Gattin ließ er ein
kostbares Armband zustellen. Dem Hotelleiter Direk-
tor Blechner überreichte er persönlich ein schwersilbernes
Zigarrenetui, dessen Außenseiten in erhabener Arbeit
ein von Vögeln belebtes Waldidyll zeigen. Im Etui
lag des Prinzen Tschuns chinesische Visitenkarte. Beim
Ueberreichen machte der Prinz den Scherz, er werde
allen seinen Bekannten das Hotel bestens empfehlen.
Seinen Ruf als wißbegieriger junger Mann bestätigte
er, indem er sich vor der Abreise noch durch alle Hotel-
raume führen und den Betrieb des so großen Instituts
erklären ließ. Besonders interessierten ihn die Ein-
richtungsgegenstände kunstgewerbliches Charakters,
die er lange und mit vieler Befriedigung betrachtete.
Dis Hotelrechnung beträgt etwa 20 000 Franks.
Deren Begleichung wird von Berlin aus erfolgen, da
bei der Plötzlichkeit der Abreise der Schatzmeister die
Rechnungen nicht mehr zu prüfen vermochte, man aber
den Prinzen nicht ohne seinen Finanzverwalter abfahren
lassen wollte. In das den Fürstlichkeiten vorbehaltsne
Fremdenbuch hat sich der Prinz zufällig auf demselben
Blatt eingetragen, auf welchem sich Prinz Albrecht von
Preußen bei seinem letzten Aufenthalt eingezeichnet
hatte. Während dieser aber kurz und knapp nur den
Namen und Datum schrieb, hat Tschun als echter Sohn
des schreibseligen Litteratenvolkes fast das ganze Blatt
mit seinen Schriftzügen angefüllt und in diesem im
Mantschudialekt genau erzählt, wess' namens und Art
er sei.
Der Prinz war sehr vergnügt, als die Nachricht
kam, daß er die Reise nach Berlin fortsetzen dürfe. Auf
dem Bahnhof in Potsdam erwarteten ihn die Mitglieder
der chinesischen Gesandtschaft in Berlin. Die Herren
nahmen im Warresaal 1. Masse Platz, um den Bruder
ihres höchsten Gebieters zn erwarten. Sie waren in
sehr aufgeräumter Stimmung und schienen den Besuch
eifrig zu diskutieren. Die Angelegenheit selbst macht
auf sie übrigens, wie es scheint keinen besonderen Ein-
druck, sonst hätten sie Wohl bei der Begleichung ihrer
Zeche weniger Aufmerksamkeit auf dieses Geschäft ge-
wendet als auf das große Ereigniß, das sie hätte beschäf-
tigen sollen. Der Zug mit dem Prinzen Tschun lief
Programmäßig ein. Der Prinz stieg in Begleitung
der deutschen Herren (v. Höpfner und v. Lüttwitz) aus.
Der Prinz machte einen durchaus knabenhaften Eindruck
und sieht sehr verschüchtert aus. Er begrüßte den zum
Empfang erschienenen Stadtkommandanten und den
Polizeidirektor, sowie die chinesischen Herren, und bestieg
nach kurzem Aufenthalt im Empfangssalon den Wägers
um nach der neuen Orangerie zu fahren. Kundge-
bungen fanden nicht statt, der Wagen hatte keine mili-
tärische Eskorte, nur Spitzenreiter.
Eine Ehrenkompagnie war nicht aufgestellt, und
der Empfangssaal trug keinerlei Schmuck. Nach der
Abreise des Kaisers, welche demnächst erfolgt, werden
sich die Mitglieder der Sühnegesandtschaft nicht mehr
als Gäste zu betrachten haben, sondern eine für sie von
chinesischer Seite in Berlin gemietete Privatwohnnng
beziehen. Anderseits verlautet, Prinz Tschun habe vom
chinesischen Hofe Befehl erhalten, nach Erledigung sei-

Kleine Zeitung.
— Zum Gumbin,ier Mordprozeß. In dem Prozeß
spielten die bis ins kleinste gehenden Zeitbestimmungen
eine Hauptrolle. Dazu hat jetzt auch der „Deutsche Uhr-
macherbund" Stellung genommen. In der „Deutschen
Uhrmacherzeitung" findet sich eine Erklärung, in der es
u. a. heißt: 1) Die billigen Sorten von Taschenuhren,
wie sie meistens von Soldaten getragen werden, gehen
nur selten so genau, daß ihre tägliche Differenz nicht
eine bis zwei Minuten und mehr betrüge. Außerdem
erfolgt das Ablesen der Zeit durch den Laien nur in
sehr oberflächlicher und daher ungenauer Weise. 2) Die
Uhren werden von ihren Besitzern vielfach absichtlich
nicht auf genauer Zeit gehalten; vielmehr Pflegen Sol-
daten und Beamte ihre Taschenuhren häufig vorzustel-
len, um Verspätungen im Dienste zu vermeiden. Die
Differenz, die sich infolge dieser Gepflogenheit zwischen
den Zeitangaben der einzelnen Taschenuhren ergiebt,
schwankt zwischen fünf und fünfzehn Minuten, und be-
trägt in vereinzelten Fällen noch mehr. 3) Die Zeitan-
gaben der öffentlichen Uhren einer Stadt Weichen fast
allenthalben bis zu mehreren Minuten von einander ab.
Dies käme dann in Betracht, wenn die Zeugen ihre
Dcüchenuhren nicht nach einer und derselben Uhr zu stel-
len pflegten. 4) Nachträglich aus der Erinnerung ge-
wachte Zeitangaben können erfahrungsgemäß .keinen
Anspruch auf Genauigkeit erheben. Zu dieser Erklärung
bemerkt der Syndikus des Verbandes, Rechtsanwalt Hen-
Ichel-Berlin: „Das Gericht hat bekanntlich den Unterof-
uzier Marten zum Tode verurteilt, sollte das Urteil
ben vorstehenden Ausführungen des Staatsanwaltes
och angeschlossen und in dem Fehlen des Alibibeweises

nes Auftrages sofort nach China z u r ü ck z u ->
kehre n.
Man hat den Eindruck, als solle das Interesse an
dem Empfang der Sühnegesandtschaft, nachdem der
Kotau nicht zu erlangen war, herabgedrückt und die
ganze Sühnegesandtschaft als etwas Geringwertiges be-
handelt werden. Das dürfte den Hochmut der Chinesen
dämpfen, also die richtige Behandlung für sie sein.

Der Sühneprinz beim Kaiser.
Berlin, 4. Sept.
Der „Reichsanzeiger" meldet: Der Kaiser empfing
in der heute Nachmittag stattgehabten Audienz aus den
Händen des Prinzen Tschun ein Schreiben des Kai-
sers von China, worin er in feierlicher Weise seinem
tiefsten Bedauern über die Ermordung des
Gesandten Frhrn. v. Ketteler Ausdruck verleiht.
Die bei diesem Anlaß vom Prinzen Tschun gehaltene An-
sprache hatte, in das Deutsche übertragen, folgenden
Wortlaut:
Im Aufträge des großen Kaisers, meines allergnädigsten
Herrn und Gebieters, habe ich die Ehre, Allerhöchstdessen
Schreiben in Ew. Majestät kaiserliche Hände zu übergeben. Nach
den im vergangenen Jahre in China eingetreteneu aufstän-
dischen Bewegungen fühlt der kaiserliche Herr aus eigenem
Antriebe nicht weniger als auf Verlangen der Mächte die
Verpflichtung, durch eine besondere Mission nach Deutschland
Ew. Maj. sein aufrichtiges Bedauern über diese
Vorkommnisse, insbesondere über den Vorfall, welchem Ew.
Maj. ausgezeichneter Gesandter, Frhr. v. Ketteler, zum
Opfer gefallen ist, auszudrücken. Um die Aufrichtigkeit dieses
Bedauerns über allen Zweifel zu erheben, bestimmte Se. Ma-
jestät der Kaiser einen seiner allernächsten Blutsverwandten
für diese Mission. Ich bin in der Lage, Ew. Majestät zu ver-
sichern, daß der Kaiser, mein allergnädigster Herr, diesen
Wirren, welche großes Unglück über China gebracht haben,
im vollsten Sinne des Wortes ferngestanden hat. Fer-
ner hat nach dem zweitansendjährigen Gebrauch der Kaiser
von China die Schuld dafür auf seine eigene geheiligte Person
genommen, und ich habe daher den Auftrag, die innigen Ge-
fühle des Kaisers, meines erhabenen Herrn, für Ew. Majestät
bei Ucberreichung dieses Schreibens zum Ausdruck zu bringen.
Auch bei Ihrer Majestät der Kaiserin und der ganzen kaiser-
lichen Familie bin ich beauftragt, der Dolmetsch dieser Gefühle
des großen Kaisers von China zu sein, und den Wunsch aus-
zudrücken, daß E w. Majestät Haus blühe und Ge-
sundheit, Glück und Segen in voll st em Maße
genieße. Seine Majestät der Kaiser von China hofft, daß
die Ereignisse des vergangenen Jahres nur eine vorübergehende
Trübung gewesen sind und daß, nachdem dieses Gewölk nun-
mehr der Klarheit des Friedens gewichen ist, die Völker Deutsch-
lands und Chinas sich gegenseitig immer besser verstehen und
kennen lernen mögen. Dies ist auch mein aufrichtiger Wunsch I
Auf diese Ansprache des Prinzen Tschun richtete der
Kaiser folgende Antwort an den Prinzen:
Nicht ein heiterer, festlicher Anlaß, noch die Erfüllung einer
einfachen Höflichkeitspflicht hat Ew. kaiserliche Hoheit zu mir
geführt, sondern ein viel traurigerer, hochernster Vorfall.
Mein Gesandter am Hofe des Kaisers von
China, Frhr. v. Ketteler, ist der auf höhe-
ren Befehl erhobenen Mordwaffe kaiser-
lich chinesischer Soldaten in der Hauptstadt
Chinas erlegen. Ein unerhörtes Verbre-
chen, welches durch das Völkerrecht und die Sitte aller Na-
tionen gleich schwer gebrandmarkt wird! Aus Ew. kaiserlichen
Hoheit Munde habe ich soeben den Ausdruck aufrichtigen tie-
fen Bedauerns des Kaisers von China über die Vor-

für die Dauer von etwa sieben Minuten ein „gewaltiges
Jndicinnr" erblickt haben, so müßte dies nach der obigen
Erklärung als äußerst bedenklich und zum Widerspruch
geradezu herausfordernd bezeichnet werden. Denn der
Zeitraum, für welchen Marten sein Alibi nach den Aus-
führungen des Staatsanwalts nicht Nachweisen konnte,
ist zu winzig, als daß die gezogenen Schlußfolgerungen
als gerechtfertigt und der Schuldbeweis als geführt gel-
ten könnte. Wenn die Zeugen so minutiöse Zeitangaben
gemacht haben, daß inan glauben konnte, den Bericht ei-
nes mit feinen Zeitmessungsinstrunienten ausgerüsteten
Astronomen zu erhalten, so ist es ihre Sache, wie sie ihre
Aussagen vor ihrem Gewissen vertreten können. Er-
schreckend aber ist es, daß der Staatsanwalt die unheim-
lich genauen Zeitangaben seiner Beweisführung zu-
grunde legte und das angebliche Fehlen des Alibibewei-
ses für einige Minuten als Stütze, ja sogar als „gewal-
tiges Jndicium" für den Schuldbeweis gegen den Ange-
klagten verwertete. Die Erfahrung der Fachleute und
das Rechtsgefühl vereinigen sich, um gegen eine derar-
tige Beweisführung in einem Prozesse, in welchem es
sich um den Kopf des Angeklagten handelt nachdrücklichst
zu Protestieren."
— Hamburg, 4. Septbr. Der besonders durch die
Herausgabe der Werke Handels bekannte Musikgelehrte
Friedrich Chrysandcr ist gestern Nachmittag in Pest
gestorben. Es ist der Vater jenes Chrysander, der Haus-
arzt und Sekretär beim Fürsten Bismarck war.
— Die Expedition Andräe gefunden? Einer
Meldung der Londoner „Central News" ans Newyork
zufolge berichten zwei Touristen aus Illinois, welche
aus dem Hugson-Vay Territorium znrückgekehrt sind,
Indianer hätten ihnen mitgeteilt, sie hätten die Leichen

tommnisse vernommen. Ich will gerne glauben, daß Ew,
kaiserlichen Hoheit kaiserlicher Bruder persönlich dem Ver-
brechen und den weiteren Gewaltthaten gegen unverletzliche
Gesandtschaften und friedliche Fremde ferne gestanden hat.
Nm s o sch w e r er c S chu l d t ri fft s e i n e R atg eb cr
und seine Regierung. Diese möge sich nicht darüber
täuschen, daß ihnen Sühnung und Verzeihung für ihr Ver-
schulden nicht durch die Sühnegesandtschaft allein ausge-
wirkt werden kann, sondern nur durch ein späteres Ver-
halten gemäß den Vorschriften des Völkerrechts und den
Sitten zivilisierter Nationen. Wenn der Kaiser von China
die Regierung seines großen Reiches fürderhin streng im
Geiste dieser Vorschriften führt, wird auch seine Hoffnung
sich erfüllen, daß die trüben Folgen der Wirrsale des vergan-
genen Jahres überwunden werden und daß zwischen China und
Deutschland wieder die früheren, friedlichen und freundschaft-
lichen Beziehungen herrschen, die beiden Völkern und der ge-
samten menschlichen Civilisation zum Segen gereichen. In
den: aufrichtigen, ernsten Wunsche, daß dem so sein möge, heiße
ich Ew. kaiserliche Hoheit willkommen!
Das vom Prinzen Tschun übergebene Handschrei-
ben des Kaisers von China lautet in deutscher Ueber-
setzung:
Der große Kaiser Tatsing eickbietet Ew. Majestät dem gro-
tzcn deutschen Kaiser seinen Gruß. Seitdem unsere Reiche
gegenseitig durch ständige Gesandtschaften vertreten sind, stan-
den wir ununterbrochen in den freundschaftlichsten Beziehun-
gen zn einander. Diese Beziehungen wurden noch inniger,
als Prinz Heinrich von Preußen nach Peking kam und wir
hierbei den Vorzug hatten, den Prinzen häufiger empfangen
und mit ihm in vertraulicher Weise verkehren zu können.
Leider drangen inzwischen im fünften Monat des vergangenen
Jahres Boxer in Peking ein; aufständische Soldaten schlossen
sich ihnen an; es kam dahin, daß Ew. Majestät Gesandter
v. Ketteler ermordet wurde, ein Mann, der, solange er seinen
Posten in Peking bekleidete, die Interessen unserer Länder in
wärmster Weise wahrnahm und dem wir unsere besondere
Anerkennung zollen mutzten. Wir bedauern den Aufstmw
und daß Herr v. Ketteler ein so schreckliches Ende gefunden
hat um so mehr, als uns das Gefühl der Verantwortung
schmerzt, nicht in der Lage gewesen zu sei», rechtzeitig schützende
Maßregeln zu treffen. Aus dem Gefühl unserer schweren
Verantwortlichkeit befehlen wir, ein Denkmal an der Stelle
des Mordes zu errichten, als Merkzeichen, daß das Verbrechen
nicht ungesühnt bleiben durfte. Weiterhin haben wir den
kaiserlichen Prinzen Tschun-Tsai-Fong an der Spitze einer
Sondcrgesandtschaft nach Deutschland entsandt, mit diesem
Handschreiben. Prinz Tschun, unser leiblicher Bruder, soll Ew.
Majestät versichern, wie sehr uns die Vorgänge
im vergangenen Jahre betrübt haben und
wce sehr Gefühle der Reue und B e s ch ä m u ng
uns beseelen. Ew. Maj. sandten ans weiter Ferne
Ihre Truppen, um den Boxeraufstand niederzuwerfen und
Frieden zu schaffen zum Wohle unseres Volkes. Wir haben
daher dem Prinzen Tschun beföhlen, Ew. Majestät unseren
Dank für die Förderung des Friedens persönlich auszuspre-
chen. Wir geben uns der Hoffnung hin, daß Ew. Majestät
Entrüstung der alten freundschafftlichen Gesinnung wieder
Raum geben werde und daß in Zukunft die Beziehungen un-
serer Reiche zn einander sich noch vielseitiger, inniger und se-
gensreicher gestalten mögen als bisher. Das ist unsere feste
Zuversicht!
Die „Berliner Neuest. Nachr." berichten noch über den
Empfang des Prinzen Tschun, daß der Prinz, wie ver-
abredet, unter drei Verbeugungen sich dem Kaiser
näherte und mit den gleichen Ehrfurchtsbezeugungen den
Audienzsaal verließ. Die vom Prinzen gehaltene An-
sprache wurde vom Dolmetscher übersetzt.

von zwei weißen Männern nnd den Korb eines Ballons
iin Frühling letzten Jahres 900 englische Meilen nörd-
lich vom Moose Flang gefunden. Eine der Leichen
wird als die Leiche Andräes beschrieben.
— Tchreckensszenc in einer Pariser Menagerie.
In der Pezonschen Menagerie der Boulevards Batig-
nolles in Paris hat sich dieser Tage vor zahlreichem
Publikum eine grauenhafte Szene abgespielt. Zum er-
stemnale führte Pezons Schüler Carräre gleichzeitig den
achtjährigen Löwen Prinz, eine Atlaslöwin und noch
fünf junge Tiere vor. Nach einem Streich, den Carräre
der Löwin versetzt hatte, wurde er von der Löwin ange-
griffen und ihm ein Stück des Oberarminuskels abge-
bissen. Direktor Pezon suchte nun die Bestie durch die
vom Diener rasch geöffnete Hinterwand zu treiben, und
schon wähnte man Carräre befreit, als der Löwe um-
kehrte und auf den Bändiger nochmals losstürzte. Dann
erst verließ er den Käfig durch die Hinterthür. CarröreZ
Verletzungen sind sehr schwere.
— Aus Turin wird der „Pol. Korr." berichtet,
daß es unter Anwendung der Brandt'schen Bohrmaschine
gelungen istz den S i mP l o n t un n e l bis auf 10 300
Nieter vorzntreiben. 6000 Arbeiter, nahezu sämtlich
Italiener, sind bei diesen Arbeiten beschäftigt, 3700 auf
der Bcieger Seite und 2300 auf der Seite von Jselle.
Die simplontunnel-Bauunternehmung, Brandt, Brau?
dan n. Cie., versichert, daß, wenn keine unvorherge-
sehenen Fälle eintreten ,die Riesenarbeit im Mai 1904
beendet sein wird. Demnächst schon wird der Ban des
internationalen Bahnhofes in Domodossola auf ita-
lienischer Seite in Angriff genommen werden. Der Bau
der Zufahrtslinie zum Simplon zwischen Domodossola
und Jselle wird von Italien eifrigst betrieben. Es sinh
 
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