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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 177 - 203 (1. August 1901 - 31. August 1901)
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Samstag, 10. August 1901.

43. Iatzrgimg. -- 185.

Erstes Blatt.


^rscheiut täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblüttern monatlich 50 Pfg. in'S HauS gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-
zogen vierteljährlich 1.35 M. ausschließlich Zustellgebühr.
^«zeig eu preis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und 'Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Inserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen- — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

^icherheitsmatzregeln im Schloß Friedrichshof.
Gegenüber den zumteil haarsträubenden Mitteilungen
Ser die Sicherheits- und Absperrnngsmaßregeln auf
schloß Friedrichshof, schreibt die „Frkf. Ztg." was
lolgt:
.. Es will doch scheinen, als ob man sich in der Oeffent-
"chkeit eine etwas übertriebene Vorstellung von
sS militärischen und polizeilichen Maßregeln macht,
S auf und um Schloß Friedrichshof getroffen wurden,
^brechen doch die einzelnen Blätter von aufsehenerregen-
Sn Absperrungsmaßregeln. Davon ist unseres
Trachtens gar keine Rede. Das Schloß wird
Allerdings militärisch bewacht, weil der Kaiser häufig dort
Aeilt, aber durchaus nicht in ü b e r t r i eb e n e m
llrnsang. Rings um den Schloßgarten steht etwa
Se ioo—150 Schritt ein Posten, daneben werden alle
Eingänge bewacht. Am Haupteingang steht ein Doppel-
tsten. Besondere Instruktionen zum Schießen sind
llber die gewöhnlichen Wachtinstruktionen hinaus nicht
Seilt. Es wird zwar sehr sorgfältig darüber gewacht,
tß kein Fremder unangemeldet das Schloß betritt, doch
jedermann Gelegenheit, beim Pförtner sich in die aus-
btegten Kondolenzlisten einzutragen und sich durch sie
den Schloßbewohnern, wenn man sie gegebenenfalls
Sechen möchte, melden zu lassen. Das zu Lebzeiten der
Erstorbenen Kaiserin auf deren Anordnung sehr be-
P.enzte Entgegenkommen der Presse gegenüber ist seit
Senstag etwas größer geworden. Wenn der Schaulust
S Publikums vorerst wenig oder gar keine Konzessionen
gewacht wurden, so liegt das weniger an den Anord-
nungen des Hofmarschallamts oder einer höheren Stelle-
andern vornehmlich daran, daß die verstorbene
Kaiserin sich jede öffentliche Ausstel-
zt n g g a n z e n t s ch i e d e n v e r b e t e n h a t und die
^gehörigen es für ihre Pietätspflicht halten, diesen
Smsch so weit es irgend möglich, zu respektiren. Des-
Sb hat, wie schon berichtet, außer den Angehörigen,
Sr Hofstaat und derDienerschaft niemand die Kaiserin
Uch ihrem Tode gesehen.

Deutsches Reich.
h. — Tie „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: In der Presse
jj Nrde die Mitteilung des „Manchester „Guardian" er-
tzSr, wonach der Kaiser mit der Abfassung einer
Srift über die Erstürmung der TakusortL
S beschäftige. Wir sind zu der Feststellung ermächtigt,
die Meldung des englischen Blattes unbegründet ist.
tz. — Die „Bert. Korresp." meldet: Durch die Erhe-
Sgen und Verhandlungen des Wirtschaftlichen Aus-
iSsses, die dem kürzlich veröffentlichten Entwurf eines
>jSn Zolltarifs vorausgegangen sind, ist ein reichhal-
E thatsächliches Material zu Tage gefördert worden,
h von einer allgemeinen Anhörung der amtlichen
Su d e I s v e r t r e t u n g e n abgesehen wer-
iS. kann. Der Minister für Handel und Gewerbe
iSsichtigt aber diejenigen einzelnen Punkte,' hinsichtlich
»St Hist noch weitere Aufklärung erwünscht erscheint
iS infolge der veränderten Lage der Industrie eine
S der früheren verschiedene Beurteilung Platz greifen
unter Zuziehung einer beschränkten Zahl von Ver-
SSu der entgegenstehenden beteiligten Interessen
Üblich -n erörtern. Als Zeitpunkt für diese Kon-


Salzburger Musikfest.
III.
Salzburg, 9, Aug.
eS. Das am Vormittag dcs 7. August abgehaltene
/Otkonzert stand au einheitlicher Wirkung dem ersten
S' da cs zum großen Teile den Solisten gewidmet war
!kih» diese nicht ausschließlich zu einander passende Werke
sSS hatten. Anfang und Schluß des Konzerts brachte
Sdchgs zwei herrliche Kammermusikwerke, das in Wohl-
üctränlte Quintett für Klavier und Blasinstrumente
iS Dtozart und das hochinteressante Trio (Sonata) in
' "" für 2 Violinen und 1 Klavier von I. S. Bach.
ier waltete in beiden Werken in wenig hervor-
hSer Weise ein Herr Roderich Boß ans Wien. Die
S? Violinen wurden von Herrn und Frau Petscheikoff
Soft und Feuer in den raschen, mit süßer Innigkeit
iS langsamen Sätzen gespielt, und auch die vier dem
8 ^stnonischen Orchester entnommenen Bläser zeigten
S Meister ihrer Instrumente; noch niemals habe
»hS Hornpartie mit solcher Sicherheit. Reinheit und
des Tones spielen hören. Die Mozart'fche
SSoiiate in L.-Our mit dem Finale alla Turca inter-
st Emil Sauer im Ganzen sehr schön und mit einer
SSn modernen Klaviervirluosen lobenswerten Selbst-
dem letzter!» ließ er dann namentlich in der
" wilden Wiedergabe der Chopin'schen O Moll-
° die Zügel schießen. Einen Hochgenuß boten die
. der Frau L:lli Lehmann-Kadisch aus Berlin,
ergrauten Haare und ihrer 52 Jahre ist die


serenz im Handelsministerium ist die zweite Hälfte des
September in Aussicht genommen.
— Die Zentralstelle für Vorbereitung von Handels-
verträgen berichtet über das Vordringen ameri-
kanischer Kohle auf europäischen Märkten. Seit
Beginn der Kohlennot seien schon wiederholt amerika-
nische Kohlen nach Europa gekommen und sogar auf dem
Wasserwege Rotterdam-Mannheim bis nach der Schweiz
geliefert worden. Die vielfachen Umladungen hätten
aber sowohl die Kohle verschlechtert als auch zu hohe
Kosten verursacht, und so trügen sich die Amerikaner
jetzt mit dem Plane, in nordsranzösischen Häfen groß-
artige Verladeeinrichtungen, Briketfahriken u. s. w. ein-
zurichten, um von dyrt aus schweizerischen Abnehmern
die Kohle in den gewünschten Sortierungen liefern zn
können. Da die französischen Bahnen einen Ausnahme-
tarif bewilligt haben sollen, wodurch die Fracht von den
französischen Häsen bis zur schweizer Grenze nur 120
Franks betragen würde, so glauben die Amerikaner, die
deutsche Kohle auf dem schweizer Markte unterbieten
zu können.
— Der Fall Liß hat der „Germania", wie es scheint
ernstlich zu denken gegeben, und sie wendet sich gegen
die „radikale polnische Hetzpresse" deren verderbliche Wir-
kung ans das Volk nicht zu leugnen sei. Ausschreitungen
in der Presse und im öffentlichen Leben der Regierung
gegenüber, sowie falsche Anklagen gegen die deutschen
Katholiken und deren Vertreter auf religiösem und Poli-
tischem Gebiete, die Bischöfe und das Zentrum, müßten
entschieden mißbilligt werden. Die deutsche katholische
Presse werde es nicht zulassen, daß ihre hochwürdigsten
Bischöfe in taktloser Weise beschimpft würden, und das
Vorgehen des Liß sei eine Dreistigkeit/die in die ge-
bührenden Schranken zurückgewiesen werden müsse. Liß
habe durch seine Veröffentlichung in der „Gazeta To-
runska" seinen Landsleuten den denkbar schlechtesten
Dienst erwiesen. „Die Polnischen Agitatoren", so heißt
es am Schluß des Arstikels des Zentrumsblattes, „täu-
schen sich, wenn sie glauben, daß durch unmotivierte An-
griffe auf das Zentrum und die Bischöfe unrer den deut-
schen Katholiken die Sympathieen für' die polnischen
Glaubensgenossen wachsen würden. Das Gegenteil ist
der Fall. Es grenzt daher an Verblendung, Zentrum
und Bischöfe durch Drohungen, wie die Wahlenthaltung
,im Kreise Duisburg-Ruhrort oder Preßvrtikel L In
Probst Liß einschüchtern zu wollen."
Alto n a , 9. Aug. Graf Waldersee traf heute
Vormittag 10 Uhr vor dem hiesigen Rathause ein und
wurde am Hauptportal von dem ehemaligen Korpsan-
diteur Puhlmann empfangen. Auf der Rathausdiele
begrüßten den Grafen drei kleine Mädchen , von denen
eines ein Gedicht aufsagte. Im Saale fand die Be-
grüßung durch den Oberbürgermeister statt. Dieser hielt
eine Ansprache, die mit einem Hoch auf den Grasen
schloß, dieser antwortete mit einem Hoch auf die Stadt
Altona. Hieran schloß sich ein Frühstück. Gegen 11
Uhr kehrte Graf Waldersee nach Hamburg zurück. Von
dort reiste ür nach Homburg.
Bremen, 9. Äug. Für den ermordeten deutschen
Gesandten, Frhrn. v. Ketteler, fand heute Morgen
9 Uhr in der Lloydhalle in Bremerhaven eine weihe-
volle Trauer sei er statt. An derselben nahmen
teil als Vertreter des Kaisers der Chef der Nordsee-
station, Admiral Thomsen, als Vertreter der Familie ein

Künstlerin noch fast im Vollbesitz ihrer großen Mittel,
was sich nicht nur in der Kraft und Fülle aller Lagen,
sondern namentlich in dem entzückenden Piano der hohen
Töne zeigt. Auch an dieser Sängerin ersieht man wieder,
wie lange sich Stimmen selbst bei angestrengter Berufs-
Übung erhalten, wenn sie einer gründlichen Schulung
unterworfen werden. In herrlicher Wirkung gelangten
Mozarts „Abendempfindung" und die der dem Heroischen
zugeneigten Art der Künstlerin etwas weniger zusagende
„Warnung", sowie Beethovens „Adelaide". Mit unend-
licher Anmut und Zartheit ihrer süßen Stimme bot dann
Frau Wedekind »Mozarts Lieder »Dans un bois solitaire"
und das bekannte, dem Meister wohl fälschlich zugeschriebene
„Wiegenlied", dem sic als Konzession an ihre bestaus-
gcbildete Koloratur Alabieffs „Nachtigall" folgen ließ. Als
Dritter im Bunde ließ Herr Klöpfer-München seines
herrlichen Basses Grundgewalt in drei unbedeutenden
Landsknechtliedern von Lenz erschallen. Als unbefriedigend
müssen lediglich die Darbietungen des stimmbegabten
Tenoristen, des ungarischen Hofopernsängers Aranyi be-
zeichnet werden, da ihm für den Konzertgesang so ziemlich
alles fehlt.
Zur Erholung von den reichen musikalischen Genüssen
besuchte ich wieder einmal Mozarl's Geburtshaus in der
Gclreidegassc. Ein eigentümlich weihevolles Gefühl be-
schleicht den Besucher dieser bescheidenen Räume, in welchen
der größte musikalische Genius zuerst seine Schwingen
regte. Sehr lohnend ist aber auch eine genauere Besich-
tigung der dort angZammelten Schätze zahlreicher Briefe

Vetter des Verstorbenen, Frhr. v. Ketteler. Ferner
waren anwesend Generalmajor Beseler und vom Aus-
wärtigen Amt Geheimrat Dr. Lehmann u. s. w. An-
wesend waren außerdem vier Zeugen der Pekinger
Schreckenstage, Oberleutnant Graf Soden, Legations-
rat v. Below, Leutnant Lösch und Legationssekretär Dr.
Bergen. Von Bremen waren Mitglieder des Senats
und des Norddeutschen Lloyd und andere erschienen. Fer-
ner nahmen teil die ortsanwesenden Offiziere der Gar-
nisonen Lehe und Geestemünde, sowie eine Ehrenkom-
pagnie der mit der „Palatia" himgekehrten Chinatrup-
pen. Nach der Beendigung der Trauerfsier, nach dem
Ritus der katholischen Kirche, der der Verstorbene ange-
hört hatte, trugen Unteroffiziere der Matrosen
Artillerie den Sarg Znm Bahnhose, wo die Leiche nach
der Heimat geführt wird.
Baden.
— Zur Beleuchtung der verzwickten Lage,
unter deren Herrschaft die kommenden Landtags-
wahlen vor sich gehen, führt der Karlsruher Korre-
spondent des „Schwöb. Merkur" noch einige Thatsachen
an. In K a r l s r u h e haben die Freisinnigen und Na-
tionalliberalen eine Nebereinkunft geschlossen, sich bei
der Wahl gegenseitig zn unterstützen, aber in Lörrach
stellen beide Parteien Kandidaten auf und sagen einander
so viel Unfreundliches, als jede Partei zur Herbeiführring
eines erwünschten Wahlausganges für notwendig hält.
In Offenburg werden voraussichtlich wieder die
Zentrums-, und Volkspartei Zusammengehen, aber in
Karlsruhe haben sich die Volksparteiler mit den Soz.
verbündet und dadurch die Unterstützung des Zentrums
erschwert. In Dur lach-Land stimmen die Natlib.
für den konservativen Kandidaten, obwohl bis jetzt eine
Gegenleistung nicht in Aussicht steht. Die Kons, haben
große Bedenken, die Karlsruher Kandidaten der natlib.
Partei und namentlich den der Freist zu wählen, und in
Heidelberg- Land hat sich die. kons. Partei für die
Unterstützung des antisemitischen Kcnrdidaten ausgespro-
chen--dem ein natlib: gegeirübersteht. Auch der Bund
der Landwirte tritt dort für den Antisemiten, also gegen
den Natlib. ein, während er in Wies loch und in
Pforzheim- Land für den natlib.Kandidaten stimmt.
Der antisemitische Kandidat (Walter), der den Wahlbe-
zirk Durlach - Land bereist, wird von seiner Partei
verleugnet, die ihn für einen Eigenbrödler erklärt, aber
ob sie den kons. Kandidaten unterstützt, ist noch nicht
gewiß. In Lörrach schelten die Volksparteiler nicht
wenig über die Freisinnigen, werden aber trotzdem, wenn
es. zum Treffen kommt, deren Bewerber erküren Helsen,
damit kein Natlib. und kein Soz. gegen die übrigen Par-
teien marschieren. Die Soz. haben sich in Karlsruhe
mit der Volkspartei verbündet, ziehen jedoch in allen
übrigen Wahlkreisen gegen dieselben zu Felde. Der
Eindruck, den man von dem Wahlkampf erhält, ist der,
daß jede Hand gegen jede andere erhoben ist, und es
bedarf keiner großenVoraussicht, um zu erkennen, daß nur
die äußerste Linke und vielleicht noch das Zentrum Vorteil
von dieser Verwirrung haben werden. Eine klarere
Parteigruppierung wird erst zu erhoffen sein, wenn die
Regierung der Einführung der direkten Landtagswahl
keine Schwierigkeiten mehr bereitet.
Karlsruhes. Ang. Der s o z i a l d e m o k r a-
tische Verein Villingen beschloß in seiner letzten

Mozarl's und seiner Angehörigen, musikalischer Autographe,
vieler Oelbildcr und sonstiger Porträts der Familie Mo-
zart, vor allem aber des Konzertflügels und des noch bei
Komposition der letzten Werke, Titus und Requiem, benütz-
ten Spincts. Beide Instrumente besitzen nur 5 Oktaven.
Auch den Friedhof St. Sebastian suchte ich auf. Dort
findet sich die einfache Grabesstätie von Mozart's geliebter
Frau Konstanze und ihres zweiten Mannes, des dänischen
Staatsrats v. Nissen. Wie aber erst vor drei Jahren
entdeckt wurde, ruht in dem gleichen Grabe auch der Vater
Leopold Mozart, dessen Schädel noch wohlerha'ten aufge-
fuuden wurde, und Genovefa v. Brenner, Mutter Karl
Maria v. Webers.
Das für gestern Abend im prächtigen Stadtpark vor-
bereitete Gartenfest wurde im wörtlichen Sinne zu Wasser
und mußte aus morgen verlegt werden.
Heute Abend erfolgt im neuerbauteu Stadtheater die
zweite Ausführung von Mozarl's „Don Juan", welche
nebst dem 3. Konzerte den Gegenstand meiner letzten Be-
sprechung bilden soll.

Neue Frauenberufe
1. Tas Serviermädchen. 2. Die^eslairangeurin.
Die Thatsache, daß in vielen herrschaftlichen Häusern
heutzutage kein Diener mehr gehalten wird, hat nicht nur
dem besseren Hans- und Stubenmädchen resp. der Jung-
fer eine höhere Bedeutung gegeben, sondern hat auch
überhaupt dem weiblichen Geschlecht einen neuen sehr
lohnenden und angenehmen Wirkungskreis Angewiesen:
 
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