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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 150 - 176 (1. Juli 1901 - 31. Juli 1901)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37097#0155

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S-nistag, 27. Juli ISA.

43. JshlMg. — 173.

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Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblattern monatlich 6V Psg. in'S Hans gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post br»
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 83 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Anschlag der Inserate auf den Plakattaseln
der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

5

chon jeirt

nehmen die
Postanstalten,
und Zweigstellen Be st ell ungen
auf die
steitlelbttger Teilung
für die Monate August und September
entgegen. — N)er die Bestellung bei einen:
Träger anmeldet, erhält die „Heidelberger
Zeitung" bis zum (. August unentgeltlich.
Die „Heidelberger Zeitung" kostet beim
Bezug durch die Post nur 5V Pfg. für den
Monat (ohne Zustellgebühr), bei unseren
Trägern (frei ins Haus) nur 5V pfg.

Der Entwurf des Zolltarifs.
Der „Reichsanz." von gestern veröffentlicht nunmehr
den Entwurf des Zolltarisgesetzes samt dem Tarif. Die
»Nordd. Allg. Ztg." bemerkt dazu:
Nachdem durch eine bedauerliche Jndiscrction ein Teil
der Zollsätze und des Entwurfes bekannt geworden ist,
deranlaßte der Reichskanzler, daß die Zustimmung der
Bundesregierungen zur amtlichen Publikation der Bundes-
^Drucksachen eingeholt werde. Sämtliche Bundesregierungen
^klärten sich einverstanden. Man müsse vorweg be-
rücksichtigen, daß der Entwurf die Beratung des Bundes-
fotes noch nicht durchlaufen, also auch weder die Vor-
schriften des Gesetzes noch die Sätze des Tarifs schon un-
abänderlich sind und als Grundlage für die Beratung des
Reichstages feststehtn. Die Reichsleitung muß sich deshalb
mit der weiteren Behandlung der Sätze vor der
^effcnilichkeit möglichste Zurückhaltung aufcrlegen,
M den Beratungen des Bundcsratcs nicht vorzugreifen
o^d die Stellung des Reichskanzlers gegenüber Abänderungs-
"bträgcn und deren Begründung nicht zu präjudizieren.
2 Der Entwurf enthält für Getreidezöllc, für
^bensmittel und für Vieh die durch den „Stuttg.
eoh." bekannt gewordenen Zollsätze. (6 Mk. für den
^VPelzentner Roggen, 6V- Mk. für Weizen, 6 Mk. für
spler und 4 Mk. für Gerste) Kartoffeln sind frei. Ver-
tagszölle für Roggen dürfen nicht unter 5 Mk., für
Mzen nicht unter 5'/? Mk., für Gerste nicht unter 3
und für Hafer nicht unter 5 Mk. herabgesetzt
^den.
Einen Roggenzoll von 5 Mark hat man bekanntlich
kurze Zeit gehabt. Durch die Handelsverträge ist er
M 3'/, ermäßigt worden. Wenn er jetzt wieder auf
Westens 5 Mk. gebracht werden soll, so ist das im

Interesse unserer heimischen Landwirtschaft, die sehr schwer
zu kämpfen hat, zu wünschen. Was den Weizen anbetrifft,
so hatte er bisher den gleichen Zollsatz wie der Roggen
und ist aber schon lange gewünscht worden, daß der
Weizenzoll um ein geringes höher sein möge, wie der
Roggenzoll, da ja auch der Preis des Weizens höher ist,
wie der des Roggens. Mit Ausnahme der Parteien, die
überhaupt jeden Getrcidezoll verwerfen, werden die Zollsätze
des Entwurfs vermutlich allgemeine Billigung finden. Mehr
Bedenken wird die wesentliche Erhöhung der Viehzölle er-
regen. Man wird sich die Frage vorlegen, ob es angeht,
zugleich jene und diese wesentlich zu erhöhen. In der
Preßdiskussion der nächsten Zeit wird ohne Zweifel rer
Zolltarif den Ton angeben.

Deutsches Reich.
— In dem Wahlkreise Duisburg-Mülheim-Ruhrort
sind bei der HVahl von 18S8 die nationalliberalen
Stimmen von 37,5 auf 40 Prozent gestiegen, die
Zentrumsstimmen von 40 auf 31,5 Prozent gefallen;
selbst wenn man die polnischen Stimmen dem Zentrum
zuzählt, hat dieses weniger Stimmen als vor drei Jahren.
Die für die Sozialdemokraten abgegebenen Stimmen sind
von 13 Prozent auf 22,5 Prozent gewachsen. Das
kommt von dem starken Zuzug von Arbeitern, die. neben-
bei bemerkt, vorwiegend der katholischen Konfession an-
gchören.
— Der „Nordd. Allg. Ztg." zufolge ließ der Reichs-
kanzler dem Burenpräsidenten Krüger nach dem Tode
seiner Gemahlin durch den Gesandten in Haag seine
herzlichste Teilnahme anssprecke-i. Präsident Krüger über-
mittelte hierauf dem Reichskanzler für seine warme Teil-
nahme durch Staatssekretär Dr. L-.yds seinen herzlichsten
Dank.
— Die „Nordd. Allg. Ztg." stellt gegenüber den
Klagen in der Presse über das rücksichtslose Vorgehen
der Engländer gegen die südafrikanische» Stationen der
Berliner Missionen folgendes fest: Die englische Regierung
erklärte sich bereit, auf die Vorstellungen des deutschen
Generalkonsuls in Kapstadt für den Schaden Ersatz zu
leisten. Die Station Bethanien betreffend erwirkte General-
konsul die Zusicherung der englischen Militärbehörde, daß
künftig das Eigentum der Stationen unberührt bleibe
und das noch vorhandene Vieh nicht requiriert wird. Für
die weggctriebenen Herden wird voller Ersatz dadurch
geleistet, daß iie Stationen die gleiche Anzahl Vieh wie
die weggetriebene zurückerhalten werden. Desgleichen sind
die meisten deutschen Kriegsgefangenen, die nicht mitge-
fochten haben, fr ei gelassen worden. Auch von den
Deutschen, die mitgefochten haben, sind einzelne vor
Beendigung des Krieges fr eigelassen worden.
Baden.
— Das Zentrum beabsichtigt im Wahlbezirk
Wiesloch-Heidelberg eineu eigenen Kandidaten auf-
zustellen. Wie verlautet, ist als solcher Herr Fabrikant
Neuhaus von Schwetzingen ausersehen.

Elsaß-Lothringen.
— Die in verschiedenen Blättern verbreiteten Nach-
richten über einen angeblich bevorstehenden Schritt der
elsaß-lothringischen Reichstagsabgeordneten
in Sachen der Vorkommnisse, welche hier alle Gemüter
bewegen, sind, wie die „Straßb. Post" zur Verhütung
von Mißverständnissen mitzuteilen ersucht wurde, in der
Form, in welcher sie veröffentlicht worden sind, teils ver-
früht, teils nicht zutreffend. Es ist nichts beabsichtigt,
was als Protest, Einspruch und dergl. ausaelegt werden
könnte: zu einem solchen wären die Reichstagsabgeordneten
nicht befugt. Was stattfindet, sind Erwägungen, ob die
Vertreter des elsaß-lothringischen Volkes den Augenblick
wahrnehmen sollen, um an zuständiger Stelle über die
Stimmung des Landes Bericht zu erstatten.
Preuße«.
— Wenn sich die Annahme Kochs bestätigt, daß die
Tuberkulose des Rindviehs sich nicht auf Menschen
übertrage, dann wird man selbstverständlich von den
scharfen Maßnahmen gegen das tuberkulöse Vieh absehen,
die in Preußen von der Deputation für das Veterinär-
wcsen vorgeschlagen worden sind. Die Milch, so sagte
man damals, ist der wesentlichste Nährboden. Euter»
Tuberkulose und allgemeine Tuberkulose mit Beteiligung
des Euters nahm Ostertag für '/z bis 1 Proz. der Rinder
an. Wenn es in Deutschland 10 Millionen Kühe gibt,
würden demnach höchstens 100,000 durch Euter-Tuber-
kulose gefährliche Kühe anzunchmen sein. Diese wären
unter Entschädigung der Besitzer zu töten. Die Kosten
für diese Tilgung würden von Jahr zu Jahr sinken.
Eine Tötung aller tuberkulösen Kühe wurde nicht ver-
langt, um vorerst das nähere Ziel zu erreichen. Die
Rindviehbestände wären von Tierärzten, eventuell unter
Heranziehung von Laien zu untersuchen, die krank be-
fundenen Tiere abzuschlachteu und die Milchnutzung der
verdächtigen zu beschränken. Wenn Kochs Entdeckung sich
bestätigt, dann ist eine derartige scharfe Maßnahme nicht
nötig, obgleich eS sich immer empfehlen wird, tuberkulöses,
also erkranktes Vieh möglichst abzuschaffen.

Mus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben
den Bezirksärzt Medizinalrat Max Brau ch in Kehl auf sein
Ansuchen wegen vorgerückten Alters unter Anerkennung seiner
langjährigen treugcleisteten Dienste und inner Ernennung
zum Geheimen Hofrat auf 16. September d. I. in den Ruhe-
stand versetzt.

Ausland.
Oesterreich-Ungarn.
Budapest, 26. Juli. In Nckince im Kroatien sind
80 ungarische Familien vom katholischen zum
reformierten Glauben übergetretcn, weil Bffchof
Stroßmaycr den Unterricht in der ungarischen Sprache
in den Schulen untersagte. Weitere Konversionen sollen
bevorstchen.
Asien.
Peking, 26. Juli. Der ftcmdcnfreundliche Vice-
köwg Tschangschitnng schlägt die Einsetzung einer


W»»

^ Koch'schcn Tuberkulose-Experimente an
Rindern.
jetzt vorliegenden ausführlichen Berichten über
Bortrag Kochs auf dem Tuberkulosen-Kongreß in
ist folgendes Nähere über seine vergeblichen Ver-
Arenschentuberkulose auf Rinder zu übertragen, zu
"Mmen:
Anzahl junger Rinder, welche die Tuberkulin-
- bestariden hatten und folglich als frei von Tn-
^ betrachtet werden konnten, wurde in verschie-
Weise mit Reinkulturen und Tuberkel-Bazillen,
st,h Menschen entnommen waren, infiziert, und einige
erhwistm tuberkulösen Auswurf von Schwindsüch-
E In einigen Fällen wurden die Tuberkel-
R c, Auswurf unter die Haut injiziert,
öeren in die Afteröffnung, in anderen in die Hals-
M j" ^echs Tiere wurden sieben oder acht Monate lang
5ie^3lich mit tuberknlarem Auswurf gefüttert. Vier
, Kneten wiederholt große Mengen Bazillen ein,
z Mn ^ Wasser verteilt und mit einer Spritze ausge-
M ^)Mrden. Keines dieser Tiere (es waren im Gan-
M 1 zeigte irgend welche Symptome der Krankheit,
-1« ^ nahmen alle erheblich an Gewicht zu. Sechs
Monate nach Beginn der Experimente wurden
s'de und man fand in ihren inneren Organen nicht
(mgHvNr von Tuberkulose. Ganz anders war das Rer-
^ dasselbe an tuberkulosefreien Tie-
Tuberkel-Bazillen gemacht wurde, welche aus
don Tieren herrührten, die die Tuberkulose des
Nach etwa einer Woche brachen bei allen
M Tieren die schwersten tuberkularen Krank-
inneren Organe aus. Nach dem Tode fand

man an der Stelle, wo die Injektionen gemacht waren,
und ebenso in den Lymphdrüsen ausgedehnte tuberkulare
Infiltrationen, und in den inneren Organen, namentlich
in den Lungen und in der Milz, fanden sich vorgeschrit-
tene Aenderungen. Der Unterschied zwischen der Tuber-
kulose des Menschen und der des Rindes trat ebenso
klar hervor bei ähnlichen Experimenten mit Eseln,
Schafen und Ziegen, in deren Gefäßsystem die beiden
Arten von Tuberkel-Bazillen injiziert worden waren.
Auch die ältere Litteratur über diesen Gegenstand be-
stätigt diese Experimente. Chauveau, Günther, Harms
und Bollinger fütterten Kälber, Schweine und Ziegen
mit tuberkularen Stoffen, und dabei zeigte sich, daß die
Tiere, welche mit der Milch, und den Lungen tuberku-
larer Tiere gefüttert waren, stets an der Tuberkulose er-
krankten, während diejenigen Tiere, welche menschliches
tnberkulares Material mit ihrer Nahrung erhielten, nicht,
erkrankten.
Wie verhält es sich nun umgekehrt mit der Empfäng-
lichkeit des Menschen für die Tuberkulose des Rindes?
Direkte Experimente am Menschen kommen nicht in
Frage. Aber die Bewohner großer Städte, welche, wie
bekannt, in der Butter und der Milch täglich große
Mengen lebender und wirkungskräftiger Bazillen der
Tuberkulose des Rindes verzehren, führen die Experi-
mente, ohne es zu wollen, an sich aus. Es müßten, wenn
die Bazillen der Tuberkulose des Rindes den Menschen
infizieren könnten, unter den Bewohnern großer Städte,
namentlich unter den Kindern, viele Fälle auf diese
Weise erzeugter Tuberkulose zu verzeichnen sein. Und
die meisten Aerzte glauben in der Thal, daß dies >r
Fall ist. In Wirklichkeit ist dies aber nicht der Fall.

Wenn ein Fall von Tuberkulose durch die Nahrung ver-
anlaßt ist, so müßte, wie man mit Sicherheit annehmen
kann, eine sogenannte primäre Tuberkulose der Einge-
weide zu konstatieren sein. Solche Fälle sind aber äu-
ßerst selten. In der Charits in Berlin sind innerhalb
fünf Jahren nur zehn Fälle von primärer Tuberkulose
der Eingeweide vorgekommen. Unter 933 Fällen von
Tuberkulose bei Kindern im „Kaiser- und Kaiserin
Friedrich-Hospital" fand Baginsky niemals Tuberkulose
der Eingeweide allein, ohne gleichzeitige Tuberkulose
der Lungen und Bronchialdrüsen. Bei 3104 L-ektionen
von tuberkularen Kindern beobachtete Biedert nur 16
Fälle von primärer Tuberkulose der Eingeweide. Bei
diesen wenigen Fällen ist es nun keineswegs gewiß, daß
die Tuberkulose der Eingeweide durch Infektion mit
Tuberkulose des Rindes herbeigesührt ist. Es ist eben-
so wahrscheinlich, daß sie vom weit verbreiteten mensch-
lichen Tuberkel-Bazillus herrührt, der auf die eine oder
andere Weise in den Verdauungskanal gelangt sein kann,
z. B. durch Verschlucken von Speichel. Obgleich die
wichtige Frage, ob der Mensch für die Tuberkulose des
Mndes empfänglich ist, noch nicht endgiltig entschieden
ist und auch heute oder morgen noch keine endgiltige
Entscheidung zuläßt, so kann man doch rmmerhin schon
sagen, daß, wenn eine solche Empfänglichkeit wirklich vor-
handen ist, eine derartige Infektion des Menschen nur
sehr selten vorkommt. Die Ausdehnung der Infektion
von Menschtzn durch tuberkulare Milch, Butter oder
Fleisch ist kaum größer zu betrachten, als die der
erblichen Uebertragung der Tuberkulose, und es ist
darum nicht ratsam, besondere Maßregeln dagegen zu er-
greifen.
In der Sitzung vorn 25. ds. trat Prof. Mefadycan
 
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