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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 256 - 281 (1. November 1901 - 30. November 1901)
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Dienstag, 26. November 1901.

Westes B§Mtt.

43. Jahrgang. - !^k. 277.

Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich SO Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und r>cn Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be.
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
nzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Inserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Zum Beginn neuer Weichstagsaröeit.
Wenn der Reichstag sich Heute zu neuem Thun
versammelt, nachdem er seit Mitte Mai vertagt war,
wird sich das allgemeine Interesse sofort der Frage
zuwenden, ob das hohe Haus annähernd be-
schlußfähig ist. Nicht erst in dem am 15. Mai
abgeschlossenen Teile der laufenden Session, sondern
auch schon früher hat die Beschlußunfähigkeit der ge-
wählten Vertretung der Nation wiederholt zu bekla-
genswerten Unzuträglichkeiten geführt. Wir wollen uns
heute weder optimistisch uoch pessimistisch aussprechen,
sondern einstweilen lediglich der Hoffnung Ausdruck
geben, es möchte die in weiten Kreisen der Nation ge-
hegte Erwartung, daß die Mitglieder des Reichstags
dem auch von den Fraktionsvorständen an sie ergehenden
Rufe in möglichst großer Zahl entsprechen, keine herbe
Enttäuschung erfahren.
Zunächst läßt es schon die Wichtigkeit des Gegen-
standes, der den Reichstag vornehmlich beschäftigen wird
geboten erscheinen, daß das Interesse, mit welchem alle
Erwerbs- und Berufsstände im deutschen Vaterlande
den Zolltarifberatungsn folgen werden,
auch in der Teilnahme der gewählten Vertreter der Na-
tion an den parlamentarischen Verhandlungen zum Aus-
druck kommt. Die Abgeordneten sind es alsdann aber
auch ihren Wählern und sind es dem Vaterlands schul-
dig, daß sie gerade im vorliegenden Falle möglichst rasch
zum Spruche d. h. zur Abstimmung gelangen. Speziell
über die Frage eines angemessenen Schutzes der Landl-
Wirtschaft ist bereits so viel geredet und geschrieben
worden, daß es nicht noch Wochen- und womöglich monate-
langer Tebatteir bedarf, um hier einen Strich unter die
gewechselten Worte zu machen und zur Abstimmung zu
schreiten. Die Aufnahme, welcher einer von links ge-
wachter Vorschlag gefunden hat, die agrarischen Bestand-
teile der Entwürfe nicht erst an eine Kommission zu ver-
weisen, sondern rnr Plenum weiter zu beraten, läßt es
jedoch bis dahin zweifelhaft erscheinen, ob nicht speziell
für das Zentrum Gründe vorliegen, welche diese Partei
veranlassen möchten, einer anderen Taktik den Vorzug
zu geben. Es ist klar, daß das Zentrum als stärkste Par-
tei des Reichstages das Schicksal der Zollvorlage am
meisten in der Hand hat; es leuchtet aber ebenfalls
ohne weiteres ein, daß sich ini Zentrum alle Gegensätze
finden, die sich auch im Reichstage zeigen. Da wird es
Zeit gewinnen wollen, um in sich diese Gegensätze aus-
zugleichen. Andererseits liegt es im bestverstandenen
Interesse des Reichstages selbst und auch in dein der va-
terländischen schaffenden Arbeit, daß die gewählte Ver-
tretung der Nation gerade iitz diesem Falle so rasch
arbeite, wie sie nur kann, sofern sie beschlußfähig ist,
denn sonst droht der Kampf der wirtschaftlichen Gegen-
sätze, nicht nur unsere Parteientwickelung von gesunden
Bahnen immer mehr abzuziehen, sondern auch der hei-
mischen Gütererzengung und Güterverwertnng auf
Jahre und Jahrzehnte hinaus unnennbaren Schaden
zuzufügen. _

Deutsches Reich.
— InBerlin hat sich ein polnisches Komitee ge-
bildet, das für die im Wreschener Schulkrawall verur-
teilten Polen Geldsammlungen veranstalten will. Ein
Aufruf isi zu diesem Zweck bereits ergangen.

Liedsr-Mend von Ar. Ludwig WüTner.
--- Heidelberg, 26. Nov.
Die ganz hervorragende Eigenart Wüllners, seine
Fähigkeit, ohne irgendwie außergewöhnliche Stimmittel künst--
^erisch, ja schön zu singen, seine phänomenale Charakerisie-
chngsgabe, mittelst der er uns mit immer ivachsendcmJnteresse
Einen ganzen Abend lang zu fesseln weiß, — all' diese Ei-
genschaften, welche wir nun schon des öfteren hier zu bewun-
dern Gelegenheit hatten, gestalteten auch den gestrigen Lieder-
Aend wieder zu einem der interessantesten Konzerte dieses
Sinters. Fast scheint es, als ob das an und für sich ja nichts
rfeniger als schöne Stimmmaterial des Künstlers an Klang-
ichönheit und Umfang zugenommen habe, wenn auch immer-
An manche Töne noch deutlich zu erkennen geben, wo die
Grenzen der Möglichkeit bei ihm aufhören. Vielleicht auch war
Umstand günstig, daß solche Lieder, bei denen es nur auf
belcanto ankommt, wie Schuberts „Forelle" und dergl.
^srnal fehlten.
Das gestrige Programm war ungemein gut zusammengc-
!Mt und wohl auch mit Schuld, daß eine Ermüdung, wie sie
j sonst bei Liederabenden gewöhnlicher Art bald em-
Mtellen pflegt, nicht Platz greifen konnte. Mit
Schubert beginnend, von dessen Liedern mir
Vortrag des mit reizender Einfachheit und Be-
^glichkeit vorgctraaene „Lied im Grünen" ganz besonders
A.uel, pachte der Sänger Lieder von Brahms, Hugo Wolf,
und Richard Strauß zu Gehör und bewies bei jedem dic-
tj; Geister seine erstaunliche Kunst, den verschiedenen Eigen-
,»!st".chkeiten eines jeden derselben bis ins kleinste Detail
z fecht zu werden. — Welch kostbare Liederperlen konnte man
ml ^eser Gelegenheit kennen lernen oder wieder ins Gedächt-
Surückrufen! Von den fünf Hugo Wolf'schcn ist jedes
ein Kleinod: „Auf ein altes Bild" ist das Ideal eines
Hx-.wüschen Stimmungsbildes, hier scheint Malerei und
"I'k geradezu in einander überzufließey; „Denk cs, o Seele"

Kiel, 25. Nov. Um halb zwölf Uhr verließ der
Kaiser mit dem Prinzen ^Heinrich das Linienschiff
„Kaiser Wilhelm II." und landete bei der Marinekapellc.
Von dort begab er sich mit seinem Bruder in offenem
Wagen zur Rekruten Vereidigung in den Excerzicr-
schuppen der Matrosenkaserne. Nach erfolgter Vereidigung
sprach der Kaiser zu den Rekruten, worauf Admiral v.
Köster ein dreifaches Hoch auf den Kaiser ausbrachte. Der
Kaiser begab sich dann mit dem Prinzen Heinrich zum Früh-
stück in das Offizierkasino.
Bader».
LR. Karlsruhe, 25. Nov. Badi.sch er Landt a'g.
Heute Abend versammelten sich die Abgeordneten der
Zweiten Kammer im Schungssaale auf Einladung des
Staaismiuisters v. Brauer, um stinige formelle Geschäfte
zu erledigen. MMinister v. Brauer hieß .die Abgeordneten
herzlich willkommen^und gab der Hoffnung Ausdruck, daß
auch die bevorstehende Tagung zum -Segen und zur Wohl
fahrt des Landes verlaufen möge. Als Alterspräsident
wird Abg. Markus Pflülger die Geschäfte führen. Zn
Jugendsekretären wurden Ernannt: Die Abgg. Fendrich,
Eckert, Merklinger und Eichhorn. Da Abg. Fendrich
fehlte, wurde Abg. Frühauf,.-zum 2. Jugendsekretär be-
rufen. Alterspräsident Pflüger übernahm sodann die Lei-
tung, begrüßte die Abgeordneten iund gab der Hoffnung
Ausdruck, daß die Verhandlnngengdem Lande zum Segen
gereichen mögen. fDie erste j Sitzung der Kammer findet
nächsten Mittwoch,; halb lO^UHr statt. Tagesordnung :
Bildung der Kommissionen und Wahlprüfungen.
— Th. Wacker ftst sehr übler Laune; er zackt sich
mit aller Welt und hat nun auch einen heftigen Streit
mit den Sazialdemokr j bekommen, die ihm in Karlsruhe
einen so bösen Strich durch die Rechnung gemacht haben.
Damit in dieser ernsten^Zeit der Humor nicht ausgeht,
pflegen sich die Blätter ' Soz.-Demokratie und res Zen-
trums ^wechselseitig chie Unterströmungen und Spaltungen
in ihrer Partei vorzuwerfen. Und sie haben beide Recht.
— Der sozialöomokratiische „V o l k s f r e u n d"
sagt zu der Meldung, daß die Getreidefra cht
von Amerika nnr noch 3 Mark für 20 Zentner kosten.
Solche Thatsachen beleuchten die Ursache der Not'
unserer Landwirtschaft besser, als die
schönste Rede.
Wenn der „Volksfrennd" das einsieht, warum tritt er
nicht für den Schutz der Landwirtschaft gegen solche
Konkurrenz durch Zölle ein?
* Heute wird m Karlsruhe die neue Session des
Badischen Landtages eröffnet. Es gehört wenig
Prophetengabe dazu, um vorauszusagen, daß sie politisch
wenig ergiebig sein wird. Zu der Zeit, da eine
nationalliberale Mehrheit in der Zweiten Kammer bestand,
wurden die Staatsgeschäfte zwar dem Zentrum zu wenig
uliramontan, der Demokratie zu wenig liberal geführt,
aber man kam doch in einer bestimmten Richtung weiter.
Jetzt ist die Kammer in eine Anzahl Fraktionen aufgelöst,
von denen keine die Mehrheit besitzt; die Folge davon
kann nur die sein, daß der Staatswagen von den Parteien
hin- und hergezerrt wird, ohne vom Fleck zu kommen.
Wohl hoben wir eine klerikal-demokratische Mehrheit, aber

— zu den wunderbaren Mörike'sche« Worten, welch wunder-
bare. Tönet — Und dann zum Schluß die prächtigen Gesänge
von Richard Strauß: Das in trotziger Herbe anhebende, wie
von fernherdröhnenden Donnerschlägen begleitete Arbeiterlied
mit seinem machtvollen Schluffe, eine Art „Zukunfts-Mar-
seillaise"; das wehmütig dunkle „Befreit" und der Jubel-
Hymnus der „Winterliebe".
Welch großen Anteil die Klavierbegleitung am Erfolge
eines Abends wie des gestrigen hat, das kann nur der „Ein-
geweihte" abschätzen. Professor Wolf rum hat bei dieser
Gelegenheit wieder seine ganze bekannteMeisterschaft bewährt,
nur mit einem solchen Partner konnte eine Kunstleistung wie
das gestrige Konzert zustande kommen.
Dasselbe war verhältnismäßig gut besucht. Daß ein
gut Teil des Interesses dem Mimiker Wüllner galt, konnte
man aus den vielen Opernguckern entnehmen, die diesmal im
Konzertsaale auftauchten. O. S.

Kleirrs Zeitung.
— Bo« der unheilbaren Erkrankung Dr. Sigls,
des bekannten langjährigen Redakteurs und Herausge-
bers des „Bay. Vaterland", giebt nun auch das „Va-
terland" selber seinen Lesern in einer längeren Erklä-
rung Kenntnis, in der es zum Eingang heißt:
Als wir vor einem Halden Jahre unserer Freude und der
Erwartung Ausdruck gaben, daß cs mit Gottes Hilfe der ärzt-
lichen Kunst gelungen sei, unseren teuren Dr. Sigl dem Leben
und seiner journalistischen Tbätigkeit wiederzugeben, da lebten
wir in einer trügerischen Hoffnung. Denn die Erholungsreise
nach Tirol brachte für ihn nicht die erwartete völlige Genesung,
sondern einen Rückfall, und von da ab bestand die traurige Ge-
wißheit, daß jede menschliche Hilfe vergebens sei. Mit tiefstem
Schmerze sahen wir die unausbleibliche Katastropke herannahen,
und dock kam sie frühzeitiger und unter viel bctrübenderen Um-
ständen, als wir befürchtet hatten.

die ist zum positive.". Schaffen völlig untauglich, da ihr
der einheitliche Geist fehlt. Auch für die Regierung ist
die Situation minder angenehm, als sie vor Jahren war.
Damals Halle sie sich nur mit einer Partei auseinanderzu-
setzen; jetzt muß sie lavieren. Der sogn. Standpunkt über den
Parteien ist für eine Regierung der am wenigste» bequeme;
in einer solchen Situation muß eine Regierung erheblich
mehr diplomatisches Geschick aufwenden, als wenn sie sich
an eine Mehrhcitspartci halten kann. Dabei liegt die Ge-
fahr sehr nahe, daß sie cs mit allen Parteien verdirbt.
Nun sind auch noch zwischen der Regierung und der natio-
nallibeealcn Partei die bekannten Differenzen eingetreten,
von denen man nicht weiß, ob und um wie viel sie sich im
Lause der Debatten veigrößun werden. In einer politi-
schen Hauptfrage sieht sich die Regierung von allen Parteien
bekämpft, wenn man von dem einen Konservativen absteht,
der noch nicht gewählt ist. Kurz, die politische Situation
ist wenig verheißungsvoll. In praktischen Fragen, wie in
der Festsetzung des Budgets und dergl., darf man dagegen
noch Früherem erwarten, daß die Parteien sich zusammen-
finden. So werden wir aller Vermutung nach einen frucht-
baren Verwaltungslandtag mit unfruchtbaren politischen
Debatten haben.

Wres des Karlsruher ZeitUKg.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
Amtsrichter Richard Haas in Breisach zum Landgerichtsrat in
Mannheim, den Referendär Dr. Ludwig Muchow ans See-
Hausen znin Amtsrichter in Breisach und den Referendär Eduard
Morell ans Heidelberg z»m Notar im Amtsgerichtsbezirk
Bruchsal ernannt.
— Das Justizministerium hat dem Notar Morell das
Notariat Langenbrücken zugewiesen.
— Revisor Adolf Schneider beim Bezirksamt Pforzheim
wurde znnr Bezirksamt Heidelberg versetzt.
— Es wurden die Eiscnbahnasststenteir Walter Paschasins in
Basel, Karl Wöntz in Pforzheim, Karl Hasenfuß in Dinglingen,
Georg Wild in Pforzheim. Friedrich Köbele in Mannheim, Gustav
Flaig in Singen, Friedrich Hof in Neckargemünd, Emil Bauer in
Pforzheim, Adolf Hügele in Freibnrg, Richard Böhringer in
Heidelberg, Friedrich Hang in Müllheini, Jakob Ihrig in
Heidelberg, Eugen Münzer in Jnimeirdingen, Josef Herbstreith in
Orschwcier, Albert Hahn in Dnrlach, Gustav Brndy in Langen-
brückerr, Ludwig Dittler in Karlsruhe, Alfred Schneider in Karls-
ruhe, Emil Gleißle in Karlsruhe, Maximilian Ueber in Breisach,
Karl Kaiser in Mannheim, Heinrich Mehl in Emmendingen,
Wilhelm Bach in Konstanz, Karl Schenkel in Kirchheiur b. H.,
Karl Oberlc in Pforzheim, August Marx in Efrrngen-Kirchen,
Fabian Dengler in Pforzheim, Konrad Krämer in Mannheim,
Jakob Speer in Mannheim, Jakob Meckcs in Mosbach, Josef
Jung in Wiesloch, Philipp Gramm in Heidelberg, Wilhelm
Würfel in Baden, Lothar Wiehl in Mannheim, Hermann Zim--
mermann in Freibnrg, Friedrich Martin in Friedrichsfeld, Karl
Wickenhäuser in Karlsruhe, Josef Schiele in Rastatt, Karl Wühler
in Mannheim, Rudolf Fischer in Thiengen, Emil Geißler in Sichern,
Christian Moser in Hornberg, Karl Wilzer in Karlsruhe, Karl
Schuh in Heidelberg und Franz Grieshaber in Konstanz zu
Expeditionsassistenten ernannt.
Karlsruhe, 25. Nov. Gestern Vormittag fand in
der Schloßkapelle in Baden ein Gottesdienst statt, bei wel-
chem Prälat D. Helbing die Predigt hielt. Am Abend
folgten die Höchsten Herrschaften einer Einladung des Ba-
dener Pfarr-Cäcilrenvereins zu einem Konzert in den Räu-
men des Konversationshauses, welchem auch die Prinzessin
Amöbe zu Fürstenberg anwohnte. Heute Früh traf dex
Redaktiorr und Verlag versprechen sodann, im Sinne
und Gerste Dr. Sigls weiter zu kämpfen für die baye-
rische Heimat und natürlich „gegen das üppig a ris-
ch u ch e r n d e Bor n s sentu in". Die Preußen-
fresserei wird also nach wie vor eine besondere
Spezialität des „Bayr. Vaterland" bleiben. Ob sie sich
freilich noch lange als zugkräftig erweisen wird, ist
fraglich. Ein so orgineller Kopf, wie Sigl trotz aller
Verschrobenheit ohne Zweifel war, konnte sich den Ritt
auf einem derartigen Steckenpferd schon erlauben, so
grotesk auch das Bild war, das er manchmal bot; seine
Nachahmer aber, die ihm nur abgeguckt haben, wie er
sich räusperte und wie er spuckte, werden ohne seinen
kaustischen Witz wohl bald der verdienten Lächerlichkeit
anheinrfallen.
-- Aus Wcstprcnßen, 20. Nov. In einem Wirts-
Hause in Marienburg hatte sich kürzlich ein Herr, der sich
eines ungewöhnlich stattlichen Schnurrbarts er-
freut, verpflichtet, diesen für 100 Mark zu opfern
und sich am nächsten Abende ohne Schnurrbart einzu-
finden. Die Gesellschaft war bereits erwartungsvoll
versammelt, aber der Besitzer des verwetteten Schnurv-
barts blieb aus. Nachdem die Stammgäste eine Halbs
Stunde vergeblich auf ihn gewartete hatten, brachte
endlich ein Bote einen Brief, dessen Aufschrift sine
Damenhand verriet. Der Inhalt lautete, wie die
„Marierrb. Ztg." berichtet: „Meine Herren! In einer
Anwandlung unerklärlichen Leichtsinns hat mein Gatte
sich gestern Abend Ihnen gegenüber verpflichtet, gegen
Zahlung vorr 100 Mark für einen wohlthätigen Zweck
seinen schönen Schnurrbart zu opfern, und Sie waren
grausam genug, diesen Vorschlag anzunehmen. Da ich
 
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