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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 229 - 255 (1. Oktober 1901 - 31. Oktober 1901)
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Erstes Blatt.

43. Jahrgang. - Vr. 251.

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Samstag, 26. Oktober 1901.

Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich SV Pfg. in'L Haus gebracht, bei der Expedition und dm Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be,
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zust.llgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren RauÄ. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Inserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

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Aevölkerungsvermehrung in den deutschen
Mundesstaaten.
Die Statistik weist über die Bevölkcrungsznnahme in
den deutschen Bundesstaaten während her
Ähre 1871—1900 höchst interessante Einzelheiten nach.
Die Zunahme im gesamten deutschen Reich belief sich
aus 37,2 Prozent. In den einzelnen Bundesstaaten
stehen jedoch die drei Hansastädte Hamburg mit
126,7, Lübeck mit 85,5 und Bremen mit 83,6 Prozent
in erster Linie. (Würde man nur die städtische Be-
völkerung ins Auge fassen, so würde Berlin mit 128
Prozent Zunahme Hamburg noch überflügeln.) Dann
folgen Sachsen mit 64,3, Reuß j. L. mit 66,1, Anhalt
lliit 86,3, Reuß ä. L. mit 51,4, Braunschweig mit
48,9, Preußen mit 39,6, Sachsen-Altenburg mit 36,7,
Sachsen-Meiningen mit 33,4, Sachsen-Koburg-Gotha
Mit 31,7, Großherzogtum Hessen mit 31,4, Großherzog-
tuin Baden mit 27,7, Bayern mit 27, Sachsen-Weimar
Mit 26,6, Oldenburg mit 26,9, Lippe mit 26,3, Schwarz-
ourg-Rudolstadt mit 22,7, Schwarzburg-Sondershau-
1m mit 20,4, Württemberg mit 19,1, Elsaß-Lothringen
Mit 10,8, Mecklenburg-Schwerin mit 9, Mecklenburg-
Strelitz mit 5,8 und Waldeck mit 3 Prozent. — Aus
dieser Aufstellung ist ersichtlich, daß die Bundesstaaten
Mit überwiegender Industrie, wie z. B. Sachsen, den
örößten Bevölkerungszuwachs haben, den geringsten die
kein ackerbautreibenden Gebiete. Das zeigt sich auch
sveiterhin in den einzelnen Provinzen des größten deutl-
ichen Bundesstaates Preußen, wo dis Provinzen West-
falen eine Bevölkerungszunahme von 79,6 und Rhein-
land 60,9 Prozent erfuhren. Obwohl auf die Provinz
>Zstpreutzen während des ganzen Zeitraums von
1871 bis 1900 eine Zunahme von 9,4 Prozent kommt,
uinunt die Bevölkerung in Ostpreußen aber leider fest
dem Jahre 1896 langsam ab; sie ist also das einzige
deutsche Gebiet, welches in den letzten Jahren in der
Zevölkerungszahl rückwärts schreitet. Die Volkszählung
don 1895 ergab noch 2 007 000, die von 1900 rund
1999 000 Seelen. __
Der staatsgefährllche Koelhe.
Es wird immer schöner im modernen deutschen Reicke l
Hetzt will ein Berliner Blatt sogar wissen, daß im dorti-
gen Königlichen Schauspielhause Goetle's „Egmont"
^Mcr staatscrhaltenden Zensur unterzogen wird. Die aller-
dings nicht gerade byzantinischen Worte: „Und diese fteibt
hohles Wort des Herrschers, nicht ihr Ge-
Ml", sind nach authentischer Auskunft in den Souffleur-
"iichcrn des Schauspielhauses gestrichen worden. Die
»Boss. Ztg." bemerkt dazu: „Es liegt ein Fall höftscher
H">sur gor. und um diesen Fall in seiner ganzen Schwere
würdigen, muß man bedenken, wer und was da in
-Her Stille zensiert worden ist. Es ist Goethe, an dem
Mnttnischc Vorsicht, superkluge Angst oder jenes unbe-
idpimte Gefühl: „Man kann niemals wissen", das eln
Aeufclt gutmütiger Zensor einmal dem gemaßregelien
^sillparzer kingestarft» hernmschneidert. Und damit auch
^ Ironie des Schicksals ihr Teil erhalte: Es ist Nicht
-dr der größte Klassiker U'-serer, ja der Weltlitteraiur, es

definierbaren Loyalität meistern und Hofmeistern wollte."
— Und es war, möchten wir hinzufügen, ein Großherzog-
lich Weimarischer Geheimrat und Minister. Das wenig-
stens hätte doch dem Zensor eigentlich imponieren sollen!

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auch der größre Sprecher ruh-ge'-, im Boden wurzeln-
Eulwicklung. den man da im Namen irgend einer un-

DsrrL? ch -s Reich.
— Die Neubewaffnnng imsercr Infanterie wird jetzt
nach einjähriger Unterbrechung fortgesetzt. Zuletzt hat
im vorigen Herbst das Gardekorps das neue Gewehr
Modell 98 erhalten, nachdem vorher die Marine und
die ostasiatischen Infanterieregimente!.- damit ausgerüstet
worden waren. Im November und Dezember kommt
die neue Waffe an sechs weitere Armeekorps
zur Verteilung, zuerst an das 3. braudenburgische Armee-
korps.
— Am Donnerstag gab der bisherige chinesische
Gesandte in Berlin, Lü Hai Huans, ein Abschiedsmahl.
Der Reichskanzler Graf Bülow und die Staatssekretäre
Freiherr von Richthosen und von Tirpitz hatten mit dem
Ausdruck lebhaften Bedauerns, daß dringende Geschäfte
sie verhindert, am Feste teilzunehmeu, ihr Ausbleiben
entschuldigt. Am späteren Nachmittag war dann noch
vom Chef des Zivilkabinets, Herrn von Lucanus, ein Te-
legramm eingelaufen, worin er bedauerte, wegen eines
plötzlich eingetretenen Unwohlseins nicht erscheinen zu
können. Im übrigen waren die Spitzen der Hof- und
Zivilbeamtenschaft sowie der Militärbehörden voll-
zählig erschienen. Bald nach Beginn der Tafel erhob sich
der Gastgeber, um das Wohl unseres Kaisers auszubrin-
gen. Er hatte chinesisch gesprochen. Der Toast wurde
von Dr. Kreysr übersetzt. Es war der einzige Trink-
spruch des Abends.
— Die „Deutsche Kolonialzeitung" teilt die vor-
läufige Vereinbarung zwischen der Rcicksregicruiig und der
deutschen Kolonialgescllschaft über die Errichtung cincr
Neichsauskunftstelle für Auswanderer mit. Die Ausknnft-
stelle bildet eine Verwaltungsabteilung der Kolonial-
gesellschaft, aber unter Oberaufsicht des Reichskanzlers und
unter einem Vorstand, dessen Anstellung der Genehmigung
des Reichskanzlers unterliegt. Die Auskunfterteilung er-
folgt kostcnlrs, entweder unmittelbar durch die Auskunft-
stclle oder mittelbar durch Vertrauensmänner, oder durch
innerhalb des Reichsgebiets zu errichtende Zweigstelle. Das
Reich stellt einen jährlichen Kostenzuschuß in Aussicht. Das
Auswärtige Amt dringt Berichte der kaiserlichen Vertreter
im Auslande, die für Arrswandcruugswillige von Interesse
sind, zur Kenntnis der Auskunftstelle und wird auch An-
trägen der Letzteren wegen Beschaffung weiteren Materials
nach Möglichkeit entsprechen.
Weimar, 24. Okt. Wie verschiedene Blätter be-
richten, hat kürzlich im großen Saal des hiesigen Stadt-
hauses eine Versammlung stattgefunden, in der
Dr. med. Gadow aus Kimberley auf Auslassungen des
in Weimar lebenden früheren Gesandten in China, Herrn
v. Brandt, gegen die Buren erwiderte. Wegen
ihrer Burenfreundschaft hat Herr v. Brandt die Stadt
Weimar in der Londoner „Finanzchronik" einen „Thee-
kessel" genannt. Die sehr zahlreich aus allen Kreisen
besuchte'Versammlung verurteilte einmütig in einer Re-
solution „den englischen Raubkrieg und die jüngsten eng-
lischen Henkersthaten in Südafrika." Mit stürmischen

SLadllHeater.
Heidelberg, 26. Oktober.
"-ore rote Robe." Drama von Brieux.
stH?lach der roten Robe, dem Talar des Apellationsgerichts,
1A» die Sehnsucht aller Richter in der Provinz. Die trost-
E Frage des Avancements seht diese Köpfe in Bewegung:
sw? schaffe ich mir eine Zukunft? Wie mache ich den Ein-
zig eines Deputierten für meine Karriere mobil? Wie er-
ich eZir Maximum von Verurteilungen, um von mir reden
-^Aachen? Kann ich dieses Todesurteil bei den Geschworenen
^setzen, so bin ich gut daran. Diese Sache lege ich nicht
verfolge sie vielmehr weiter und schlage etwas für mich
heraus. Vielleicht fällt daun ein wenig Licht auf mich.
Presse muß doch endlich aufhören mit ihrem Klagen,
ZR Richter schlafen.
! dieser die Beamten seines Landes bloßstellenden Psh-
siAbst gefällt sich Herr Eugene Brieux, ein jetzt dreiund-
MLAähriger Autor. Sein Porträt zeigt feine Züge eines
Äynsistsrischen Mannes und erinnert an Oberammergauer
^tetz"öpfc. In der einen großen Verhörscene des zweiten
geh ' der Richter, der sich diesen schönen Fall nicht ent-
" plssen will, mit den plumpsten Kniffen einen Ilnschuldi-
Roj, Reichwohl. des Mordes Angeklagten, martert, trat für
Bvt ^ die lebhafteste Erinnerung an die allerdings ent-
bh, berwandten Szenen im Hauptmann'schen „Biberpelz"
sicr Aon Hauptrnamis Geist ist sonst leider wenig zu spüren,
- 3 Herrn Brieuxs Muse eine Zwillingsschwester
AichÄ des Herrn Richard Voß zu sein. Es sind zwei ausge-
Akte in dem Stück: eine Abendgesellschaft beim
ßtor, die reichlich Gelegenheit bietet, die ganze Lage
siSeu^ Zu exponieren, und das große Verhör des Ilnschul-
!>^ses Ad seines Weibes. Der Beifall nach den letzten Worten
die von der geängsteten und empörten Frau des
>siM^,men dem frivolen Untersuchungsrichter ins Gesicht
dd iyAAt werden: „Sie sind der MörderI" wurde stärker
wr stärker. Die feinen lustigen Pointen und Apercus

des ersten Aktes fanden dagegen kein lebhaftes Echo. Dre
Regie führte Herr Direktor Heinrich, an der Aufführung war
nichts auszusetzcn. Das stark spannende Stück wird beim
Publikum Erfolg finden.
Pierre Etchepare ist ein baskischer Bauer, leicht erregt,
Gelegenheitstrinker, kraftvoll, trotzig, von schwer arbeitendem
Verstand und voll Mißtrauen gegen den höherstehenden Mann
der halbfremden Nationalität, dabei von peinlichstem Ehr-
gefühl und größter Zärtlichkeit gegen seine Fmnilie erfüllt.
Diesen Bauer spielte Herr Heinrich mit erschütternder
Lcbcnswahrheit und fortreißender Kraft. Welch weiter Weg
von diesem wortkargen Hitzkopf zum liebenswürdigen Schulrat
Prell!
Pierres Frau, die, nachdem ihr Mann wieder in Freiheit
gesetzt ist, ihren Pariser Fehltritt so schwer büßen muß (diese
Nebcngeschichte ist recht an das Stück Haupthandlung heran-
geflickt und durchaus sentimental und im üblen Sinne thea-
tralisch), wurde mit großer Einfachheit, feurig und stellenweise
mit erschütternder Wirkung von Frl. Herter dargestellt.
Frl. Hohenau gab wieder, gleich feinsinnig wie damals
in „Eva", eine patriarchalische Alte. Herr Grohmann
muß-wegen der vorzüglichen Maske, in der er eine ganz kleine
Rolle spielte, genannt werden. Herr Bernau war ein ner-
vöser Präsident, der Jagdgedanken im Kopfe hat. Recht ge-
wandt und sicher zeigte sich wieder Herr L a s s e n als Gerichts-
sekretär. Die beiden großen Rollen der Nebenbuhler um die
rote Robe hatten die Herren Feldner und Rudolph. Der
erstere gab Anlaß, das günstige Urteil, das wir bilden mußten,
(wir haben ihn bisher, wie es das Repertoir mit sich brachte,
nur in Rollen gesehen, die wenig hervortraten) mit Freuden
zu bestätigen. Herr Rudolph muhte diesmal ein unlicbcns-
würdiger Schwerenöter sein. Er führte seine Sache nach allen
Richtungen mit erstaunlicher Sicherheit durch. Das Ensemble
war trefflich eingeübt, wie gesagt. Das war der erste große
Erfolg dieses Winters auf dem Gebiet des Schauspiels. Er
ist der warmen Teilnahme des Publikums wert.
» K. W.

Hochrufen auf die Präsidenten Krüger und Steijn gingen
die Schaaren auseinander.
Baden.
8.U. Karlsruhe, 25. Okt. Durch die heute amt-
sich bekannt gegebene Beförderung des Landgerichtsrats
Frhrn. v. Stockhorn er wird ein- Neuwahl zur Zweiten
Kammer nötig. Nach dem letzten Wahlergebnis betrug
der Unterschied 2 Stimmen. Da, dem Vernehmen nach,
von Stockhorncr die Wahl nicht mehr annimmt,
dürfte cs nicht za den Unmöglichkeiten gehören, daß trotz
des alten Wahlinännerkollegiums der einzige konservative
Kammersitz an die Sozialdemokraten verloren geht.
L.N. Karlsruhe, 25. Okt. Die von Großh. Mi-
nisterium des Innern angcordneten amtlichen Erhebungen
über die wirtschaftliche Lage in Baden erstrecken
sich der „I. R. K." zufolge u. A. bcsondersauf folgende
Fragen: ob nnd inwieweit ein nennensw.-rter Rückgang der
einzelnen Industriezweige im Laufe dieses Jahres bemerk-
bar gewesen ist; ob und in welchen Industriezweigen dieser
Rückgang zu Betriebseinschränkungen geführt hat; in wel-
chem Umfange und welchen Erwerbsarten für den bevor-
stehendxii Winter Arbeitslosigkeit zu erwarten steht, mit be-
ssndcrer Berücksichtigung der von den Arbcitsnachweis-
anstalten zu erhebenden Auskünfte; ob nnd in welchem
Umfange ausländische Arbeiter in Landwirtschaft rn-d In«
dustcie b.schäftigt sind; ob und in welchem Umfange da,
wo Arbeitslosigkesi für inländische Arbeiter eingetreten oder
zu erwarten ist, noch außerdentsche Acb-iter beschäftigt sind
und welche Umstände etwa entg-genstch-n, daß a ( deren
Stelle inländisch- Arbeiter eingestellt werden.
— Von seiten des Zentrums ist in der Zeit vom 4.
bis 16. Oktober in Engen-Stockach eine Agitat'on
unter den Wahlmännern betrieben worden, die das Er-
laubte weit übersteigt. Liberale Wahlmänner berichten
dem„Heg. Erz.", wie sie vom Geistlichen drangsaliert wurden,
um sie fnr's Zentrum zu gewinnen. In 2 Fällen wurde
die Religion in skandalöser Form als Mittel znm Zweck
heeangezogen. Den einen verhieß der Pfarrer „Glück und
Segen in der Familie", wenn er diesmal fürs Zenlrum
wähle, dem andern hielt er die Sterbestunde vor, um ihn
für die „gute Sache" zu gewinnen. Zweifellos sind dies
nicht dis e nz-gen Fälle von skrupelloser Wahlbeciuflussung.
«N!! 0»»,'!», .., ,
Aus der Karlsruhe«: Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Groß Herzog haben den
roßh. Landgeiichkscat Eaüi Frecherrn S t o ck h orner v on
Star ei» zum Landgsrichtsdirettvr in Mosbach ernannt.
— tzaupiamtsasststent Emi! Menge: beim Hauptsteueramt
Lörrach wurde zum Hauvtsteueramt Heidelberg u«d Hauptamts»
assistent Joh. Bopt. Reitze beim Hauptstcueramt Konstanz zum
Hauplsteueiamt Mannheim versetzt.'
Ausland.
Frankreich.
Paris, 24. Okt. Auf Schloß Chambly, Departement
Loire, starb gestern Abend Prinz Joachim Mural,
der Schwiegervater des österreichischen Ministers Grafen
Goluchowski. (Joachim Napoleon Prince Murat, gebo-
ren zn Bardentown 21. Juli 1834, Sohn des Prince Ln-
cien, Prinz von Neapel, Principe di Ponte Corno, und
2. Weingartner-(Hrchester)-KonzerL.
Heidelberg, 26. Oktober.
Das Programm dieses ersten Orchesterabends war von
einer solch konservativen Färbung, daß auch der abgehärtetste
Anti-Moderne sich sorglos in den Konzertsaal begeben konnte:
Die beiden symphonischen Erstlinge Beethovens u. Schumanns.
Webers Oberon- und Wagners Tannhäuser-Ouverture, welch
letztere ja nunmehr auch glücklich zu den „klassischen" Werken
gerechnet wird, d. h. zu denen, welchen der Stempel der mu-
sikalischen Ehrbarkeit zuerkannt wird. —
Es waren wiederum Genüsse auserlesenster Art, welche unZ
Weingartners Zauberstab zu verschaffen wußte. Beetho-
vens L-ckur-Symphonie, man sollte meinen, daß aus die-
sem Jugendwerk, welches nur selten die Klaue des Löwen er-
kennen läßt, nicht viel Neues mehr herausgeholt werden
könne. Und dennoch könnkb man eine Menge kleiner feiner
Züge aufzählen, die einem gestern zum Bewußtsein kamen;
ich erinnere nur an den markanten Pankenrhythmus am Schlüsse
des zweiten Satzes (dessen Tempo übrigens unbedingt zu rasch
genommen wurde!), an dies reizende, graziöse Geigenspiel
im Trio des Mcnuettos, an die Rückgangstelle zum Haupt-
thema im Finale und die Coda desselben.
Wie bei Beethoven, fo auch bei Schumann ließ der erste
Satz am meisten kalt, was allerdings nicht an der Wiedergabe
liegt. Beide Meister folgen hier zu sehr den „berühnrten Vor-
bildern"; erst vom zweiten Satze ab gehen beide ihre eigenen
Wege, chenn auch bei Beethoven noch erst der Vater Haydn,
bei Schumann der so sehr von ihm verehrte Freund und Gönner
Mendelssohn herauszuhören ist. Ganz wunderhübsch war der
Schumann'sche Scherzosatz, ein Meisterwerk musikalischer In-
terpretierung. Trotz aller jugendlichen Frische, welche diese
Symphonie auszcichnet, kann man sich dem Eindruck nicht ver-
schließen, daß leider so vieles davon schon recht verblaßt rst
nnd cs eigentlich auf dem Klaviere besser wirkt als im Orchester.
Wie Weingartner die Ouvertüren Webers wiederzugeben
weiß, das wissen wir noch aus dem vergangenen Jahre. Auch,
 
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