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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 282 - 305 (2. Dezember 1901 - 31. Dezember 1901)
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Samstag, 21. Dezember IM.

Erstes Blatt.

43. Jahrgang. — Ir. 2SS.

Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 60 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be.
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Inserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

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Aie Erledigung der Petitionen aus der
letzten Tagung des öad. Landtags.
8.0. Karlsruhe, 19. Dez. Im Laufe des Land-
tags 1899/00 wurden von der 2.Kammer der Regierung
im Ganzen 67 Petitionen überwiesen. Aus derUeber-
sicht über die Erledigung derselben sei Folgendes mit-
geteilt: Der Bitte aus dem Schwarzbachgebiet um Ver-
besserung der Zugsverbindungen auf der Strecke Meckes-
Heim-Neckarelz wurde in den neueren Fahrplänen ent-
sprochen. Die Eingaben der Kanzleiassistenten, Bahn- und
Weichenwärtervereine, Schaffner, Wagenwärter, des Ver-
bands bad. Eisenbahnbediensteter und der Arbeiterschaft,
sowie der Stationsvorsteher der Staatsbahn werden in
der Hauptsache erst bei einer Revision der Gehaltsordnung
in Erwägung gezogen.
Der Bitte des Gemeinderats in Walldorf, den Güter-
bahnhof mit Güterhalle in Wiesloch ans die westliche Seite
des Bahnhofs zu verlegen, wurde keine Folge gegeben,
wohl aber dem weiteren Begehren, daß die Station in
den Fahrplänen die Bezeichnung Wiesloch-Walldorf erhält.
Die Bitte der Gemeinde Gundelfingen, um Errichtung
eines Aborts auf der Lokalzugsstation, die bekanntlich Herr
Wacker so warm befürwortete, fand keine Berücksichtigung, weil
die Verwaltung befürchtet, daß andere Haltestellen die
gleichen, mit beträchtlichen Kosten und Unzuträglichkeiten
verbundenen Herstellungen beaiffprnchen würden. Zu einer
ausnahmsweisen Behandlung von Gundelfingen liege kein
Grund vor.
Ueber die Erledigung der Eingaben um Erbauung der
Nebenbahn: Neckars!einach-Hciligkreuzsteinach siehe unter
Stadt und Land. (2. Bl.) Dem Gesuch der Gemeinde Lindach
(Eberbach) um Errichtung einer Eisenbahnhaltestelle wird
bei Herstellung des 2. Geleises auf der Strecke Neckar-
gemünd-Neckarelz entsprochen werden.
Die Eingabe der bad. Real- und Zeichenlehrer fand
insofern Berücksichtigung, als einer Reihe solcher Lehrer
der bei ihrer Verwendung als städt. Volksschullehrer er-
langte, den Anfangsgehalt des Reallehrers übersteigende
Mehrbetrag als Nebengehalt belassen wurde; die sonstigen
Wünsche sollen bei der allgemeinen Revision des Gehalts-
tarifs berücksichtigt werden. Der Bitte der Abteilungen
Pforzheim, Heidelberg und Freiburg des Vereins „Fraucn-
bildung-Frauenstudinm" entsprechend wurden zur Förderung
des Handelsschulwesens für weibliche Lehrlinge und Ge-
hilfinnen 2000 Mk. ins Budget eingestellt. Auf die Ein-
gabe des Bad. Lehrervereins ist eine Novelle zum Ele-
mentarunterrichtsgesetz in Angriff genommen worden, welche
die Verbesserung der Einkommensverhältnisse der Volks-
schullehrer bezweckt und den Ständen noch auf diesem Land-
tag zugeht. Der Bitte der Vereine für Homöopathie um
Errichtung homöopathischer Lehrstühle an den beiden Landes-
universitäten wurde nicht entsprochen, weil die Senate und
die medizinischen Fakultäten der beiden Universitäten ent-
schieden gegen die Errichtung solcher Lehrstühle protestierten.
Der Bitte des Verbandes der bad. landw. Kredit- und
Konsumvereine gemäß wurde den Volksschullehrern gestattet,
Rechnerstellen in solchen Vereinen zu übernehmen; die Be-

kleidung von Vorstandsstellen durch Lehrer bleibt aber un-
statthaft.
Die Eingaben der Bureauasststenten, der Bezirksgeometer
und der Schutzmänner in Freiburg sollen bei der Revision
des Gehaltstarifs näher geprüft werden. Der Eingabe
des Bezirksvereins Baden-Pfalz im deutschen Fleischerver-
band um Aufhebung der Fleischaccise wollte die Regierung
vor Abschluß der Steuerreformarbeiten nicht näher treten.
Auch die Bitte des oberbadischen Weinbauvereins um Auf-
hebung der Weinaccise wurde mit Rücksicht auf die allge-
meine Finanzlage abschlägig beschicken. Eine Entschließung
über die Kollektivpetition der Bad. Handelskammern, von
der stärkeren Heranzi hung der gewerblichen Betriebs- und
Anlagekapitalien zur Steuer abzusehen, wird erst bei der
Wiedereinbringung des Gesetzentwurfs über die Vermögens-
steuer getroffen werden. Auf die Bitte der Betriebsunter-
nehmer bad. Handelsmühlen um Einführung einer ^ver-
schiedenartigen Tarifierung für Getreide und Mehl wurde
das statistische Landesamt mit deren E>Hebungen über die
wirtschaftliche Lage der Getreidemühlen betraut.

Deutsches Reich.
Bade».
— Die Nachwahlen in Engen und Villiugen
haben leider die Erwartungen der Nationallib eralen nicht
erfüllt. In Engen sind von den 3 natlib. Wahlmän-
nern, die das letztemal zu Gunsten des Zentrums umfielen,
2 wieder zur Pflicht zurückgekehrt, so daß der natlib.
Kandidat Ottendörser diesmal 50 Stimmen erhielt. Ein
Wahlmann von der „Fraktion" Müller-Welschingen ist
beim Zentrum geblieben, 2 weitere, die am 16. Oktober
nicht abgestimmt haben, gaben heute ihr Votum ebenfalls
fürs Zentrum ab, so daß dessen Kandidat Goldschmid
mit 53 Stimmen als Sieger aus der Urne hervorging.
Das Zentrum hat keinen Grund, auf diesen Sieg stolz
zu sein. — In Villingen hat wieder alles Erwarten
das schlechte Beispiel, das in Engen gegeben wurde, Nach-
ahmung gefunden. Der Sieg des natlib. Kandidaten
Wilde, der am 16. Oktober 67 und bei der Nachwahl in
Neustadt 7 weitere, also zusammen 74 Stimmen auf sich
vereinigte, wurde selbst von der Zentrumspresse als sicher
betrachtet — da geschieht das Unglaubliche: Auch hier
fielen 4 natlib. Wahlmänner um, so daß Wilde
mit 71 gegen 74 Stimmen unterlag. Ob aber mit dieser
Wahl das letzte Wort gesprochen ist, scheint uns sehr
zweifelhaft. Wie nämlich aus Villingen berichtet wird,
soll bei der Wahl ein grober Verstoß insofern vorgekom-
men sein, indem ein Zentrumswahlmann 2 Zettel in die
Urne legte. Auch wurden die Wahlmänner von den Agi-
tatoren des Zentrums in unerhörter Weise „bearbeitet".
— Bei der Nachwahl in Wer tHeim-Walldürn
wurde der Zcntrumskandidat Neuhaus mit 99 Stimmen
gewählt, während der natlib. Kandidat Wißner 39 St.
erhielt; 5 Zettel waren ungiftig.

Badischer Landtag.
8.0. Karlsruhe, 20. Dezbr.
14. Sitzung der II. Kammer.
Am Regierungstisch: Finanzminister Dr. Buchenberger,
Generaldirektor Eisenlohr, Minister Schenkel,
Präsident Gönner eröffnet um 9'/, Uhr die Sitzung-
Finanzminister Buchenberger legt einen Gesetzentwurf betr.
die Erhöhung des Wohnungsgeldes vor. Die
Vorlage wurde vor 2 Jahren, also zu einer Zeit, da der
Staatshaushalt große Ueberschüsse auswies, vom Hause
erbeten und die Regierung glaubte ihre Zusage jetzt halten
zu sollen, trotz der prekären Lage, in der sich unsere Fi-
nanzen zur Zeit befinden. Die Regierung glaubt auch^
die Vorlage vertreten zu können, weil es gelingen wird
und muß, das nächste Budget in normalen
Grenzen zu halten, so daß an die Stelle eines Defizits-
wieder der frühere normale Zustand tritt. Die von der
Regierung veranstaltete Wahnungsenqucte hat ergeben, daß;
eine Verschiebung der Ortsklasseneinteilung notwendig war
und daß die Wohnungsgelderhöhung nicht auf die Sätze
des alten Tarifs aufgebaut werden konnte. Neben der
Verschiebung der Ortsklassen soll in Zukunft auch dere»
Zahl von 4 auf 5 erhöht werden. Eine Anzahl kleiner
Gemeinden, wo nur wenige Beamten wohnen, wird der
letzten Klasse V zugewiesen. Daraus soll diesen Beamte»
aber ein Schaden nicht erwachsen, weshalb ihnen der et-
waige Ausfall in Form einer Dienstzulage ersetzt wird.
Ferner schlägt der Entwurf eine Vermehrung der Dienst-
klassen von 6 auf 10 vor: jede Abteilung des Gehalts-
tarifs soll ihren eigenen Wohnungsgeldtarif erhalten. Das
Tarifsystem beruht auf einer Anpassung der Wohnungs-
gelder an das durch die Ermittlung festgestellte standes-
gemäße Wohnungsbedürfnis. Künftig soll das Wohnungs-
geld einen bestimmten Prozentsatz des standesgemäßen Woh-
nungsaufwandes decken; so erhält beispielsweise die Ka-
tegorie 8. 70, 0. 80 Proz. u. s. w. Der Durchschnitt
für alle Klassen beträgt 58 Proz. Dieser ist innerhalb
der einzelnen Dienstklassen bald über- bald unterschritten.
Der höchste Satz (Kategorie I) beziffert sich auf 82 Proz.
Ein Blick auf die der Vorlage beigegebene kartographische
Darstellung zeigt, daß schon die 9 ersten Sätze ausreiche»
zur Deckung des seitherigen Durchschnitts, die übrigen aber
darüber hinausgehen. Der neue Tarif ist also für de»
größten Teil der Beamten ein volles Wohnungsgeld, nicht
mehr .in bloßer Zuschuß. Die neuen Sätze schließen also eine
Gehaltsaufbesserung ein. Der Mehraufwand beziffert sich
auf 1 595 255 Mk. und im Beharrungszustand auf
2 334 655 Mk. Von 1890 bis Ende 1900 steigerte sich
der Mehraufwand für etatmäßige Beamte an Gehalten,
Wohnungsgeldcrn, Ruhegehalten und Witwenversorgung
(einschließlich der Volksschullehrer) von 19 auf 32,8
Millionen, also um rund 14 Millionen. Es ist das ei»
glänzendes Zeugnis für die Tragfähigkeit unserer Finanzen.
Die Vorlage betreffend die Aufbesserung der Volksschul-
lehrer wird dem Hause unmittelbar nach Neujahr zugehen.
Die Debatte über die Interpellation betr. die Ar-
beitslosigkeit wird fortgesetzt.
Abg. Früh auf (freisi) nimmt die Karlsruher Stadt-

«

Keidelöerg und Amgeöung
von Dr. Karl Pfaff.
Mt 119 Abbildungen, 3 Plänen und 1 Karte.
Zweite, erweiterte Auflage.
Heidelberg, Verlag von I. Hörn ing 1902.
Preis 4 80
Gerade noch rechtzeitig erscheint dieses Werk, um den
Weihnachtstisch zu zieren. Wir begrüßen in ihm einen alten
Bekannten, der uns vor drei Jahren zuerst begegnet und
vns rasch vertraut und lieb geworden ist. Aus einem Doppel-
heft der „Europäischen Wanderbilder" war schon damals ein
stattlicher Band mit auffallend schöner Aus-
stattung geworden, jetzt kehrt er in erweiterter Gestalt
llud mit einer noch reicheren Fülle von prächtigen Bildern ge-
schmückt zu uns zurück. Eigentlich haben wir dem Verfasser
für ein durchaus neues Werk unseren Dank zu sagen. Denn
st: der zweiten Auflage zählt es statt 231 Seiten deren 427,
^ud zu Len 7l> Bildern sind 38 neue hinzugetreteu. Der äu-
^re Rahmen des Buches ist zwar der gleiche geblieben. Auch
i^tzt führt uns dasselbe zunächst in die Geschichte Heidelbergs
ür>d der Pfalz ein (Seite 1—56) , schildert daun die Geschichte
Stadt (Seite 67—100), fordert uns auf zu einem Gang
strch Heidelberg (101—168), verweilt längere Zeit bei den
Erlebnissen und der Thätigkeit der mit ihr eng verbundenen
vibersität (169—208), macht uns vertraut mit dem Schloß
seiner Geschichte (209—278) und lehrt uns die nähere
weitere Umgebung Heidelbergs, auch in ihren geologischen

Verhältnissen und in ihrer Flora kennen (278—380). Aber
de- Inhalt, den dieser Rahmen umschließt, ist reicher und voll-
ständiger, nach allen Seiten vertiefter und umfassender ge-
worden; die Herrschaft, die der Verfasser schon früher über sei-
nen Stoff übte, und von welcher uns jetzt zahlreiche gelehrte
und ausführende Anmerkungen (Seite 391—427) willkom-
mene Beweise geben, ist iroch gewachsen, und die Wärme hei-
matlichen und vaterländischen Gefühls, die seine Darstellung
durchdringt und sich nicht selten bei Betrachtung der Geschicke
Heidelbergs, der wunderbaren Bauten seines Schlosses und
der Reize seiner Natur bis zum begeisterten Wort erhebt, macht
uns die Führung noch lieber, mit der er uns durch Vergangen-
heit und Gegenwart die Geschichte und das Leben der Vater-
stadt kennen und verstehen lehrt. Neu hinzugetreten sind di;
Ergebnisse der unermüdlichen Arbeit, mit welcher der Verfasser
in den letzten Jahren unter immer opferbereiter Hilfe derStadt,
die umfassende Mittel zur Verfügung stellte, den Boden Hei-
delbergs und seiner nächsten Umgebung durchforschte und zahl-
reiche Urkunden uralter Besiedelungen aus verschiedenen Kul-
turzeiten zu Tage förderte. Sie haben die Bausteine zu der
eingehenden Darstellung bisher ganz unbekannter Entwicklun-
gen der Heimat gegeben, mit deren fesselnden Aufschlüssen
die Geschichte der Pfalz und Heidelbergs jetzt.anhebt. Und
dieselbe Genauigkeit und Sorgfalt, die sich hier bekundet, kehrt
durch das ganze Werk wieder und erfüllt den Leser mit der
Ueberzengung. daß er sich unter sicherer und zrwerlüssiger
Leitung befindet. Ueberall hat der Verfasser nachgetragen,
umgestaltet, verbessert, ganz neue Teile geschaffen, alles in
vortrefflicher und gewinnender Form. Das Lob, das die
Darstellung verdient, darf auch dem Bilderschmuck zuteil wcr-

Die heutige Nummer besteht aus fünf Blättern mit zusammen 20 Seiten.

den, sowohl in der taktvollen Auswahl, die stets den Text wirk-
lich belebt, wie in der feinen Auffassung und der geschickten Aus-
führung; der Kunstsinn des Verfassers, der sich in der Darstel-
lung bewährt, läßt sich auch in dieser Galerie heimatlicher
Bilder deutlich erkennen. Es thut seinem Verdienste keinen
Eintrag, wenn wir daneben auch der Stadtverwaliung Heidel-
berg warme Anerkennung sagen, daß sie dieses Werk auregte
und es ausführeu lieh und durch ihre materielle Unterstützung
dafür Sorge trug, daß der auffallend billige Preis die Verbrei-
tung in weite Kreise erleichtert. Und auch die Verlagsbuchhand-
lung kam: sich rühmen, daß sie eine Ehre daran setzte, in Aus-
stattung und Druck ihr Bestes zu leisten. So liegt ein Werk
vor, allen Freunden Heidelbergs und der Pfalz eine Freude
und Erhebung, ein schönes Denkmal der Liebe zur Heimat,
ihrer ereignisvollen Geschichte und der Vorzüge und Reize,
die die wunderbare Verbindung von Natur und Kunst hier ge-
schaffen. _r.
SLadtLHeater.
^ u- Heidelberg, 20. Dez.
,"/) a u st". Tragödie von Goethe. Erster Teil. Erste
Abteilung.
Unsere wiederholte Vorhaltung au die Theaterleitung in
«acheu des Repertoirs: „Ich dächte Ihr ließet euch belehren,
assortiert euch mit einem Poeten" hat denn heute Frucht ge-
tragen. Wir haben die erste Abteilung des ersten Teils der
Fausttragödie in einer Darstellung gesehen, die Achtung ab-
uötigte. Wurde hie und da auch der Text bis zur Unhörbar-
keit undeutlich gesprochen, kamen Gedächtnis- und Sprach-
fehler bisweilen vor, konnte mm: gewisse üble Mätzchen von der
Art, die vielleicht in der Vorstellung am nächsten Sonntag
Nachmittag am Platze sein wird, am Schluffe der Schüler-
 
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