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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 203 (1. August 1901 - 31. August 1901)
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Ans der Karlsrnher Zeitung.
— Amtsnktuar Leopold Schrneizle beim Bezirksamt Wtes-
loch wurde zum Registrator daselbst ernannt; Ämisregistrator
Ernst Heinrich in Triberg wurde zu Groß'p. BeziikSamt St.
Blasien und Amtsregistrator Friedrich LeuLher daselbst zu
Gr. Bezirksamt Triberg versetzt und AmtSrevidentJoh. de Pei-
le gr in i wurde auf Ansuchen aus dem staatlichen Dienste ent-
lassen.

Ausland.

England.
— Der Bericht der e n g l i s ch e n Eisenbah n-
g e s e l l s ch a f t e n. über die finanziellen Ergebnisse
der Betriebe während der ersten 6 Monate des laufenden
Jahres zeigt ganz erheblich verringerte Einnahmen
gegen eine Reihe früherer Jahre und mutz daher als ein
weiteres Glied in der Kette derjenigen Erscheinungen
angesehen werden, die auf eine stetige Steigerung
der wirtschaftlichen Schwierigkeiten Englands schließen
lassen.
Türkei.
— Nach türkischen Quellen zahlte die Pforte an
die Vereinigten Staaten 96000 Dollars als
Entschädigung für die Verluste, die amerikanische Mis-,
sionare während der armenischen Unruhen eri-
litten hatten, wodurch diese nunmehr Jahre dauernde
Frage erledigt ist.
Wen.
Chailar (Mantschurei), 19. Aug. Der erste
Eisenbahnzug aus Sibirien traf heute hier-
ein.
Afrika.
—- Die Fortschritte des Baues der englischen
Uganda Eisenbahn werden aus einem Bericht
ersichtlich, der kürzlich von der Mombasa-Viktoria-Gesell-
schaft veröffentlicht worden ist und mit dem 31. März
d. I. abschließt. Danach sind insgesamt 773 Kilometer-
Schienenweg fertiggestellt, wovon 192 Kilometer auf das
letzte Jahr entfallen; annähernd dieselbe Strecke, nämlich
760 Kilometer, war zu Anfang d. I. für den Güterver-
kehr im Betriebe, während der Personenverkehr erst
für 715 Kilometer eröffnet war. Im Jahre 1900 be-
nutzten 81 170 Personen die Bahn und zahlten für ihre^
Beförderung insgesamt 226 000 Rupien, die Einnahmen
aus dem Güterverkehr in demselben Jahre betrugen
8.14 Millionen Rupien, sodaß die Bahn seit ihrer Er-
öffnung an Fahr- und Frachtgeldern 6,68 Millionen
Rupien eingenommen hat. Diesem Betrage stehen an
Betriebskosten 6,26 Millionen Rupien gegenüber, mit-
hin beziffert sich der bis jetzt erzielte Reingewinn
auf 433 000 Rupien oder etwa 850 000 Mark.
— Der Vertreter des Oranjestaates im Haag, Dr.
Hendrik Müller, hat die Nachricht erhalten, daß jetzt
11—12 000 Kapburen gegen England in
Waffen stehen. Ist diese Angabe richtig, dann hat
sich die Situation für dis Engländer erheblich verschlech-
tert. Möglich wäre es, daß die unritterlichen Maß-
nahmen der Engländer die schwerfälligen Kapburen
schließlich so weit gebracht haben, daß sie sich zu Zwölf-
lausend gegen England erhoben, doch bleibt die Bestäti-
gung der Nachricht abzuwarten.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 23. August.
* „Die Königsktnder" lautet der Titel eines Märchenschau-
fpiels, das, dargestellt von 80 hiesigen Kindern, im großen Saale
zum „Prinz Max" am nächsten Sonntag zur Aufführung kommen
soll. Diese Nachricht dürfte allgemein freudig begrüßt werden.
Die Köniaskinder wurden in allen größeren und kleineren Städten
Badens. Württembergs, Elsaß-Lothringens und der Pfalz mit
großem Beifall, im ganzen schon über 800mal, aufgeführt. Nun-
mehr werden sie auch hier in Heidelberg ihren Einzug halten.
Zahlreiche glänzende Zeugnisse von Orts- und Schulbehörden,
ja selbst fürstliche Handschreiben beurkunden den Wert des Werkes,
welches unter der bewährten Leitung des Verfassers, des Herrn
Pohl-Prantl, gewiß auch hier reichen Beifall finden wird. Der
Besuch dieser Vorstellungen, bei der 80 Schüler und Schülerinnen
Mitwirken, kann nach alle diesem aus's beste empfohlrn werden.
I Militärisches Leben giebt sich zur Zeit in unserer Stadt
trotz dem Abmarsch unseres Bataillons kund- Gestern brachten
die Chevauxlegers eine militärische Nuance in das Srraßenbild.
Am Abend konzertierte ihre Kapelle abwechselnd mit dem städt.
Orchester im Stadtgarten (siehe weiter unten). Der Stadtgarten
war sehr stark besetzt. Heute sind die Chevauxlegers weiter ge-
zogen. Im Laufe des Morgens kamen dann badische Dragoner
Lurch, die im nahen Ztegelhausen Quartier beziehen. Da man
im allgemeinen Kavallerie hier selten zu sehen bekommt, so wur-
den die feldmarschmäßig ausgerüsteten Reiter mit ihren Fähnchen
mit neugierigen Blicken verfolgt. In geschlossenen Abteilungen
macht sich die Kavallerie doch sehr gut.
b. Das gestrige Abend-Doppel-Konzert im Stadtgarte»
war von einer so zahlreichen Schaar Zuhörer besucht, wie seit

langer Zeit nicht an einem Wochentage. Es lohnte sich aber
auch, trotz des erhöhten Eintrittspreises, den beiden konzer-
tierenden Kapellen zn lauschen. Meisterhaft kamen die Vor-
träge der vorzüglich geschulten Kapelle des Königl. bah. 5.
Chevauxleger-Regiments unter Leitung ihres Musikdirektors
Neumann zu Gehör und mit ihnen wetteiferte das Städtische
Orchester unter Radigs Leitung. Es machte den Eindruck,
als ob sich beide Kapellen gegenseitig überbieten wollten.
Reicher Beifall wurde nach jeder Nummer gezollt.
* Unser Bataillon wird sich befinden: bis zum 6. September-
in Dallau; am 7. und 8. Sept. :Staü, 6., 7. und 8 Komp, in
Haßmersheim, S. Komp, in Neckarzimmern. Die Angaben
über die Dislokation in der späteren Manöverzeit sind uns
trotz unserer Bemühungen noch nicht zugänglich geworden.:
X Et» hohler Kastanienbaum in der Wolfshöhle, der ein
Hornissennest barg, wurde gestern von drei jungen Burschen unab-
sichtlich in Brand gesteckt. Die jungen Leute wollten das Nest
mit den gefährlichen Bewohnern verbrennen, wobei der Baum
ist Brand geriet und nahezu vollständig verbrannte. Ein Mann
von der Berufsfeuerwehr löschte schließlich die noch glimmenden
Ueberreste.
L2 Schöffengerichtssitzung vom 22. August. Vorsitzender:
Herr Landgertchlssekreiär Dr. Darmstädter, l) Gsorg Wagenblast
von hier erhielt wegen Beleidigung 3 Wochen Gefängnis und die
Kosten ; 2) Jakob Bolldorf aus Neustadt wegen Hausfriedensbruch
10 Mk. Geldstrafe oder 3 Tage Gefängnis; 3) Philipp Kling
ouS Dossenheim wegen Beleidigung 10 Mk. Geldstrafe oder zwei
Tage Gefängnis; 4) die Verhandlung gegen Georg Nenreither
aus Heidelberg wegen Körperverletzung wurde vertagt; 5) Franz
Cobcr aus Dossenheim und Johann Schmtch von da erhielten
wegen Körperverletzung Ersterer 2 Wochen Gefängnis und die
Kosten, Letzterer 6 Tage Gefängnis und die Kosten; 6) Adam
Schuhmacher aus Waldkatzenbach, z. Zt. in Haft hier erhielt
wegen Unterschlagung 4 Wochen Gefängnis, abzüglich 8 Tage
Untersuchungshaft, und die Kosten; 7) Ludwig Zeh aus Rohrbach,
z. Zt. in Haft hier, wegen Körperverletzung 2 Monate Gefäng-
nis. abzügl. 1 Woche Untersuchungshaft, und die Kosten; 3) Karl
Kühnle aus Cannstatt, z. Zl. in Haft hier, wegen Widerstand
2 Wochen Gefängnis, welche durch die erlittene Untersuchungs-
haft verbüßt sind; S) Otto Koch aus Gens, z. Zt. in Haft hier,
wegen Diebstahls 1 Woche Gefängnis, welche durch die erlittene
Untersuchungshaft verbüßt ist, und die Kosten; 10) Marie Heit-
mann aus Schweinsberg, z. Zt. in Haft hier, wegen Diebstahl
3 Tage Gefängnis, abzügl. 2 Tage Untersuchungshaft.
— Pollzribericht. Ein Tagtohner wurde wegen Bette Ins ver-
h astet. Wegen Unfugs kau en drei Personen zur Anzeige.
mbr. Schöna», V!. H., 22. Aug. (Vortrag.) Kom-
menden Sonntag, nachmittags 4 Uhr, wird Herr Medizinal-
rat Dr. Kürz aus Heidelberg dahier im Rathaussaal über
„Die Gesundheitspfeiler der Gesundheit" einen Vortrag hal-
ten, zu welchem Männer und Frauen freundlichst eingeladen
sind. ES steht Wohl zu erwarten, daß, wie an anderen Orten
des Bezirks, auch am hiesigen Platze den Ausführungen des
geschätzten Hygienikers lebhaftes Interesse und auch Ver-
ständnis entgegengcb rächt wird, zumal das gewählte Thema
als ein wirklich zeitgemäßes bezeichnet werden muß.
Sinsheim, 21. Aug. (Ein schwerer Fall.) Ein großes
Unglück hätte sich, nach dem Pf. B., um ein Haar heute morgen
ereigne t. Der Lieferant des feuersicheren Grundbuchamts-
Schrankes war damit beschäftigt, das 70 Zentner wiegende
Stück Möbel in den zweiten stock des Rathauses zu schaffen.
Als der Schrank auf halbe. Höhe emporgehißt war, brach die
Kette und das Ungetüm stürzte auf den Bürgersteig sich tief in
denselben einbohrend. Die Wucht des Aufschlages war eine
derartige, daß die benachbarten Wohngebäude wie von einem
Erdbeben erschüttert wurden. Ein Glück war es, daß einige
Arbeiter, die sich unmittelbar vor dem Fall auf der getroffenen
Stelle befunden hatten, noch rechtzeitig bei Seite springen
konnten. Die Folgen wären sonst entsetzliche gewesen. Den
Schaden hat der Lieferant, der an Stelle des teilweise demolier-
ten Schrankes einen neuen allzufertigen hat.

Sdk Brette», 22. Aug. (Verhaftete Kindrä u-

berin.) Ein riesiger Meuschenciuftanf wurde gestern Abend
hier verursacht, indem eine besser geneidete Frau, deren Per-:
sonalien bis jetzt noch ,-rcht ermittelt werden konnten, wegen
Kindesraub durch die liienge Gendarmerie 'verhaftet Norde.
Die Frau hatte vorgestern in Forst bei Bruchsal zwei Kinder
gestohlen und zwar ein circa einffhrlges, im Wägelchen lu-
gendes und einen circa 8—-.»jährigen Knaben, der das kleine
Kind im.Wägelchen hütete. Dieganze Nochthindurch
hiel.tsich d i e F r a n m i t d e n K i n d e r n i m F r e i e n
auf und am gestrigen Tage gegen Abend kam sie hier durch.
Als die That bekannt wurde mochte man sich auf und auf der
Straße gegen Pforzheim wurde die Frau durch die Gendarmerie
festgeuommen. Der geängstigic Vater ist noch gestern Abend
eingetroffen und nahm seine Kinder mit — samt dem WLgcl--'
ihen — freudevoll wieder mit nach Hanse. Man meint die
die Person habe die Kinder zum Betteln benutzen wollen. Auch
sie selbst habe gestern in Heidelsheim gebettelt. Ihr Liebhaber-
ist in Pforzheim ebenfalls verhaftet worden.
8dl. Donaueschingen, 22. Äug. (Eine v e s undere
Freude) wurde von der Gr. Generaldirekrion der bad.
; Staatseiseubahnen auf Anregung der beteiligten Gemeinden
der Schuljugend aller Orten, an welchen die neue Bahn Donau-
eschingen—Neustadt, vorbeiführt, wie schon gemeldet, am
20. d. bereitet. Die Schüler der obersten vier Schuljahre
durften mit Extrazug um 9 Uhr nach Neustadt fahren und er-
hielten hier ein einfaches Mittagessen auf Kosten der Gemein-'
den. Das Wetter war herrlich und der Jubel der Schüler
wollte kein Ende nehmen. Um 1 Uhr fuhren sämtliche Teil-
nehmer, auch die von Neustadt, nach Donaueschingen zurück und
wurden hier mit Wurst, Bier und Brot bewirtet, worauf der

Extrazug die ganze Festgesellschaft wieder in ihre Heimak
zurückbeförderte.
L. 0. Donaueschingen, 22. August. (Der Staatsminster
und die Festjungfranen). Bei der Eröffnungsfeier der Bahn
Neustadt-Donaueichingen spielte sich dem „Heg. Erz." zufolge irr
Unadingen eine heitere Szene ab. Ein besonders stattliches
Häuflein Festjungfranen. lauter echte Booremer Mävle, stand in
Unadingen am Bahnhof bereit, jede mit einem netten Blumenstrauß,
die vorderste sogar mit einem kunstvollen Bouquet in Papier-
manschette und einem Aehrenkranz. Dem Herrn Staarsminister
v. Brauer waren die schmucken Mädchen offenbar angenehm ausge-
fallen. Während der Großherzog sich mit den Veteranen unter-
hielt, schlcndcite Se. Exzellenz, das Monokle ins rechte Auge
geklemmt, auf dis Festjungfranen zu und plauderte unerkannt
natürlich mit ihnen. Schließlich bat Sc. Exzellenz die eine freund-
lich um ihr Älumenst'.äuß chen ; statt, diesem bekam der Minister
aber einen höflichen Kord. „Nei", sagte da? Mädchen verschämt»
„di Strauß' sind für de Herr G roßherzog und ntt für Eul"
Verdutzt schauten die Festjungfranen drein, als ihnen die Um-
stehenden nachher erk.äiten, wer ihr freundlicher Gesellschafter
war. Sie wollten nicht recht glauben, denn einen Staatsmtnister
stellten sie sich offenbar ganz anders var, als wie den Mann im
schwarzen Frack und Cylmder; so sahen ja die Festtetinehmsr
alle aus.
Aus Baden. In Osfenburg wurde am Abend des 21.
d. M. dir Glaser Wlh. Hausmann von Schutterwald auf dem
Bahnhofperron von einem Italiener mit einem Messer in den
linken Oberschenkel gestochen, so daß er ärztliche Hilfe in An-
spruch nehmen mußte. Der Tgäter wurde festgenommen und
ins Amtsgefängnis »erbracht. — Dienstag Vormittag brannte
in Ramsbach ein Nebengebäude des Hofbauern Anton Huber
bis auf die Grundmauern nieder. Gebäudcfünftel und Fahr
nisse sind versichert. Der Schaden beziffert sich ans etwa2500Mk.
Ein 5 jähriger Knabe soll der Brandstifter sein.

Heiteres von der Kleinbahn.
,Jm badischen Museum finden wir folgende hübsche
Schilderung eines Zwischenfalls auf der Kleinbahn:
Ort der Handlung: Bahnhof Meckeshsim.
Der Zug von Heidelberg führt ein.
1. Schaffner: „Meckesse".
2. Schaffner: „Meckesse".
3. Schaffner: „Meckesse."
1. Schaffner: „Wer nach Heilbronn zu will, sitze
bleiwe."
2. Schaffner: „Nach Aglasterhause—Neckaretz. aus-
steige."
3. Schaffner: „Zwei Minuten Aufenthalt."
(Alles stürzt in die Restanration.)
il. Schaffner: „Ei'steige!"
2. Schaffner: „Is alles do?"
8. Schaffner: „Fertig!" . . .
Gepäckträger: „Obacht gewwe!"
Zugführer: „Abfahre!"
Die Fraa: „Halt!, Nemmt mich noch mit."
Zugführer: „Halt! Die Fraa kann noch mit!"
1, Schaffner: „Kumme Se. — Fertig!"
Zugführer: „Abfahre!"
Die Fraa: „Halt! Halt! Halt! Mei Dichle!"
Passagiers im Chor: „Halt! Dere Fraa ihr Dichle!"
Zugführer: „Halt! Was is denn mit seller Fraa
ihrem Dichle?"
Die Fraa: „Mei Dichle! Mei Dichle!"
Allgemeiner Chor der Passagiere und Schaffner:
„SellSr Fraa ihr Dichle! Seller Fraa ihr Dichle!
Seller Fraa ihr Dichle!"
Stationsvorsteher: „Himmel Sakr'ment! Was is
denn mit seller Fraa ihrem Dichle?"
Zugführer: „Wo is feilerer Fraa ihr Dichle?"
1. Schaffner: „Wo hawe Se denn Ihr Dichle?"
Chor der Passagiere: „Fraa! Wo Hot 'se denn ihr
Dichle?"
Die Fraa: „In der Reschdauration licht's hinnerem
Ose! Ach, mei nei's Dichle, mei schens Dichle!" (heult.)
Chor der Passagiere: „Seller Fraa ihr Dichle licht
hinnerm Ose."
2. Schaffner:Ä,Jn der- Reschdauration licht's hin-
nerem Ose."
Zugführer: „DaS Dichle muß noch in der Restau-
ration liegen."
Stationsvorsteher: „Gepäckträger! Seh'n Se mol
nach, ob seller Fraa ihr Dichle in der Restauration hiirter
dem Ofen liegt."
Gepäckträger: „Do licht's ja!"
Die Fraa (sieht es): „Er hot's! Mei Dichle, mei
lieb's Dichle!" .. . .
Allgemeiner Chor: „Er hot's! Er hot's! Er hot's!
Seller Fraa ihr Dichle!" ,
Stationsvorsteher: „Gewe Se seller Fraa ihrDichle!"
Zugführer, Schaffner und Passagiere: „Da hawe
Se Ihr Dichle!"
Die. Fraa: „Ach, mei Dichle, mei Dichle!"
1. Schaffner: „Fertig!"
Zugführer: „Abfahre!"

Im Theater selbst hielt sich die Frau des Sängers auf.
Sie hatte bereits vor dem gewaltsam herbeigeführten
Schluß der Vorstellung ihren Mann gebeten, das Spiel
abzubrechen. Herrn Brucks ist das übrigens nicht zum
erstenmale. widerfahren. Ein gleiches Vorkommnis
wurde im Winter 1899—1900 aus Elberfeld gemeldet.
Die Frau des Sängers ist bekanntlich eine Tochter des
Herzogs Ludwig in Bayern aus dessen morganatischer
Ehe mit der ehemaligen Schauspielerin Henriette Mendel,
die bei der Heirat mit dem Herzog den Namen einer
Freifrau v. Wallersee erhielt. Frau Brucks war in erster
Ehe vermählt mit dem Grafen Georg v. Larisch. — In
einer Zuschrift an den „Berl. Lokal.-Anz." erklärt Herr-
Brucks er habe an Kolik gelitten und deshalb kurz vor der
Vorstellung, drei Morphimnpnlver genommen. Die
Folge davon seien Ohnmachtsanfälle gewesen, gegen
welche er vergebens anzukämpfen versucht'" habe. Die
bösen Zeitungen nennen indessen die Krankheit des
Herrn Brucks einen Rausch und fügen Hinzen Brucks setzte
seine schauspielerische Thätigkeit auch außerhalb des
Theaters fort. Seine Begleiter versuchten es, ihn aus
dem Eafä Friedrichshof auf die Straße zu bringen.
Der Berauschte setzte sich jedoch zur Wehr und benahm sich
derart, daß ein l e b h a f t e r Au s l a u f entstand. Erst
nach längeren Bemühungen wurde Herr Brucks hinaus-
transportiert.

— Vigo, 22. Aug. Bei starkem Nebel stießen 20
Meilen von der Küste der französische Dampfer „K o n -
stanti n" und der griechische Dampfer „E m a n u e l"

zusa m m e n. Der französische Dampfer rettete die 27
Mann starke Besatzung des „Emanuel", welche er jhier-
hsr brachte. (Von den vielen Vigos scheint das zn Spa-
nien gehörende an der Bai gleichen Namens liegende
hier in Betracht zu kommen. Die Red.)
— Konstantirropcl, 20. Aug. In Haidar Pa-
s ch a ist gestern eine Feuersbrunst ausgebrochen,
Welche eine größere Anzahl Gebäude zerstörte, darunter
ein von der anatolischen Bahngesellschaft für Zwecke des
Hafenbaues gemietetes Hans. Sämtliche Bücher und
Archive der Gesellschaft sind gerettet; auch sonst erleidet
die anatolische Bahn keinerlei Schaden.
— Peking, 21. Aug. In der Umgegend von Peking
wurde vor ungefähr vierzehn Tagen ein Fremder von
Räubern überfallen und ermordet. Wie sich heraus-
stellte, handelt es sich um den Lloyd-Steward Fritz
L a h r aus Wendelsheini (Nheinhessen), der im August
1900'hierher kam. Wegen der Verfolgung und Bestra-
fung des Mörders ist das Erforderliche sofort veranlaßt
worden.

— EinenRailbiiiordimfall^auf die eigene Braut verübte
ans der Straße von Pranst nach Lappin bei Danzig
der Kutscher Fritz Schulz aus Obra. Schulz, ein übel-
berüchtigtes Subjekt, unterhielt seit längerer Zeit ein
Verhältnis mit dem dort in Stellung befindlichen 31-
jährigen Dienstmädchen Auguste Neustadt. Letzthin er-
klärte er seiner Braut, er hätte in Lappin eine Stellung
als Kutscher gefunden und wollte sie nun heiraten. Nach-
dem das Mädchen seine Ersparnisse in Höhe von 130

Mark sowie seine sämtlichen Sachen an sich genommen,
fuhren beide nach Pranst und gingen abends nach Lap-
pin. Auf der einsamen Straße überfiel Schulz das
Mädchen und schlug ihr wohl mit einem Hammer oder
einem spitzen Stein die Schädeldecke ein, so daß das Mäd-
chen bewußtlos liegen blieb. Mit den Ersparnissen suchte
der Raubmörder das Weite. Er wurde aber in der Nacht
zumSonnt. durch dieKrimminalPolizei in seinerWohnung
zu Obra, in einen: Kleiderschrank steckend, gefunden. Das
bedauernswerte Opfer des Attentats liegt im Sterben-
— Ein geographisches Rätsel ist vor kurzem mit
Hilfe von — Absynth gelöst worden. Etwa zwölf Kilo'
meter von Pontarlier nordöstlich entspringt die Lon^
ein Jurafluß, der gleich als Fluß aus einer Felsengrotte
hervorquillt und somit die stärkste Quelle Frankreichs
darstellt, doppelt so wasserreich wie die berühmte Fow
taine de Vaucluse in der Provence. Die Gelehrten hieb
ten die Lone-Ouelle für einen unterirdischen Abfluß dA
Doubs, doch konnte dies trotz mannigfacher VersE
mit Farbe nicht erwiesen werden. Bei einem Brande
nun, der vor kurzem die große Absynthfabrik von Perno
u. Cie. in Pontarlier zerstörte, flössen ungeheure Qua,ul
täten Absynth in den Doubs, an dem die Fabrik lE
und das französische „NationaMperrtff" erschien in 0^
Lone-Ouelle, deren Umgebung es mit seinem charw
teristischen Duft erfüllt. Die Lone ist also, wie de
Absynth bewiesen hat, ein unterirdischer Arm des Douv-
 
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