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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 203 (1. August 1901 - 31. August 1901)
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Peking oder Smgcmfu nicht verlockend. Mit den Früch-
ten aber machen die Chinesen alle ohne Unterschied gründ-
liche Arbeit. Der kaiserl. Prinz Tschnn speist stets auf
seinem Zimmer, in seiner Gesellschaft der neue Gesandte
Chinas in Berlin und General v. Richter. Das Per-
sonal 2. und 3. Ranges speist in einem Separatsalon.
Bei der Gesellschaft befindet sich auch der historische
Chinahund — ein herzig netter kleiner Pintscher — der
beim Brand des Kaiserpalastes in Peking den schlafenden
Diener des Herrn v. Rauch vor dem Flammentod rettete,
indem er unaufhörlich aufs Bett hüpfte und lärmte, bis
der Diener rechtzeitig noch erwachte und sich samt dem
Tier vor dem bereits eingedrungenen Feuer retten
konnte. Aus Dankbarkeit für diese Hundetreue hat Hr. v.
Rauch gestattet, den Palasthund nach Europa mitzuneh-
men. _
Deutsches Reich.
— Gestern Vormittag wurde in der Siegesallee in
Berlin das vorletzte der geplanten Standbilder, das des
Kurfürsten Johann Sigismund mit den Büsten des
Grasen Fabian zu Dohna und Thomas v. d. Knesebeck,
von Professor Peter Breuer enthüllt. Das Kaiserpaar
erschien zur Feier in offenem Wagen vom Potsdamer-
Bahnhof her. Es unterhielt sich längere Zeit mit den
Angehörigen der Familien Dohna und v. d. Knesebeck
sowie den beiden Ministern und besichtigte dann, nach-
dem die Hülle gefallen war, eingehend das Denkmal.
Der Kaiser überreichte dem Künstler den Roten Adler-
orden vierter Klasse. Die Kaiserin nahm aus den
Händen des Tiergartendirektors Geitner einen Nelken-
strauß entgegen.
— Auch die „Franks. Ztg." hält mit ihrem Ur-
teil über den neuen Kulturkampf nicht zurück; sie schreibt:
An und für sich ist es doch unmöglich, daß einiger-
maßenmodern denkende Menschen mit den rückständigen
Ansichten der Zentrum sleute sich befreunden
könnten. . . . Solange der Kulturkampf wirklich be-
stand, wären die Zentrumsleute froh gewesen, wenn man
sie nur in Ruhe gelassen hätte. Da predigten sie Toleranz
und fanden Unterstützung bei Denen, die es mit der
Toleranz ernst meinen und sie umer allen Uniständen ge-
wahrt wissen wollen. Aber man weiß ji, wie die Kleri-
kalen mit der Toleranz umgehen: sie fordern sie,
wenn sie in der Minorität sind, und verweigern sie, wenn
sie die Macht dazu haben. Als nun die Macht des
Zentrums zunahm, als es Regierungspartei wurde und
sich zu fühlen begann, da kam ibm auch gleich der Appetit
beim Essen, und es unternahm einen Sturm auf die
Freiheit der Litteratur und Kunst, während es die Frei-
heit der Wissenschaft und die Reste der freien Schule noch
im Kleinkrieg bekämpft und eine andere Gelegenheit ab-
wartet, um auch hier mit großem Geschütz aufzufahren. . . .
So inhaltslos der Katholikentag im Grunde auch war,
so hat er doch wieder öffentlich gezeigt, welch' ein Geist
im KlerikalismnS herrscht. Wer sehen kann, der sieht,
daß Deutschland kein größeres Unglück passieren
könnte, als wenn diesem urreaktionären, mittelalterlichen
Geist beschießen würde, die Entwicklung der Nation zu
bestimmen. Dagegen zu kämpfen, ist der Mühe wert,
und wenn die Klerikalen diesen Kämpfer „Kultur-
kämpfe r" nennen wollen, so kann man sich das ge-
fallsn lassen. Lieber hat am Schluffe gesagt, daß
schon manchmal ein Schimpfname ein Ehrenname wurde.
Hier nun würde das eintreten, denn für die Kultur zu
kämpfen, für ihr Forlschreiten und ihre natürliche Ent-
wicklung ist wahrhaftig keine Schande.
— Mit Ende September läuft die Frist ab, in welcher
die goldenen Fünfmarkstücke bei den zuständigen Kassen
noch in Zahlung genommen werden. Damit scheidet eine
Münzsorte aus dem Verkehre, die eine große Beliebtheit eigentlich
nie gewonnen hatte. Die Prägung der goldenen Fünf-
markstücke wurde 1873 in die Wege geleitet und es wurden
insgesamt für 27 969 925 M. Stücke angefertigt. Jedoch
dauerte die Prägung kaum 6 Jahre. Am 29. März 1879
richtete Fürst Bismarck an den Staatsminister Hofmann
einen Erlaß, der sich mit der Prägung der Gold- und
Silbermünzen beschäftigte, und in diesem betonte der
Reichskanzler, wie es ihn: notwendig erschiene, die Prägung
„der im Verkehr unbrauchbaren halben Goldkronen ganz
Linzustellen. Fürst v. Bismarck wünschte an deren Stelle
silberne Fünfmarkstücke ausgegeben zu sehen. Seitdem
hat eine Ausprägung von halben Kronen nicht mehr statt-
gefunden. Im Laufe der Jahre ist der weitaus größte
Teil der ausgeprägten goldenen halben Kronen zur Ein-
ziehung gelangt. Ende Juli -1901 belief sich die einge-

zogene Summe auf 23 912 525 M. Es waren also noch
für 4 057 400 M. im Verkehr geblieben. Es ist nicht an-
zunehmen, daß von dieser Summe bis zum Ende September
noch große Beträge an die zuständigen Kaffen werden ab-
geführt werden, und man wird deshalb zu der Annahme
kommen müssen, daß die Münzsorte, welche im Verkehre
selbst große Beliebtheit nicht genoß, in ganz be-
trächtlichem Umfange für Sammlungen, zu Schmu ck-
gegen ständen u. s. w. Verwendung gefunden hat und
noch finden wird.
Baden.
L.lss. Neustadt, 30. August. Aus dem 14. Wahl-
bezirk. Auch der Wahlbezirk Villingen-Neustadt ist jetzt in
die Wahlbewegung eingetreten. In der am letzten Mitt-
woch in Villingen unter starker Beteiligung abgehaltenen
Vertrauensmänner Versammlung der Zentrum s-
partei wurde einstimmig beschlossen, die Kandidatur dem
bisherigen Abgeordneten Herrn Glockengießer Benjamin
Grüninger in Villingen wieder anzutragen. Herr Grü län-
ger hat die Kandidatur angenommen.
— Dom „Schwöb. Merkur" schreibt man: Der
Osnabrücker Katholikentag wird vom so-
zial. „Volksfr." heftig angegriffen unter Verwendung
von viel Fettschrist, was immer auf eine größere Er-
regtheit schließen läßt. Als ein Zeichen, daß die bisher
taktisch vereinten Oppositionsparteien sich mehr und mehr
von einander entfernen, ist die antiklerikale Haltung des
soz.-dem. Blattes nicht unbeachtet zu lassen. Wenn erst
das Zentrum in Baden mit seinen „reaktionären" Plä-
nen in Bezug auf die Schule heransrückt, die der Abg.
Fendrich in seiner Landtagsschrift schon kommen sieht,
dann wird sich eine ganz neue Parteistelltmg ergeben.
Die Soz.-Dem. werden zu den schönsten „Kultur-
kämpfern" werden und nachher vielleicht auch besser
begreifen, warum die Nat.-Lib. vor 40 Jahren es ge-
worden sind; denn, wie den welligsten mehr erinnerlich
ist, begann der Streit in Baden bei der Erlassung des
Volks schulgesetz es, gegen das die Kurie ihre
Scharen mobil machte. Die „Knlturkämpferei" der
Nat.-Lib. war die A b w e h r b e w e g u n g. Der Ge-
neration von heute fällt es leicht, die damaligen Ev-
rnngenschaften zu genießen und sich über die, die sie er-
kämpft haben, lustig zu machen.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Mit Entschließung Großh. Ministeriums der Finanzen
wurde Forstassessor vonBeulwitz in Oberweiler nach Stein
versetzt und mit der Leitung des Forstamtsdienstes daselbst
betraut.
Äuslarr d
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 30. Aug. Nach Blättermeldungen trifft der
russische Minister des Auswärtigen, Graf Lamsdorff,
anfangs Oktober hier ein. Seine Reise sei schon bestimmt
gewesen, als die Vereinbarung getroffen wurde, daß er an
den Zusammenkünften in Danzig und Reims teilnehme.
Pest, 30. Ang. Die Debrecziner Polizei ver-
haftete dieser Tage einen verdächtigen Menschen, der,
wie sich später ergab, ein gewisser Anton Trasch aus
Schlesien und Anarchist ist. Bei seiner Flucht aus
dem Krankenhanse, in Nyiregyhaza hatte er einen Brief
hinterlassen, in dem er unter Schmähungen auf Kaiser-
Franz Josef mit einem Attentat droht. In dem
Briefe heißt es unter anderem: „Es sind noch von den
Kugeln da, die wir für Humbert bereiteten: es wird
in Ungarn Trauer sein, die wir Anarchisten bereiten
werden." Trasch gab zu, den Brief geschrieben zu haben
und Anarchist zu sein.
Frankreich.
— Das „Journal" sagt zu der Zusa m men -
tun ft Kaiser Wilhelms und des Zaren in
Danzig: „Weder der Aufenthalt des Zaren in Dan-
zig, noch die Art und Weise, wie dis russischen Zeitungen
diese Kundgebungen guter Nachbarschaft betrachten, kann
uns unangenehm sein. Es kann das in keiner Weise den
Zweibund beeinflussen, der vor allem eins mächtige ge-
genseitige Friedensbürgschaft ist. Die unbestreitbare
Besserung der Beziehungen zwischen Frankreich und
Deutschland rührt hauptsächlich auch von dem Gefühl der
Sicherheit her, das das französisch-russische Bündnis uns
einslößt, und von dem Wert Frankreichs, der in den Au-
gen Deutschlands durch das Bündnis erhöht wird: so
können auch wir der Zusammenkunft in Danzig mit Gei-
fühlen zusehen, die nicht sehr verschieden sind von denen,
die die russische Presse ausdrückt."
Rußland.
Petersburg, 30. Aug. Wie der „Petersb.
Herold" mitteilt, wies der deutsche Kaiser auf die Mel-

— Dortmund, 29. Aug. Ein hiesiger Kaufmann
hatte in den Tageszeitungen Anzeigen des Inhalts er-
lassen, daß jedermann leicht fünf Mark verdienen könne,
der Kaffee in seinem Versandtgeschäft kaufe, denn jedem
hundertsten Pfundpacket sei ein Fünf-
markschein beigelegt. Die Reklame war, wie
man sich denken kann, von gutem Erfolge, indessen er-
blickte die Behörde in dem Vorgehen den Thatbestcmd
einer öffentlichen Ausspielung ohne behördliche Erlaub-
nis und erhob gegen den Kaufmann Anklage. Der Ver-
teidiger berief sich auf verschiedene Erkenntnisse des
Reichsgerichts und beantragte die Freisprechung des An-
geklagten, da von einer Lotterie überhaupt nicht die Rede
sein könne, weil jeder Käufer für den gezahlten Preis
Waren erhalten habe. Die Strafkammer verurteilte aber,
wie der „Köln. Volksztg." mitgeteilt wird, den Angeklag-
ten zu einer Geldstrafe von 50 Mk.
— Berlin, 28. Aug. An der Pforte des
Standesamtes trennte sich gestern, wie das
„Berl. Tagebl." erzählt, ein Brautpaar, das.die
Absicht gehabt hatte, sein Aufgebot zu bestellen. Der
Grund dieser Trennung war höchst eigentümlicher Art.
Die Braut machte nämlich ihrem Verlobten Vorwürfe
darüber, daß er zu den: wichtigen Akte nicht mit den:
üblichen Cylinder, sondern mit einem Schlapphut auf
deni Haupte erschienen war. Als nun gar der Bräutigam
erklärte, daß er ein Feind der „Angströhre" sei und auch

zur Eheschließung nur mit dem Schlapphut antreten
werde, wurde dis sehr elegant gekleidete Braut derart
erregt und laut, daß die Vorübergehenden aufmerksam
wurden, sich um das streitende Paar sammelten und Zeu-
gen des eigentümlichen Streites wurden. Das war dem
Verächter des Cylinders sehr peinlich, und da seine Aus-
erkorene sich nicht beruhigen wollte, ließ er dieselbe einfach
stehen, stieg in eine des Weges kommende Droschke und
fuhr von dannen, das Publikum höfischst grüßend, wel-
chem dieser Zwischenfall selbstverständlich kein geringes
Vergnügen bereitete._
— Galant. Mann (Mittags): „An der neuen Köchin
haben wir eine gute Acquisition gemacht; das Mittagessen ist
vorzüglich!" — Frau: „Ich habe ihr heute geholfen! — Manu:
„Trotzdem!"
— Späte Einsicht. Kläger (den Sachverhalt erzählend,
zum Richter): „Als mir der Angeklagte eine Ohrfeige gab,
stieg in mir die Ahnung ans, das er etwas gegen mich haben
müsse!"
— Kasernenhofblüte. „Die Kniebeugen müßt ihr mit
solcher Grazie machen, daß bei dem Anblicke selbst das Herz
einer alten Kuh wie Butter an der Sonne zerfließt!"

Die herbe Traube thut.
Als war sie schon Rosine,
Wie übel junges Blut,
Steht dir die satte Miene.

düng Von dem Brandunglück in dem an der preußischen
Grenze in der Nähe von Rominten liegenden Städtchen
Wystyten, das beinahe völlig abgebrannt ist, die Be-
hörden von Rominten sofort an, die Abgebrannten mit
Kleidern und Proviant zu unterstützsn, sodaß für
die nächsten Tage die größte Not abgewendet war. Wie
das Blatt erfährt, rief diese Handlung spontaner Hilfe-
leistung des deutschen Kaisers in maßgebenden russischen
Kreisen warme Dankbarkeit und Anerkennung hervor.
Asien.
Der „Standard" Korrespondent teilt folgendes kaiser-
liche Edikt an Li-Hung-Tschang mit:
Die Truppen der Rebellen <!> ziehen, dem kaiserlichen Befehle ge-
horchend, ab, aber dis Eisenbahn der Rebellen muß noch weiter
von den heiligen Wüllen entfernt we den. Die Wälle der Re-
bellengesandtschaftcn müssen rasiert, oder vielmehr die Gesandt-
schaften aus den heiligen Mauern ganz und gar entfernt werden,
ehe unsere erlauchten Majestäten überhaupt an eine Rückkehr denken
können."
Das ist der Ton kaiserlich chinesischer Edikte wenige
Monate nach der so „erfolgreichen" Expedition! Wie da
die Berichte über die Reise des kaiserlichen Bruders aus-
sehen werden, wenn man sich nicht ernstlich vor Hösiich-
kcitsübertreibnngeu hütet, das liegt auf 'der Hand.

Aus Stadt rrnd Land.
Heidelberg. 3t. August.
** Giltigkeitsdauer der Rückfahrkarte». Den Rückfahr-
karten für den Verkehr mit London über Straßburg—Luxem-
burg ist nunmehr in gleicher Weise, wie bereits im Verkehr
mit London über Köln geschehen ist, eine Giltigkeitsdauer
von 46 Tagen beigelegt worden.
(I) Für Kunstkenner und Antiquitätenliebhaber. Im
Kunstsalon der Firma E d m. von König hier ist heute
Samstag von 4—6 Uhr eine hochinteressante antike Kunst-
stickerei ausgestellt. Es ist dies eine Bettdecke aus dem Schlaf-
gemach König Philipp IV. von Spanien, worauf wir Interessen-
ten hierdurch aufmerksam machen.
X Das Automobil als Backwarenausträger. Daß auch das
Handwerk die Fortschritte de« Maschinenbaues auszunutzen ver-
steht, davon hat unsere Stad! nunmehr ein weiteres Beispiel.
Seit einige» Tagen saust ein Motor-Wagen durch unsere Straßen,
welcher Eigentum der Brot- und Feinbäkkerei des Hrn. Tochter-
mann, Plöck 38, ist, wodurch dieser jedenfalls in den Stand
gesetzt wird, seine Abnehmer immer in der pünktlichsten Weise zu
bedienen. Die aufgewcudeten Kosten sind allerdings bedeutend,
ober dieselben werden sich wohl sicher lohnen.
ft. Strafkammersitzung vom 30. Aug. Vorsitzender:
Landgerichtspräsidenten S ch e m b e r. Vertreter der Großh.
Staatsanwaltschaft: Referendär H o l z c n t h a l e r.
1. Eine Rauferei unter jungen Burschen in Eppelheim
war am 3. Juni Gegenstand einer Schöffengerichtsverhandlung
in welcher der 17jährige Maurer Friedrich Goth von Eppel-
heim, der 17jährige Maurer Mathias Zimmermann von
Wieblingen und die 18 Jahre alte Fabrikarbeiterin Elisabeth
Müller von Eppelheim als Zeugen vernommen wurden.
Hierbei hat Goth unter Eid die Frage, ob er bei jener Gelegen-
heit ein Messer in der Hand gehabt habe, verneint, obgleich
er, wie er heute selbst zugiebt, ein Eisenstäbchen, oder wie
von anderen Zeugen behauptet wird, ein Messer thatsächlich
in der Hand Haffe. Zimmermann gab ebenfalls eidlich an.
ein Messer bei Goth damals nicht gesehen zu haben, und ver-
schwieg, daß jener überhaupt einen Gegenstand in der Hand
hielt. Zu seiner Aussage will er durch Goth verleitet worden
sein. Goth und Zimmermann stehen heute unter der Anklage
des Meineids und elfterer außerdem der Verleitung zum
Meineid. Die wegen Begünstigung angeklagte Müller, welche
vom Schöffengericht unbeeidigt vernommen wurde, ist beschul-
digt, ihre Aussagen zu Gunsten des Angeklagten wahrheits-
widrig abgegeben zu haben, weil sie dieselben bei späteren eben-
falls nicht eidlichen' Vernehmungen wesentlich abschwächte.
Sie erklärt, durch ungehörige Einschüchterungen eines Gen-
darmen zur Abänderung ihrer Aussage veranlaßt worden zu
sein und hält heute ihre erste Aussage aufrecht. Das Urteil
lautet gegen Goth auf 1 Jahr 3 Monate und gegen Zimmer-
mcmn auf 1 Jahr Gefängnis. Die Müller wurde von der An-
klage freigesprochen.
2. Die Berufung des Taglöhner Friedrich Peter Holz-
schuh von hier gegen ein Schöffengerichtsurteil, nach welchem
er wegen gröblicher Beleidigung des Stationsverwalters in
Kirchheim mit 4 Wochen Haft bestraft wurde, wird znrückge-
wiesen.
3. Die Zimmerleute Jakob Weber und Joh. Peter
Weber von Kirchheim, welche beide wegen Körperverletzung
und ähnlicher Delikte schon vielfach vorbestraft sind, wurden
vom Schöffengericht wegen einer Schlägerei in einer Kirch-
heimer Wirtschaft und dabei begangener Körperverletzung,
elfterer zu 4 Wochen, letzterer zu 2 Monaten und 3 Tagen Ge-
fängnis verurteilt. In der heutigen Berufungsverhändlung
erscheint ihr Verhalten in etwas milderem Lichte und ihre
Strafen werden infolgedessen herabgesetzt auf 2 Wochen bezw.
4 Wochen Gefängnis.
4. Als am 14. d. M. abends 11 Uhr der Hilfspolizci-
diener von Wilhelmsfeld auf dem Schriesheimerhofe Feier-
abend bieten wollte, geriet er auf der Straße mit dem in Ge-
sellschaft mehrerer anderer Burschen befindlichen 26 Jahre alten
Maurer Albert Krug von Petersthal in Streit, in dessen Ver-
laufe er durch zwei Messerstiche in die Lunge und einen in den
Kopf schwer verletzt und längere Zeit arbeitsunfähig wurde.
Der Verdacht lenkte sich sofort auf den Angeklagten Krug.
Obwohl dieser die That in Wrede stellt, gelangt der Gerichtshof
doch zur Ueberzeugung der Schuld desselben und spricht eine
Strafe'von einem Jahre Gefängnis aus.
6. Wegen Verletzung der Wehrpflicht durch unerlaubte
Auswanderung wurden mit je 160 Mark eb. 32 Tage Gefäng-
nis bestraft: Georg Erwin Grund von Eßlingen, Friedrich
Ziegler von Ochsenbach, Wilh. Jakob Kirsch von Hand-
schnhsheim, Friedrich Seuffert von Sulzfeld, Joh'. Zir-
kel von Wiesloch, Heinrich Lippmann von Gankönigs-
hofen und Kaspar Mayr von Oberhausen.
ll. Unfall. Welche Unfälle die Motorwagen durch schnelles
Fahren schon angestellt haben, ist bekannt So fuhr vorgestern
ein schwer geladener Heuwagen, von Schlierbach kommend, vor
der Restauration Karlsthor vorbei, als ein Motorwagen in
scharfem Tempo daher kam. Die sonst so ruhigen Pferde wur-
den scheu, sprangen auf die Seite, wodurch der Wagen umfiel
und für andere Fuhrwerke ein Hemmnis wurde.
— Polizeibericht Verhaftet wurden ein Kaufmann wegen
Betteln«, ein Kellner wegen Landstreicherei, eine Köchin wegen
Umherziehens und ein von einer auswärtigen Behörde verfolgter
Taglöhner wegen Diebstahls. Drei Personen kamen wegen Un-
fugs bezw. Rnbestöruna zur Anzeige.
SO Mannheim, 30. Aug. (Aus Eifersucht)
feuerte gestern Abend in Ludwigshafen der verheiratete Stereo-
typeur Thiel auf seine Geliebte, die von ihrem Manne getrennt
lebende Frau Kath. Weber drei Rebolverschüsse ab, sodann
schoß er auf sich selbst. Beide sind schwer verletzt.
80. Karlsruhe, 30. Aug. (Hopfen- und Brau-
gerste a n s st e l l u n g.) In den Räumen der Großh-
Landwirtschaftsschnle Augustenberg bei Grötzingen
findet am 17. September eine Ausstellung von Hopfen und
Braugerste diesjähriger Ernte statt, an welcher sich badische
 
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