Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 204 - 228 (2. September 1901 - 30. September 1901)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37097#0354

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Hesse«.
— Wegen der Aufhebung von Sonntags-
Rückfahrkarten haben die hessischen Landtagsab-
geordueten Haas und Dr. David an die zweite Kammer
folgenden Antrag gestellt: Die Kammer wolle die Re-
gierung ersuchen, in der preußisch-hessischen Eisenbahn-
gemsinschaft-Verwaltung dahin zu wirken, daß die in
früheren Gebiete der hessischen Ludwigsbahn seit Jahr-
zehnten geltenden sonntäglichen Rückfahrkarten, die sich
im Wirtschafts- und Verkehrsleben eingebürgert haben,
auch für die Folge beibehalten werden. Der Wegfall
dieser Fahrkarten bedeutet für einen großen Teil der Be-
völkerung eine schwere Benachteiligung, die umsoweniger
berechtigt erscheint, als bei Uebergang dieser Bahn in die
Preußisch-Hessische Eisenbahngemeinschaft der Fortbestand
dieser Verkehrserleichterung in sichere Aussicht gestellt
wurde.
Württemberg.
Stuttgart, 31. Aug. Die Leiche des P rin -
zen Hermann von Sachsen--Weimar wird
zur Beisetzung von Berchtesgaden hierhergebracht. Die
Blätter widmen dem Verstorbenen warme Nachrufe. Der
„Staatsanzeiger" sagt: „Der Prinz war ein populärer
Mann im besten Sinne des Wortes und hinterläßt bei
hoch und nieder ein gutes Andenken." Der „Schwab.
Merkur" bemerkt, die Trauer um den Dahingeschiedenen
stamme aus dem tiefsten Empfinden des württembergi-
schen Volkes. Die beiden Aerzte. Medizinalrat Dr. F.
Gußmann von Stuttgart, der an das Krankenlager
berufen worden war. und Dr. Lacher von Berchtesgaden
melden: „Nach achttägigem Krankenlager. Herzverkal-
kung und -Erweiterung, verschied Seine Hoheit Prinz
Hermann von Sachsen-Weimar heute (31. August) früh
sanft."
Sachsen.
Dresden. 31. Aug. Hier protestierten
heute zwanzig stark besuchte A r b e i t e r v e r s a m m-
lungsn nachdrücklichste gegen alle Lebens-
mittelzölle.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
Notar August Walther in Oberkirch in den Amtsgerichtsbeztrk
Lahr versetzt. Vom Justizministerium wurde dem Notar August
Walther das Notariat Lahr IV zugewiesen.
Karlsruhe, 31. Aug. Heute. Samstag den 31.,
vormittags 11 Ubr 20 Min., trafen aus Lindau mit dem
Dampsboot die Großhcrzogin Alice von Toscana mit ihren
drei jüngsten Töchtern, den Erzherzoginnen Margaretha
Maria, Germana Maria Theresia und Agnes Maria The-
resia, sowie drei Damen des Gefolges auf Schloß Mainau
ein. Der Großherzog und die Grobherzogin empfingen die
Toscanischen Herrschaften am Hafen und geleiteten diesel-
ben zum Schloß, wo Ihre Königliche Hoheit die -Herzogin
von Genua mit den Hausgenosse» die Herrschaften erwar-
teten. Um 1 Uhr fand eine größere Hoftafel und darnach
sin Umgang in den Gartenanlagen statt. Der Hohe Besuch
begab sich dann später nach Konstanz, um von da mit dem
Dampfboot nach Lindau zurückzukehren. Heute Vormittag
erhielten Ihre Königlichen Hoheiten die schmerzliche Nach-
richt von dem heute Früh erfolgten sanften Tode des
Prinzen Herrmann von Sachsen-Weimar, Höchst ihres ge-
liebten Vetürs und Freundes. Die Großherzoglichen
Herrschaften trauern tief über den Verlust dieses Ihren
Königlichen Hoheiten so teuren Verwandten.
Ausland.
Oesterreich-Ungarn.
— Die Ausgabe goldener Zwanzig-
Kronen stücke in Oester eich, welche jetzt durch
die österreich-ungarische Bank erfolgt, ruft irr Wien große
Aufregung hervor, welche Jeder, der die Währungsverl-
hältnisse der österreichischen Monarchie nicht kennnt, leicht
komisch finden könnte. In den österreichischen Landen ist
man an den Klang des Goldes nicht gewöhnt und von der
heute in Oesterreich lebenden Generation erinnert sich
sicherlich niemand der Zeit, da das Gold ein gesetzliches
und landesübliches Zahlungsmittel war. Stammen doch
schon aus der Zeit der napoleonischen Kriege zu Anfang
des 19. Jahrhunderts' die finanziellen Schwierigkeiten
der Monarchie, welche in der Einstellung der Baarzah-
kungen ihren Ausdruck, in der Einführung des Zwangs-
kurses für Papiergeld ihren Höhepunkt fanden. Die
Valutagesetze des Jahres 1892 führten zwar zur Prägung
der ersten goldenen Zehn- und Zwanzigkronenstücke, aber
denten waren 572 in Gießen und 422 auf außerhessischen
Universitäten immatrikuliert.
— München, 31. Aug. Der Landtagsabgeordnete
Bernhard Mayr (Zentr.) in Schönbrunn bei Dachau
wurde von einem wütenden S t i e r s ch w e r v e r l e tz t.
— München, 28. Aug. In Oberammergan ist man
augenblicklich mit der Errichtung eines kleinen Theaters
beschäftigt, wo diejenigen, die beim nächsten Passio ns-
spiel mitzuwirken beabsichtigen, durch alljährliche re-
ligiöse Aufführungen weiter ausgebildet werden sollen.
Auch hofft man Wohl, auf diese Art die bisher noch
geringe Anzahl der ihre Ferien im Passionsort ver-
bringenden Sommerfrischler zu erhöhen. Dem Christus-
Darsteller des letzten Passionsspiels, Hafnermeister Lang,
ist durch die Freigebigkeit einer englischen Familie eine
Reife nach England und zu den Bayreuther Festspielen
ermöglicht worden.
— Breslau, 31. Aug. Die „Schlesische Zeitung" meldet aus
Ratibor: In der Nacht von Sonnabend auf Sonntag schossen
die augenblicklich beschäftigungslosen Arbeiter Jesch nndAdamietz aus
Ostrog, die wegen Ruhestörung vor dein Gasthause von mehreren
Nachtwächtern verhaftet werden sollten, auf Letztere und
töteten Nachtwächter Seemann. Sie ergriffen dann die Flucht
auf einem Kahn, den sie dem Eigentümer unter Bedrohung seines
Lebens abgenommen hatten. Es gelang, Jesch in Bresnitz zu
verhaften; Adamietz tötete sich durch einen Schuß in den Mund
— Gumbinnen, 31. Aug. Gestern wurde Mar-
tens Eltern gestattet, ihren Sohn im Gefängnis zu
besuchen und unter strengster Aufsicht zu sprechen. Allen
Militärpersonen ist in der Angelegenheit Krosigk bei
Arreststrafen strenges Stillschweigen über die
Einzelheiten der Untersuchung auferlegt. Dem Verneh-
men nach steht eine neue Verhaftung des Sergeanten
Hickel bevor.

in den Verkehr kam das Gold dadurch noch nicht. Noch
immer behielt es den Glorienschein des Außerordent-
lichen. das sich nur bei besonderen festlichen Gelegen-
heiten von der Oeffentlichkeit gewissermaßen anstaunen
ließ. Eine Zahlung in Gold, etwa als Honorar für den
Arzt, als Ehrengabe an einen verdienten Beamten oder
Angestellten, als ..Taufdukaten", als Diäten für die Ab-
geordneten trug immer den Charakter einer besonderen
persönlichen Aufmerksamkeit. Der Haupttreffer der gro-
ßen Lotterieen wurde, wie man in Prospekten hervorhob.
in blanken Goldstücken ausgezahlt, ein Änlockungsmittel.
das auf die Menge wie ein geheimnisvoller Zauber
wirkte. Niemand dachte daran, solche Münzen etwa in
Umlauf zu setzen, mit ihnen eine Zeche, eine Rechnung zu
bezahlen. Mußte in irgend einer Notlage das Gold-
stück aus seinem Versteck hervorgeholt werden, so ging
man damit, nicht ohne ein gewisses peinliches Gefühl,
znm Wechsler — wer einen Dukaten für das landes-
übliche Papiergeld umtauschte, dem mußte es, der allge-
meinen Ansicht nach, schon recht schlecht gehen. Alles
das soll nun anders werden. Wie in Deutschland und
Frankreich mit Zwanzigmarkstücken und „Napoleons",
wird man in Oesterreich künftig mit Zwanzigkronen-
stücken bezahlen; wenigstens ist es die energische Absicht
des Finanzministers, dem Golde seinen Liebhaben- nnd
Kuriositätswert ein- für allemal zu nehmen.
Frankreich.
Paris. 31. Aug. Einer Petersburger Depesche
zufolge ist die Ankunft des Kaiserpaares von
Rußland auf den 18. September festgesetzt. Das
Herrscherpaar wird ans der See bei Dünkirchen mit dem
Präsident Loubet Zusammentreffen. Das Programm
für den Aufenthalt des Kaiserpaares in Frankreich bleibt
in den Hauptzügen so bestehen, wie es früher aufgestellt
war. Der letzte Tag der großen Manöver ist auf den 19.
September verschoben worden. Die Truppenschau wird
am 21. stattfinden. Man weiß noch nicht, ob das Kaiser-
Paar am 20. September, für welchen Tag das Programm
keine Bestimmung enthält, nach Paris kommt.
Bordeaux. 31. Aug. Die Polizei verhaftete
einen Anarchisten, der Schriftstücke bei sich trug,
worin die Attentate Caserio's, Henry's und Ravachol's
verherrlicht werden. Der Anarchist setzte seiner Ver-
haftung heftigen Widerstand entgegen und äußerte beim
Verhör, er sei gerade im Begriff gewesen, seine Pflicht
zu thun.
Rambouillet. 31. Aug. Präsident Loubet
empfing heute den französischen Botschafter in Konstan-
tinopel. Consta ns.
Spanien.
San Sebastian. 31. Aug. Der dem deut-
schen Schulschiff „Stein" hier bereitete Empfang
ist auffallend herzlich. Der Kaiser gestattete eine Un-
terbrechung der Trauer, um die Teilnahme der Besatzung
des „L-tein" an den veranstalteten Festlichkeiten zu er-
möglichen. Heute Vormittag trifft der deutsche Botschaf-
ter v. Radowitz ein, der den Kommandanten Fre-
gattenkapitän Bachem ans Schloß Miramar der K ö -
nigin vorstellen wird. Im Schloßpark finden zu
Ehren der Deutschen heute Nachmittag ein Gartenfest,
ferner morgen ein Stiergefecht, übermorgen eine Regatta
statt, für Dienstag ist ein venetianisches Wasserfest, später
Ball im großen Kasino geplant. Der Ministerpräsident
besuchte heute das Schulschiff „Stein". Die Bevölke-
rung jubelt vielfach den jungen Seeleuten zu.
K o n st a n t i u o p e l, 31. Aug. Der M inister
des Aeußerm übermittelte dem Botschaftsrat Äapst
eine Abschrift eines Telegramms, welches die Pforte an
die türkische Botschaft in Paris gesandt hat und worin
sie die f r a n z ö s i s ch e R e g i e r u n g um Wieder-
aufnah m e der diplomatischen Beziehu n-
gen ersucht und eine befriedigende Lösung der schweben-
den Fragen zusichert.
Afrika.
Kapstadt. 31. Aug. Das Reutersche Bureau
meldet: Die B n r e n a b t e i l u n g e n unter Schee-
pers und van der Herve sind über Oudshoorn hinaus
v o r g e d r u n g e n. Am 27. d. M. wurde heftiges
Feuer westlich von Oudshoorn gehört.

Bad. Handwerkertag.
LX. Offenbnrg, 1. Sept.
Der sechste badische H a n d w e r k e r t a g tagte
in der Michelhalle dahier. Der Besuch war ein äußerst
zahlreicher aus allen Teilen Badens. In den geschlos-

— Die in Gotha lebende, verwitwete Frau Professor
Amalie Lauchert, geb. Prinzessin zu Hohenlohs-Schil-
lingsfürst, Schwester des jüngst verstorbenen Alt-Reichs-
kanzlers, feierte am 31. Aug. ihren 80. Geburtstag. Die
Prinzessin vermählte sich zu Herbsleben am 30. April
1867 mit dem Prof. Richard Lauchert und ist seit dem
27. Dez. 1868 Witwe. Sie gehört dem evangelischen
Bekenntnis an.
— Ncwyork, 29. Aug. In Wetumpa in Ala-
bama wurde ein Weißer, der sich an dem Lynchen
eines Negers beteiligt hatte, wegen Totschlags vom
Schwurgericht zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilt.
Er gestand darauf seine Schuld und machte 15 Personen
namhaft, die sich ebenfalls an dem Lynchgericht beteiligt
hatten. Es ist dies der erste Fall, daß Jemand
wegen Lhnchens verurteilt wird. Das Urteil wird für
äußerst hart angesehen und es wird angenommen, daß
es nicht vollstreckt wird. Wenn die Sache nicht nochmals
zur Verhandlung kommen sollte, dürfte der Gouverneur
den Verurteilten wahrscheinlich begnadigen.

— Heimgegeben- Mutter (zu ihren Töchtern über das
Kapitel Ehe sprechend) r „Aber nehmt euch in acht, daß ihr nicht
auf den ersten besten hereinfallt." — Vater (von der Lektüre
ärgerlich aufschauend): „Du willst doch nicht damit sagen, daß
Du auf mich hereingefallen wärst?!" — Mutter: „Keines-
wegs — Du warst ja weder der Erste noch der Beste."
— Hinausgegebcu. Er: „Cs ist doch gar zu toll, daß
du nicht mal anständig kochen gelernt hast!" — Sie: „Was
würde es nützen! Du hast ja doch nicht anständig essen ge-
lernt!"
— Aparte Sache. „Wenn man nicht selbst bei der Landwirt-
schaft überall vorn und hinten ist, da nützt alles Düngen nichts."
— „Recht haben's, selbst i st der Mist!"

senen Sitzungen wurde die bisherige Vorstandschaft be->
statigt. Es wurde gewählt zum 1. Vorsitzenden Lorenz
Schmidt von Schwetzingen, zum Schriftführer B. Beck°
Herdelberg, zum Kassier Dörffel-Heidelberg. Auch der
erweiterte Ausschuß des Handwerkerverbandes wurde be-
stätigt. Der nächste Handwerkertag soll im Mai in
Bühl stattfinden. Bei der öffentlichen Versammlung
in der Michelhalle war als Vertreter der Gr. Regierung
der Amtmann Beer von hier, als Vertreter der städt.
Behörden Bürgermeister Hermann anwesend. Auch vier
Mitglieder der Handwerkskammer und der Sekretär der-
selben sind zum erstenmale zu einem badischen Hand-
werkertag erschienen. Ebenso nahm der bisherige Ab-
geordnete von Offenburg-Stadt, Rechtsanwalt Muser,
an der Versammlung teil. Vom statistischen Amt war
Dr. Hecht erschienen. Durch Delegierte waren 3035 Mit-
glieder vertreten. Der Vorsitzende des Lokalverbandes
Herr Herold begrüßte die Erschienenen. Der 1. Vor-
sitzende des Handwerker-Verbundes Lorenz Schmidt-
Schwetzingen erstattete den Rechenschaftsbericht, aus dem
hervorzuheben ist. daß dem Verband gegenwärtig über
7000 Mitglieder angehören.
Den 1. Punkt der Tagesordnung erledigte H. I u n g-
h a n s-Heidelberg. Er sprach über JnnnngA und Ge-
nossenschaftswesen und empfahl folgende Resolution
zur Annahme „Der Handwerkertag empfiehlt den verehr-
lichen Handwerkskammern Badens, für die Bildung von
Innungen einzutreten, weil nicht allein die Arbeiten den
Handwerkskammern erleichtert werden, sondern haupt-
sächlich der Gemeinsinn gestärkt und der genossenschaft-
liche Geist, insbesondere in den Fachinnungen angeregt
und gepflegt wird." Die Resolution wird einstimmig
angenommen.
lieber Punkt 2: Submissionswesen erstattete Herr
I rme yMannnheim ein ausführliches Referat. 'Es
gelangte die folgende Resolution einstimmig zur An-
nahme: „Der Handwerkertag empfiehlt den übrigen
Handwerkskammern für die Grundsätze der Handwerks-
kammer Mannheim (Mittelpreisverfahren) einzutreten
und dieselben sich zu eigen zu machen.
lieber Punkt 3. Vorgfrist und Kreditschutzwesen, re-
ferierte Herr SchIun d-Karlsruhe. Er stellte folgende
Resolution zur Diskussion: „1. Der Handwerkertag er-
blickt in dem Kreditschntz eine praktische wie wirtschaft-
liche Einrichtung zum Schutze der Handwerker und em-
pfiehlt den Handwerkskammern Badens größtmöglichste
Unterstützung für solche Einrichtungen zukommen lassen
zu wollen. 2. Desgleichen möge auch darauf hingewirkr
werden, daß die Rechnungen für gelieferte Arbeiten mög-
lichst alle 3 Monate ausgestellt und auf Zahlung ge-
drängt wird." Zu 1. bemerkte der Referent, daß durch
die Periodisch herausgegebene schwarze Liste der böswil-
ligen Zahler die Mitglieder sich vor Schaden bewahren
können. Zu 2. wird hervorgehoben, das lange Kredit-
geben ist als ungesunder Zustand im Erwerbsleben
zu betrachten, weil in vielen Fällen den Handwerksmei-
stern znr Unmöglichkeit gemacht wird, ihren Verpflich-
tungen nachzukommen, auch der Zinsverlust öfters ein
bedeutender ist, ebenso ist anzustreben, alle Reparatur-
arbeiten bar zu bezahlen." Die Resolution findet ein-
stimmige Annahme.
Herr P o f f-Pforzheim sprach sodann über § 616
des bürgerlichen Gesetzbuches und seine Schäden für das
Handwerk. Als Schutzmaßregel wird folgender An-
trag empfohlen und angenommen: „Da voraussichtlich
der Z 616 des B.G.B. nicht bald eine Aenderung durch
den Reichstag erfahren wird, so wird dringend empfohlen
daß die Handwerksmeister sich durch Verträge schützen."
Zu dein 6. Punkt der Tagesordnung giebt Herr
S i e b e n h a a r-Heidelberg aus der Erfahrung ge-
schöpfte Darlegungen und stellt folgende Resolution zur
Besprechung: „Ter Handwerkertag bittet die Handwerks-
kammern Badens, an geeigneter Stelle dahin zu wirken,
daß in denjenigen Fällen, in denen der Kläger in dem
Verhandlungstermin nicht erscheint, die Zulässigkeit des
Einspruchs gegen das Versäumnisurteil von der Hinter-
legung eines von dem Gewerbegericht zu bestimmenden
Betrags, welcher der dem Beklagten durch die Wahr-
nehmung des Verhandlungstermins erstandenen Zeit-
versäumnis gleichkommen soll, abhängig gemacht werde,
und daß im Falle dos llnterliegens der klagenden Par-
tei. der hinterlegte Betrag als Entschädigung für ge-
habte Zeitversäumnis vom Gewerbegericht an den Be-
klagten anszuzahlen sei."
Zu Punkt 6 der Tagesordnung: „Verbandszeitung"
empfiehlt Referent Herold, sämtliche Verbandsvereini-
gungen sollen die „Handwerkerzeitung" als Verbands-
organ einführen.
lieber Einführung obligatorischer gewerblicher Fort-
bildungsschulen sprach H. Kunz-Handschuhsheim und
empfiehlt die Einführung derselben dringend. Eine
diesbezügliche Resolution findet begeisterte Annahme.
Hierauf schloß der erste Verbandsvorsitzende Lorenz
Schmidt den sechsten badischen Handwerkertag.

Nationalliberale Versammlungen.
lls. Heidelberg, den 2. September.
Gestern hielt die nationalliberale Partei an zwei
Orten Versammlungen ab, in W i l h el m sf el d und in Alten-
bach, in denen sich der Landtagskandidat für Heidelberg.Land,
Prof. Quenzer, den Wählern vorstellte. Beide Versamm-
lungen waren gut besucht. Der Kandidat entwickelte vor den ge-
spannt zuhörenden Erschienenen sein Programm und erntete
reichen Beifall. Die Ausführungen des Redners machten wie in
allen vorausgegangenen Versammlungen den besten Eindruck.
In Wilhelms seid verlief die Versammlung, die Bürger-
meister Beckenbach leitete, in ruhiger Weise und es wurde
dem Redner für seine Ist-ständigen klaren und sachlichen Aus-
führungen allgemeines Lob zuteil. Es wird bei der kommenden
Wahl ein besserer Erfolg für die nationalliberale Partei zu hoffen
sein, als vor vier Jahren.
Der Versammlung in Alten bach, das vor vier Jahren
ebenfalls dem Antisemitismus zugefallen ist, wurde mit befände-
rem Interesse entgegengesehen. Der Saal war bis auf den letz-
ten Platz besetzt. Bürgermeister Iöst war trotz seines schweren
Unwohlseins am Platz; er eröffnete und leitete die Versamm-
lung, in welcher auch einige Sozialdemokraten anwesend waren.
Professor Q u e nzer entwickelte auch hier sein Programm. In
seiner packenden, leicht verständlichen Weise legte er seine Stel-
lung zu den wichtigsten Fragen der Reichspolitik, sowie zu den
wichtigeren Angelegenheiten unseres engeren Heimatlandes dar.
Er sprach über die Steuerfrage, die Arbeitergesetzgebung, die Schule,
das Wahlrecht u. s. w.; aber fast in jeder Frage wurde er von
den erwähnten Sozialdemokaten mit gehässigen, zumteil beleidi-
 
Annotationen