Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

DOI chapter:
Nr. 204 - 228 (2. September 1901 - 30. September 1901)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37097#0363

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext

Dienstag, 3. September IM.

Zweites Blatt.

43. Jahrgang. — Ir. 205.

Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich SO Pfg. in's Hans gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Voll be-
, , , ^ ^, ,, ., ,, zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Slnzeigenpreis:20 Pfgdielspalttge Petitzeileoderderen Raum. Reklamezeile 40 Pfg Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. - Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Inserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Die Wohnungsfrage im Auslande.
Die Uiitersiichmiqen über die Wohnungsfrage in der
Schweiz, in England, Frankreich, Belgien, in den Ver-
einigten Staaten, in Rußland, Norwegen, Schweden,
Dänemark, welche der „Verein für Sozialpolitik" vor-
genoininen hat, lassen erkennen, daß Deutschland in der
„Wohnungspolitik" — wenn dieser Ausdnick gestattet ist
— sowohl in seinen Bestrebungen wie Erfolgen eine Art
Mittelstellung einninnnt. Uebertrifft es auch manche
Länder, in denen in der Wohnungsfrage noch so gut
wie gar nichts geschehen ist, so steht es doch wieder hinter
manch' anderem Lande zurück. Aber dieser Vergleich mit
anderen Staaten zeigt doch in den meisten Fällen, wo in
Deutschland noch der Hebel einzusetzen ist. In Eng-
land z. B. sind seit dem Gesetz über die öffentliche Ge-
sundheitspflege 1891 in der Wohnungsfrage Riesenfort-
schritte gemacht, obwohl es den englischen Städtever-
waltungen von Staats wegen an ausreichender Befug!
nis fehlt, um eine gesunde Bodenpolitik zu treiben. Un-
sere deutschen Städte und Gemeinden befinden sich, in
dieser Beziehung in einer viel glücklicheren Lage und
sollten deshalb um so weniger zögern, die Wohnungsfrage
thatkräftig in die Hand zu nehmen. Die bedeutsamste
Seite der englischen Wohnungsfürsorge besteht aber in
der Wohnungspflege d. h. Ileberwachnng sämt-
licher Wohnungen durch hierzu besonders bestellte Or-
gane. Die Art, wie diese Beamten — darunter in Man-
chester und Birmingham auch weibliche — ihre Obliegen-
heiten in der Wohnungsfrage auffasscn und bei der Aus-
führung der zumteil in Privatinteressen stark eingreifen-
den Vorschriften Vorgehen, wird von kompetenten Benr-
teilern aufs Rühmlichste hervorgshoben. Diese „Ge-
snndheitsÄufseher" vermeiden jeden Anschein von poli-
zeilicher Gewalt und sind so ansgewählt, daß sie durch
Erziehung und Herkunft dem Publikum, unter dem sie
zu wirken haben, näher stehen als ärztliche Beamte oder
Polizeibeamte und daher viel größeres Vertrauen genie-
ßen als diese. In Deutschland ist die Einrichtung der
Gesnndheitsnufseher erst in wenigen Städten, und zwar
ohne nennenswerten Erfolg, eingeführt. — Von den
Staaten, welche durch Mobilmachung des Staats-
kredits in die Wohnungsfrage eingreisen, marschiert
Dänemark an der Spitze, wenngleich die. Bestrebungen
des Deutschen Reiches nach dieser Richtung durch die Ver-
fügungen des Reichsamts des Innern ebenfalls gebüh-
rend zu würdigen sind. Dänemark hat aber durch ein
Gesetz vom 26. Februar 1898 für Sanierung und Neu-
bauten einen Staatskredit bewilligt! und dieses Gesetz
gab für die Volksvertretungen den Anlaß durch weiter-
gehende Anträge den Wirkungskreis des Gesetzes vom
Jahre 1898 zu vergrößern. Äehnliche Anregungen sind
im Deutschen Reichstage wiederholt gegeben und der
Staatssekretär Graf Posadowsky ist ihnen auch bereit-
willigst entgcgengekommeu, aber ohne daß dies durch ein
besonderes Gesetz zum Ausdruck gelangt wäre.

Au s l a n d.
Frankreich.
Paris, 2. Seht. Waldeck-Rousseau und Delcassä
hatten gestern eine Besprechung über die Reise des Kai-
sers von R ußland nach Frankreich. Das Kaiserpaar
trifft am 18. September in Dünkirchen ein. Loubet und
sämtliche Minister begeben sich am 17. dorthin und fahren

Magdas Heirat.
2) Eine moderne Geschichte von V. Kästner.
(Fortsetzung und Schluß.)
Glücklicherweise kam in diesem Moment das servierende
Mädchen und frng nach Magdas Befehlen.
„Eine Tasse Chokolade und illustrierte Journale", be-
stellte sie. .... . m
Und wieder wartete ste in einer ganz unbegreiflichen Be-
fangenheit.
Da tauchte plötzlich ein herziger Dreikäsehoch, cm blond-
lockiger Bursche, den sie in ihrer Verlegenheit garmcht be-
merkt hatte, a» dem Tisch des fremden Herrn auf.
„Einen Mohrenkopf noch, Papal" sagte er.
„Noch einen Mohrenkopf?" fragte dieser lächelnd.
„Dil hast doch gesagt, Papa, wenn ich heute hier recht
nrrig wäre, bekäme ich Mohrcnköpfe, so viel ich wollte!"
flüsterte das feine Stimmchen.
„So? Na, dann hole Dir noch einen," erlaubte der Papa
und lächelte wieder zu Magda hin.
Das Kind sprang davon und kam gerade zurück, als
Magdas Chokolade auf den Tisch gestellt wurde. Neugierig
streckte er sich in die Höhe und sagte dann drollig, den kleinen
Finger in den Mohrenkopf stippend:
„Ich habe auch Schlagsahne."
Sie lachten beide.
Zwischen den beiden Tischen stehend schmauste der blond-
lockige Bursche seinen Mohrenkopf, während sein Papa über
die Zeitung hinweg verstohlen Fräulein Magda fixierte. Sie
hatte ein Journal in die Hand genommen und einige Mi-
nuten gelesen. Dann schaute sie auf die Uhr.
Der kleine Junge drängte sich an ihr Knie und sagte:
„Du, ich trink auch gern Chokolade."
Nun sprang der Vater auf, trat näher, bat um Entschul-
digung sür die'Belästigung und verstand es so gewandt, Magda
in' eine fesselnde Unterhaltung zu ziehen, das; sie erst eine
Stunde später, zehn Minuten nach sechs» wieder auf die Uhr

am 18. morgens an Bord des „Cassini" dein Käiserpaar
entgegen. Stach der Landung findet Frübstückstafel statt,
worauf die Abreise nach Compiägne erfolgt. Hier wird
dann das Diner eingenommen. Am Morgen des 19.
wohnen das Kaiscrpaar und Loubet den Schlnßmanö-
vern bei. Das Frühstück wird im, Manövergelände ein-
genommen, Nach dem Besuch der Stadt Reims fährt
der Kaiser nach Compidgne zurück für den 20. ist ein
Ausflug in die Ilmgegend von Compidgne in Aussicht
genommen. Ein Besuch von Paris findet nicht
statt. Am 20. findet Galadiner im Schlosse und Gala-
vorstellung im Theater statt. Am 21. wohnt das Kaiser-
Paar der Truppenschau bei und tritt sodann mittels
Sonderzuges die Rückreise über Pagney-sur-Moselle an.
Amerika.
Trinidad, 1. Sept. Der Einsall der regulären
venezolanischen Armee in Kolumbien ist
nur eine Frage von Tagen. 9000 Mann unter dem Be-
fehl des Generals Dasila sind bereit, die Revolution zu
unterstützen. Die Lage wird als ernst angesehen.

Aus Ltadt und Land
L.kl. Baden-Baden, 1. Septbr. (Der 42. Allgemeine
d ent s ch e G en o ss e n scha fts la g) ist gegenwärtig hier zu-
scimmengetreten. Gestern Vormittag fand schon eine Sitzung
des engeren Ausschusses statt, heute Nachmittag tagte der Ge-
samt-Ausschuß. Ter Montag ist der Besichtigung einiger Punkte
hiesiger Stadt gewidmet. Am Dienstag Vormittag ist die
Sitzung des Vorstandes und Generalversammlung der Hilfskassc,
nachmittags Sitzung des Vorstandes und Aufsichtsrats, dann
Generalversammlung der Nuhegehaltskasse, abends Versammlung
des Allgemeinen Genossenschaftstags. Am Mittwoch wird sodann
der Allgemeine Genossenschaftstag eröffnet und es findet die erste
Hauptversammlung mit Bericht des Anwalts und nachmittags
Sitzung der Verbandsrevisoren statt. Auf den Donnerstag ist
die zweite Hauptversammlung mit Besprechung allgemeiner An-
gelegenheiten anberanmt. Nachmittags besondere Angelegenheiten
für die Konsumvereine, Freitag besondere Angelegenheiten der
Kreditvereine und Baugenossenschaften Dritte und letzte Haupt-
versammlung zum Austausch der Erfahrungen der Handwerker-
Genosscnschaften am Samstag. Während der ganzen Woche
werden großartige Festlichkeiten vom Kurkomitee veranstaltet.
L. X. Iffezheim, 1. Sept- (Die Rennen zu Baden-
Bade n.) Wenn gleich der vierte Tag nicht die Popularität
des dritten Tages, an dem die Entscheidung sich um den Gold-
pokal dreht, besitzt, so steht er in sportlicher Beziehung doch hoch.
Im Mittelpunkt des gestrigen Tages befand sich die Flteger-
konkurrenz, die Badener Prinz of Wales Stakes, die Heuer durch
die Beteiligung des Auslandes (sranzös. und österr.) im wahrsten
Sinne des Wortes international war. Das reiche Nennen fiel
nach Frankreich, das im dicsjähr. Meeting besonders glücklich
ist. Die Felder waren durchweg gut besetzt. Die Trauerbotschaft
von dem Hinscheiden des langjährigen allverehrten Präsidenten,
des Prinzen Hermann von Sachsen-Weimar, ließ eine frohe
Stimmung auf dem Rennplatz, der sehr gut besucht war, nicht
anfkommeu. — Im letzten Tag des in jeder Beziehung großartig
verlaufenen fünftägigen Meetings fanden die sportlichen Ereignisse
auf dem grünen Rasen Iffezheims einen würdigen Abschluß.
Sportlich blieb der heutige Tag keineswegs hinter den übrigen
zurück in Anbetracht der Rennen, wie Prinz Herrmann von
Sachseu-Weimar-Rennen, Kingrem-Reimen und der Großen
Handicap, Steplc Chase. Die Felder waren durchweg gut besetzt.
Frankreich entführte auch dem heutigen Tage das Hanptrennen.
Der Besuch war sehr gut. Das Weiter nicht minder._
Mitteilungen der Handelskammer für den Kreis Heidel-
berg nebst der Stadt Ebcrbach.
Mit Bezug auf die stattgchabte Veröffentlichung des Ent-
wurfs eines neuen Zolltarifgesetzes forderte das Gr. Mini-

schantc. Die erwartete Frau Rätin Bach war garmcht ge-
kommen.
Am Abend konnte sich Frau Heddh nicht genug Wundern,
daß ihre Freundin nicht Wort gehalten hatte.
Magda erwähnte so en passant, daß sie sich dort mir einem
Herrn unterhalten habe. Er hätte sich vorgcstckll: Doktor
Fellner. Einen herzigen Jungen habe er und ein kleines
Mädchen.
Frau Heddh sah recht selbstzufrieden aus.
Eines Mittags brachte der Professor drei Billets zu einer
neuen Oper mit nach Hause. Besonders Magda, die für Mu-
sik schwärmte, war freudig erregt. Sie sah, als sie abends
das Parkett berrar, so jung und liebreizend aus, daß ihr nie-
mand ihre vicrunddreißig Jahre angesehen Hütte. Als sie den
sammtnen Klappstuhl hochschlug, sah sie ihrem Nachbar ins
Gesicht. Er grüßte ehrerbietigst und lächelte.
„Du", flüsterte Magda, als sie saß, ihrer Schwester ins
Ohr, „neben mir sitzt der Herr aus der Konditorei von neu-
lich."
Die Frau Professor lächelte nur.
Die Panse kam. Es fügte sich seltsamerweise, daß der
Herr Doktor Fellner im Büffetraum keinen andern Tisch für
seine Erfrischung finden konnte, als den, an welchem Magda
mit den Ihrigen saß.
Vorstellung — angeregte Unterhaltung — nach dem Thea-
ter gemeinsames Nachtessen in einer Weinstube. Es war für
Magda ein recht vergnügter Abend.
Herr Doktor Fellner nützte die Erlaubnis, Besuch zu
machen, gründlich ans. Er kam beinahe täglich in das Hans
seiner neuen Bekannten.
Frau Heddh schmunzelte dann immer so vergnügt, daß man
die kleinen Grübchen in den vollen Wangen sah. Der Herr
Doktor drückte ihr jedesmal, wenn er kam und ging, ausneh-
mend kräftig die Hand.
Magda war nicht mehr ganz so selbstbewußt wie früher,
aber viel, viel lieblicher! Die blauen Augen strahlten, und um
den Mund, der jetzt oft lachte, lag ein weicher Zug. Sie las

sterium des Innern durch Erlaß vom S. August d. I. die Han-
dclskammern des Landes ans, etwaige Bemerkungen und
Wünsche zu demselben bis spätestens zum 25. August zu seiner
Kenntnis zu bringen. Die (Handelskammer; 'lud hierauf
durch Rundschreiben die Interessenten ihres Bezirks ein, sich
über die sie betreffenden Zollsätze und Bestimmungen des frag-
lichen Entwurfs zu äußern rcsp. Anträge einznbriiigen. Es
wurde dieser Aufforderung von seiten der Kunstmühlen, der
Lederindustriellen, der Maschinen-, Zement-, Kunstwollc-, Lack-
Gelatine- und Schuh-Fabriken, des Weinhandels, der Bier-
brauereien und der Rohhaarfabrikcn Folge gegeben und die
Handelskammer hat die betreffenden Wünsche der benannten
hohen Stelle sowie auch dem deutschen Hcindelstäge empfehlend
unterbreitet. Da das Gr. Ministerium des Innern zugleich
die Absicht äußerte, üher einige wichtige Abschnitte des Tarifs
Sachverständige in mündlicher Besprechung zu hören, und da
seitens der Handelskammer Wert darauf gelegt wird, daß dies
bezüglich der Mühlenindnstric und der Lederfabrikation ge-
schehe, so brachte sie zu demselben Beihilfe zwei ihrem Kollegium
angehörende Persönlichkeiten tu Vorschlag. — Fcsthaltend an
ihrem bisherigen Standpunkte sprach sich die Handelskammer
gegen die enorm hohen Getreide- und Viehzöllc des Entwurfs
und gegen die Bindung erstcrer an bestimmte Minimalsätze
aus, weil hierdurch der Abschluß günstiger langfristiger Han-
delsverträge in Frage gestellt wird, dieser aber im Interesse
der Wohlfahrt und der Weltstellung Deutschlands in erster
Linie erstrebt werden muß.
lieber die Verhandlungen des badischen Eisenbahnrats,
der dieses mal in Freiburg tagte, berichtete das Mitglied die-
ses Kollegiums Herr Carl Fuchs. Es kann bon einer Wieder-
gabe dieser Verhandlungen abgesehen werden, da dieselben be-
reits durch die Presse veröffentlicht wurden.
Dem Kaiserlichen Pakentamte wurde unter Beifügung von
Belegen ein Gutachten über die Freizeichen-Eigenschaft des
Wortzeichens „Excelsior" erstattet.
Auf eine Anfrage der Königlichen Generaldirektion der
sächsischen Staatseisenbahnen erklärte sich die Handelskammer
gegen den von dem Verein der Fabrikanten landwirtschaftlicher
Maschinen und Geräte in Leipzig eingebrachten Antrag, land-
wirtschaftliche Maschinen und Geräte aus Spezialtarif I (mit
der Nebenklasse a2) nach Speziaktarif III (mit der Neben-
klasse n2) zu versetzen, weil hieraus hauptsächlich das Ausland
Nutzen ziehen und die ungünstige Lage in der sich die inländi-
schen Fabriken landwirtschaftlicher Maschinen schon seit einiger
Zeit befinden, nur noch verschlimmert werden würde.

Kleine Zeitung.
— Zur Vertreibung des Teufels wird in einem mit
Approbation des Erzbischofs von Freibnrg erschienenen
Buch eines Pf. Hagen die Anwendung eines übelriechen-
den Gegenstandes.empfohlen, da solches Mittel für „die
Demütigung des dämonischen S-tolzes" sehr geeignet
sei. Die Teufel nämlich gehören eigentlich in die Hölle
hinein, fürchten sich aber vor derselben und erhalten
„die Vergünstigung eines freieren Hernmschweifens in
der Lust", von wo aus sie menschliche oder tierische Lei-
ber in Besitz zu nehmen oder auch sonst dem Menschen
physische Nebel znzufügen suchen. Dagegen wird in ge-
nannter Schrift als Mittel empfohlen: „Er (der Teufel)
wird als Ungeziefer angesehen und dementsprechend ver
trieben, wie man Ungeziefer vertreibt." Kommentar
zu dieser „wissenschaftlichen Anleitung" überflüssig!
— „Deutsches Gebet" in Oesterreich. Unter der Be-
völkerung Salzburgs ist gegenwärtig (so schreibt die Wie-
ner „Ostd. Rdsch.") ein ans primitive Weise verviel-
fältigtes „deutsches Gebet" im Umlauf, von dessen naiver
Sehnsucht nach einem freien deutschen Gottesglauben die
Prälaten des „deutschen Rom" nicht sehr erbaut sein
dürften. Der schüchterne Versuch lautet: „Allvater du da

nicht mehr gern Artikel über Frauen-Emanzipation, sie hörte
auf, über die Männer zu spotten. Sie wartete nur; sie sah
es kommen, das Glück! .
Jede Blume, die der neue Freund des Hauses mitbrachte,
versprach dem „späten Mädchen" Frühlingsdnft und Son-
nenschein.
Wochen vergingen so.
Und als die Weihnachtslichter von Frau Heddh ent-
zündet wurden, führte Doktor Fellner, der mit seinen Kinder-
chen das Fest mitfeicrtc, die zitternde Magda unter den
Christbanm und fragte sic innig, ob sie seinen Kinder» eine
Mutter, ihm ein liebevolles Weib sein wolle.
Magda nickte mir. --—
Niemals hat die junge Frau erfahren, wem sie ihr großes
Glück verdankte.
Noch oft in späteren Tagen erwähnte sie die erste Begeg-
nung mit ihrem Max.
„Denke, Heddh," Pflegte sic dann zu sagen, „wenn Du mich
damals nicht in die Konditorei geschickt hättest, um die Rätin
Bach zu erwarten, würde ich ihn nie kennen gelernt haben!
lind doch bin ich fest überzeugt, daß wir für einander be-
stimmt waren. Das Schicksal wollte es so, daß ich jahrelang
warten mußte, bis wir uns endlich fanden."
Frau Heddh war sehr stolz auf ihr gelungenes Werk. Wenn
der Professor skeptisch meinte, es hätte auch fehlschlagen kön-
nen, erwiderte sie prompt:
„Wenn man mit dem nötigen Takt und Verstand den pas-
senden Mann für das rechte Mädchen ausznsuchen versteht,
dann kann man sich erlauben, Schicksal zu spielen. Du freilich
hättest sie, gedankenlos, wie die Männer nun mal sind, er-
barmungslos alt werden und bis in die Ewigkeit Höschen für
die Waisenkinder nähen lassen!"
Der Professor pflegte darauf verdutzt zu schweigen.
Frau Heddh und ihr Schwager Doktor Fellner sind immer
noch dicke Freunde. Jede Weihnachten liegt ein besonders
schönes Geschenk von ihm für die Frau Professor unterm
Christbanm.
 
Annotationen