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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 204 - 228 (2. September 1901 - 30. September 1901)
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fremde Vertreter ihrem Zweifel, daß ein solches
Komplott stattgefunden, Ausdruck gegeben haben.
Der Brief war von dem Polizeikommissar von Johannes-
burg, dem Oberst Davies, an den Militärgouverneur
Mackenzie gerichtet und vom 16. November datiert. Da-
vies teilte hierin mit, daß der Zweck des Komplotts die
Ermordung des Feldmarschalls Roberts gewesen sei.
Der Haupturheber des Komplotts sei ein Italiener Na-
mens Gambini gewesen, der schon einige Zeit we-
gen seiner antibritischen Ansichten verdächtig war. In
der Woche, welche dem 16. November vorherging, habe
ein Geheimagent von Gambini Einzelheiten über das
Komplott erfahren. Es sei beabsichtigt gewesen, in der
Kirche St. Mary eine Bombe zur Explosion zu bringen
und zwar während des Gottesdienstes. Die Bomben
seien von einem gewissen Prister angefertigt worden,
der sich auf dem Besitztum der Ferreira Goldmining
Kompany aufgehalten habe. Ein geheimer Polizeiagent
habe gehört, wie Gambini sagte, Prister, ein Oestey-
reicher von Geburt, aber naturalisierter Italiener, habe
ein Laboratorium in der Stadt gehabt, wo er drei Bom-
ben angefertigt, um die Kirche in die Luft zu sprengen.
Wie kläglich es um diesen Beweis für das Vorhan-
densein eines Komplotts steht, das geht daraus hervor,
daß der Chemiker Prister ein Schreiben an die Agentur
„Havas" richtete, in dem er sich gegen die gegen ihn er-
hobenen Anklagen energisch verwahrt und gleich-
zeitig mitteilt, daß er, um gegen seine ungerechtfertigte
Verhaftung zu protestieren, der inLondon tagendenEnt-
schädigungskommisston eine E n t s ch ä d i g u n g s -
forderung werde unterbreiten lassen.
Das Komplott ist nichts als eine englische Er-
findung, gemacht zu dem Zwecke, brutal gegen die
Bewohner Johannesburgs Vorgehen zu können.

Deutsches Reich.
— Der Kaiser hat zahlreiche Auszeichnungen an die
Offiziere und Mannschaften des Chinageschwa-
ders verliehen.
— Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Die Ab- ,
bestellung der Herbstparade des Gardckorps ist in der
Presse mit Rücksichten der auswärtigen Politik in Ver-
bindung gebracht worden. Wir stellen fest, daß diese
Auslegung irrtümlich ist. Die Gründe des Ausfalles
der diesjährigen Herbstparade liegen auf sanitärem
Gebiete. Die Verlegung der künftigen Herbstparade
auf einen Zeitpunkt vor den: 2. September ist nicht in
Aussicht genommen.
— In Deutsch-Ostafrika gehen Gerüchte, wonach ein
allgemeiner Aufstand aller Eingeborenen am Kili-
mandscharo in Verbindung mit Masai bevorstehe. Falls
die Eingeborenen ihre Verschwörung verraten glaubten,
würden sie zum Ueberfall der einzelnen Missionsstationen
und zum Meuchelmord schreiten. — Hoffentlich bleiben die
Gerüchte was sie sind: Gerüchte.
Potsda m, 3. Sept. Prinz Tsch u n ist heute
kurz nach 3^ Uhr mittels Sonderzuges auf dem hie-
sigen Bahnhofe eingetroffen. Außer den chinesischen
Würdenträgern befänden sich Generalmajor v. Höpfner
und Major v. Lüttwitz im Zuge. Zum Empfange waren
erschienen der Kommandant von Potsdam Generalmajor
v. Moltke, der Platzmajor Hauptmann v. Schwerin, der
Polizeidirektor Graf Bernsdorf. Nach gegenseitiger Vor-
stellung begab sich der Prinz Tschun mit den chinesischen
Würdenträgern und Generalmajor v. Höpfner zu Wa-
gen nach dem neuen Orangeriegebäude. Das Gefolge
begab sich ebenfalls dahin.
Baden.
LO. Karlsruhe, 3. Sept. Gegenüber der
Behauptung des „Bad. Beob.", der seitherige national-
liberale Abgeordnete Müller wäre geneigt gewesen,
eine Wiederwahl für den Bezirk Enge n—S tockach
anzunehmen, es sei aber an Müller überhaupt keine
derartige Anfrage ergangen, vielmehr sei er durch den Be-
schluß der nationalliberalen Vertrauensmännerversamm-
lung so quasi hinausbugsiert worden, stellt der „Heg.
Erz." fest: Herr Müller hat schon vor Jahren wiederholt
erklärt, daß er von der parlamentarischen Thätigkeit
Zurückzutreten wünschte. Im Interesse der Par-
tei und auf das dringende Ersuchen seiner Parteifreunde
ließ er sich sowohl 1893 wie 1897 jedesmal wieder be-
wegen, eine neue Kandidatur anzunehmen. Selbstver-
stündlich dachte man in liberalen Kreisen auch diesmal
in erster Reihe an eine Wiederkandidatur des Herrn
Müller, Herr Müller erklärte jedoch schon vor Wochen,
daß er es mit Freuden begrüßen würde, wenn sich eine
andere geeignete Persönlichkeit fände, deren Kandidatur
Aussicht auf Erfolg verspräche. Von seiten der Orte
des Amtsbezirks Stockach, die zum fünften Wahlkreis
gehören, wurde schon vor vier Jahren der Name des
Herrn Landgerichtsrats Dr. Ottendörfer als geeigneter
Kandidat genannt. Der Wunsch der Stockacher Gemein-
den, Herrn Ottendörfer als Kandidaten aufzustellen,
wurde auch diesmal mit großer Begeisterung vertreten.
Nachdem der Bezirk Engen 20 Jahre lang den Abgeord-
neten gestellt hatte und unsere Parteifreunde im Amt
Stockach mit anerkennenswerter Energie und schönem
Erfolg stets für die ihnen von Engen präsentierten Kan-
didatur eingetreten waren, erschien es den Freunden einer
Wiederkandidatur Müller nur recht sind billig, jetzt
auch einmal die Stockacher Wünsche zur Geltung kom-

Schmerze Ausdruck verleiht, wodurch uns die Leiden des
.außergewöhnlichen Menschen zum Verständnis gebracht wer-
den. — Das Werk ist einheitlich gegliedert und läßt die
Lebensabschnitte des Dichterlebens klar erkennen. Der Ver-
fasser weiß in uns das Interesse zu erwecken für die dichteri-
schen Arbeiten sowohl in der Sturm- und Drangperiode, wie
auch in den Jahren der Meisterschaft in künstlerischer Be-
ziehung. Eine größere Bedeutung gewinnt diese Biographie
für uns Deutsche, da Ackermann in seinem Buche den Einfluß
der Arbeiten Lord Byrons ans unsere einheimischen Dichter
bespricht. Dies ist um so mehr zu schätzen, als für die Ent-
wickelung der deutschen Dichterkunst Byron große Bedeutung
gehabt hat und Dichtungen wie die Heines und Lenaus wer-
den erst durch die Kenntnis seiner dichterischenLebensarbeit ganz
verständlich. Neben beiden genannten Dichtern erzählt Acker-
mann das Verhältnis Göthes und anderer deutschen Dichter
zu Lyrd Byron und seiner Werke. Das Buch ist allen Ver-
ehrern Byrons zum Studium seiner Werke aufs beste zu
empfehlen.

men zu lassen. Man konnte sich dazu um so leichter ent-
schließen, als einerseits allgemein bekannt war, daß Herr
Müller zurückzutreten wünsche und andererseits die große
Beliebtheit deren sich Herr Ottendörfer im BezirkStockach
erfreut, die Garantie giebt, daß ihm auch in den Orten
des Engener Bezirkes dieselbe Wertschätzung entgegen-
gebracht wird, sobald die Wähler dort Gelegenheit ge-
habt haben werden, Herrn Ottendörfer u. sein politisches
Programm kennen zu lernen. Daß Herr Müller von dem
die Wahlgeschäfte leitenden Ausschuß vorher über
die Wiederannahme der Kandidatur befragt wurde,
ist selbstverständlich. Herr Müller sprach sich
in dem erwähnten Sinne aus und sagte auch für den
Fall, daß keine andere Persönlichkeit in der Vertrauens-
männerversammlung Anklang fände, die Annahme
der Kandidatur nicht zu, wohl aber versprach er, einen
neuen Kandidaten nach Kräften zu unterstützen und ins-
besondere im Kreise seiner Freunde für einen solchen
zu wirken. Weder der Beschluß der Vertrauensmänner-
versammlung noch der Gang der Verhandlungen be-
rechtigen zu der Behauptung, Herr Müller sei „so quasi
hinausbugsiert worden". Es ist ja jedem klar zu wel-
chen Zwecken die Zentrumspresse solche Dinge schreibt.
Ihre Absicht, eine Spaltung unter den Liberalen her-
beizuführen, wird ihr jedoch nicht gelingen. Die Freude
werden die Liberalen dem Zentrum nicht machen!
-— Die ultramontane „Offenb. Ztg." schreibt: „Der
Korrespondent des demokratischen „Bad. Landesb." hat
über hiesige Landtagsfragen sehr ungenaue Informa-
tionen erhalten. Sonst müßte er wissen, daß dasZentrunt
noch keine definitive Entscheidung betr. Unterstützung
der Kandidatur Muser getroffen, sondern dieselbe von
einer gewissen Antwort abhängig gemacht hat. — Für
den Wahlbezirk Bonndorf Präsentiert das Zentrum
den Landwirt Hartmann aus Jestetten.
* Wenn der Bund derLandwirte vor vier
Jahren in Heidelberg-Land Neutralität zwischen den
Kandidaten Schuh und Mampel proklamierte und wenn
er jetzt Mampel auf den Schild erhoben hat, obgleich
Ouenzer genau das gleiche Programm, auch in Bezug
auf die Landwirtschaft, vertritt wie Schuh, so ist das
eine Parteilichkeit, welche sich die nationalliberalen Mit-
glieder des Bundes der Landwirte nicht gefallen lassen
sollten und sicher auch nicht gefallen lassen werden. Die
Vertrauensmänner des Bundes der Landwirte, die Mam-
pel auf den Schild erhoben haben, sind teils Zentrums-
leute, teils Antisemiten, teils Konservative: bei ihrem
Auftreten für Mampel und gegen den nationalliberalen
Ouenzer handelt es sich um eine Politische Mache, nicht
um das Interesse der Landwirtschaft, denn für das
stehen beide Kandidaten ein, wobei Ouenzer den Vorzug
der größeren Beredtsamkeit und des weiteren Blickes
voraus hat. Die „Landpost" scheint den Fehler, den der
Bund der Landwirte durch seine Stellungnahme be-
gangen hat, zu empfinden, denn sie bemüht sich krampf-
haft den Bund zu verteidigen. Dabei spricht sie von
veraltetem, unabgeklärtem und beschränktem Liberalis-
mus der Heidelberger Parteileitung und meint der na-
tionalliberale Kandidat sei nicht geeignet, weil er nicht
„mittelständisch" sei. Sollten sich die Nationalliberalen
in Heidelberg-Land solche Anzüglichkeiten des Pististen-
blattes ruhig gefallen lassen? Wir meinen doch, darauf
giebt es nur eine Antwort, nämlich die: daß die Natio-
nalliberalen am Wahltag fest zusammenstehen und die
vereinigten Konservative::, Ultramontanen und Anti-
semiten, wieder in ihre Höhle zurücktreiben.
Bayern.
— Wie die „Südd. Reichskorresp." aus München
meldet, ist in dortigen Regierungskreisen von der in
einem Berliner Blatte mitgeteilten Nachricht, daß die
Reichsregierung Bayern zur Aeußerung über die Grün-
dung einer K o I o n i a l a r m e e aufgefordert Ihabe,
nichts bekannt.
Preuße».
— In Preußen wird seit einiger Zeit versuchsweise
und widerruflich öffentlichen Arbeitsnachweis-
st eilen von Stadtgemeindgn und gemeinnützigen
Vereinen und Anstalten das Fahrgeld sür nach aus-
wärts zu befördernde Arbeiter, gestundet und werden
die Fahrkarten gegen Gutscheine der betreffenden Stellen
verabfolgt. Die gestundeten Beträge werden monatlich
den Fahrkarten-Ausgabestellen erstattet. Von der Hin-
terlegung einer Sicherheit ist vorerst abgesehen wor-
den. Auch bei der Beförderung von Arbeitslosen in die
nächstgelegenen Arbeiter- oder Notstandskolonieen kann
das Fahrgeld gestundet werden. Unberücksichtigt sollen
jedoch gewerbsmäßige Stellenvermittlungen und solche
Arbeitsnachweisstellen bleiben, von denen nach ihrer
Organisation und Tendenz anzunehmen ist, daß sie
parteipolitischen Zwecken dienen. Die süddeut-
schen Staaten gewähren bekanntlich den Arbeitsuchenden
bedeutende Fahrpreisermäßigungen, ohne nach der po-
litischen Gesinnung der Arbeiter zu frage::!

Ans der Karlsruher Zeitung.
Hofansage. Wegen des am 31. August d. I. erfolgten
Ablebens Seiner Kaiserlichen Hoheit des Fürsten Eugen
Romanotvsky, Herzog von Leuchtenberg, legt der Großher-
zogliche Hof von heute ab Trauer auf 8 Tage, eingesäflossen
in die gleichzeitig bestehende Trauer für Ihre Majestät die
hochselige Kaiserin und Königin Friedrich an. Karlsruhe,
den 2. September 1901. Großherzogliches Oberstkammer-
Herrn-Amt Graf Andlaw, Oberhofmarschall.
Karlsruhe, 3. Sept. Staatsminister von Brauer
und Gemahlin haben heute Mittag Schloß Mainau wieder
verlassen, um nach Karlsruhe zurückzukehren. Heute Abeud
werden sich Generaladjutant Generalleutnant von Müller
als Vertreter des Großherzogs und Oberschloßhauptmann
Graf Berckheim im Auftrag der Großhcrzogin nach Stutt-
gart begeben, um morgen dort der Trauerfeier für den
Prinzen Herrmann von Sachsen anzuwohnen. Auf Ver-
anlassung des Großherzogs wird auch das gesamte Prä-
sidium des Badischen Militärvereinsverbandes unter Führung
des Präsidenten General der Infanterie z. D. Freiherrn
Röder von Diersburg an dieser Beisetzungsfeier in Stutt-
gart teilnehmen.

Ausland.
England.
London, 3. Sept. Der unter dem Verdacht der
Spionage verhaftete frühere Burenkommandant
Dr. Krause erschien heute vor dem Bowstreet-Polizei-
gericht. Die Verhandlung wurde um eine Woche ver-
tagt. Die von Krause angebotene Kaution behufs Frei-
lassung wurde abgelehnt. Die Anklage gegen ihn lau-
tet auf Hochverrat, begangen in Transvaal. Als ihm
gestern Abend der Haftbefehl vorgelesen wurde, bezeich-
nte er die Anklage als mrbillig.
Dänemark.
, — Dem „Temps" wird aus Kopenhagen gemeldet,
daß sofort nach der Ankunft des Zaren daselbst im
Parke des Schlosses Fredensborg zwei verdächtige«,
deutsch und italienisch sprechende Männer verhaftet
worden seien.

42. Genossenschaftstag des Allgemeinen Ver-
bandes Deutscher Erwerbs- und Wirtschafts-
Genossenschaften.
SL Baden, 3. Sept. (Der 42. allgemeine Ge-
noss e n s ch a f t s t a g) ist gegenwärtig hier zusammenge-
treten. Schon am Samstag hielt der Engere Ausschuß eine
Vorberatung im „Bayerischen Hof" ab und am Montag früh
trat der Gesamtausschuß unter dem Vorsitz des Verbandsdirek-
tors Proebst (München) im Saale des Schützenhauses zu-
sammen. Der Anwalt Dr. Crüger (Charlottenburg) legte
das Jahrbuch über die deutsche Genossenschaftsbewegung vor.
Der Bericht konstatiert eine erfreuliche Steigerung des Ge-
schäftsbetriebes der dem Verbände angeschlossenen Genossen-
schaften. Ken: Allgemeinen Verbände gehören 936 Kreditge-
nossenschaften an, von denen 870 mit 511 061 Mitgliedern zur
Statistik des Jahrbuchs berichtet haben. Davon sind 28,8
Proz. (der größte Prozentsatz) selbständige Landwirte und
26,5 Proz. selbständige Handwerker. Das Gesamtbetriebs-
kapital stellte sich Ende 1900 aus 788 187 683 Mk. Von den
dem Verband angehvrenden 621 Konsumvereinen haben 568
zur Statistik berichtet; dieselben haben 522 116 Mitglieder.
Der Geschäftserlös betrug 108 604 603 Mk. (in 1143 eige-
nen Verkaufslagern.) Es wurde ein Reingewinn von
12 748 620 Mk. erzielt bei einem Betriebskapital von
28 034 596 Mk., davon eigenes Vermögen in Geschäftsgut-
haben und Reserven 15 698 889 Mk., und 12 335 707 Mk.
aufgenommene fremde Gelder. Es berichteten ferner 100
Baugenossenschaften mit 27 880 Mitgliedern. Seit ihrem
Bestehen wurden von den Genossenschaften erbaut: von 43
Genossenschaften 1682 Häuser zum Erwerb durch die Ge-
uossen und von 71 Genossenschaften 713 Häuser zur Ver-
mietung von Wohnungen an die Mitglieder. Im Jahre 1900
wurden von 78 Genossenschaften 485 Häuser erbaut. Das
Gesamtbetriebskapital betrug 36 869 909 Mk., davon ent-
fallen auf das eigene Vermögen 6 494 190 Mk. und auf die
angeliehenen fremden Gelder 30 375 419 Mk. Gleichzeitig
tagten die Ausschüsse der Hilfskasse und der Ruhegehaltskasse
deutscher Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften. Heute
Vormittag war Sitzung des Vorstandes und Aufsichtsrats,
dann Generalversammlung der Ruhegehaltskasse, abends Ver-
sammlung des allgemeinen Genossenschaststages. Morgen
wird der allgemeine Genossenschaftstag eröffnet. Auf den
Donnerstag ist die zweite Hauptversammlung mit Besprechung
allgemeiner Angelegenheiten anberaumt. Nachmittags wer-
den besondere Angelegenheiten der Konsumvereine beraten,
am Freitag besondere Angelegenheiten der Kreditvereine und
Baugenossenschaften. Die dritte und letzte Hauptversammlung
zum Austausch der Erfahrungen der Handwerkergenossenschaf-
ten ist am Samstag. Während der ganzen Woche werden
vom Knrkomitee großartige Festlichkeiten veranstaltet.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 4. September.
** Der Großherzog von Sachsen-Weimar traf gestern Nach-
mittag 3.13 Uhr hier ein und setzie um 3.10 Uhr d:e Reise nach
Stuttaart fort.
* Der „Beobachter", Heidelberg und die SedanSfeier. Der
ultramcmtane „Beobachter" in Karlsruhe spricht sich tn einer
Briefkastennotiz wegwerfend über das Sedansfest, speziell die
Scdansfeier in Heidelberg, aus. Er sagt: Der Sedanssackelzug
in Heidelberg sei „zum Gaudium der Fremden" von der Feuer-
wehr „geleistet" worden, und man dürfe den Kleinstädtern diesen
„Spaß" nicht nehmen, weil sich samt verschiedene „Großen" in
ihrem „Ich" zurückgesetzt fühlen würden. In Heidelberg vergehe
kein Ta» ohne „krmeßähnltchen Musikaufzug", darum solle ihnen
die Freude an dem Sedanstage nicht geschmälert werden. — Auf
die deutsche Sedansfeier sind die Zenliumsblätter von jeher nicht
gut zu sprechen gewesen. Hätten die Franzosen, „die herzigen
FranMlein", wie ein Zentrumsblatt sie nannte, Grund, Sedan
zu feiern, dann würde die Haltung der ultramontanen Presse
Deutschlands dem Sedanstage gegenüber eine andere sein. Wer
sich darüber oufhält. daß ein Tag gefeiert wird, der spricht da-
mit ein Urteil zugleich über den Tag selbst. So spiegelt sich die
Gesinnung des „Beobachters" in seiner plumpen Brieskastennotiz.
Wenn das ultramontane Blatt seinen Ausfall speziell gegen
Heidelberg richtet, jo erkennen wir daran den Aerger, daß das
liberale und patriotische Heidelberg den rückständigen undeutschen
Ultramontanismus immer energisch zurückgewiesen hat. Dis anzüg-
lichen Worte des „Beobacht." gegen die Heidelberger Bürgerschaft
werden die Abneigung gegen den Ultramontanismus hier nur
verstärken.
** Die Schloßrestauration- und Stadtgarten-Konzerte be-
ginnen der vorgeschrittenen herbstlichen Jahreszeit wegen jetzt be-
reits nachmittags 4 Uhr und abends 8 Uhr.
Abgeänderte internationale Frachtbriefformulare. Zum
internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtver-
kehr vom 14. Oktober 1890 ist ein Zusatzübereinkommen ab-
geschlossen worden, das am 10. Oktober d. I. in Kraft tritt.
Mit demselben werden abgeänderte Frachtbriefformulare
zur Einführung gelangen. Die bisherigen, dem Uebereinkom-
men vom Jahre 1890 entsprechenden Formulare sind nur noch
bis zum 9. Oktober 1902 (einschließlich) zugelassen. Nach
diesem Zeitpunkt dürfen alte internationale Fracht-
briefe zu Eise:wahnsendungen nicht mehr verwendet
werden. Muster des neuen, ab 10, Oktober 1901 giltigen
Frachtbriefformulars für Eil- und Frachtgut können von der
Müller'schen Hofbüchdruckerei in Karlsruhe bezogen werden.
** Unfall. Gestern Nachmittag stürzte der Maurer Adam
Grohmann aus Ilvesheim vom dritten Stockwerk eines Neubaues
in der Ritterstraße durch das Gebälk aus einer Höhe vckn etwa
6 Meter herunter und zog sich dadurch mehrere jedoch nicht lebens-
gefährliche Verletzungen am Kopfe und den Schultern zu. Groh-
mann wurde ins akademische Krankenhaus verbracht.
— Potizeibericht. Ein jüngerer Bursche, der aus der Kreis-
Pflegeanstalt Sinsheim entwichen war und sich Herumtrieb, wurde
in polizeilichen Gewahrsam genommen. Ein Friseur wurde wegen
Betrugs verhaftet. Fünf Personen kamen wegen Unfugs und
eine weitere wegen Betrugs zur Anzeige.
SO Mosbach, 3. Sept. (Eisenbahnprojekt.) Am
Sonntag fand in Limbach wieder eine Versammlung von In-
teressenten der projektierten Eisenbahnlinie Mosbach-Mudau
statt, der auch die Oberamtmänner von Mosbach und Buchen
 
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