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Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1900

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Nr. 150 - Nr. 160 (2. Juli - 13. Juli)
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Ur. 159

27. Hlchryarry.

Donnerstag, 12. Juki 1900

AWf'WeSk: lliltkre Marstraßk 1?.

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auf dem Nopf uud mühte sich vergeblich ab, mit seinen
i mageren Fingern, deren Äkägeleudcn häßliche Trauerränder
umsäumten, die schmutzig gewordenen Rockärmel abzustäuben.
Der ganze Habitus dieses Mannes, die verrunzelten Kleider
mit den grau hcrvortretcndcn Nähten nnd die geflickten
Schuhe ließen darauf schließen, daß man hinter solch'
schäbiger Vornehmheit einen „besseren" Schmuser und Un-
terhändler vor sich hatte, — eine jener verkommenen Exi-
stizen, die nachdem sie früher schönere Tage durchlebt, durch
verdientes oder unverdientes Unglück in ihren Hoffnungen
scheiterten und froh waren, wenn sie das Schicksal schließ-
lich an den Strand des Unterhändlerthums warf, wo ihnen
die verdienten Schmuskreuzer gestatteten, sich wenigstens
dann und wann einmal satt zu essen. Ein solcher „besserer"
Schmuser, oder Kommissionär, wie sich die Leute des.
Wohlklaugs wcgcu zu nennen pflegten, war auch der
städtisch gekleidete Fremde. Daß er ein wichtiges Unter-
nehmen zuwege bringen wollte, zeigte sein Fcsttagsanzug;
er mußte doch imponiren!
„Höltsakrn!" rief der Bursch zum zweiten Mal. „Wenn
ich auch kein' Haxen 'brachen hab', thut mir die doch die
Kniescheib'n verdammt weh. Tropf erbärmlicher!" wandte
er sich daun an den Kutscher, „warum hast nicht besser
g'schaut? Falls der Chaisen was fehlt, mußt Du die
Kosten zahlen."
Der Gescholtene gab keine Antwort. Drum wandte sich
der erboste Bauer gegen den auf der Schmiedbrücke stehen-
den Meister und seinen Gesellen und rief diesen patzig zu:
„Und Ihr zwei, warum lümmelt Ihr da, wie die Oel-

ber Ko-
Vcrbüu-

lkwrhr.
üc.
Hili, cibciH

Vermischte Nachrichten.
Maxdorf, lO. Mi fCincn gualvollcu Tods
erlitt der Tüuchermcistcr Jakob Marn et von hier.

Tschifn, !l. Juli. Nach dem „Daily Expreß"
haben die Russen 30 000 Mann von Arbin südwestlich
von Kirin nach der Eisenbahnlinie zwischen Kirin und
Tfitfihnr vorgcsaudt. Südlich dieses Ortes verbrannten
die Chinesen fast alle Brücken und führen eine
Schreckensherrschaft in der südlichen Mandschurei
ein. Dir Chinesen griffen am 4. Full Tientsin mit
7') 000 Mann und über l OO Geschützen an. Tiensin
wurde von 14900 Mann der vereinigten Truppen ver-
teidigt. Die Russen und die Japaner haben die
stärksten Verluste gehabt. Bon einer russischen Infanterie-
Kompagnie in Stärke von ILO Manu wurden mit Aus
nähme von 9 alle getötet oder verwundet. Große Ver-
luste hatte auch das deutsche Contigcnt. Die Verluste
der Engländer betragen 30 Mann. Tic Deutschen sand-
ten 290 Kranke nnd Verwundete, alle von der Colonue
des Admirals Seymour in großen Flnßbooten nach Takn.
Sic wurden auf dem ganzen Wege dorthin unaufhörlich
von Chinesen belästigt. Am 6. erneuerten die Chinesen die
Angriffe auf Tientsin mit zwei vierzölligcn Batterien. Es
gelang der Artillerie der vereinigten Truppen, sic nach
achtstündigem Gefecht zum Schweigen zu bringen.
S Hang hast, ll. Juli. Die Londoner Abendblätter
melden von hier: Der Kampf nm Tientsin, der am
6. begann, war äußerst heftig. Die Russen allein be-
gruben 200 Tote. Die Chinesen beschießen die Stadt vom
Nordwcstwalt des Stadtforts. Der Toatai und die Mit-
glieder des Tsung-li-Namcn bezweifeln, daß die vorhandene
Streitmacht der vereinigten Truppen im Stande sei, aus-
zuhalten, falls nicht bald große Verstärkungen cintreffen.
Die Verteidiger von Tientsin sind durch beständige Kämpfe
ermüdet; nur dem glänzenden Kundschaftcrdienst
sakcn ist cs zu danken, daß die Stellungen der
beten nicht schon lange erstürmt worden sind.
Sidney, ll. Juli. Der Staatssekretär
Coloniccn telegraphierte an ven Premicrmcistcr,
deutsche Regierung die Erlaubnis zum
austrahlichcr Pferde für China nachgesucht habe,
bcrlain fügte hinzu, er werde sich freuen, wenn den
deutschen Agenten jede Erleichterung zu dem Zwecke ge-
währt werde.

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ic.
Mts., aber.d-
Mitzc.
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Asiaten unter keinen Umstanden lassen, daß die Mächte
auf die chinesischen Ausreden hercinfallcn, aus denen schließ-
lich doch nur bas Eine klar hcrvorgeht, daß cs jetzt „keiner
gewesen sein will."
Berlin, ll. Juli. Nach der „Allgemeinen Marinc-
corrcspondenz" sind die Landstreitkräfte, die Deutsch-
land demnächst nach Ostasicn entsendet, zahlreicher als
allgemein angenommen wird. Es handelt sich nicht um
gemischte Brigade, in der üblichen Zusammensetzung sondern
uni ein Truppeneorps, das etwa l 0 000 Mann stark wird.
Wilhelmshaven, ll. Juli Das C hi nage-
l'ch waber unter Admiral Geißler hat unter den Hurra-
rufen einer tausendköpfigen Menschenmenge heute Vor
mittag die Ausreise angetreten.
Berlin, ll. Juli. Nach hier eingclanfcncn tele-
graphischen Meldungen des deutschen Konsuls in Tientsin
wurden die dortigen Fremdcnnicdcrlassungcn vom
3. bis 9 Juli von den Chinesen wiederholt beschossen. Am
6. d. M. wurden 2000 Boxer, welche die französische
Frcmdennicdcrlassnng angriffcn von den Russen zurückgc
schlagen. Am 7. beschossen die Engländer nnd Japaner
die chinesischen Batterien. Hierbei schlug eilte Granate
in das Dach des deutschen ConsulatS und zündete. Das
Feuer wurde sofort gelöscht. Es ist nur unerheblicher
Schaden entstanden. Der Dampfer „Peiping" ging am
6. d. M. mit deutscher Verwundeten an Bord nach Takn
ab. Die Wasserstraße Ticntsin-Takn ist nach Besetzung
eines auf dem halben Wege gelegenen Forts sicher. Auch
die Eisenbahn nach Tongku ist bis auf drei Meilen von
Tientsin wieder hcrgcstellt. Fast alle Familien der hier
ansässigen Fremden sind schon am 4. d. nach Takn abgcreist.
Paris, Il.JuIi. Der hiesige chinesische Gesandte
teilte dem Minister des Auswärtigen mit, er habe von
Li-Hnng-Tschang eine Depesche aus Canton vom lO.
erhalten, die besagt, eine Depesche aus Peking melde ihm,
daß die Soldaten und Rebellen, welche die Ge
sandtschastcn umzingelten, sich zerstreuten.
Shanghai, ll.Juli. Nach der „Daily Mail" traf
hier ein Exemplar eines Edietes des Prinzen Tu an
ein, in dem er sich selbst als Kaiser bezeichnet.
Berlin, I I. Juli. Laut Wolffs Tclcgraphcnbureau
telegraphirt der kaiserliche Konsul in Tschifu: Der Gou-
verneur von Schantnng richtete an die fremden Konsuln
eine Depesche, wonach laut Nachrichten vom 4. d. M.
die Gesandten in Peking außer Gefahr uud der
Aufstand in der Abnahme begriffen sei. Alle katho
lischcu und evangelischen Missionare in Schantnng sind
nach Tschifu oder Tsingtau gebracht worben.

ach.
n vermieten sitzGd' ""schäm aus o,c Lene uno leerte -ne INI H-ouo
avid Wicß Männer unter polterndem Aufschlag in den Staub
Heidelbergers ^»raßc aus. Nur der Kutscher hielt sich mühsam aus
in Logis i
BufsemergaL, Stillstehen,
)cim.
vermieten ds

Jirseratenblatt
für Keidewerg und Hlmgegenö

im Stiche gelassen und
. Sie kamen
um zu beobachten, wie die Gestürzten sich ans
u , ^taub ausrafflcn und ihre Kleider reinigten, indem
nur den Händen daran hcrumwischtcn und klopften.

Deutsches Reich.
Berlin, I I. Juli. Der Ausschuß des Bundesrats
iür auswärtige Angelegenheiten trat heute Vormittag zu
ftncr Sitzung zusammen, um die Erklärungen des Staats-
stkrctärs Grafen v. Bülow über die Lage in Ostasicn
entgegen zu nehmen. Nach längeren Besprechungen stellte
-er Vorsitzende die einmütige Zustimmung des Ausschusses
«u den eingehenden Darlegungen des Staatssekretär fest.
Berlin, II. Juli. Zur diplomatischen Ver-
achtung Deutschlands in China ist der bisherige
außerordentliche Gesandte in L uxemburg, Geh. Lcgations
rar Dr. Mumm v. Schwarzenstein, auserschcn. Er
Med sich schon in den nächsten Tagen nach Ostasicn be-
Nrbcu, begleitet von dem Sekretär Frhrn. v. d. Goltz,
der bisher bereits der deutschen Gesandtschaft in Peking
Mgchört harre und erst vor einigen Tagen hier zn Ur-
-aubszmcckcn cingetroffcn war.
Bergen, 11. Juli. Die kaiserliche Dacht „Hohcn-
zvllcrn" mit dem deutschen Kaiser an Bord ist
reute Mittag hier eingctrosfeu. jBcrgcn liegt nördlicher
Kopcrvik.j

afser,
nötigen
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ds. Sterv
ckenstr. 2s
Naiui wein'
. Als Genf
ch,2—3000>
stattuug.
?ch. d. Hdl^
. HnpothekJ'
md Güter,
. Näheres

Die Wirren in China.
... """ Daß aus irgendeiner Seite in China ganz
urchwrlich gelogen worden ist, das dürfte bas Hanpter-
?.lbnis der zuletzt cingctrosfcncn Drahtnachrichten sein,
a-lche von der angeblich beruhigenden Lage der Dinge in
Peking und dem Siege der bereits tottclcgraphicrtcn Kai
G rin-Witwe zu melden wußten. Der chinesische Direktor
Je Telegraphie Lchcng steht im ungünstigsten Rufe und
Hl einer von denjenigen chinesischen Beamten sein, denen
"P wenigsten zn trauen wäre. Wenn er die betreffende
^achnchl den europäischen Berichterstattern übermittelt har,
schm wird man wohl die ganze Sache auf sich beruhen
Iben können, obgleich die chinesische Quelle als „amtlich"
Keichnct war. Sollte sie sich wieder Erwarten, doch
auch nur zum Teil bewahrheiten, bann bekäme frci-
,M.Jer ganze Streit in China plötzlich ein ganz anderes
Jsstcht. Nur wird man nicht aus den Augen lassen
Msen, kmß die vereinigten Mächte trotz aller Unschulds-
^tcuerungcn des „amtlichen" China nicht mehr zurück-
^chnen, sondern unbedingt ans volle Sühne des Geschehenen
^chgen müssen. Es müssen angesichts des starken eure
^^'lchamerikanisch-japanischen Hccrcsausgeborcs die weit
»Hhenitcn Gewährleistungen dafür gegeben werden,
iA Mistig die Fremden in China unbehelligt Handel
zubcn und christliche Kultur verbreiten dürfen, wie sic
'iPücn. Den Triumph darf man den doppelt geriebenen

„Höllsakra!" rief der eine nnd rieb dabei sein Knie,
„das ist jctzund eine hübsche Bcschccruug. Hab' ich doch
schon 'glaubt, ich hätt' mir einen Haxen 'brochcn!"
Dem Dialekt nach war der Sprechende in der südlichen
Nabnicdcrung zu Hanse, und damit stimmte auch seine
Tracht. Er war ein starker untersetzter Bursche von etwa
vier- bis fünfundzwanzig Jahren. Auf dem dicken Kopfe
trug er einen runden, mit einer Pfauenfeder geschmückten
Filzhut, der die Züge seines bartlosen, fleischigen Gesichts
theilweise beschattete. Um den zurückgcschlagcncn breiten
Hcmdkragen schlang sich ein schwarzes Halstuch aus Seide,
dessen mit grellrothcr Stichcrei versehene Enden scharlach-
rolhcr Brustfleck*), über welchem eine schwere silberne Uhr-
kette mit Petschaft und Anhcuker**) seiner ganzen Länge
nach herabbaumclte, eine Tuchjakc, die statt der Knöpfe
mit Guldcnstückcn besetzt war, lederne Beinkleider und da-
rüber glänzend gewichste Wadcnsticfcl bildeten den Anzug
des Burschen, und die relative Eleganz desselben bewies,
daß der Träger der reichen bäuerlichen Aristokratie an-
gehörte.
Ganz anders stellte sich sein Begleiter dar. Das war
ein lnngaufgeschossener klapperdürrer Geselle in den dreißiger
Jahren mir einem schmalen, verkniffenen Gesicht, flackern-
den Augen und dünnen blutlosen Lippen. Er war ganz
schwarz gekleidet, hatte auch einen ehemals schwarzen, jetzt
aber in's Röthlichc spielenden kahlgcbürstclen Zylindcrhut
") Ein gilctähuliches Aermclwams.
**) Sammelsurium aus Ringen, in Silber gefaßten Eber-
zähnen, kleinen Muscheln (Natternknöpfen) u. dergl.

s-
Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- u. Feiertage.
Als Beilagen das „Heidelberger Bolksblatt" nnd das
bseitigc „Illustrierte Sonntagsblatt". Preis 25 Pfg.,
mir den Beiblättern !<> Pfg. monatlich. Durch die
Bost vierteliäbrlich OO Pfg. ohne Bestellgeld.

> -- . - -. s
Anzeigen: die t-spaltige Petitzcile oder deren Raum
>5 Pfg. Lokale Geschäfts- nnd Privat-Anzcigcn be-
deutend ermäßigt. Reklamen 30 Pfg. Mir Auf-
nahme von Anzeigen an bestimmten Tagen wird nicht
garantiert. Gratisverbreitung durch Säulenanschlag.
> .-. 0

kreber
standschuhshs
;i«r.
großtragend''
chaff-Krl
Haus Ni'4
»sc«,
zugelaufen
Abzuholcn g'
Haus Ntz,
wim.
cn zu vcrko!
oachhim

Der Schmied von Dirk.
Erzählung aus der Tberpfalz von Jos. Baicrlcin.
sNachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
— gerade als der Wagen in einer scharfen Krüm-
)Mug sii'A Dors cinlcnkte, und vor FcdcrspiclS Wcrkstältc
^ücijngrc, kam die Herrlichkeit in's Krachen. Das rechte
HNterrad prallte so heftig gegen einen großen ans der
liegenden Rollstein, daß die Narbe ans der Achse
rs'chlcudcrk wurde. Tas los gewordene Rad fiel zu Boden,
das Chaischcu infolge seiner schnellen Bewegung
einige Sekunden im Gleichgewicht blieb. Dann neigte
üi-?,M langsam aus die Seite und leerte die im Fond
Männer unter polterndem Aufschlag in den Staub

1 der "c scsi und brachte mittels strammen Anziehens
§ O^M'öel und beruhigender Zurufe die Pferde zum schnellen
der Ein Glück, daß die gut cingefahrcncn Thicrc
j yg,.. und Stimme ihres Lenkers ohne Widerstand ge-
-l" Licht, Fr' u,il I" kamen die ans dem Wagen Geschleuderten
>eim—uebnw"" ^üircckcn davon, ohne ernsthaften Schaden zu
Mc beiden Schmiede hatten beim Hcranrassclu des
-chcuer u. gs Gefährts ihr Mittagessen im Seiche
^aMbos sow hinausgcrrctcn auf die Schmicdbrückc.
:lbcrg. ,4'
 
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