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Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1900

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Nr. 281 - Nr. 290 (1. Dezember - 12. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44272#0577

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Der südafrikanische Krieg.
Marseille, 10. Dez. Mcyerbach-Laserta, der Adju-
tant des Präsidenten Stejin, ist hier cingetroffen. Er er-
klärte einem Berichterstatter, daß er sich mit einer diplo-
matischen Mission Stejins zu Krüger begebe und betonte,

die militärische Organisation Transvaals und des
Oranje-Freistaates sei niemals so vollkommen und ausge-
zeichnet gewesen, als gegenwärtig. Niemals sei man mehr
davon entfernt gewesen sich zu unterwerfen. Stejin habe
den Sitz der Regierung in Fouriersburg aufgeschlagen.
Die Buren seien entschlossen, sich nur auf einen Frieden
einzulassen, der die Unabhängigkeit und Autonomie beider
Republiken gewährleiste. Caserta begiebt sich von hier nach
Paris, wo er vom Präsident Krüger Weisungen erwartet.

die
hatte ihn
und dann
war ihm

Anzeige!»:
die 1-spaltige Pelitzeilc oder
deren Raum 20 pfg. Lokale
Geschäfts- und Privat- An-
zeigen bedeutend ermäßigt.
Reklamen 35 pfg. Für
Aufnahme von Arsygen an
bestimmten TlWn wird nicht
garantiert.

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zu lassen, und es ist nicht geschickt, wenn von Seiten
der Polizei, wie in Köln, Einschränkungen und Quengeleien
vorgcnommen werden. Anderseits ist es aber die Pflicht
der deutschen Regierung und des Auswärtigen Amtes, sich
bei Behandlung dieser Frage nicht durch Regungen der
Sympathie leiten zu lassen, sondern sich zu fragen: Was
darfst Du thun, ohne die Interessen des deutschen Volkes
zu verletzen. Der Reichskanzler betont mit voller Absicht,
der alleinige verantwortliche Vertreter der Reichsregierung
zu sein; nun müssen wir wenigstens über gewisse Fragen
der auswärtigen Politik Auskunft von ihm zu erhalten
suchen. Kein ausführliches Programm, das nachher doch
nicht gehalten werden kann, aber die wenigen Worte der
Thronrede genügen nicht. Wie stellt sich der Reichstag
zn den einzelnen Fragen der Politik?
Abg. Graf L imb urg-Stirum (cons). Mit Be-
dauern habe man gesehen, daß dem Präsidenten Krü-
ger nicht die gebührende Ehrung erwiesen wurde.
Redner ist überzeugt, daß die Ausführungen des Reichs-
kanzlers hierüber alle Besorgnisse zerstreuen werden.
Reichskanzler Graf v. Bülow erklärt, er wolle auf
alle von Dr. Sattler angeregten Fragen nicht eingehen,
dem Vorredner sei er aber dankbar dafür, 1>aß er ihm
Gelegenheit gebe, sich über die Reise des Präsidenten
Krüger und unsere Haltung gegenüber dem südafrikanischen
Kriege auszusprcchcn. Daß es zwischen England und den
südafrikanischen Republiken zum Kriege gekommen war,
haben wir aufrichtig beklagt; unser in Südafrika inve-
stirtes Kapital beziffert sich auf Hunderte von Millionen.
Wir hatten auch die Pflicht, dafür zu sorgen, daß der
Krieg keinen Nachteil für unsere südafrikanischen Besitz-
ungen brachte. Wir haben vorher gethan, was möglich
war, um den Ausbruch,des Krieges zrr verhüten,
und beiden Republiken keinen Zweifel gelassen hinsichtlich
der Lage der Dinge in Europa. Als im Jahre 1899
die Frage des Schiedsgerichtes nicht ganz aussichtslos
erschien, haben wir dem P räsideuten Krüger ein solches
empfohlen. Krüger hielt den Zeitpunkt hierfür jedoch
nicht gekommen. (Graf Bülow spricht weiter.)
Der Reichstag vertagt sich gegen 6V„ Uhr auf morgen
Mittag 1 Uhr. Fortsetzung der heutigen Tagesordnung.

Vermischte Nachrichten.
m Mannheim, 10. Dez. sEine gräßliche Blut-
thatj versetzte heute früh die Bewohner der Schwetzingcr-
straße in große Aufregung. Aus dem Hause Schwetzinger-
straße 105 erschollen Plötzlich Hilferufe. Hier wohnt die
vor kurzem von Mundenheim hierher verzogene ca. 50 Jahre
alte Witwe Achlciter; von ihr gingen die Hilferufe aus,
veranlaßt durch die Todesangst, in der sie vor dem sie
mit dem Messer verfolgenden 44 Jahre alten Schmied--
gesellen Karl Braun aus Helmstadt von der Küche aus
nach den Straßenzimmern des 4. Stocks geflohen war.
Braun erreichte die Flüchtende in dem vorderen Zimmer
und ermordete dieselbe durch verschiedene Stiche. Der
Mörder war früher bei der Achleiter in Logis gewesen,
hatte jedoch das Kostgeld nicht bezahlt, weshalb die Ach-
leiter einen Koffer des Braun zurückbehielt. Eine vom
letzterem veranlaßte gerichtliche Entscheidung betr. Heraus-
gabe des Koffers hatte keinen Erfolg. Man vermutet des-
halb, daß die That auf einen Racheakt zurückzuführen ist.
Braun stellte sich selbst der Polizei. Derselbe soll übrigens
ein übel beleumundetes Subjekt sein.
Mannheim, 10. Dez. sDer Betrieb der
elcktrischen Straßenbahns wurde heute früh eröffnet.
— Der Stadtrat beschloß im bevorstehenden Winter die
Arbeitslosen, welche seit zwei Jahren ihren Wohnsitz in
Mannheim haben, gegen einen Tageslohn von 2,70 Mk.
bei Erd- und Straßenbau-Arbeiten zu beschäftigen. Bei
Eintritt kälterer Witterung sollen dieselben mit Stcinklopfen
beschäftigt werden.
ö.ll. Emmendingen, 9. Dez. (Belohnung.) Dem
Schrankenwärter Mössinger auf der Haltestelle Heil- und
Pflegcanstalt wurde von der Großh. Generaldirektion eine
Belohnung von 30 Mk. zugedacht, weil er am 26. Ok-
tober auf der Strecke Emmendingen—Denzlingen einen
Lokalzug vor großem Unglück bewahrte. Dicht hinter dem
Lokalzug kam auf dem gleichen Geleise ein Schnellzug
dahergesaust, welcher nur durch die Geistesgegenwart des
Mössinger zum Halten gebracht wurde.

Sie antwortete mit einem stummen Achselzucken.'
„Ist es Wahrheit, daß die Komtesse ein so großes
Vermögen besessen und ihm dieses vermacht hat?"
„Das ist Wahrheit, ja!" sagte sie schnell.
„Und legte er Wert auf Reichtum?"
„Gleichgültig war ihm Reichtum nicht, ohne damit
etwas Nachteiliges über den Baron sagen zu wollen", be-
merkte sie vorsichtig.
„Und sie lebten glücklich zusammen, die Beiden? Er
war ein guter Ehegatte?"
Sie verstummte gänzlich.
„Ich faßte sie scharf ins Auge und wiederholte meine
Frage: „Können Sie mir darüber Gutes sagen? Es
würde mich beruhigen."
„Es widerstrebt mir, Klatsch zu kolportieren", erwi-
derte sie reserviert.
„Sehen wir denn davon ab — von Einzelheiten und
von dem Geschwätz der Menge. Sagen Sie mir nur das,
was Sie davon denken, Sie, die Freundin und Nach-
barin des jungen Ehepaares. Nicht wahr, Ihr Hotel lag
in der Nähe der von dem Baron bewohnten Villa?"
„So war es, der Baron wohnte in der Villa Quisi-
sana und ich in der Dependance des Hotels Bellagio." -
„Sie gingen daselbst aus und ein, da müssen Sie
doch einen Einblick in die Häuslichkeit und zugleich ein
sicheres Urteil über das eheliche Verhältnis der Beiden
erlangt haben."
„Allerdings."

Der Hochzeitstag.
Roman von H- PalmS-Paysen.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
las weiter, was die Freundin schrieb:
Kenke, daß meine Aussagen nur auf eine einzige,

Erscheint täglich
Ausnahme der Sonn- and
Nage. Als Beilagen das
Kelberger Bolksblatt" und
seitige „FllustrierteSmm-
latt". Preis 30 P,g.,
en Beiblättern 40 Prg.
tlich. Durch die Post mer-
klich 1 Mk. ohne Be-
stellgeld.

1900 Dienstag, 11. Dezember

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sagen, die Dame gefiel mir, sie machte einen
klugen, weltgewandten Eindruck. Sie benahm
reserviert. Als sic von meinen Beziehungen zu
ZK, verlor sie ihre Zurückhaltung, sic wurde vcr-
> gesprächiger. Das war cs ja, was ich zu er-
lebte. Alles, was sie sagte, und die Art ihrer
Zy'e gefiel mir, nichts Scharfes, nichts Gehässiges.
Abteil, sie beschönigte, verteidigte — sie war die
^fft! Ihr Interesse an der Sache ist das eines
^en Menschen, der das Schicksal seines Nächsten
Abfinden versteht. Lust am Klatsch bekundete sie
ZK zeigte große Ruhe und große Vorsicht. Vor-
z kbt sic noch in der Kaltwasserheilanstalt des
- Millner, bis sie sich kräftig fühlt, nicht mehr so
, k sie mir erklärte, deswegen eben ist sic hier
» ^kommen. Dein Onkel Justizrat soll eine Erb-
für ihre minorennen Neffen führen. Wie son-
dies alles gestaltet und fügt, nicht wahr?
»4, das erste Mal traf ich sie wiederholt im Kur-
v! den Konzertnachmittagen. Danach folgte ihr

(27. Jahrgang.)
Druck und-Acrlag von G. Veisendörcker. Verantwortlich: Hch. Geisen-iirfer.
Geschäftsstelle: Untere Uerkarsteache Ur. 17

Besuch auf unserer Oberförsterei und seitdem sehen wir
uns täglich. Bei ihren Spaziergängen durch den Wald
pflegt sie Rast bei uns zu machen und gelegentlich unsers
gestrigen Gesprächs, als ich dasselbe wiederum auf den
Brief lenkte, äußerte sie sich freier darüber und sprach
von der Krankheit und dem Tode Maria's. „Welche
Meinung haben sic von dem Briefe, was halten Sie da-
von?" fragte ich sie. „Existiert thatsächlich ein Anhalt
zu so ungeheuerlicher Anklage, und glauben Sie, daß man
dem Verfasser des Brieses, der den Baron so zu sagen
des Mordes anklagt, in Bellagio zu suchen hat? Und
wenn nicht da, wo sonst?" Sie schwieg und sah nach-
denklich vor sich hin. dann sagte sie: „Ich kenne in Bel-
lagio niemand, der Herrn v. d. Lüde feindlich gesinnt sein
könnte. Wie ich bereits sagte, er wußte sich überall durch
seine Ritterlichkeit und seinen männlichen Ernst beliebt und
durch sein Wissen, seine Welt- und Menschenkenntnisse und
sein großes Erzählertalent intcrressant zu machen. — „Nein",
schloß sie sehr energisch, „einen Feind kann er dort nicht
gehabt haben!"
l Liebte er seine Frau?" fragte ich.
'Wieder ein Zögern, ein längeres Nachsinnen.
„Von Liebe seinerseits konnte wohl nicht
sein. Maria war unschön, kränklich, aber sie
aufopfernd gepflegt. Er war ihr dankbar —
— ein Blinder hätte es sehen können — sie
leidenschaftlich zugethan, sie liebte ihn."
„Dies die Beweggründe, die einzigen, die ihn zu dieser
Heirat veranlaßten?" fragte ich.

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Deutscher Reichstag.
Berlin, 10. Dezember,
^rste Beratung des Etats.
iaatssckrctär Frhr. v. Thiel mann: Infolge des
ktzten Sommer cingetrctcncn Umschwunges auf
ff christlichem Gebiet wird man auf eine Reihe
fahren damit rechnen müssen, daß der Aufschwung,
kir genommen, allmählich niedergehe. Mit Freuden
? zu begrüßen, daß der Niedergang nicht wie 1873
°rm eines allgemeinen Kraches erfolgt. Ein solcher
kgang kann jedoch im Reichshaushaltsetat nicht un-
kt vorübergehen. Die Reichshauptkasse besitzt
bklich kein großes Betriebskapital. Zudem wird der
lide Dienst durch die Anforderungen der Versicherungs-
e erheblich beeinträchtigt. Im Interesse einer gesunden
^Wirtschaft kann ein solcher Zustand auf die Dauer
ertragen werden. Um die Betriebsmittel der Reichs-
lkasse zu verstärken, sind verschiedene Vorschläge ge-
l worden. Das Bild des Jahres wäre ganz erfreu-
kennnicht der voraussichtlich starke Minderertrag
^cichspost durch die Entschädigung der Privat-
en das ganze erfreuliche Bild über den Haufen werfen
r.
Kg. Müller-Fulda: DieUcbersicht, bieder Reichs-
lestetär gegeben habe, zeuge davon, wie notwendig
Sommer war, neue Steuern zu bewilligen, wenn
en Flottenplan überhaupt zustande bringen wollten,
kerben die Mehrfordcrungen des diesjährigen Etats
^rs vorsichtig prüfen.
l'g. Dr. Sattler (ntl.) betont die Notwendigkeit,
k allgemeine politische Lage einzugchen, zumal man
Neuen Reichskanzler gegenüberstehe. Die mitge-
Ziffern mahnen zur Sparsamkeit. Die Schätzungen
Mehrausgaben für das künftige Jahr sind sehr un-
j Ter Reichstag habe das größte Interesse, die
kn des Reichskanzlers über verschiedene Fragen zu
' zumal er ihn nach seinen eigenen Worten auf dem
k der inneren Politik und vielen anderen noch gar
knnc. Die deutsche Politik müsse unab-
'8 sein; es sei erfreulich, was das Auswärtige
k der chinesischen Angelcgenbeit gethan habe, die die
Zufriedenheit seiner Partei habe. Etwas bewegt
.Herz gerade in diesen Tagen, das ist unsere
^ng zu den Buren. Das ganze Volk sieht in
Krups einen ungerechten Angriff einer gewaltigen
,<ruf eine kleine ihre Nationalität tapfer wahrende
^cit. (Lebhafter Beifall.) Es ist das gute Recht
Aschen Volkes, sich von diesem Gesichtspunkte leiten
 
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