Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1900

DOI issue:
Nr. 161 - Nr. 170 (14. Juli - 25. Juli)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44272#0053

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Montag, 1 0. Juli 1900

EMöDM: ümere !kklkllrßlcht 1?.






dcm

halb

Uhr

fährt inorgcn Nachmittag nach Münster

bctstunde.


14. Juli. Der deutsche Kaiser ist
7 Uhr nach guter Fahrt und in vortrcff-
Das Wetter ist warm,

so hartes, spindiges und verschimmeltes Schwarzbrod, nir- .
gcnds wurde mit Butter und Fett so gcsuippst und ge-
knäppst, nirgends wurden die Freitagsbettler mit roheren
Worten leer abgcwicscn, als im Hause des reichen, geizigen
Kalmünzcr Bauern. Oester als einmal kam cs vor, daß
Herrschaft und Gesinde sogar zur Zeit der schwersten Feld-
arbeiten sich ungesättigt vom kärglich bestellten Tisch er-
hoben. Daher aber auch ein stetes Murren der Dienstboten
gegen den geizigen Dienstherr», heimliche und offene Wider-
setzlichkeiten, lauter Zank und Streit und zum größten
Nachteil für die Wirtschaft ein innncrwährcndcr Wechsel
der Knechte und Mägde. —
Der alte Dorngicbcl besaß zwei Söhne, und als diese
hcranwuchscu, zeigte fich's, daß die Charaktereigenschaften
des Vaters leider auch auf diese vererbt worden waren.
Namentlich bei Xaver, dem jüngeren Sprößling, kam einer-
seits die brutale Prahlsucht, anderseits der schmutzigste
Geiz zum abstoßendsten Ausdruck. Und der Geiz war es
auch, der den Burschen auf schlimme Abwege führte.
Als er nämlich ins konskriptionspflichtige Alter kam,
wurde Xaver Dorngicbcl zum Militär Unberufen. Das
war eine harte Nuß für ihn. Sein Bruder hatte im glei-
chen Falle drei Jahre vorher einen Eiustnndsmauu
gestellt und war dadurch persönlich vom Dienst in der
Armee frei geworden. Solches hatte ihm. .nur sechshundert
Gulden gekostet, und soviel hätte Xaver Dorngicbcl wohl
ebenfalls und mit Freuden bezahlt, um den lästigen Mili-
tärdienst von seinen Schultern abzuschüttcln. Gehörte cs
doch zu den Traditionen des damaligen wohlhabenden

Die Wirren in China.
Berlin, 14. Juli. Die letzten Nachrichten aus
Peking lauten wieder einmal sehr ungünstg und wenn
auch die angeblich amtliche Nachricht von einer Nieder -
mctzcIung aller Europäer bis jetzt keine Bestätigung
gefunden hat, so scheint cs doch, daß am 7. Juli wieder
ein heftiger durch Beschießung unterstützter Angriff auf die
Gesandtschaften stattgefundcn hat. Freilich haben sich viele
der früheren chinesischen Nachrichten als Schnnndcl heraus-
gestellt. Daß cs aber, wenn die Europäer nicht schon
ermordet find, in Peking außerordentlich böse aussehen muß,
ist so selbstverständlich, daß man cs gar nicht zn sagen
braucht. Es ist das eine logische und vernünftige Fol-
gerung aus allen Geschehnissen der jüngsten Zeit; aber
thatsächliche Kenntnis über das in Peking Geschehene haben
wir . seit den Briefen von Henry, Bergen, Sir Robert Hart
und dem englischen Gesandten Sir Claude Macdonnld
nicht mehr erhalten, und diese Berichte reichen nur bis

vor, die jeder sittlich denkende Mensch aufs äußerste ver-
abscheut: aus niedrigstem Geiz und krasser Habsucht hcr-
vorgcgangcnc Selbstverstümmelung und — ein von den
gleichen schändlichen Motiven diktierter gemeiner Diebstahl.
Xaver Dorngicbcl war der Sohu sehr reicher Land-
leute; sein Vater galt für den Besitzer dcS schönsten Bancrn-
guts weit und breit, oder wie der Volksmund zu sagen
pflegte, „in zehn Landgerichten rund herum." Allein trotz
des großen Besitzes waltete auf diesem Hofe der immer-
währende Unfriede. Xavers Vater krankte an einem Leiden,
das auf den ersten Anblick unmöglich scheint, und das sich
dennoch in bäuerlichen Kreisen viel öfter vorsiudct, als
mau denkt. Der alte Bauer Dorngicbcl war gleichzeitig
ein arger Verschwender und ein knickeriger Geizhals. Ein
Verschwender, sobald cs sieh um den Schein nach außen,
um das Reunommicrcn und Prahlen, um das richtige
Kuallprotzcuthum handelte; da war kein Wagen und Pferd,
kein Stück Vieh und keine Hufe Land zu thcucr. Den
Musikanten im Wirtshaus einen oder auch zwei Kroncn-
thaltr zuzuwcrfcn, verschlug nichts, Wenns nur alle
Leute sahcu und' ihm dafür ein dröhnender Tusch geblasen
wurde; ein Roß beim Wettrennen zu schänden zu jagen,
hatte auch nichts zu bedeuten — brachte doch ein solcher
Vorfall den Namen Dorngiebel auf viele Wochen in der-
ber Leute Münd. Dagegen herrschte im eigentlichen Haus-
halt- des Bauern die schäbigste Knauserei. Es schielt, als
wollte derselbe das, was er in sinnloser protzcuhaftcr Ver-
schwendung guldenweise zum Fenster hinansgcwvrscn, im
Haushalt hcllcrwcise wieder cinsparcn. Nirgends gab cs

Jos. B aierlein.
jNachdruck vcrboten.j
(Fortsetzung.)
14.

wcrdcn. Ich bin mir wohl bewußt, daß wir diese Liebe
und Achtung uns erst noch zu erwerben haben, aber ich
bin überzeugt, daß dieses uns leicht gemacht wird, wenn
ich die augenblickliche Stimmung, welche ich Gelegenheit
hatte zu beobachten, in Betracht ziehe. Nochmals darum
Herzlichen Dank.
Unter erneuten Hochrufen wurde die Fahrt fortgesetzt.
Im Marmorfaalc des Schlosses hatten sich sämtliche üb-
rigen Fürstlichkeiten zum Empfang des jungen Paares ver-
sammelt. Hierauf begab sich Prinz uud Prinzessin Max
zu einem kurzen Besuch nach dein Palais der Prinzessin
Wilhelm, und von hier aus in das neue Heim,
Palais des Prinzen Max. Heute Mittag halb 5 Uhr
wird Prinz Max in seinem Palais das gesummte Prä-
sidium des Landtages empfangen. Heute Abend
8 Uhr findet Galatafcl im Grvhhcrzoglichcn Schlosse statt.
Morgen Sonntag 10 Uhr wird in der Schloßkirche feier-
licher Gottesdienst stattfinden, an dem die Höchsten Herr-
schaften und Fürstlichkeiten tcilnchmcn. Um 1 Uhr findet
bei den Neuvermählten Familientafel statt uud um 5 Uhr
im Großhcrzoglichen Schloß in den oberen Sälen, Gar-
tcnsna! und Terrasse, Empfang und Thce.

Deutsches Reich.
Croilbttg, 14. Juli. Der Kronprinz und die
Kronprinzessin von Griechenland sind gestern
Abend nach Karlsruhe zum Besuche des GroßhcrzogS von
Baden abgcrcist und gedenken am Sonntag Abend hierher
zurückzukchrcn. Prinz Waldemar von Preußen tritsf heute
Nachmittag mit seinem Lehrer und einem Schulfreunde
hier ein und "" "
a. St. zurück.
Aalksund,
gestern Abend
lichen Wohlsein hier cingetroffcn.
aber nicht ganz klar; an Bord alles wohl.
Berlin, 14. Juli. Zu den Mitteilungen über die Kriegs-
gliederung des ostasiatischeu Expedilioncorps bemerkt die
„Nordd- Allg. Ztg." daß den Truppen sehr reichlich bemessene
Sanitätsformationen, bewegliche und stehende Lazarette, Lazarett-
schiffe, ebenso reichliche Trainformationcn für die Bcreithaltung
des Nachschubs und die Verpflegung beigegeben werden. Die
Ausrüstung für den Sommer ist braun gefärbter Drillichanzug
— Drillich ist weit dauerhafter als der sogenannte Khaki —
dazu ein Strohhut; für den Winter Litewka und Helm, dazu
Trieotunterzcug. An Feuerwaffen und Geschützen werden imr
solchc neuesten Modells ausgcgeben. Das Verpflegungs- und
Sanitatswcsen ist nach eingehendstem Studium vorbereitet worden.
Die Vcrpslegnngsvorrätc werden den klimatischen Verhältnissen
Rechnung tragen (Marmeladen, Dörrobst in großen Mengen
auf mehrere Monate berechnet), sodaß auch unter ungünstigen

Inseratenblatt
firr «SeiöeLVerg und Hlrngegenö

Verhältnissen der rechtzeitige Nachschub aus der Heimat sicher
gcstellt wird. Eingehendste Sorgfalt ist den sanitären Vorbe-
reitungen gewidmet. Durch Mitführung zahlreicher Zelte,
wasserdichter Lagcrdecken und Moskitonetzen ist für eine möglichst
gute Unterbringung der Mannschaften gesorgt, für den Fall,
daß Ortschaften nicht belegt werden können. Da die Wasser-
verhältnisse in China teilweise weniger günstig sind, ist durch
Beigabe zahlreicher abpssinicher Brunnen für ständige Beschaffung
von gutem und gesundem Trinkwasser gesorgt. Eine besondere
Berücksichtigung ist der Sicherung der Verpflegung des Nach-
schubes gewidmet. Ueber die Zeit der Abfahrt des Transportes
die voraussichtlich in Brcmerhafen stattfindet, sind endgiltige Be-
stimmungen noch nicht getroffen; doch läßt sich annehmen, daß
die ersten Schiffe nicht vor Ende Juli oder Anfang August in
See gehen. Die dadurch gewonnene Zeit wird für das Zu-
sammenleben der neu geschaffenen Verbände, besonders für
Schießübungen verwendet. Hieraus ergibt sich ein weiterer
großer Vorteil, daß unsere Truppen an ferner Küste erst landen
wenn die Regenzeit mit ihren gesundheitsschädlichen Begleiter-
scheinungen vorüber ist und die Flüsse wieder auf den normalen,
militärische Operationen ermöglichenden Stand gefallen sind.
Frankrei ch.
Paris, 14. Juli. 600 Polizci-Ageurcu uud eine An-
zahl 'Militär sind für heute Nachmittag dein Polizeichef
zwecks Aufrechterhaltung der Ordnung zur Verfügung ge-
stellt wcrdcn. -- Das Nationalfcst begann gestern
Abend mit einer Reihe Volksbelustigungen, die ruhig ver-
laufen sind.
Paris, 14. Juni. Anläßlich des heutigen National-
Festes ist die Stadl reich beflaggt. Etwa 100 Mitglieder
der Parriotenliga, unter ihnen mehrere nationalistische Ab
geordnete und Gcmcindcräkc, legten am Vormittag Kränze
an den Standbildern der Stadt Straßburg und der
Jungfran von Orleans nieder. Reden wurden keine ge-
halten. _

_27 Jahrgang.
KWWch: Mlrn Acknßich I?. »»

cwkhr Ar
li früh 7 Uh'
Mütze.
iauptman»

.. . . s
Anzeigen: die 1-spaltigc Petitzcile oder deren Raum
15 Pfg. Lokale Geschäfts- und Privat-Anzcigen be-
deutend ermäßigt. Reklamen SO Pfg. Für Auf-
nahme von Anzeigen an bestimmten Tagen wird nicht
garantiert. Gratisverbreitungdurch Sänlenanschlag.

v— __
As^nust täglich mit Ausnahme der Sonn- u. Feiertage,
ells Beilagen das „Heidelberger Volksblatt" und das
^st"'Se „Illustrierte Sonntagsblatl". Preis 25 Psg.,
WN den Beiblättern Stt Pfg. monatlich. Durch die
<, Vosk virrteliäbrlicki 90 Pfg. ohne Bestellgeld.

u.LMl
lgenliauki
Heidelberg
li, vormittag'
„SchiffwirS
e allgemein'
tatt.
euwahl.
ersucht piinki
seinen.
»crwaltun^
band.
,erg.)

löburg erlV-
nmnilW ^kn^nq dcs Prinzen Max und Mcr
:s jeden Kol G'tttmhlitt in Karlsrnht.
icrwaltuiig Karlsruhe, 14. Juli.
OlltlPlJN herrlichem Wetter erfolgte heute Morgen halb 11
" . . feierliche Einzug des Prinzen Max und seiner
^Pin j„ Residenz. Die Stadt war herrlich geschmückt.
Mag, den tz'-'--. den, Bahnhöfe sowie in den Fcststraßcn hatte sich eine
Eintracht c> -c m,,Menschenmenge angciannnclt. Zur Bc-
^aNf,tr1ch^'-UP waren erschienen: Der Großhcrzog, in großer
litglieder hoff'" ^uniform mit dein Bande des Hausordcns der Treue,
Vorstands " fföerzogiu Er bgroß Herzog, die Erb-
chctt berzogiu, Prinz Karl, Graf Rhena, sowie die
cit sofort ^"Ueralität, an der Spitze der kommandierende
von Bülow und zahlreiche Offiziere verschiedener
öauptstr. M-"Vvcnrcilc. Vor dein Salon war ein Pavillon errichtet,
fT davor Haire eine Ehrenkompagnic, links die Offiziere
>cu gründlöl.S -"P genommen. Unter Kanonendonner und Glvckcn-
-teu der Svndcrzug, von Pforzheim kommend,
ßc 4l,n. LO- Mu in den Hauplbahuhof ein. Die Ehrenkompagnic
en. unter den Klängen der Musik. Uebcrans
vermieten l war die Begrüßung. Prinz M a x trag Kürassicr-
itenucni^, mm. ^,vxhj wie der Erbgroßhcrzog halten glcich-
mcinde-^and des Hausordcns der Treue angelegt,
stc. wuwr "uuuimc uud küßte die Großherzogin die junge
Juli V Prinzen Max. Zn einem 6-Spänncr, wcl-
Zlhr: Tjumen reich geschmückt war, erfolgte sodann der
r r er -" r>'! GK ^"kiug in die Stadl. Die Höchsten Herrschaften
Off: Kügc i,,wstu sieh durch die Adlcrskraßc in das Schloß
Im, .^on den jubelnden Hochrufen der Menge be-
tupf, SchÜ^ das hohe Paar die Wagen, cskordicrt von
-^-wn Hadron Kavallerie. Auf der Einfahrtsstrnßc
" st. O^.Vo-ciuc Aufstellung genommen. Vor dem Rat-
Oberbürgermeister Schnctzlcr den Prinzen
r., '^omu und wirkungsvollen Ansprache.
rherum'" Kommerzienrat Kölle überreichte hierauf
' -. 'ffwni Willkonungruß der Prinzessin Max einen

icnsi-
VW-
tenff- Max einen
' st «UIEMN'S »>»
rb»ch- .^O-inz 'Max wcndct nch ' nwntcr: sthnen
Ihr : K gn Worten an den Ich "V mrch im
'S Mem lieber berlnrrgenn ff zuchenh^
allerhcrzlichsten arff a. f^^schcn °
' , ^stcn der Prinzessin, ffu ^.,.^^wmcn ' ..Micke so
^"Vermdc ne diesem Augc^
begreifen, dar, stc gc sprechen- - Es
hLÄ^-nungsvoll zn memem -IKTHt Paietyadt '
l, der bei unserem welch" ' sangen
-K^D-r Schuü-d »on V""'
frMlung a7s d'r Oberpfalz von
tzöch^-
Tnnex" , , Knmd, sWe
---'.»-»MB»«-
s«»», d«°ul
;eu lagen, lster m Pulst , .Maischen .-e-
RachstJcuicsten Gesinnung der o schwer,
abgestrafte LttbMd ^ssen" ff ' A
: Oesf^ereu. Ein Äeensch, d« " E'^wr M
uWa Brandmal mit sich ff" us"' .^Mt t»an
ibelsinnde ch auch ins Gcstchl s . uachdrun
»mm«-.»»«- *> ,»>»«»>
, und gar oft decken auch r-eretis -chNNffU
'.. SomffoS't, .der zwischen denen llack ' seine
cd sencU, für die das Gert ) < ne-
bEsinx^-^. hat. . ^on zweimal , „v .
Dorngicbcl war aber für
20.. tzchnd in beiden Fällen ^^"<^.psalzcr dbsd)^,.
vffuwOs' der Tbe Via L ochmall ndo
Leseg°ff"d<gung findet, ffa- ^' ^lnng beL°"^ ycx-
>s Zornes eure menn "" ^m'' .
!pdtschlag verübt Härte, - Gurgel .
L»-»V '«»>
7-'M' — LL" .L',> -M
st Aber bei diesem Bnrlch»m
 
Annotationen