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Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1900

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Nr. 201 - Nr. 210 (30. August - 10. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44272#0211

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Freitag, 31. August 1900.
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Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- u. Feiertage.
Als Beilagen das „Heidelberger Volksblatt" und das
8seitige „Illustrierte Sonntagsblatt". Preis 25 Psg-,
mit den Beiblättern 36 Psg. monatlich. Durch die
Post vierteljährlich 6« Psg. ohne -Bestellgeld.

Deutsches Reich.
Karlsruhe, 29. August. Das heute veröffentlichte
besetz betreffend die Acnderung und Ergänzung der Städtc-
"kdnung bezieht sich auf die Wahl der Stadträtc und die
^ahl und die Zahl der Stadtverordneten. In ersterer
Beziehung wird bestimmt: Zur Giltigkeit der Wahl der
^ladträte ist erforderlich, daß mehr als die Hälfte der
Bürgcrausschußmitglicder abgcstimmt hat. Als zu Stadi-
alen gewählt gelten diejenigen, welche die meisten Stim-
men erhalten haben. Bei Stimmengleichheit entscheidet
das Loos, welches sofort von den Bctheiligtcn, wenn sie
Anwesend sind, andcrfalls durch von der Wahlkommissiou
^Nr die bestellte Vertreter zu ziehen ist. Bezüglich der
Festsetzung der Zahl der Stadtverordneten für die cin-
Klncn Städte wird bestimmt: Die Zahl der Stadtver-
ordneten beträgt in Städten bis 1000 Bürgern 60, mit
lOOl bis 1500 Bürgern 72, mit 1501 bis 2000 Bürgern
^4, mit mehr als 2000 Bürgern 95. Erncuerungs- und
Ergänzungswahlcn werden in derselben Wahlhandlung vor-
Nenommcn. Als für 6 Jahre gewählt gelten diejenigen,
welche die meisten Stimmen erhalten, als Ersatzmänner
gewählt diejenigen, welche demnächst die meisten Stimmen
Mf sich vereinigt haben. Zur Teilnahme an der Wahl
sind nur diejenigen zugclassen, welche in den zum Zwecke
der Wahl jeweils anzulcgcndcn Listen eingetragen sind.
Die Wahl leiten eine ödere mehrere Wahlkommisssonen,
die der Stadtrat ernennt.

Berlin, 30. Aug. Zur Feier der Nagelung und
Böcihe von 64 Fahnen und Standarten, die auf
heute Vormittag 10 Uhr festgesetzt war, waren die Ruhmcs-
hallc und der Lichthof des Zeughauses mit Pflanzcnschmuck
Und militärischen Zeichen geziert. Im Lichthof war ein
Äldaltar errichtet. Bor dem Zcughausc nahm die Lcib-
kvinpagnic des 1. Gardcregiments zu Fuß in Paradeuniform
Aufstellung mit der Musik und den Fahnen. Im Lust-
garten war die Leibbattcrie des 1. Gardc-Fcldartilleric-
-liegimcnts ausgestellt. Eine zahlreiche Menschenmenge hielt
die Umgebung des Zeughauses besetzt und begrüßte das
Untrcffcnde Kaiscrpaar mit Hochrufen. Zur Feier waren
anwesend die hier weilenden Prinzen und Prinzessinnen
des königlichen Hauses, der Großhcrzog von Mecklenburg-
Schwerin, der Fürst von Waldeck und Pyrmont, der Herzog
bvn Sachscn-Koburg und Gotha, das Hauptquartier, die
Herren und Damen des Gefolges des Kaiserpaars, die
Generalität und Admiralität, ferner Vertretungen der
Regimenter, die Fahnen erhalten sollten. Für die ost-
asiatischen Regimenter traten Offiziere des Gardcregiments
9n. Ferner waren erschienen die frcmdhcrrlichcn Offiziere,
die an der Nagelung der ostasiatischen Fahnen tcilnahmen.

Inseratenbltttt
für «Seiöewerg und Hkngegenö.

Anzeigen: die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
15 Psg. Lokale Geschäfts- und Privat-Anzeigen be-
deutend ermäßigt. Reklamen 30 Pfg. Für Auf-
nahme von Anzeigen an bestimniten Tagen wird nicht
garantiert. GratisverbreitungdurchSäulenanschlag.

eine Abordnung des österreichisch-ungarischen Husaren-
regiments Nr. 13 (dessen Oberst-Inhaber der Kronprinz
ist- und des russischen Infanterie-Regiments Nr. 85 Wiborg
(das den Kaiser zum Chef hat.) Der Kaiser erschien im
Zweispänner in Uniform des 1. Gardcregiments zu Fuß;
gleich darauf die Kaiserin, die das Band des Schwarzen
Adlcrordcns trug, mit dem Prinzen Joachim und der
Prinzessin Victoria Luise, sodann der Kronprinz und die
Prinzen August, Wilhelm und Oskar. Der Kaiser schritt
die Front der Ehrcnkompagnic ab und begab sich mit den
Fürstlichkeiten in das Zeughaus, wo in der Ruhmcshalle
die Nagelung der Fahnen erfolgte. Daran schloß sich im
Lichthofe die Weihe durch den Oberpfarrer Wölfing unter
Assistenz des katholischen Fcldprobstes Aßmann. Während
des Segeps präsentierte die Leibcompagnic und schoß die
Artillerie Salut. Nach der Feier fand ein Vorbeimarsch
der Leibcompagnic statt, worauf die neuen Fahnen in
das Palais Kaiser Wilhelms I. gebracht wurden, wohin
sich der Kaiser selbst begeben hatte.
Holland.
Haag, 30. Ang. Die Bure ngc sandt schäft ist
gestern Abend hier cingetrofsen.
Haag, 30. Aug. Der Schah von Persien ist
heute Nachmittag nach Marienbad abgercist.
Italien.
Rom, 30. Aug. Der Papst begab sich heute in
Begleitung dreier Kardinäle und mehrerer Bischöfe nach
St. Peter, um ungefähr 60000 italienische und fremd-
ländische Pilger zu empfangen. Als der Papst, dessen
Aussehen sehr gut ist, sich näherte, wurde er von den
Pilgern begeistert begrüßt.
Die Wirren in China.
Washington, 30. Aug. Im hiesigen Kriegsdepar-
tement wird erklärt, cs würden Vorbereitnngen getroffen,
um während des Winters 5000, nicht wie cs früher hieß
15000 Mann, in China zu belassen. Diese Vorkehrungen
würden nur als Vorsichtsmaßregeln getroffen für den Fall
des Fchlschlagens der vorgesehenen Friedensverhandlungcn.
London 30. Aug. Einer Meldung der „Daily
Chroniclc" aus Washington zufolge hat gestern das Ka-
bine! lange Sitzungen gehalten, deren Zweck der sei, durch
eine gemeinsame Aktion der Mächte den Frieden in China
zu sichern. Die Vereinigten Staaten hätten dafür Ruß-
lands Mitwirkung zugesichcrt erhalten, dessen Erklärungen,
daß cs cine schnelle friedliche Lösung wünsche, als auf-
richtig acceptiert worden seien. Die amerikanische Re-
gierung beeile sich darum, schnell zu einer Lösung zu

kommen, weil cs Deutschlands Programm weitere
Feindseligkeiten matt setzen wolle. Mac Kinley und das-
Kabinet glauben, daß, wenn alle Mächte für den Frieden
sind, dann Deutschland nicht allein handeln werde. Sollte
die Hoffnung aus eine Einigung der Mächte in dieser
Richtung sich nicht erfüllen, so würde Amerika eine Per-
söhnlichkcit ernennen, die seine Interessen in China zu ver-
treten hätte, und dann seine Truppen zurückzichcn. (Man
wird bei dieser wie bei früheren alarmircnden Depeschen
nicht übersehen dürfen, daß sic aus englischer Quelle
stammen. Red.)
Shanghai, 30. Aug. Nach einer Meldung des
„Daily Telegraph" haben die Chinesen am 23. bei Tch-
schuh cine große Niederlage erlitten. Prinz Tu an und
1500 Mann seien gefallen; die übrigen seien von den
Japanern aus der Provinz Tschili verdrängt werden.
Nach dem „Standard" hat Uuanschikai einen großen Sieg
über die Boxer und kaiserlichen Truppen von Pcrt-
schang und.Hosiwu gewonnen. Etwa 1500 sollen gefallen
sein. Wie der „Times von hier gemeldet wird, ist die
Verbindung zwischen Tientsin und Peking nach wie vor fast
gänzlich unterbrochen; der Weg ist durch Boxer band en
unsicher. Das Land nördlich von Aangtsun soll über-
schwemmt sein.
Niutschwang, 30. Aug. Die in Houschcng stehenden
Truppen erwarten, wie die „Times" meldet, Verstärkungen-
Der Vormarsch ist durch den schlechten Zustand der nach
Liangtong und Mukden führenden Straße verzögert. In-
zwischen wird die eingeborene Bevölkerung mit äußerster
Strenge behandelt. Das Blutbad, das unter den Ein-
geborenen angcrichtct wird, gleichviel ob sic frcmdcnfeind-
lich sind oder nicht, brachte das dem Hafen benachbarte
Gebiet in einen vollkommenen trostlosen Zustand. (Diese
Anschuldigung der „Times" richtet sich gegen Rußland.
Die Red.)

Der südafrikanische Krieg.
London, 30. Aug. Der „Standard" meldet aus
Belfast vom 28. d. M.: Wir stehen an der Stelle
eines schwierigen Geländes, wo die Reiterei nicht operieren
kann und Fieber auf Regen folgt; ob die Buren beab-
sichtigen, uns in das Herz des Geländes hincinzuzichen,
ist noch ungewiß. Sie scheuen ebenfalls das Sumpffieber
und ziehen sich auf das Hochfeld zurück, wenn die Fieber
dünste anfangen aufzusteigen. „Daily Mail" meldet aus
Prätoria vom 28.: Botha hat sich nach den entsetzlichen
Bergen nordöstlich von Machadodorp zurückgezogen. French
fährt fort in den Versuchen ihn zu überflügeln. Es
verlautet, die Kampfgenossen De Wets seien des Krieges

Wie es endete.
Roman von Maria Theresia May.
18) (Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Hier lachte Friederike Meynert auf, und mit hastiger
Bewegung sich erhebend, stieß sie den Sessel zurück und
blieb hochaufgerichtct vor dem Pfarrer stehen. „Sie liebt
ihn?" rief sic in schneidendem Tone. „Nein, sage ich Ihnen
Und tausendmal nein. Gertrud weiß überhaupt noch nicht,
was Liebe ist. Jedes junge Wesen, besonders jedes junge
Mädchen, hat seine Phantasien, Gertruds Phantasie ist ge-
sungen, außerdem mag auch ein Verlangen nach Verän-
berung in ihr erwacht sein und die Ankunft Kronaus ge-
rade zu diesem Zeitpunkt hat die Sache zur Reife gebracht.
Das Weib soll um des Mannes willen Vater und Mutter
verlassen? Nun, wenn heute Gertruds Vater plötzlich
wieder käme, würde cs seiner Tochter nicht cinfallcn, mit
dem Fremden zu gehen, das ist meine Ueberzeugung. Sie
hat ihn gern, seine schlichte Männlichkeit gefällt ihr. Sie
wellt es sich reizend vor, Herrin einer eigenen Häuslich-
keit zu sein, und sehnt sich danach, von mir, der schweig-
samen, ernsten Verwandten aus der Einsamkeit und Gleich-
förmigkeit dieses Heims sortzukommcu. Aber von Liebe
Weiß dieses Kind noch nichts, nichts von jener Flamme,
welche Herz und Sinn in Aufruhr bringt, und vor deren
Gewalt alles versinkt, was man bis dahin dachte und fühlte
— der man alles opfert: die Welt und sich selbst. Wo-
her sollte dieses Kind jene Liebe kennen, die niemals er-

lischt, die kein Tod und Verrat vernichten kann? Nein,
wirtliche Liebe kann nie aufhörcn; aber sic kann Wand-
lungen durchmachen, die schlimmer sind, als der Tod!
Die Flamme erlischt nie, sie brennt weiter, wird sogar
gewaltiger, die Seele versengend, unser Menschentum tö-
tend. Nur heißt sie dann nicht mehr Liebe, dann heißt
sic Haß und lebt weiter in derselben Kraft und Glut."
„Großer Himmel," rief der Pfarrer entsetzt, da Frie-
derike Meynert abbrach und mit weit offenen Augen ms
Leere starrte, als sähe sie ein Gespenst, „was reden Sic
da für unchristlichcs Zeug! Gott bewahre Gertrud, daß
sie jemals eine solche Liebe empfände. Sic ist sündhaft,
denn sic setzt das Geschöpf über den Schöpfer; sic be-
glückt nicht, sie macht nicht reiner, nicht besser."
Der Pfarrer zog sein Taschentuch hervor urd trocknete
sich die feucht gewordenen Augen, die sonst so heiter unter
den buschigen Braunen hervor sahen.
Friedrikc Meynert stand mit gekreuzten Armen noch
auf derselben Stelle. „Solche Zahmheit verstehe ich nicht,"
sagte sic verächtlich. „Ihn glücklich wünschen, ihn, der
mich feige und um elenden Geldes willen verraten hat?
Nein, dessen wäre ich niemals fähig! Die Liebe hat mir
bittere Enttäuschung gebracht, vielleicht wird mir der
Haß Befriedigung gewähren. Ich möchte den Elenden,
der mich um mein Glück betrogen hat, auch so freudelos
scheu, wie ich cs jetzt bin!"
Die letzten Worte der unsagbar Aufgeregten verklangen
in einem Stöhnen; sie schlug beiden Hände vor das Ge-
sicht und sank in einen Stuhl.

Staunend hatte Pfarrer Ditzius diesem leidenschaft-
lichen Ausbruch zugehört; da Friederike endlich erschöpft
schwieg, schlich der alte Geistliche, dem derartige Gefühls-
ergüsse beinahe fremd und zum Teil unbegreiflich waren,
hinaus in den Garten, wo er Gertrud und Kronau be-
schäftigt wußte. Sie hatten die Rosenstöcke dicht in Reisig
und Stroh verpackt, um sie vor der Strenge des früh an-
brechenden Winters zu schützen; denn so viel, als irgend
thunlich wurden die nötigen Gartenarbeiten von den Be-
sitzerinnen allein besorgt.
„Liebes Kind," sprach der Pfarrer, indem er zu dem
jungen Mädchen herantrat und Gertruds schlanke Hand
ergriff, „die Tante hat eine große Sorge, und darum
möchte ich heute vor Herrn Kronau noch einmal eine
Frage an dich richten. Die Tante fürchtet, daß die
Zukunft dir Enttäuschungen bringen wird, weil sic sich
überzeugt hält, daß du dich augenblicklich unter dem Ein-
fluß, einer großen Selbsttäuschung befindest. Sic glaubt,
daß du nur freundschaftliche Zuneigung für Herrn Kronau
fühlen kannst, aber nicht jene Liebe, die, wie der Apostel
sagt, demütig und duldsam ist und nicht sich selbst, sondern
nur das Glück des Geliebten sucht!
Eine tiefe Röte stieg dem jungen Mädchen ins Antlitz,
und gedankenvoll sah sic Herbert an, der unwillig nach
dem Hause zurückschaute, hinter dessen Fenster er die Tante
wußte.
„Ich will mit der Tante reden," entgegnete Gertrud
und ging in das Zimmer wohin ihr die beiden Herren
folgten. Friederike Meynert hatte ihre Bewegung bemeistert
 
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