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Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1900

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Nr. 171 - Nr. 180 (26. Juli - 6. August)
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Kloster ein, — lieber wollt ich sie als Leich' vor meinen
Äugen seh'u, denn als dem Mnggcs sein Weib! — So,
jetztund wißt ihrs!"
„Schönen Daul auch, Bauer," gab der Schmied, der
sich nicht aus seiner kühlen Ruhe bringen ließ, zur Antwort.
„Hast nur setzt schöd*) eine Anfrag' um Deine Tochter
erspart. Denn wenn ich Dir einen Brautwerber schicken
khcit, krieget der doch den nämlichen Bescheid; nicht wahr?"
„Allemal," schrie der Vorsteher, „und hinausfeucrn
thät ich ihn auf den Bauch, daß er das Wiedcrkommcn
vergesset!"
„Alsdann wissen wir alle drei, wie wir mit einander
d'ran sind. Auf Wiedersehen, Rosl!"
So hatte die Szene geendet, die um die Mittagszeit
dieses merkwürdigen Tages vor Fcdcrspicls Schmiede ihren
Anfang nahm, um am Abend bei des Großbauern Hier-
linger Hause einen hochdramatischcn Schluß zu finden.
Daß aus Rosl's Versprach mit dem Kalmützer Zicr-
bcngel nichts wurde, wissen wir schon. Das Mädchen
hatte bei ihrem früheren Gespräch mit Gottfried unter
der Hollerstaudcn nicht umsonst behauptet, daß ihr der Vater,
selbst wenn er sic enterben würde, doch eines nicht ent-
ziehen könnte, was sie von ihm besäße: ihren festen Willen.
Sie hatte es verstanden, jetzt wo cs sich um Glück und
Liebe handelte, ihren Willen durchzusctzen. Wir wissen
auch, daß der fremde Freiersmann das Dorf mit seinem
Kutscher und dem Kommissari wieder verlassen hatte.
*) So viel wie: nur oder einfach.

Im Hause des Vorstehers gab cs an diesem Abend
noch viele unerquickliche Auseinandersetzungen zwischen Vater
und Tochter. Vcrhältnißmäßige Ruhe trat nur ein, als
Rosl sich mit der ,in Thräncn aufgelösten Mutter in die
gemeinschaftliche Schlafkammer flüchtete. Was dort zwischen
dem Mädchen und der Bäuerin verhandelt wurde, ergiebt
sich aus dem Verlauf dieser wahrheitsgetreuen Erzählung.
Doch darf nicht unerwähnt bleiben, daß der Bauer der
die Stille des Schlafgemachs aufsuchendcn Rosl noch
drohend nachrief, das eigentliche Gericht über sie solle erst
andern Tages abgchaltcn werden.
Als aber die Sonne am folgenden Morgen einen neuen
Kreislauf um das azurne Gewölbe des Firmaments be-
gann und der Vorsteher samt Weib und Dienstboten beim
Frühmal, der unvermeidlichen Kartoffelsuppc saß, fehlte
Rosl am Tisch.
„Wird sich fürchten," meinte der Bauer, „und sie
hat auch allen Grund dazu."
Um neun Uhr wollte er hinter den Knechten und
Mägden drein, mit seinem besten Gespann in's Feld ziehen.
Bon Rosl ließ sich aber noch nicht's entdecken; sic schien
die Kammer nicht verlassen zu wollen.
„Hol' das Madel her!" rief der Vorsteher barsch der
Bäuerin zu. „Will sie den ganzen Tag verschlafen, oder
glaubt das bocksbeinige Ding, ich laß mir trotzen?"
Nach wenigen Minuten kam die Frau mit der Meldung
zurück, daß Rosl nicht mehr in der Schlafstube sei.
„Dann ist sie schon ausg'flogen, das rare G'schöpf
das nng'ratcnc Früchtl!" tobte der Bauer, dem bcre'



Nr. ir-Z

Frritag, 27. Juli 1900

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Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- u. Feiertage.
As Beilagen das „Heidelberger Volksblatt" und das
bseüige „Illustrierte Sonntagsblatt". Preis 25 Psg.,
UM den Beiblättern 86 Pfg. monatlich. Durch die
. Post vierteljährlich 90 Psg- ohne Bestellgeld.

Der südafrikanische Krieg.
London, 26. Juli. Feldmarschall Lord Roberts
meldet aus Balmoral von gestern, daß er dort ange
griffen worden sei. Am Nachmittag des 24. d. M. hätten
die Buren Frenchs Kavallerie und Huttons berittene
Infanterie, 6 Meilen südlich von Balmoral in ein Ge-

Iirser«rtei»t»l«rtt
für Keiöewerg und Mrngegenö

Hof die alte Hauptstadt erreicht habe und der allgemeine
Krieg unvermeidlich sei. Sollten die fremden Gesandten
noch leben und die Absicht, das Reich zu teilen, zuverlässig
bestritten werden, so müßten die Generäle unter Androhung
eines Angriffs die Boxer zur Auflösung bringen. Der
Friede wäre alsdann leicht, während anderenfalls der
Kampf bis aufs Messer sicher sei.
London, 26. Juli. Nach einer Meldung des
„Daily Telegraph" aus Niutschwang ist die Eisenbahn
zwischen Liaotung, Mulden und Tschcliug, sowie die Loko-
motiven und das rollende Material zerstört. Weiter
meldet das Blatt ans Shaughai: „Ein hoher chinesischer
Beamter aus Peking hat am 9. d. Mts. an einen Ver-
wandten in Shanghai einen Brief gerichtet, in dem es
heißt, infolge der beständigen Kämpfe würden nur noch
300 Personen in der Gesandtschaft am Leben sein."
Washington, 26. Juli. Man hält nach dem Bureau
Reuter nicht mit der Ansicht zurück, daß die Aussichten
auf eine erfolgrcichc Vermittclung seitens Amerikas
gering sind und zwar infolge der Wahrscheinlichkeit, daß
sich der Anerkennung oder Zustimmung derjenigen Mächte^
welche Verluste an Leben und Eigentum in Peking erlitten
haben, ernste Schwierigkeiten entgegcnstcllen werden. Wenn
es der Regierung der Bereinigten Staaten nicht gelingt,
die Mächte zu bewegen, bei den Verhandlungen mir China
Milde walten zu lassen, so wird sich Amerika nicht in
weitere Feindseligkeiten hineinziehcn lassen, nachdem cs für
seine eigenen Angelegenheiten Sorge getragen hat, und sich
zurückzichcn. Es wird dies aber nicht thun, ohne zu ver-
stehen zu geben, daß die Vereinigten Staaten nicht zugebcn
würden, daß ihre Interessen durch Handlungen irgend
welcher anderer Mächte verletzt werden.
Shanghai, 25. Juli. Li-Hung-Tschang ist
noch hier. Wie verlautet, haben mehrere Konsuln chiffrirte
Telegramme an die Gesandten in Peking gerichtet, und
diese Li-Hung-Tschang zur Beförderung übergeben. Maw
glaubt, daß dieser hier bleiben wird, bis die Antworten
eingegangcn sind. Verstärkungen von 3000 Mann sind
nach Aengyin gesandt worden. Es wird befürchtet, daß
Versuche gemacht werden konnten, Torpedos im Aangtsekian-
flusse zu legen. Admiral Seymour wird demnächst hier
erwartet.

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, anderen Sorten
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rückgenommen.
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in Westfalen.
Nüster geeigneter
nd »ort»freit ,

haben cs meisterhaft verstanden, die Wachsamkeit der Dip-
lomatie cinzuschläfcrn. Darum müßten von China ener-
gische Handlungen und keine Worte verlangt werden Die
„Nowostic" spricht sich dahin aus, daß sich Europa nicht
darauf beschränken dürfe, von China eine Entschädigung
und Gcnugthuung zu fordern. China habe seine Unfähig-
keit zu regieren bewiesen, deshalb müßten die Truppen der
Mächte so lang in China gelassen, werden, bis sich mit
voller Klarheit hcrausgcstcllt hat, daß sich solche Vorgänge
nicht wiederholen.
Petersburg, 26. Juli. Der Russischen Tclcgra-
phcnagcntur zufolge besagt ein Telegramm des Collegicn
ratcs Wachowitsch aus Nankau vom 22., daß die Auf-
regung der Chinesin gegen die Christen immer stärker wird.
Der englische und amerikanische Consul empfehlen ihren
Landlcutcn, ihre Familien nach Shanghai zu schaffen. Der
Vieckönig ist bemüht, die Ordnung aufrecht zu erhalten
und trifft Maßnahmen zum Schutze der Fremden.
London, 26. Juli. Nach einer Meldung der „Daily
Mail" ist der chinesische Dolmetscher der briti-
schenGesandtschaft nach Nuitschwang entkommen.
Er erzählt, als er Peking verlassen habe, seien die
meisten Mitglieder der Gesandtschaft tot, die
Lage der anderen hoffnungslos gewesen. Sir
Robert Hart sei am 2. d. M. gestorben.
London, 26. Juli. „Daily Telegraph" erfährt von
Shanghai aus wichtiger geheimer Quelle den Inhalt
eines angeblich neuerdings unter den Vieckönig en um-
laufende» Programms Auanschi kai s, dessen Rich-
tigkeit er jedoch nicht unbedingt verbürgen kann. Danach
sollen die zur Rettung des Kaisers mnnarschicrendcn
Generäle sich Mer Angriffe auf den Prinzen Tuan und
die Boxer enthalten bis mehr Klarheit über den Gang
der Dinge cingctrctcn sei. Falls der allgemeine Gesandten-
und Fremdrnmord sich bestätigte und die Mächte die Zer-
störung Pekings anstrcbtcn, müßten die Generäle mit dem
Prinzen Tuan und den Boxern Zusammenwirken, um die-
ses Unheil zu verhindern Wh gleichzeitig den Rückzug der
Kaiserin nach Szinanfu, der alten Hauptstadt des Reiches,
zu decken. Ferner müßten alle den fremden Kriegsschiffen
zugänglichen Häfen und Städte verstärkt werden, so daß
einmütig der Kampf auf den Norden beschränkt bleibe.
Dadurch würden die anderen Mächten veranlaßt werden,
Frieden zu schließen. Neben den Verhandlungen müßten
jedoch die Rüstungen sorlschrciten und die Arsenale mit
doppelter Kraft arbeiten, da die Einfuhr von Kriegsma-
terial stocke. Sodann müßten die Vicckönigc des Südens den
Schutz der Fremden jedenfalls so lange fortsctzcn, bis der

ickar-Bahil.
im.
eiter
chulzcngasse 13-

27. Jahrgang. »
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Anzeigen: die 1-spaltigc Petitzeile oder deren Raum
15 Pfg. Lokale Geschäfts- und Privat-Anzeigen be-
deutend ermäßigt. Reklamen 30 Pfg. Für Auf-
nahme von Anzeigen an bestimmten Tagen wird nicht
garantiert. Grattsverbreitung durchSäulenanschlag.

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den fressen schon h,
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Ziegelhausen, "l de>, Augen mit unbeschreiblichem Ausdruck bald
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ptstraße t37.

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»trsog eee»! ich.,,, Ntthcimlub vibrirender Stimme.

bcilcr bei
c, Schuhmacher' ?
Ihausen._
IKt
Ine Kellnerin

Deutsches Reich.
Z. Juli. Der Kaiser ist von seiner
tnin r auf der Aacht „Hohcnzollcrn" heute Nach-
"vg hier cingctroffcn.
des 26. Juli. Der rheinische Provinziawcrband
frsi Zutschen Vereins vom Roten Kreuz bestimmte in
Pxl. Zungen Hauptversammlung lOO OOO Mk. aus den
des Provinzialvereins zur Unterstützung der
'""gkeit des Roten Kreuzes in Chino.
Frankreich.
irrst» 26. Juli. Präsident Loubct empfing gestern
nvat.Audienz von Dr. Lcyds vorgesteüten Burcn-
. (Das erste Staatsoberhaupt in Europa, das,
b^'^kn von der Kömgin der Niederlande, die Burcn-
^orivn überhaupt empfängt. D. R.)
A m e r i k a.
26. Juli. Hier ist folgendes Telegramm
kl' "lachH hD,vIo u cingctroffcn: Rings MN Panama wütete ein
Äbk - Glimpf. Die Rcgicrungstruppen Kisten heftigen
In Savanillc sind 10000 Mann Vcrstär-
M-^rupvcn für das Rcgicrungshccr cingctroffcn. Am
iirms^lltog willigte der Führer der Aufständischen in -einen
um die Toten zu begraben, und die Bcr
ftückmstr-che zu brsorgcu. Durch Vermittlung des Wncri-
-—— ßhwd n "Nd tpamfchcn Konnils wurde der WafflAftül-
n MiMchaft er tch, Donnerstag Nachmittag verlängert. Das rng-
on jetzt ab in dcks*^^trgsschiff „Leader" leistete den Verwundeten Hilfe.

aye Die Wirre« irr (fhrrra.
" I 26. Juli. Heute Vormittag' rückt« die Telc-
II <1^ kaabfostung für China ab. Der Inspekteur der
i,;. '^dstruppcu, General Rothe, hielt eine Ansprache, die
Hoch auf d«t Kaiser schloß.
H!» Iestc„ rli», 26. Juli. Der „Germania" zufolge ist
"n Missionshaus Stehl folgendes Telegramm von
, knerotprocurator der Mission, Bartels, aus Tiin
(„^'''getroffen: „DsiWffsiomirc leben noch; 6 leben im
„ ich die übrigen sind hier." Bischof Anzcr befirSct
roßh.Jöadischcn llir nujgeu Tagen ft, Stehl und ivird demnächst zur
- zurückkchrcn.
«s ^^sdam, 26. Juli. Die 1. und 2. Schwadron
tyH o.llasiatischcn Reiterregiments Hat heute
h^''tttlag nach vorausgegangcner kirchlicher Feier mrd
Mahl Potsdam vcrlaffcn.
Ablers bürg, 26. Juli. Die „Nowojc Wrernja"
davor, bei den Verhandlungen mit China sich mit
^Versprechungen Hinhalten zu lassen. Die Chinesen

Der Schmied von Pirk.
prstrastc 130 f» aas der Oberpfalz von Jos. B aierlein.
sNachdruck verbotemj
. (Fortsetzung.)
Sckuudcu stand der Vorsteher, die abgcschosscuc
Hf der Hand, wie gelähmt und heftete seine blut-

schmied, bald auf seine Tochter.
!vich trat er langsam aus die beiden zu und legte die
^?b>rr auf Rosls Schulter.
si,y^?Uhcuul;ch vibrirender Stimme, „braucht' ich die
ich nicht zu seh'n, daß sich mein lcibcig'ncs Kind
us von Pirk an den Hals wirft. Das ist mir
lliq bitterer als die Straf', die mir worden wär',
A Deinem Schatz das Lebenslicht aus'blascn hält'.
>el ^?.si>i Schatz ist er ja wohl, derselbe Gottfried Feder
l -Äs, Ktzlc ex mit schrillem Auflachcn hipzu.
ll, tr daß jhr's nur wißt, ihr zwei," fuhr er lauter
tich^ .kpl sidcm Satz schrie er heftiger, als ihm die
dbc ^deinahc überschnapptc, „wenn ihr meint, ich gäb'
ll<h^'flwilligung dazu, daß die Rosl und Du einander
.— daß mein Madel die Binggcssin wird,
ich; s auf dem Holzweg! Krcuzineserelement!
-Kl' - t die ewige Seligkeit geb' ich das zu. Lieber
h' 'm das Madel, wenn's so aus der Art schlagen
^erh7 dicker vermach' ich mein Hab und Gut der
'-^tes von Altötting und sperr' die Rosl in ein
 
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