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Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1900

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Nr. 221 - Nr. 230 (22. September - 3. Oktober)
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idfriedstraße.

NIILSL
ermieten
nngasse Nr. 2.

M-
Weiß.
lstraßc 4.

NII'OI'
ÖllNtzl'

dm Wonnen der Flitterwochen empfindet. Welch freudiges
Erwarten belebt die junge Frau, wenn sie au das Heim
denkt, das der Geliebte ihr bereitet hat, und wie ersehnt
der Mann den Augenblick, wo er die Erwählte einführen
kann in ihr eigenes Reich, in welchem neben ihr nur die
Liebe herrschen soll.
Seit jenem Nnglücksabcnd in Taormina, der Gertrud
eine für sie so schmerzliche Aufklärung gebracht hatte, schien
das Glück der beiden vollständig verweht zu sein. Gertrud
schien es, als hätte sie alles Vertrauen verloren zu ihni,
in dessen Hände sie so gern die ihrigen gelegt hatte zum
ewigen Bunde, während Herbert noch immer zuversichtlich
auf die Wiederkehr seines holden Glückes hoffte. Wessen
Schuld war es, daß dasselbe so Plötzlich und, wie es jetzt
schien, unheilbar zerstört worden war?
Als nach dem Balle in Taormina Gertrud und Her-
bert auf ihrem Zimmer im Hotel angekommen waren,
hatte Gertrud nur den weißen Spitzenshawl vom Haar
geworfen und war mit starrem Gesicht, ein drohendes
Feuer in den großen Augen, hochaufgcrichtct mitten im
Zimmer vor Herbert stehen geblieben, dann hatte sie nur
gefragt: „Warum hast Du mich betrogen?"
Alles, was leidenschaftliche Zärtlichkeit und glühende
Liebe einem Manne auf die Lippen drängt, hatte Herbert
seinem Weibe gesagt. Er erzählte ihr, wie es ihm stets
als ein Schreckgespenst vorgeschwebt hätte, nur seines Na-
mens und Besitzes halber als Gatte angenommen zu wer-
den, und wie sehr ihn also der Gedanke beglückt habe,
von Gertrud allein um seiner selbst willen geliebt zu wer-

llhmantt,
r. 40,1. St.

m.
hnuugen, Küche
lovember
rich Pnttler.

zum Hauptquartier der Boxer bestimmt seien. Man wollte
zur Strafe eine große weiße Pagnode zerstören, die in der
Nähe der Tempel stand. Zum Glück schlugen die Ver-
suche, den Bau cinzureißcn, fehl und der unnötige Van-
dalismus blieb unterwegs. Demselben Blatt wird aus
Peking telegraphirt: Man erwartet, daß der im Einver-
nehmen mit Rußland dem französischen Gesandten Pichon
erteilte Befehl, Peking zu verlassen, zurückgezogen wird.
Der Befehl war vor der Ankunft des Prinzen Tsching
und der Abreise Li-Hung-Tschangs nach Peking erteilt
worden. Wir haben heute dem Versuch der Chinesen bei-
gewohnt, in der Hauptstadt wieder eine scheinbare Ver-
waltung cinzusctzcn. Ein kaiserlicher Erlaß hat den Mand-
schuh-Schinhsin zum Generalgouverneur von Peking ernannt.
Aus Shanghai wird der „Times" unterm 21. d. M.
berichtet: Zahlreiche ch inesisch e St rei tkrä fte sind
aus Szctschuan und den anderen südlichen Provinzen nach
der Provinz Schansi gelegt worden, um den Hof zu be-
schützen. Die Ernennung eines sremdcnfeindlichen Taotai
für Shanghai ist auf Betreiben des Prinzen Tuan zurück-
zuführen. Die Gelegenheit wäre günstig für die Mächte,
die Anerkennung sämmtlicher Mächte zu verweigern, bis
genügende Vereinbarungen mit China getroffen seien. Dcr
bisherige Taotai, der sich stets bemüht habe den Frieden
in den südlichen Provinzen zu erhalten, ist zum Richter-
in einem entfernten Ort ernannt, wo er wahrscheinlich
bei seiner Ankunft enthauptet werden wird; hier wagen
die kaiserlichen Behörden nicht gegen ihn vorzugehcn.
Das Kriegstagebuch des Grafen v. Soden
meldet aus Taku datiert vom 16.: 3. Juni mit letztem
Zuge in Peking angckommcn. Unruhen im Wachsen be-
griffen. 13. Juni: Brand sämtlicher Kirchen in dcr
Stadt, das Gesandtschaftsviertel wird geschlossen und zur
Verteidigung vorbereitet. Am 17. Juni erhalten die Ge-
sandtschaften die Forderung, binnen 24 Stunden Peking
zu verlassen. 20. Juni: Ermordung des Gesandten.
Hilfeleistung durch das Detachement unmöglich, da aus
sämtlichen Häusern der Straße, die von chinesischen Truppen
besetzt war, heftiges Feuer abgegeben wurde. Die eng-
lische Gesandtschaft wurde als „Reditit" besetzt. Fraucu
und Kinder werden dorthin gebracht. Daselbst wird auch
ein Lazarett eingerichtet. Am Nachmittag beginnt das
Feuer chinesischer Soldaten gegen österreichische
und englische Gesandtschaft; am 21. Feuer gegen italienische
Gesandtschaft; am 22. Juni beginnt das Gcschützfeuer
auf die deutsche Gesandtschaft von der Stadt-
mauer in östlicher Richtung. Die Amerikaner, hart ge-
drängt, wollten die Gesandtschaft verlassen. Italiener,
Franzosen und Oesterreicher ziehen sich, um nicht abge-

Schult.
icht im Maß'
Zuschneiden
Damen- und

den, deren Schönheit, Reinheit und Verstand ihn voll-
ständig gefangen genommen hätten, und wie er doch gleich-
zeitig gefürchtet habe, sic nimmer zu gewinnen, wenn er
ihr seinen Titel genannt Hütte.
Wie er gehofft, ihre Vorurteile allmählich zu über-
winden, wie er von einem Tage zum andern die Ent-
hüllung verschoben, weil er so glücklich im Genuß der
Gegenwart gewesen sei, und wie sehr er daraus rechne,
daß ihre Liebe groß genug sei, ihre Abneigung gegen die
„Vornehmen" zu besiegen. Er zeigte ihr, wie seine Liebe
auf keine Staudesbedenken, auf keine Familienrücksichten
gehört habe, und schloß damit, daß er eine gleiche Hoch-
herzigkeit von ihr erwarte.
Doch was er auch sprach, und welche innige Herzens-
töne er auch anschlug, es schien alles vergebens. Gertrud
hörte ihn an mit fest aufeinandergepreßten Lippen, mit
ineinander verschränkten Händen; als er in sie drang, ihm
zu sagen, ob ihr GcfiM für ihn durch den zufälligen
Umstand, daß er Aristokrat sei, eine Aenderung erfahren
hätte, da entgegnete sic mit grausamer Kälte:
„Ich liebte den einfachen Maler Herbert Kronau, den
Grafen Landskron kenne ich nicht. Nimmermehr würde
ich eingewilligt haben- seine Gattin zu werden. Du hast
durch Dein Komödienspiel all mein Vertrauen zu Dir
erstickt; es wird niemals wiederkchren, und ich will und
werde niemals eine Gräfin sein. Du mußt mich frei-
geben."
„Gertrud, sei nicht grausam."
„Ich spreche in vollem Ernst", erklärte sie. „Was

r. Geisendörfer
:rg.

Leien
Wohnung mit,
abgeschlossenem
iedrichstraße 7.

schnitten zu werden, ebenfalls nach der englischen Gesandt-
schaft zurück. Nach einer halben Stunde wird die Ge-
sandtschaft besetzt. Wir werfen den Feind, der auf die
Mauer vorgedrungen war, auf beiden Seiten zurück; die
besetzte Mauer wird zur Verteidigung eingerichtet. Die
italienische Gesandtschaft geht in Flammen
auf. 24. Juni. Heftiges Gewehr- und Geschützfeuer,
nach den Seiten Unterstützung ausgesandt, um die Eng-
länder und Russen wiederholt baten. 24. Juni. Ameri-
kaner hart bedrängt, chinesische Truppen 300 bis 400
Manu gehen auf die Stadtmauer von Westen her vor;
werden mit 10 Mann von uns angegriffen. Anfangs
leisten sie zähen Widerstand, wurden jedoch zuletzt mit
Hurrah zurückgeworfen. Der Feind hat viele Verluste,
greift aber trotzdem von Osten her auf der Stadtmauer
wieder an, wird aber nochmals zurückgcschlagen. Die
Verluste des Feindes 70 (?) Tote, darunter 30 bei dcr
Erstürmung eines Hauses. 25. Juni. Fortsetzung des
Feuers. Streifzug nach den benachbarten Häusern gemacht;
mehrere Chinesen erschossen. Weiterer Ausbau der Ver-
teidigungseinrichtung. Die Chinesen dringen immer mehr
nach den Gesandtschaften von den östlich von ihnen ge-
legenen Häusern vor. Die Barrikade nach der Stadt-
mauer wird immer exponirter. 30. Juui. Sturm der
Chinesen auf diese Barrikade, diesseits 5 Tote, 5 schwer
verwundet. Der Angriff wird zurückgcschlagen. 1. Juli.
Verlassen der Barrikade auf der Stadtmauer. Die Ver-
teidigung wird auf die Gesandtschaften beschränkt. Die
Chinesen rücken bis auf 50 Meter an unsere Stellung
heran. Ununterbrochenes Geschütz- und Gewehrfeuer aus
Geschützen neuester Art. 12. Juli. 400 bis 500
Mann greifen an beiden Seiten an und dringen
bis zur Gesandtschaftsmauer vor) Die Besatzung war
nur noch 30 Mann stark 'und entschloß sich trotz
zwölffachcr Ucbcrmacht zum Ausfall und
Sturm. Der Gegner von zwei Seiten gefaßt,
wird mit aufgepfla uzt cm Seitengewehr und
Hurrah zurückgeworfcn. Eine Fahne, viele Ge-
wehre und Munition erobert. Der Gegner, hinter einer
Mauer, 20 Meter von der Gesandtschaft verschanzt, hat
uns trotz seiner Stärke nicht wieder aus seiner Stellung
angegriffen. Ein Angriff auf diese Stellung, die von Hunderten
von Chinesen besetzt war, mit meinen 23 Mann, hätte zu einer
Katastrophe führen müssen. Ich beschränkte mich deshalb
auf aktive Verteidigung. Heftige Fortsetzung des Feuers.
16. Juli. Waffenstillstand; die Stellung bleibt besetzt
und wird verstärkt. 8. August. Wiederbeginn der Feind-
seligkeiten. Das Tsuug-li-Uamen verhandelt durch Boten.
Trotzdem verstärktes Feuer der chinesischen Truppen. Ge-
schütze neuerer Art waren nicht aufgcfahren, dagegen vier

Miv.
»rricht
lolze-SchrcN
onorar (nach

Wie es endete.
Roman von Maria Theresia May.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
"Billy, mein Junge", flüsterte Mrs. Cosway ihrem
i Itu, Zu, der in ohnmächtiger Wut ebenfalls die Vor-
sjx Ngsccrcmonic beobachtete, „Du hast nicht recht gehabt,
j^uß doch eine richtige Frau und eine richtige Gräfin
-^."Leider", entgegnete er und gab damit ein schönes
^chen seiner edlen Gesinnung. Am nächsten Tage bc-
ij^ .er nichtsdestoweniger eine anerkennenswerte Versöhn-
Dem Marchese del Monti, welcher ihm die
gy^usforderung des Grafen Landskron überbrachte, über-
Herr Cosway einen sehr höflichen Brief, in dem er
seines Verhaltens am Ballabcnd um Verzeihung
ih-s Da er den wahren Grund seines ungezogenen Be-
st.^sns nicht angeben konnte, beschuldigte er sich darin
ih-, Äig, unter der Herrschaft eines zu reichlichen Ge-
y geistiger Getränke gestanden zu haben.,
dyt Herbert den Brief gelesen, zerriß er ihn, und da-
ssiit b>ar diese Angelegenheit erledigt. Zwei Stunden
> verließen Graf und Gräfin Landskron das herrliche
o^uina; sic reisten in die Heimat!
10.
hn Gertrud und Herberts Reise in die Heimat zurück war
^/ fröhliche; cs fehlte ihr jene Hoffnung auf ungetrübte
"Seligkeit, welche sonst wohl jedes junge Ehepaar nach

Deutsches Reich.
Darmstadt, 24. Sept. Der Großherzog empfing
°^rn auf dem Jagdschloß Wolfsgarten den scheidenden
^britannischen Geschäftsträger Buchanan in Abschieds-
benz und seinen Nachfolger Johnstone in Antrittsaudienz.
Frankreich.
h Paris, 24. Sept. Der Kriegsministcr unterbreitete
Präsidenten Loubet den Antrag, die Stadt Paris
Bazeilles bei Sedan wegen ihrer Haltung im
b^re 1870 zu ermächtigen, in ihrem Wappen das
^seuz der Ehrenlegion zu führen.

iraße 33.
es mit 150 °
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hader
gesucht, mit
Mille. Gefi-
xt an die Ex'

. Preisen aus-
inptstraße 66.
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:, Anrichten,
er zu verkaufen
pfengasse 8. .
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Wohnhaus,
sonstigem Zu-
rkaufen
Naurcrmcistcr.
ühc darunter
oegcn Wegzug
stift pteuburg-
sen.

Die Wirren in China.
- Peking, 24. Sept. Das Wolff'schc Telegraphen-
bau meldet, die Gesandtschaften sind sämtlich
'°ch hier.
Ncwyork, 24. Sept. Hier ist heute ein Telegramm
?^Taku vom 19. September veröffentlicht worden, nach
schein einige Missionare in den westlich von Peking gc-
,-^Nen Orten Tatingfu und Lnpingfu ermordet worden
6^. Nach einer Shanghaier Meldung des „Herald" hat
0^ dortige Taotai Schcng erklärt, Prinz Tuan sei zum
Zaßsckretär beim Kaiser ernannt worden. Er sei dadurch
0 dcr Lage, alle Mitteilungen an die Krone, sowie die-
sigen des Thrones an andere zu kontroliercn. Wie das-
d Blatt aus Washington zu melden weiß, schenkt dcr
^igc chinesische Gesandte dcr Meldung von Tuans -Er-
dung keinen Glauben.
^..London, 24. Sept. Eine Pekinger Meldung dcr
Milnes" vom 13. enthält einige weitere Angaben über
wilitürischen Operationen dcr letzten Tage: Die nach
s?rdcn abgegangenc amerikanische Truppe ist nach Tungt-
M, westlich von Peking, zurückgckehrt. Nachdem sie
Anzahl christlicher Flüchtlinge gerettet hatte. Die
»>? Engländern und Amerikanern unter dem Befehle des
^nkanischen Generals Wilson bestehende Truppe hatte
i? Aufgabe, sich dcr Tempel zu bemächtigen, die sich in
v hügeligen Gegend nordwestlich von Peking befinden.
Tempel, der dcr britischen Gesandtschaft als Som-
sj^-esidcnz zu dienen pflegte, war von den Boxern besetzt,
j? Kolonne bemächtigte sich des Tempels, ohne auf Widcr-
zu stoßen und ohne Verluste Zu erleiden. Infolge
Mißverständnisses gelang cs den Verbündeten leider
dem Feind den Rückzug abzuschneidcu. Die slichcn-
Boxern ließen zahlreiche Tote zurück. Die Kolonnen
Züchtigten sich einer Anzahl Maulesel und anderen Viehs,
d den Tempel befanden sich Maucranschlägc, auf denen
^fudigt wird, daß die Gebäude auf kaiserlichen Befehl

pflanzen
cdr. Nauf eh-
M.
lispänner Kuh'
stchirr bei
Beck Wwc.
Pferde, Heu-
r und Einfahrt
straße Nr. 45.

fft'ich'llit'NM' Mskkgrr

Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- u. Feiertage.

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27. Jahrgang. Dienstag, 25. September 1900
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