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Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1900

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Nr. 301 - Nr. 304 (27. Dezember - 31. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44272#0647

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oder hörte sie abends spät noch in ihrem Zimmer Stun-
den lang auf und niederwandern. Den Tag über ver-
stand sie sich freilich immer Zn besthäftigen. Sir liebte
die Künste., Musik und Malerei, und leistete auch Gutes
darin. Gleichwie sich in ihrem Charakter die EKreme
berührten, so auch in ihrem Kunstzeschumck. I« der
Musik liebte sie das Große, Gewaltige,, Stürmende, oder
leidenschaftlich Erregte und Zerrissene, Beethoven, Chepin,
in der Malerei das Feine und Kleine- Ein Blättchen
Papier genügte ihrem Stift, ein lieblich Bildchen darauf
hinzuzaubern und immer verriet sich Sunmumg darin,
meist ein heiterer Optimismus.
In diesen Wochen hörte der Rat sic stets nur Chopin
spielen.
Gleich dem Onkel liebte auch Gisela die Natur und
somit die Tiere, die hier Obhut und Fütterung Sommer-
rind Winter erhielten und daher alle zahm und zutraulich
waren, nicht nur die Käfigvögel, auch die ganze in Bäu-
men und Hecken nistende, zwischen dem Epheu und auf
den Dächern umherflatternde, zirpende, zwitschernde und
singende Bogelgesellschaft. Ein Raubtier, eine Katze, kam
in diesem Reich, so sie sich blicken ließ, schlecht weg.
Ganz hinten im Garten befand sich ein Häuschen mit
vielen Bienenstöcken — durch einen Heckcugang von dem
Garten getrennt, des Rates Pferdestall mit einem Rappen
und einem sehr schönen Braunen, den Gisela zu reiten
pflegte. Immer wenn dem Rat Zeit zur Verfügung stand,
wurden von ihm und Gisela gemeinsame Ritte gemacht
durch Feld und Wald, der von der Stadt ausgehend sich

in ungemLssene Fernen verlor, auch eine große Jagdpacht
und gen Osten Ulrichs Gebiet einschloß. — Es wurde bei
den gemeinsamen Ritten aber niemals von Roscnlos ge-
sprochen, so natürlich dies gewesen wäre. Der Rat hatte
seine Gründe dafür. Es sollte Gisela keine Erinnerung
ausgcdrängt werden. Sie sollte aus sich selbst Ulrichs
Namen über die Lippen bringen, geschah dies nicht, konnte
er darauf warten, an Geduld fehlte cs ihm nicht. Ein
Tag mußte kommen, an dem die Verhältnisse eine Aus-
sprache erforderten.
Manchmal wurde er ganz irre an Giscla's verschlos-
senem Wesen. Sie brauchte doch bei ihm keinen Zwang
und keinen Verrat zu befürchten. Und das that sie ersicht-
lich, zu seiner innersten Kränkung.
Thatsächlich veranlaßten ganz andere Beweggründe
Giscla's Zurückhaltung.
Ehe sie auch ihre Seele dem Freund ihrer Kindheit
gänzlich enthüllte, ihm alles sagte, was in den geheimsten
Falten ihres Herzens an Liebe für Ulrich verborgen lag,
wollte sie Asta v. Heldhausen gesehen und gesprochen haben.
Eine brennende Sehnsucht, dieser Frau, die Ulrichs Leben
genau und seine Person besser als sie selbst kannte, nahe
zu treten, nahm sic so ausschließlich ein, daß jedes andere
Gefühl und jeder andere Wunsch davor in den Hinter-
grund trat. Und trotzdem, trotz dieser zehrenden Ungeduld
zitterte und bangte sie vor der ersten Begegnung und
wünschte, dem entgegen, doch bei jedem neu anbrechenden
Frührot: dürfte ich sie doch heute sehen und sprechen!
(Fortsetzung folgt.)

Dee Hochzeitstag.
Roman von H. Palms-Pahsen.
Nachdruck verboten.!
(Fortsetzung.)
cs sich um briefliche Verleumdungen handelte,
der Justizrat hierbei zu erfahren, welche von
Bekannten und Freundinnen mit Briefen bedacht
Jede Eine sollte von ihm,sfdcms'altcn Spürhund,

2a
! chtc
a's
Wurden. -. . . ... - . , .
hfs Korn genommen werden. Und die junge, lebhafte
^kau Oberförster Irma Meiningen, eine häufige Besucherin
st vereinsamten Gisela, ahnte nicht, welch durchdringen-
de Beobachtung sie fester^ des Herrn Justizrat v. Beleu-
i>rf unterstellt war, gleich schon beim ersten Besuche, also
ftnige Tage nach Giscla's Ankunft in C.
Sie gefiel dem alten Herrn aber gut. Klarheit und
^hrheit leuchtete aus dem schmalen, seinen Gesicht. Eine
btrigautin war sie nicht, aber vielmehr eine Vermittlerin!
hr Erscheinen war ihm indes willkommen. Sie brachte
eben und Frische ins Haus und seiner Nichte Zerstreu-
iig. Da der Justizrat durch sein Amt, durch Klubabende
>>d Jagden oft in Anspruch genommen war, blieb sich
Pelc meist selbst überlassen. Machte ihr dies begreif-
cherncise für den Augenblick erwünscht sein, so doch gc-
sß n cht für die Dauer.
Er hielt letzteres für ihren jetzigen Gemütszustand
ich ncht ratsam. Eine innere Unruhe trieb sie hin und
st. Oft sah der Rat sic schon in der frühesten Morgen-
chde, wcun alles im Hause noch schlief, im Garten,

dir. T

eroelvsrger

Morrtag, -ri. Wezenwev.

Usern

Des Neujahrsfestes wegen erscheint
ie nächste Nnrmner am Mittwoch.

bestcigung des neuen Keffers zu veröffentlichen. Der neue:
Kaiser wurde in der kaiserlichen -gelben Sänfte nach
S Singanfu gebracht, Ss erkL rt es sich, daß K auf e r
Kwrrngsü die ErlaiÄMs erhielt, nach Peking zurLSzu»
kehren. Der Milser KwanM hatte damals seinem
Frmrden von cher. Mefor«partri die Mitteilung.gemacht,
Haß er nach Peking zurückkehren werde und sie nm ihre
Unterstützung bei der Leitung der WegieruvgstzeschWe
ersucht.
ShanghsL, -2.8. .Dez. -H«r umlaufenden Gerüchten
aus chinesischer Duelle zufolge hat ein hoher Be-
amter von SmgKnfu nach Shanghai telegraphiert, daß
die AriedensbedinMngM dem Kaffer und der Kaiserin
unterbreitet worden sind und diese beschlossen hätte«, sie
.anzunehmen. Die Mitteilung bedarf natürlich der
Bestätigung und findet hier.inzwischen wenig Glaube«.
N-cw-Vo rk, ZS. Dez. Eine D epcschc des „HeralL"
aus Peking besagt, der kaiserliche Hof fvagte in einer
Mete bezüglich der gemeirffamen Note der Gesandten an,
ob die Lakufarts geschleift und vü die genannKn Prinzen
-enthauptet werden sollen urÄ welchen Platz die-Mächte zu
besetzen beabsichtigen.

A n z e l -z e n:
die I-spaltige Petitzcile oder
d«c«Ramn Vtsi» Lokale
Geschäfts- und Privat-An-
z«HW bedeutend ermäßizt.
Reklamen 35 Pfg. Für
Aufnahme von Anzeigen an
-bestimmten Tagen wird nicht
garantiert.

Erscheint iä-lrch
ii A
>e>

l Julien, Vater und Sohn, von Zermatt das Breithorn
-M200 Meter). Die Schn «Verhältnisse waren etwas schlecht
Der Zcitvcrbrauch vsn der Theodulhüttc aus und zurück
betrug 10 Stunden. Alle Achtung!
Londoil, 29. Dez. sSch iffsun glü ck.j Das Segel-
schiff „Primrose Hill" scheiterte in der Nähe vonHoly-
hsads. 34 Persow.cn ertranken, nur eine wurde ge-
rettet.

Vermischte Nachrichten.
Wlütcrsweier., (b. -Qffcnburg), 30. Dez. sSelten-
heit.) Im Gerten des hiesigen Landwärts Heinrich
Schmidt ist zur Zeit ein in vMer Blüte stehender Zwetschgen-
baum zu sehen.
Neusatz, M. Dez. Ein nachahmenswertes
Beispiels edler AufopfenZng gaben einige hiesige Kinder.
Ein Knabe hatte sich den "Unterleib in schrecklicher Weise
verbrüht. Als einziges Rettungsmittcl bezeichnete der.
Arzt die Auslegung lebonder Haut. Er wandte sich an
den Lehrer, mnd siehe, mickst weniger als sechs 12- bis.
IZKihrige Schüler.- — kmrunker einige Mädchen — mel-
deten sich zu der schmerzlichen Operation, der sie sich unter-
zogen, ohne einen Laut des Schmerzes von sich zu geben.
Pest, M. Dez. Merfchiedenes.s Bei Csurog,
Eomitat Baro, ertranken durch Umschlagen eines
Kahnes ans der Theiß von 34 über den Fluß fahrenden
Arbeitern 6. - - Im Oh nbaer Walde, Comitat Krasso
Szöreny, bereiteten sich 7 Arbeiter ihr Mahl. Plötzlich
entzündete sich ei« Menge Dynamit, das in'der
Mähe gelegen Haben mußte. Alle bis auf einen kamen
«ms Leben.
Aus der 7 Schweiz, 3l). Dez. (Von einer Wcih-

me der 2mm- und
-als Benagen das
Lvlksblstt" und
Illustrierte Tonn-
. Preis 30 M«-,
Beiblättern 40 Pfg«
alich. Durch drePostvier-
ahLlich 1 WK. Be-
stellgeld.

Johannesburg, 29. Dez. Das Bureau Reuter
meldet vom 27.: 400 bis 500 Buren Meter Ben Vil-
joen griffen - Mit einem Marinegeschütz eine Abteilung unserer
Truppen in der Nähe -von Moddcrsfontein -an. Die
Stellung wurde tapfer -verteidigt, bis B«MMmgen aus
Boksburg eintrafen, welche den Feind vertrieben. Den
Buren gelang es, wie bereits gemeldet, die Batterien von-
Newkl-sinfontcin und Chimecs zu beschädigen und die Posten
zu vernichten. Sic verbuchten auch die SpanidwerA in
Brand zu stecken, doch wurde das Feuer von Kaffern gelöscht,
St am d e r t on, 29. Dez. Das Bureau Reuter meldet
vom 27.: -Gestcrvi kam es 12 Meilen -östlich von
Stawderton Mische« 2OÄ Buren und 15-D Brüten,
welche -Nahrungsmittel aus einer Farm fortschchfen wollte«,
zu eiWNttG esech t. Auf Seiten der Briten wurden zwei
Mans verwundet, doch gelang es ihnen, die Nahrung,s-
mittcl fortzuschrffen.

AGWWSG
? -'N Jahreswechsel
,cu Lesern und Leserinnen die
n Glückwünsche!
AG NS-s -

Dee füSafMarnsche Krieg.
London. 29' Dez. Ein Telegramm LordMtchcners -
Vs Pretoria von gestern meldet: Während -eine in der
e von Grrylingstad operirende Abteilung.unter Col-
in ein Gefecht mit dem Feinde verwickelt war, griff
andere feindliche Abteilung Cclvillcs Train sn. Eine -
pagnie mit einem Geschütz unter Kapitän -Radcliffe-
g den Feind zurück. Radcliffe und ein .anderer
kän wurden verwundet, 8 Mann gctödtct, 27 ver-
>et, 20 werden vermißt. Lord Kitchener fügt -hinzu,
die Kompagnr: sich sehr tapfer hielt.

Derrtsches Meich.
Berlin, 29. Dez. Der -(«als Kommandant des Ka-
»ncnbootcs „Iltis"' bei der Takuforts verwundete) auf
ch- Heimreise befiM-iche Korvettenkapitän Lans trifft am
!. Januar in Genua ein. Das Befinden war bei seiner
breise in choiotzama -vorzLglich.
Berlin/29. Dez. Die „Wordd. Allg. Ztg." .meldet :
st-inz Heinrich von Preußen ist durch KabinMordre
ivm lo. Deccmbcr nb 1. Januar für einige Seit zu
Huer Information nach Berlin kommundirt. Dem
tzunsche des Kaisers entsprechend wird Prinz Hinrich
Während dieser Zeit.auch mst dem Auswärtigen Amte in
8erührm.g treten.
Weimar, 29. Dez. Der Groß Herzog Hst den
estrigen Tag größteiettils schlsffcndAlgcbracht. Ein gegen
Uhr abends eingctretemr Schwächeanfall chat sich.rasch
Ichobcn. Heute früh betrug die Temperatur 37,6. EG
'igc Stunden ruhigen Schlafes .Haber! wesentliche Besserung
kbracht. '_

Aus Stadt Md Bezirk Heidelberg.
Heidelberg, 30. Dez.
— (Eure Bitte,) die sich alljährlich an den fühlenden
Menschen richtet, ist die, beim Scheiden des alten Jahres
der Neuesten Diener des Publikums, der Postboten und Brief-
träger sowie der Zeitungsträger zu gedeukcn. Pflichteifrig
und unermüdlich wandern sie Tag für Tag von Haus zu Haus,
von Thür zu Thür Trepp auf. Trepp ab, mag nun die Sonne
ihre Mengenden Gluten herabscnden, mag Sturm und Wetter
-losen. An ihr -pünktliches Erscheinen klammert sich die Sehn-
sucht, die Hoffnung vieler Tausender jahraus, jahrein. Möge
deshalb «uch ihnen, den braven Männern, den Wackern Post-
bvlrn .au der Jahreswende an jeder Thür ein freundliches

Die Wirren M ChiNE.
LvAd-E, Ld. Dez. Der .„StiMdard" Meldet aM
Sh asg h ai -.v»m 28.: - Hier «WölsufenM Möldvng«
, aus Schaust Mslge - «namite die Kaise-räm -Wi-tw e,
als der Hof-sich-in TaL-yucu-fu Mfhült, emM füntzehrr- . . - . . , ,
jährigen Knaben, Tringhsu mit Namen, heimlich zur« i -Hstch tzcbirgsb csteiguugj berichtet die „Neue
-neuen .Kaiser. In dem. betrefferckm EorwnnuqgSaktk siMricherZeitmlg" aus Zermatt: Fräulein Crettier
war das Berchot-enthalte,. Nachricht von-der Thron- fEs Amsterd am bestieg gestern mit den Führern Felix

Kal-Anzerger
MuerHeidellmger Anzeiger
<27. Zsdrgang.)
Druck und-Berlag »on'K. Geisewdöust-v. Beranllvorllich: Hch. -Grisrndör-fsr-.
GeschäftssteUer UnLerle 17.
 
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