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Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1900

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Nr. 231 - Nr. 240 (4. Oktober - 15. Oktober)
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27. JÄhrgarrg.

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trud hatte jedes Wort gehört, und ihr Haupt beugte sich
tiefer über die Hand der alten Frau, ihrer Großmutter.
War es möglich, daß Herbert solche Worte sprechen
konnte, wenn er ruhig zusah, daß seine Mutter sie be-
schimpfte? Nein, das war nicht möglich! Bisher hatte sie
noch nichts in seinem Charakter gefunden, das ihn unlauter
handeln.oder auch nur Unlauteres dulden lassen konnte,
seine Mutter mußte also die Unwahrheit gesprochen haben.
Aber gleichviel, wenn sie heute blieb, so konnte sie ja
morgen gehen, und daß sie dies thun würde, das wußte
sic bestimmt.
Bange Minuten vergingen, ehe der Arzt cintrat. Er
kannte die Gräfin und ihr Leiden von ihren früheren Be-
suchen auf Landskron her und wandte sofort die geeig-
netsten Linderungs- und Beruhigungsmittcl an. Als der
alten Dame das volle Bewußtsein wicdergckehrt war,
grüßte sie mit schwachem Nicken den Arzt: „Gut, daß
Sie da sind, Doktor; sagen Sie ihr," — die Kranke
deutete auf Gertrud, deren Hand sie nicht freigelassen hatte,
— „daß sie bei mir bleiben soll; sie will es nicht, ihre
Finger zucken in meiner Hand und sind eiskalt. Aber ich
bitte Dich so sehr, so sehr . . ." Eine große Thräne rollte
über die welken, gefurchten Wangen der alten Frau, und
ihre Augen hingen angstvoll an Gertruds Lippen, als
wenn Leben oder Tod für sie von ihnen abhingen
Ernst und voll waren die Augen des Arztes auf Ger-
trud gerichtet, sie mußte ihre Blicke vor den seinen senken,
und leise sprach sie: „Seien Sie ruhig, ich bleibe!" Sie
vergab sich durchaus nichts dadurch, daß sie die Hand,

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Der südafrikanische Krieg.
L ouren zo-Ma rq uez, 12. Okt. Ein portugie-
sisches Transportschiff mit dem neuen Gencralgouvcrneur
Gorjao und 1200 Soldaten ist hier eingetrossen.
King-Will i am s-T own, 12. Okt. Das Blatt
„Mercury" veröffentlicht eine Depesche aus Bethulie,
laut deren die Bur en vorgestern einen Vorposten und 12
Milizsoldatcn gefangen nahmen. Vier Engländer und auch
vier Buren wurden verwundet. Die Buren zerstörten
600 Meter der Eisenbahnstrccke nördlich von Bethulie.

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Mr KeiöelBerg unö Mrngegen-


Hund. ÄbF
der Post

war, ihre Schwiegertochter war doch noch schöner. Und als
diese vor der alten Gräfin Frankenthurn kniete, hätte
jeder Fremde sehen müssen, daß sie ein und demselben
Geschlechte angehörten. — Was würde sie darum gegeben
Haben, wenn sie die heutige Szene mit ihrer Schwieger-
tochter hätte ungeschehen machen können! Sie hatte zu
Gertrud gesagt, sie würde ihr halbes Vermögen niissen
wollen, wenn sie die Ehe ihres Sohnes lösen könnte. Jetzt
wäre sie jedenfalls noch viel eher bereit gewesen, ihr halbes
Vermögen dafür zu opfern, daß sie die wenigen Worte
nicht gesprochen hätte, mit welchen sic ihren Sohn bei
seiner Frau verdächtigte. Leise trat sie zu ihrem Sohne:
„Hast Du gewußt, daß . . .?"
„Daß Gertrud die Enkelin der Gräfin Frankenthurn
ist? — Ja, ich erfuhr es wenige Tage vor meiner
Hochzeit."
„Warum hast Du cs mir verschwiegen?"
„Ich habe Gertrud geheiratet, weil ich ihren Wert er-
kannte; ihre Verwandte hätten die obskursten Leute der
Welt sein können. Ich hoffte, daß auch Du Dich übcr-
zcugeu würdest, daß Gertrud keinen Adelsbrief braucht.
Die freundlichere Aufnahme, die meine Frau dem zu-
fälligen Umstand verdankt hätte, mit einem Aristokraten-
geschlecht verwandt zu sein, würde von ihr mit Recht nur
als eine Beleidigung empfunden worden sein."
Zürnend und mit verächtlicher Miene wandte sich die
Gräfin ab.
So leise das Gespräch auch geführt worden war, Ger-

Urmnek
Zu erfrag,
eckarstraßeZ^

die am 4. Oktober unabhängig von dieser Unternehmung
von Dangtsicn aufgebrochen sind, wurden angehalten. Sie
warten auf die Hauvtruppe. Amerikaner, Russen
und Japan er beteiligten sich nicht an der Unternehmung.
Trotz aller Versicherungen der Chinesen vom Gegenteil
rechnen die Befehlshaber der Verbündeten auf Widerstand.
Peking, 12. Okt. Die „Morning Post" meldet
vom 7. d. M.: Gegenwärtig sind nur noch 1300 Russen
in Peking, davon stellt die Mehrzahl unter deutschem
Oberbefehl. Li-Hung-Tschang wird wahrscheinlich
Dienstag hier eintreffen. „Daily Telegraph" erklärt, daß
die Nachricht, cs seien für Hongkong noch 10,000 Mann
verlangt worden, unrichtig sei.
Shanghai, 12. Okt. Die „Morning Post" meldet
von vorgestern: Die Unruhen im Innern dauern
noch immer fort. Man versichert, die Aufständischen in
Setschwan seien mehrere tausend Mann stark. Der Vice-
könig von Setschwan teilte telegraphisch dem Vicckönig
Tschangluhitung in Hongkong mit, er möge Vorsorge
treffen, daß den Aufständischen nicht gestattet werde, in
Huce einzudringcn. Der Aufruhr in Kwantung sei
noch nicht nicdcrgcwvrfen.
Petersburg, 12. Okt. Der chinesische Gesandte
ist gestern nach Aalta abgereift. — Nach einem Tele-
gramm des Admirals Alexejew aus Port Arthur wurde
am 2. d. M. das russische Torpedoboot 207 von dem
Torpedoboot 204 angerannt und sank. Drei Menschen
wurden leicht verletzt.
Washington, 12. Okt. Gestern teilte General
Chaffee dem Kricgsdepartement telegraphisch aus Peking
mit, daß Li-Hung-Tschang als Vertreter der Provinzial-
regierung in Äuentsin die Zurückerstattung der Kriegs-
beute im Werte von 278000 Dollars verlange, welche
die amerikanischen Truppen bei der Zerstörung des kaiser-
lichen Schatzes (in der kaiserlichen Bank in Peking?) an
sich nahmen. Die Depesche Chaffees wurde dem Staats-
departement übermittelt, wo man nicht glaubt, daß die
Bente jetzt wieder den Chinesen ausgehündigt wird, aber
nicht zweifelt, daß der Betrag bei der cntgiltigen Regelung
der Dinge in China demselben gut geschrieben wird.
Shanghai, 12. Okt. 110 britische Lanzen-
reiter sind, wie das Rcutcrschc Bureau meldet, nach dem
Norden abgcgangen.
Shanghai, 12. Okt. „Daily Telegraph"
meldet von gestern: Der Telegraphendircktor Sch eng er-
hielt ein Telegramm von General Sn, in welchem dieser
100 000 Mann zur Unterdrückung des Aufstandes im
Südwesten von Kwangsi und Auennan verlangt. General
Su verfügt bereits über 30 000 Mann.

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Wer worden war.
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irr.
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pitalgasse^A-

Die Wirren in China.
^ew-Aork, 11. Okt. Eine Depesche aus Tientsin
,^.9. Oktober besagt: Gcneralfcldmarschall GrafWal-
y ste hat angeordnet, daß die Unternehmung nach Pao-
am 11. d. M. abzumaschircn hat. 5000 Deutsche,
,?svscn, Engländer und Italiener verlassen Tientsin
dem Befehle des Generals Baillodcl und vereinigen
W der Nähe von Paotingfu mit einer gleich starken
welche unter dem Befehl des Generals Gasclle
^Peking aufgebrochen ist. Vier französische Bataillone

Vermischte Nachrichten.
RV Karlsruhe, 12. Okt. sV v l k s b i b l i o t h c k
des B a d. F r a u e n v e r c i ns.j Um die Veranstaltung
von Untcrhaltungsabenden, welche besonders seitens er-
fahrener Geistlicher und Lehrer auf dem Lande und in
kleineren Städten in den letzten Jahren unternommen
wurden, zu fördern, hat der Bibliothckausschuß des Bad.
Frauenvereins einen Lichtbilderapparat sowie mehrere
Serien von Lichtbildern erworben, welche beide zusammen
oder auch einzeln an Gemeinden und Zweigvereine des
Frauenvereins gegen geringe Vergütung verliehen werden.
« Verschiedene Einzelbilder, welche besonders bei patriotischen
I Veranstaltungen den Beifall des Publikums finden, ent-
halten hübsche Episoden aus dem Familienleben des ba-
dischen Fürstenhauses; die Bilderserien, meistens aus
30—50 Aufnahmen bestehend, welchen ein eigener dazu
verfaßter Text bcigefügt ist, umfassen teils Bilder aus
Palästina oder Rom oder vom Rhein, teils sind sic be-
lehrenden und patriotischen Inhalts (astronomische, physi-
kalische und Manöverbildcr v Anfragen sind möglichst bald
an den Bibliothckausschuß des Bad. Fraucnvercins, Bis-
markstraßc 57 in Karlsruhe zu richten, wo auch die
näheren Bedingungen über den Versandt der Bilder zu
erfahren sind. Gleichzeitig sei noch darauf hingewicsen,
daß an dieselbe Stelle vom 15. Okt. bis 1. Dezember
Bestellungen auf Bücherscndungen aus der Volksbibliothek
des Frauenvcreins gerichtet werden können. Da nach dem
1. Dezember die Versendung von Büchern wegen Lokal-
wechsels auf kürzere Zeit unterbrochen werden muß, so ist
möglichst baldige Bestellung in eigenstem Interesse der
Leser, welche von dieser gemeinnützigen Einrichtung Ge-
brauch machen wollen, notwendig. Kataloge sammt zwei
Nachträgen und Bestimmungen können unentgeltlich vom
Vibliothekausschuß bezogen werden.
Rastatt, 12. Okt. sOrigincllc Wettc.j Gestern
Abend 6 Uhr passierte der Dienstmann Franz Nespor
aus Prag, welcher ans eine Wette einen 158 Kilo

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Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- u. Feiertage.
Ais Beilagen das „Heidelberger Bolksblatt" und das
Sseitige „Illustrierte SonntagSblatt". Preis SS Pfg.,
mit dm Beiblättern KK Bfg. monatlich. Durch die
Poft viertellfibÄick »O Hfg. ohne ylrftcllSdld.

Anzeigen: die l-spattige Peritzeile oder deren Raum
IS Pfg. Lokale Geschäfts- und Privat-Anzeigen be-
deutend ermäßigt. Reklamen KO Pfg. Mir Aus-
nahme von Anzeigen an bestimmten Tagen wird nicht
garantiert. GraHt^rdrsitnng durch Sänlenanfchlag.

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Demtschcs ILerch.
( Homburg v. d. H., 11. Okt. Das Kaiserpaar
A sich zu seinem großen Bedauern genötigt, die Besuche
Z Hügel, in Barmen, Elberfeld, dem Kreise Mettmann
^"Hildesheim zu verschieben, da das Befinden der
Z.iserin Friedrich es dem Kaiferpaar erwünscht cr-
Wcn läßt, einige Tage in deren Nähe zuzubringcn.
Kaise:-paar hofft aber zuversichtlich, jene Besuche nach
bisherigen Programm im Lause dieses Monats auS-
zu können.
h Berlin, 12. Okt. Der „Krcuzztg." zufolge ging dem
lindes rat eine Vorlage betreffend die Festsetzung der
führen für die Beförderung der Nebenblätter
außerg cöhnlichcn Beilagen von Zeitungen zu.
Frankreich.
(. Paris, 12. Okt. Ter „Siecke" warnt die Regierung
?"r, pcm Präsidenten Krüger die Landung in Marseille
gestalten, da cs sich vielleicht um ein zwischen Dr. Lcyds
O den Nationalisten angczcUcltes Manöver handle, durch
Frankreich nur Verlegenheit bereitet werden könnte,
dem „Figaro-- will ein ehemaliger Abgeordneter der
Gierung den Plan vorlegcn, den Buren behufs Ansied-
größere Ländereien in Madagasgar zu überlassen,
cs sei alle Hoffnung vorhanden, daß der Plan Er-
haben werde. Dem „Gaulois" zufolge wünscht Ge-
Preisl^gral'^ ,^-l Frey, Kommandeur der Marineinfanterie in China,
e Gesundheitsrücksichten von seinem Posten enthoben zu
^dcn.
Oesterreich- A ngar u.
h Nim, 11. Okt. Beim Empfang der Großherzogin
sh Toskana und ihrer drei Töchter that der Papst
gerungen, die großes Aussehen erregen. Er bezeichnete
, 4 -"Vs ' Wr traurig und
(,5'c sie aus Mcuschenfurcht und Energielosigkeit höch-
ster, einflußreicher Persönlichkeiten Oesterreichs zurück.
(Mbar ist das die Antwort des Papstes auf die dem
Emichos Stadler von Serajewo erteilte Rüge.

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, x tz, Zuständc in Ocste r r c i ch sehr
usllche Ar sj? Nils MensckimnirckN irnd Erie
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Wie es endete.
) Roman von Maria Theresia May.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Erschrocken, bestürzt, aufs heftigste bewegt, hatten die
^finden der aufregenden Szene zugesehcn. Herbert
in der Seele leid, daß er seinem geliebten Weibe
Zusammentreffen nicht hatte ersparen können, daß
nicht wenigstens hatte vorbercitcn können. Wie viel
würde dies der Fall gewesen sein, wenn er gewußt
hs welcher Verdacht gegen ihn heute in ihre Seele
'. Er hätte nicht wie jetzt im Stillen
- das Unerwartete und Erschütternde der
lh.MUng und die so ergreifend geäußerte Sinncsände-
°Zr alten Gräfin den Edelmut Gertruds wecken und
Starrsinn beugen würden. Jngeborg war noch zu
lischt und erregt, um über ihre Gefühle völlig klar
'O.^cn, nur hätte sie neben dem schönen jungen Weibe
h wiecn und sie „Schwester" nennen mögen, so groß
V^winnend war der erste Eindruck der Persönlichkeit
auf die junge Gräfin Preyern. Die arme kleine
Wine wagte nicht, sich zu regen. Was nur Otto
allen sagen würde! Und nun war doch Gertrud
^stne Bürgerliche mehr, — wie schade!
w alte Gräfin hatte fast völlig ihre Fassung ver-
Immer wieder glitt ihr Blick vergleichend von
zu Gertrud, da half kein Leugnen, die beiden
o sich wie Geschwister; aber so schön auch Jngeborg

KamstW. 13. Oktober IWO
 
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