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von E. (M"
üdelberg.
Ur. 183. _27. Jahrgang.
< SkWstWe: üstm Marßrstze 17.
Neuev
Samstag, 11. August 1900.
EWstWe: llvtm Ntlkarstraße 17.
DeiöelberM' Anzeiger.
Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- u. Feiertage.
Als Beilagen das „Heidelberger Bolksblatt" und das
8seitige „Illustrierte Sonntagsblatt". Preis 25 Pfg.,
mit den Beiblättern 36 Psg. monatlich. Durch die
Poft vierteljährlich 06 Üsq. offne Bestellgeld.
Insev«rtent»tatt
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nahme von Anzeigen an bestimmte« Dogen wird nicht
garantiert. Gratrsverbreitnug durch Säuleuauschlag.
D-—— --—
Deutsches Reich.
Berlin, 10. Ang. Anläßlich der Ernennung zmn
Obcrkommandiercnden in China gingen dem Grafen
Balder fee sehr warm gehaltene Telegramme des Kaisers
rtranz Josef und Königs Victor Emanuel zu.
Das Telegramm des Königs ist von gestern, dem Tage
der Beisetzung Königs Humberts. Gestern Abend hatte
Graf Waldcrsec Besprechungen mit dcn höheren Offizieren
des Kricgsministcriums und den Offizieren seines Stabes,
soweit dieser schon versammelt ist. Graf Waldcrsce wird
heute noch verschiedene Konferenzen haben, und gedenkt so-
dann heute Abend oder morgen nach Hannover zurück-
sUkchrcn. Die Reise nach Ostasicn wird er am 21.
oder 22. August mit seinem Stabe in Genua bczw. Neapel
Wit dem Reichspostdampfcr „Sachsen" antrctcn. Graf
waldcrsce geht zunächst nach Shanghai.
Berlin, 10. Ang. Die Abendblätter melden: Zum
Ä)cf des Stabes des Grafen Waldcrsce ist der
Kommandeur der ersten ostasiatischcn Brigade Generalmajor
"r. chu-, v. Groß gen. Schwarzhoff ernannt worden.
Halberstadt, 10. Aug. Oberst Frhr. v. Gayl
dvin 27. Infanterieregiment, beauftragt mit der Führung
der 74. Brigade, wurde, der „Halberst. Ztg." zufolge,
Am O berg uarti erweist er beim Stabe des Grafen
waldcrsce ernannt.
Die Wirren in China.
Berlin, 10. Aug. Das Rcichsmarincamt steht
Wit dem Norddeutschen Lloyd und der Hamburg-Amerika-
Wriie wegen Charterung der Dampfer „Krefeld",
'Darmstadt,,, „Hannover", „Roland", „Andalusia",
"Arkadia,,, „Pallatia", und „Valdivia in Unterhalt d-
dngen.
Berlin, 10. Ang. Wie die „Daily Mail" sich von
Acr melden läßt, haben Frankreich, Rußland , Italien
'wd O cstcrrcich der Ernennung des Grafen Waldcrsce
^>m Obcrkommandicrcnden in China zugestimmt.
Berlin, 10. Aug. Die Meldung der Blätter, daß
dsf Entsendung weiterer 15—20,000 Mann nach China
^schlossen sei, entbehrt, wie Wolffs Telegraphcn-Burcau
"on zuständiger Seite erfährt, jeder Begründung.
, Köln, 10. Aug. Bezüglich der auch von anderen
Mächten nach China abgcordneten Verstärkungen
v>rd der „Köln. Ztg." aus Berlin vom 9. August gc-
Aldct: Neber die deutschen Verstärkungen ist schon
^sagt worden, daß dieselben 4 Bataillone Infanterie sowie
Batterien Artillerie, 2 Kompagnien Pioniere und 1
Schwadron Kavallerie betragen und zusammen annähernd
7,000 Mann ausmachcn sollen. Wie wir hören, ist
diese Zahl durch freiwillige Meldung reichlich erzielt
worden, sodaß dem Abgang der neuen Truppen nichts
mehr im Wege steht. Mit äußerster Beschleunigung werden
die deutschen Transporte nicht vor 4 Wochen zur Ein-
schiffung fcrtiggcstcllt werden können. Ob diese 4 Bataillone
zur Errichtung einer neuen Brigade zu je 2 Regimentern
verwendet werden sollen, oder ob man durch sie die schon
auf dcn Transport befindlichen, ostasiatischen Regimenter
auf je 3 Bataillone bringen wird, ist noch nicht bekannt.
Die Mannschaften der anderen Waffen werden jedenfalls
dann den anderen Truppenteilen ungegliedert werden. Durch
die Blätter läuft die Meldung, daß die Entsendung von
weiteren 15—20000 Mann nach China beschlossen sei.
Wir glauben bestimmt zu wissen, daß augenblicklich an
eine Truppcnsendnng, die auch nur annähernd von dieser
Höhe wäre, nicht gedacht wird.
London, 10. Aug. Nach der „Mvrning Post" ist
hier ein vom 27. Juli dadirtes Telegramm Sir Robert
Harts cingegangcn, das mit den Worten beginnt: Glück-
licherweise noch am Leben." Aus dem Telegramm
geht hervor, daß Hart noch die Zollverwaltung leitete.
New-Park, 10. Aug. Nach der „Morning Post" ist
hier eine Depesche aus Shanghai eingcgangcn» daß 35000
Chinesen eine Umgchungsbcwcguug auf Tientsin
machen sollen und bereit seien, die Stadt anzugrcifen. Es
soll Befehl ergangen sein, daß die Entsatzkolonne zurück-
kehre. Im Kriegsdepartemeut messe man der Nachricht
keinen Glauben bei.
Shanghai, 10. Aug. Nach dem Bureau Reuter
erfährt der französische Konsul, in der nächsten Woche
würden hier zum Schutze der Frcmdcnnicdcrlassung 3000
anami tische Truppen gelandet werden. Dem Ver-
nehmen nach ist ein Edikt erlassen worden, welches Li-
Hung-Tschang beauftragt, über den Frieden zu verhandeln.
Shanghai, 10. Aug. Nach dem „Taily Telegraph"
sind neuerdings sechs französische Priester im Süden
von Tschili ermordet worden. — Nach einer Meldung
Londoner Blätter beabsichtigt Frankreich 1200 Mann
hier zu landen. — Nach einer aus Peking eingctrofsenen
Depesche übersandte die Kaiserin-Witwe nm 28. v. M.
vier Wagen mit Lebensmitteln an die fremden Gesandten.
Shanghai, 10. August. Die hiesigen chinesischen
Kaufleute richteten dem Bureau Reuter zufolge, ein Ge-
such an die ausländischen Vertreter gegen die Sendung
curopäis chcr Truppcn, da ein solches Vorgehen unter
dcn Chinesin eine Panik Hervorrufen würde. Ein chinesischer
Beamter sagte, Lipinheng sei mit 15000 gut ausgebildeten
Soldaten nach Jkangtsun marschiert, um den Verbündeten
cntgcgcnzutrcten.
Hongkong, 10. August. Nach einer Meldung des
Bureau Reuter gehen zwei indische Regimenter
morgen nach Shanghai ab, ein drittes Regiment wird
nächsten Sonntag folgen. In Canton wurden gestern 17
Piraten und Räuber Hingerichtete in der Stadt
herrscht Ruhe.
Tschifu, 10. August. „Daily Expreß" meldet, die
Verbündeten marschierten am Montag früh auf Aangtsuu,
das von 15000 Chinesen gehalten wurde. Nach Mündigem
heftigem Kampfe wurden die Chinesen zurückgcworfcn. Die
"Verbündeten hatten 322 Tode und Verwundete.
London, 10. Aug. Die hiesigen katholischen
Missionare veröffentlichen ein Telegramm des Pater
Dcsmasguez vom 3. Ang., wonach in Tschili mehrere
Missionare und 3000 eingeborene Christen er-
mordet seien. Auch in der nördlichen Mandschurei wurden
mehrere Missionare ermordet.
Die Tropenausrüstung des Grafen Waldcrsec.
Die Ausrüstung, welche Gcueralfcldmarschall Graf
von Waldcrsec und die übrigen höheren Offiziere nach
China mitnehmcn, ist ein Muster von praktischer Einrichtung
und Bequemlichkeit. Sic ist aus Dutzenden der ver-
schiedensten Gegenstände und Utensilien zusammengesetzt,
alle aber sind ingeniös ausgcdacht und so gearbeitet, daß
sie im Handumdrehen zusammcngepackt und gefaltet werden
können und einen sehr geringen Raunk.,cinnchmcn. Die
Tropcuausrüstung des Grafen von Waldcrsce besteht aus
einem geräumigen Zelte, einem eisernen Feldbette mit Ge-
stell für das Moskitonetz, einem großen Feldstuhl, der
ebenfalls mit einem Moskitonetze versehen werden kann,
zusammenlegbarem Waschgcschirr, Kochutensilien, Laterne,
Eß- und Trinkgcräthcn u. s. w. Sehr interessant ist ein
kleiner Filtrirapparat in Taschenformat, den man überall
hin mitnehmcn kann und der in dcn Sümpfen Chinas
sicherlich vorzügliche Dienste leisten wird. Er ist aus
Hartgummi hcrgcstellt. Der Boden ist siebartig durch-
löchert. In dem Apparat befindet sich ein auf künstlichem
Wege hergestelltcr Stein, der in einem Saugapparat ein-
gelassen ist. Mau braucht also den Apparat nur in das
Wasser zu senken und dann zu saugen, um stets bakterien-
freies Wasser zu erhalten. Sehr praktisch sind auch die
Wickelgamaschen aus einer Art Lodcustoss, die sich in
Südafrika sehr gut bewährt haben. Zum Schutze gegen
die Moskitos dient ein Kopfnetz, das auf einem auf dcn
Schultern ruhenden Gestell befestigt ist. Die ganzen
Utensilien sind aus Metall oder Hartgummi angefertigt.
Der südafrikanische Krieg.
Prätoria, 10. Aug. Nach der „Daily Mail" ist
S)
Wir es endete.
Roman von Maria Theresia May.
jNachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
2^ „Und wenn Du sic fändest, liebster Herbert, würdest
sic ganz gewiß nicht heiraten. Es werden Dir, dem
^wärmer, dem Idealisten, die „Traditionen" Deiner
MNiilic cinfallen, und Du wirst, ihnen getreu, hingchcn
um die Hand der Gräfin Jngcborg Preyern bitten.
Na, lassen wir cs gut sein, Du bist doch der einzige,
Zll ich sjc gönne, obgleich meine Verehrung für Deine
> siufinc eine ernsthafte, dauernde ist. — Bleiben wir noch
Herbert? Ich meine, cs wäre Zeit zum Frühstück!"
K . "Ja, gehen wir, Lothar. Ich habe meine Skizze
- wundervollen Thales nahezu vollendet. Was noch
mache ich morgen." Der junge Graf erhob sich,
Beispiele seines Gefährten folgend. Plötzlich stieß
- stcr ciucn Ruf des Schreckens aus und untersuchte hastig
'"c Taschen.
^"Du lieber Himmel, ich habe meine Brieftasche vcr-
"Hast Du Wertsachen darin?"
..Ja, mein ganzes Reisegeld —"
..Nun, das wird sich ersetzen lassen."
H "Außerdem nicinc Lcgitimativnspapicre und meinen
'lllantring, ein Andenken meiner Mutter."
v ..Dieser Verlust wäre allerdings unersetzlich", rief Graf
ndskron teilnahmsvoll; „aber wenn die Brieftasche über-
haupt gefunden wird, erhältst Du sie hier bestimmt zurück.
Die Landbevölkerung ist sehr ehrlich. Wir werden beim
Gemeindevorsteher von Böckstcin sofort dcn Verlust an-
zeigen, und aus dem Rückweg wollen wir selber suchen."
„Das wird nicht nötig sein", unterbrach in diesem
Augenblicke eine Helle Stimme das Gespräch der beiden,
„ich glaube, ich habe das gesunden, was Sic verloren
haben."
Blitzschnell wandten sich die Freunde um. Da stand
ein junges Mädchen vor ihnen, dessen Kommen sic voll-
ständig überhört hatten. Sie zählte wohl kaum achtzehn
Jahre; ihre Erscheinung war so eigenartig und dabei von
so außerordentlichem Liebreiz, daß die Freunde sic in höch-
ster Betroffenheit anstarrten.
Sie war groß, von anmutiger Figur, das Haar von
schönstem Blond umrahmte ein regelmäßiges Gesicht, aus
welchem die dunkelbraunen Augen wie große Fragen hcr-
vorlcuchtetcn. Die kleinen, weißen Hände waren ohne
Handschuhe; ein runder Strohhut, mit einem Strauße
frischer Kornblumen als einziger Schmuck verziert, hing
lose über ihrem Arm, und ihr Kleid war vvm einfachsten
Stoff. Die ganze Erscheinung trug dabei so sehr dcn
Stempel der Vornehmheit und edelsten Reinheit, daß man
über diesen Widerspruch zwischen dem Wesen und dem
Acußcrcn des jungen Mädchens nicht leicht hinwcgkommcn
konnte.
„Vermissen Sic diese Brieftasche?" fragte das Mäd-
chen ruhig, scheinbar ohne die Uebcrraschung der beiden
Herren zu bemerken, und reichte ihnen, nachdem sie sich
den Hut leicht auf dcn Kopf gedrückt hatte, eine elegante
Tasche von schwarzem Leder hin.
Lothar von Rhoden griff schnell danach. „Ja, liebes
Kind — mein Fräulein", verbesserte er sich, da ein stolzer
Blick der großen, braunen, in goldenen Lichtern schimmern-
den Augen der Fremden ihn traf. „Ja, das ist meine
Brieftasche. Ich habe soeben erst den Verlust bemerkt
und bin sehr erfreut, sic wieder zu haben. Nehmen Sic
meinen besten Dank —" er schwieg verlegen. Wie sollte
er cs anfangen, dem Mädchen einen Finderlohn anzu-
bieten, diesem wunderschönen Geschöpf, welches in seinem
fast ärmlichen Anzug, dem jedoch eine gewisse Zierlichkeit
anheftetc, aussah wie eine verkleidete Prinzessin.
Die Fremde neigte leicht und kühl das Haupt und
wandte sich zum Gehen, ohne irgend eine fernere Bemer-
kung, aber auch ohne ein Wort des Grußes.
Da sah Lothar dcn jungen Grafen an, dessen Augen
wie gebannt an dem Antlitz der Unbekannten hingen. Un-
willkürlich fragte sich Rhoden, ob dieses Mädchen nur er-
schienen war, um Herberts Traum zu verwirklichen. Noch
einmal überflog Lothar ihre Erscheinung von dem großen
Strohhute, welcher das glänzende Haar bedeckte, bis zu
den derben Lcdcrstiefcln, in denen die kleinen Füße steckten.
Nein, sicherlich, dieses Mädchen gehörte trotz der An-
mut ihrer Erscheinung und der Sicherheit ihres Beneh-
mens keiner bevorzugten Gesellschaftsklasse an, und es war
wohl gut, wenn sie ging und für immer verschwand, so
daß Herbert gar nicht erst in die Versuchung kommen
konnte, zu prüfen, ob er hier die Verwirklichung seines