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Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1900

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Nr. 231 - Nr. 240 (4. Oktober - 15. Oktober)
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Nr. 240

Montag, 15. Oktober 1900

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„Daily Telegraph" meldet aus
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sonderbaren Unruhe; sie wanderte dann durch alle Räume
des Schlosses, und jetzt erinnere ich mich, daß sie wieder-
holt die Galerie aufsuchte, wo einst Tante Cillas Bild
gehangen, und das kleine Zimmer, in dem die unglückliche
Frau als Mädchen gewohnt hat. Das heißt — wer
weiß, ob sie unglücklich gewesen ist," unterbrach sich Jngc-
borg, „von ihren späteren Schicksalen weiß ich garnichts,
auch Onkel Körting konnte nichts darüber sagen —"
Als die Gräfin stumm blieb, fuhr die Komtesse fort:
„Großmama beklagte sich nun immer häufiger über Schlaf-
losigkeit ; die Mittel der Aerzt halfen stets nur kurze Zeit,
und die Kammerfrau erzählte, daß Großmama oft mit
einem Schrei nachts aus ihrem Schlummer cmporfahre
und furchtbar stöhne, als hätte sie Gespenster gesehen.
Seit Neujahr steigerten sich die Nervenschmerzen der armen
Großmama; aber sic wollte nichts davon hören, nachdem
Süden zu gehen — doch das habe ich Dir ja alles ge-
schrieben. Es wurde nun sehr schwer, mit der Groß-
mama zu verkehren, sie ist von einer Reizbarkeit und Un-
geduld, die ihrer ganzen Umgebung die größte Selbstbe-
herrschung aufcrlegen; zuweilen aber versinkt sie stunden-
lang — besonders wenn die Schmerzen sehr heftig aus-
getreten sind in eine entsetzliche Apathie oder sie be-
kommt Wcinkämpfc. Dagegen war gar nichts zn machen,
wir mußten sie ruhig gewähren lassen. Vor vier Tagen
beschloß sie ganz plötzlich, hierher zu fahren. Ich durfte
Dir nicht schreiben, sic wolle keine Vorbereitungen, sie sei
hier zu Hause und sei sicher, Euch willkommen zu sein.
Ob Herberts Frau aber auf Schloß Landskron sei, fragte

Anzeigen: die 1-spaltiae PMtzeile oder deren Raum
LS Pfg. Lokale Geschäfts- und Privat-AmeiMN be-
deutend ermäßigt. Reklamen 80 Pfg. Mr Auf-
nahme von Anzeigen an bestimmten Tagen wird Et
aarantiert. Krasisuerbreiüing tmrch S8«l»»n«fchwg.

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angedcihcn lassen wollte. Es war seitens der chinesischen
Regierung keine Antwort cingctroffcn. Einer der Ge-
sandten machte den Vorschlag, sich in corpore nach dem
Tsuiig-li-Iamcn zu begeben. Der Antrag sand aber keine
Annahme, ein Glück, denn sonst wäre die schrecklichste
Nicdcrmctzlung erfolgt, die die Weltgeschichte je zu ver-
zeichnen gehabt hätte. Einige Augenblicke später verließen
zwei Tragstühlc die französische Gesandtschaft, nm sich nach
dem Tsung-li-Pamcn zu begeben. Im ersten befand sich
Frhr. v. Kettclcr, der gut chinesisch sprechen konnte, im
zweiten der Dolmetscher Cordes. Die Nachrichten laufen
schnell in Peking, denn vier Minuten später kam mein
Boy zn mir und rief: „Der deutsche Gesandte ist er-
mordet worden!" Es war richtig. Der deutsche Gesandte
war durch einen chinesischen Offizier erschossen
worden; eine Patrouille von 15 Mann ging unter der
Führung des Grafen v. Soden ab, um die Leiche aufzu-
heben, mußte sich aber vor den Kugeln der chinesischen Ge-
wehre unverrichteter Sache zurückzichen. Cordes, der
später krank darnicdcrlag, erzählte mir, daß der Mord am
deutschen Gesandten vorbedacht war und durch einen
kaiserlichen Soldaten auf Befehl von hohen kaiser-
lichen Beamten begangen worden ist.
Shanghai, 13. Okt. Man meldet das Erscheinen
I Li-Wing-Hongs und seiner Schwarzflaggcn in der Provinz
' Honan. Es heißt, er wolle sich zur Kaiserin nach Schansi
begeben.
Hongkong, 13. Okt. Die „Times" meldet: In
sechs Bezirken der Provinz Weitschou sind die Städte und
Dörfer in den Händen der Aufständischen. Ein beträcht-
licher Teil Truppen wird von Canton nach den aufrühre-
rischen Bezirken geschickt werden. Wäre der Aufstand in
Canton selbst ausgcbrochcn, so wäre eine Unterdrückung
schwierig gewesen.
Hongkong. 13. Okt. DerBischof von Canton
ist heute Vormittag gestorben.

ch incsischen Wirren bedeuten, die unmöglich unwider-
sprochen bleiben kann. Die chinesische Zollbank hat alle
diejenigen Zollerträge cinzunehmen, welche für die fremden
Anleihen verpfändet sind. Die Entziehung solch großer
Summen aus den Zolleinkünftcn für Zwecke, für die sie
nicht unmittelbar bestimmt sind, vermehrt selbstverständlich
die Gefahr, daß eines schönen Tages diese Zollcinkünftc
nicht mehr zur Bezahlung der Zinskoupons aus-
reichen werden, für die sie vorzugsweise bestimmt und ver-
pfändet sind, während bisher der Zinsendienst trotz der
unruhigen Zeiten keine Stockung und Unterbrechung erfahren
hat. Aber neben den ausländischen Gläubigern Chinas
haben auch die Großmächte als solche ein Interesse daran,
daß der Hof der Kaiserin-Witwe in Singan nicht durch
Zuweisung solcher beträchtlichen Summen in seinem Wider-
stand gegen die berechtigen Sühne-Forderungen der Mächte
und vor allem in der Weigerung der Rückkehr nach Peking
bestärkt wird. Je mehr der kaiserliche Hof in die Lage
gesetzt wird, sich in Singan häuslich und bequem cin-
zurichtcn, um so länger werden die bevorstehenden diplo-
matischen Verhandlungen verzögert und ihr Ergebnis in's
Ungewisse gerückt werden. Es erscheint angebracht, daß
die Mächte baldthunlichst ausreichende Maßregeln treffen,
nm die Erneuerung solcher Geldzahlungen au den kaiser-
lichen Hof in Singan unmöglich zu machen.
Berlin, 13. Okt. Wolffs Telegraphenbureau meldet
aus Tientsin von gestern: In der in Peking am 8. d. M.
abgchaltenen Konferenz der diplomatischen Ver-
treter brachte der englische Gesandte die drei in der
deutschen Note vom 1. d. M. angegebenen Gesichtspunkte
zur Sprache. Die Konferenz erklärt zu Punkt 1 : Ob
die in dem Edikt des Kaisers von China angegebene Liste
der Rädelsführer genügend sei, da zwei der Hauptschul-
digen auf der Liste fehlen: das sind Tungfuhsiang und
Juchsieng. Zu Punks 2: Ob die in dem Edikt verzeich-
neten Strafen genügend seien, daß das Strafmaß un-
genügend wäre. Zu Punkt 3: Daß jede Ausführung
der Bestrafung zu kontroliercn sei und die Strafen von
den Delegierten der Gesandtschaften vollzogen werden
müßten.
London, 13. Okt. Die „Times" veröffentlicht hcntc
den ersten Teil des Tagebuches ihres Berichterstatters
vr. Morisson in Peking. Es heißt darin über die Er-
mordung des Frhrn. v. Kettclcr: „Am 20. Juni,
vormittags, versammelte sich das diplomatische Corps in
der französischen Gesandschaft, um abermals über die
Lage zn beraten und Kenntnis zu nehmen von der Ant-
wort des Tsung-li-iyamcn auf die Forderungen des dip-
lomatischen Corps hinsichtlich der Schutzmaßrcgcln, welche
die chinesische Regierung für den Rückzug nach Tientsin

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Schwarz,
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10 Uhr:
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für Aeiöewerg und Mngegenö

„Gott, wie man dergleichen erfährt — hier ein Wort,
dort eine Andeutung und so weiter, bis ich einmal Onkel
Körting bat, mir ausführlich zu erzählen, weshalb der
Name von Tante Cilla nie vor der Großmutter genannt
werden durfte, und weshalb diese das Bild ihrer jüngsten
Tochter habe aus der Familiengalerie entfernen lassen."
„Und mein Bruder erzählte Dir natürlich bercitwilligst
die ganze Geschichte! — Er hätte auch etwas Besseres
thun können, — so etwas sieht ihm ähnlich!"
„Aber Tante, was schadet cs, — mir sind ja die
aristokratischen Grundsätze so unablässig vorgeprcdigt worden,
daß sie mir endlich in Fleisch und Blut übergcgangen
sein mußten."
Die Gräfin hörte nicht die leise Ironie der Komtesse
Preycrn, sic war zu sehr von ihren eigenen Gedanken ein-
genommen. „Das glaubt man," sagte sie wie zu sich
selbst, „und dann kommt der Sturm der Leidenschaft und
wirst Grundsätze über den Haufen, von denen man meint,
sie müßten festwurzeln wie hundertjährige Eichen! —
Nun also, was sagte die Großmama zu Herberts Ver-
mählung ?"
„Nichts, kein Wort; Großmama schwieg so hartnäckig
darüber, daß ich mehr als erstaunt war. Nur einmal
sagte sie: Er gibt ihr ja den Namen. — In ihren
Briefen an Dich, Tante, hat sie gewiß auch niemals die
Sache erwähnt?"
„Niemals," bestätigte die alte Gräfin.
„Bald nachdem das Nervenleiden zum Ausbruch ge-
kommen ist, fand ich die Großmama zuweilen in einer

Ter südafrikanische Krieg.
Kapstadt, 13. Okt. Der Gouverneur Millner
reiste gestern nach Prätoria.
Alival nord, 13. Okt. Vorgestern Abend ging eine
Strcifwache ab, um für die Besatzung Mundvorrat hcrbci-
zuschaffcn; sie kehrte aber
sich in der Nachbarschaft
Buren befinden.
London, 13. Okt.
Lo urcnzo-Marqucz,
Mitteilung Eloffs, des Enkels des Präsidenten Krüger,
fährt letzterer am Montag oder Dienstag nach Europa ab.

Die Wirren in China.
Berlin, l 2. Okt. Das Truppenrransportschiff
"Valatia" ist am 11. in Shanghai cingetroffcn.
Berlin, 13. Okt. Die jüngste Meldung, daß die
Jinefische Zoll bank vor einigen Tagen 325,000
s^cls au die Bank in Singansu gesandt habe, wird durch
weitere ergänzt, daß für die nächste Zeit die Sendung
innerer 300,000 TaclS nach Singanfu bcvorstchc. Sollten
A diese Mitteilungen bewahrheiten, so würde das eine
zsNmischuug der genannten Zollbank in die jetzigen

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der
t Predigt
ubenvoll.
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Deutsches Reich.
Stuttgart, 13. Okt. Das Finanzministerium hat,
^ut „Staatsanzcigcr", angesichts der hohen Brennmaterial-
weise Anordnungen getroffen, um der ärmeren Be-
völkerung di e Bcfric digung des Brennmaterial-
bedarfes zu erleichtern. Dies soll geschehen durch ein
wrstärktcs Angebot von geringerem Brennholz, sowie da-
durch, daß den Abnehmern Gelegenheit gegeben wird, das
Anfallende Material selbst aufzuberciten, außerdem dadurch,
wß eine Steigerung der Torfgewinnung in den staatlichen
^vrfriedcn vorgesehen ist.
Homburg v. d. H., 13. Okt. Der Kaiser hörte
wstern den Vortrag des Vertreters des Auswärtigen Amtes.
Heute besuchte das Kaiserpaar und das Prinzcnpaar Hcin-
Wch von Preußen die Saalburg. Das Prinzcnpaar
Heinrich begab sich von dort nach Schloß Fricdrichshof,
Während der Kaiser hierher zur Frühstückstafel zurückkehrte.
Homburg v. d. H., 13. Okt. Heute Vormittag 9'/-
"hr fuhr der Kaiser in Begleitung des Baurals Jacobi
bach der Eaalburg.
Elberfeld, 12. Okt. Infolge der gestrigen Absage
Ws Besuchs des Kaisers herrscht in den Wuppcrstädten
Elberfeld und Barmen eine geradezu unbeschreibliche Anf-
ügung. Die beiden Oberbürgermeister haben sich nach
Homburg v. d. H. begeben und hoffen, günstigeren Be-
Acid zu erlangen. Tausende umlagern das Elberfelder
Rathaus und harren der Ankunft von Nachrichten. So-
eben wird das Telegramm des Oberbürgermeisters Funck
^''geschlagen: „Ihre Majestäten hoffen den Besuch in
^ürmcn-Elbcrfcld in der letzten Oktobcrwoche aus-
Mührcn, wenn die Verhältnisse dies gestatten."
soeben verkündet ein Anschlag am Rathaus diese Nach-
acht. Auf der einen Seite Hurrah und Hoch, auf der
wideren Seite Enttäuschung und Zweifel.
, BarmtU, 13. Okt. Wie hier verlautet, ist der infolge
Erkrankung der Kaiserin Friedrich verschobene Besuch des
3 aiscrpaarcs nunmehr für die letzte O ktabcrwochc
w Aussicht genommen.

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imenkunft
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'ßc Nr. 13.
im.
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Me es endete.
Roman von Maria Theresia May.
sNachdruck verboten.^
(Fortsetzung.)
12.
, „ „Sag mir nur, Inge, hat denn die Großmama jc-
. Ws etwas davon merken lassen, daß die alten Familien-
schichten sie so beunruhigten, wie cs sich jetzt gezeigt hat?"
^gte die alte Gräfin Landskron ihre schöne Nichte, als
Nach dem Frühstück mit dieser in ihrem Zimmer allein
Hw. Es war am Tage nach der Ankunft der Gräfin
! «Hoykenthurn und ihrer Enkelin Jngeborg auf Schloß
^Ndskron.
Die Komtesse Preycrn sah nachdenklich vor sich nieder,
^er gestrige schreckliche Anfall," antwortete sic ernst,
hü^cht mir manche befremdliche Erscheinung im Ver-
wn der Großmama erklärlich, welche ich zuerst nur
Krankheit zngeschricbcn habe. Du weißt, Tante, daß
sl,.Nervenleiden sie seit vielleicht drei Jahren quält und
Huwmer und schlimmer wird. Als nun Großmama von
^tiss Ws Vermählung erfuhr, erwartete ich, daß sie ihn
heftigste verurteilen würde, kannte ich doch ihre An-
(Hstn über Mesalliancen, und habe ja auch die traurige
Schichte aus der Jugend von Mamas jüngster Schwester
erfahren ..."
tz^^on wem?" fragte die Gräfin mit gerunzelten

MW
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jährigen
den
Mitglieder zu
lladen.
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0 und Mk. 2
lter fchrved.
Tropfen u.
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im.
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aufeu bei
Hübsch.
8 Kessel
i verkaufen,
igasse 6.

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Erschein: täglich mit Ausnahme der Sonn- n. Feiertage.
Als Beilagen das „Heidelberger Bolksblatt" und das
Sseitige „Illustriert« Sonntagsblatt". Preis 2K Pfg-,
mit dm Beiblättern 3« Pfg. monatlich. Durch die
Peü vierteliäbrlich Mt Mn. atme (M-fieUaold.
 
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