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Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1900

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Nr. 181 - Nr. 190 (7. August - 17. August)
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27. Jahrgang

Nerrev

Mittwoch, 15. August 1900

ErsMtsMl: Unten Xklkußratzk 17.

Seslhistsßelle: llrten Msrfiraßr 17.



I3NK.

vcröffciitlicht > Wortlaut des kaiscrlichcn Erlasses, dcrLi-Hu ng-Tschaug

!l»„?°Ütcn über ihre Wangen.

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r. Geisendr^
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Da tonte die Hausglocke; wenige Augenblicke später-
hörte mau das Geräusch von Schritten auf dein Kies,
und in der nächsten Minute stand der Mann, von dem
Taute und Nichte soeben geredet hatten, Baron Rhoden,
mit seinem Freunde vor den beiden Frauen.
Unwillkürlich hatten diese sich erhoben; erstaunt, aber
nicht erfreut; doch in ruhigster Fassung erwiderten sie den
artigen Gruß der Herren.
„Verzeihung, meine Damen", begann Rhoden, „daß
wir nicht erst um Erlaubnis bitten ließen, in Ihrem
Hause erscheinen zu dürfen — aber gestatten Sic, daß ich
offen bin —"
„Ich schätze Offenheit immer", bemerkte das ältere
Fräulein Meyncrt gelassen, da der Sprecher eine kleine
Pause machte.
„— Wir fürchteten diese Erlaubnis nicht zu erhalten,
wenn wir erst fragten", fuhr Rhoden fort, „und Ihre
Miene bestätigt diese Befürchtung."
Wenn Rhoden erwartet hatte, hiermit ein kleines, lie-
benswürdiges Lächeln auf dem Gesichte der Damen her-
vorzurufen, so hatte er sich geirrt. Die Tante blieb ernst
wie zuvor, und Gertrud hatte sich wieder niedcrgesetzt und
stickte so eifrig weiter, als wären die beiden Besucher über-
haupt nicht anwesend. Fräulein Friederike Mcynert wider-
sprach nicht einmal, sondern fragte ganz unvermittelt:
„Haben Sic heute schon einen weiteren Weg zurückgclegt?"
Und als Rhöden verwundert bejahte, sagte sic in einem
Ton, als ob sic erst mit sich zu Rate gegangen und nun

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mit Vornahme von Fricdcusvcrhandluugcn be-
auftragt, zeigt leider, daß die chinesischen Machthaber
für die wirkliche Lage gar kein Verständnis haben, oder
daß sie lediglich die Dinge in die Länge ziehen wollen,
in der Hoffnung aus irgend einen für sic günstigcn Zwi-
schenfall. Alic Mächte scheinen sich darüber vollkommen
einig zu sein, daß mit China nicht verhandelt werden
kann, ehe der unwürdigen Lage ein Ende bereitet ist, in
der sich gegenwärtig die Gesandten und die anderen Euro-
päer in Peking befinden. Das chinesische Angebot, die
Gesandten unter chinesischem Geleit nach Tientsin zu bringen
ist aber von den Gesandten selbst als unannehmbar
zurückgcwicscn worden. Somit bleibt nichts anderes
übrig als die Gesandten dur ch curopä ischc Truppen
aus Peking abzuholcu. Wir lassen dahingestellt,
da die Nachricht von dem neuerlichen Bombardement der
englischen Gesandschaft chatsächlich richtig ist. Jedenfalls
aber ist aus den Depeschen des Gesandten zu ersehen, daß
es mit ihren Lebensmitteln zu Ende geht, und daß somit
die chinesischen Versicherungen über den den Gesandten ge-
währten Schutz einfach auf Lügen beruhen. Sehr bezeich-
nend sind die Meldungen, nach denen aus verschiedenen
Provinzen erhebliche Truppcnmassen nach Peking gezogen
werden. Hierin dürfte vielleicht eine Erklärung der hin-
haltenden Politikder chinesischen Machthaber zu suchen sein.

Berlin, 14. Ang. Wie der Chef dcS Kreuzer-
geschwaders nieldct, befindet sich der kleine Kreuzer „Gefion"
seit dem 15. Juli zum Schutz der deutschen In-
teressen vor Shanghai. Das Kanonenboot „Iltis"
ist dahin unterwegs. Die kleinen Kreuzer „Schwalbe"
und Seeadler" erhielten gleichfalls Befehl, dorthin zu gehen.
Berlin, 14. Aug. Der Dampfer „FürstBismarck"
ist am 13. August in Tsintau ciugctroffen, „Wittekind"
mit dem ersten Sccbataillvn, „Frankfurt" mit dem zweiten
Secbataillon an Bord sind nm 13. in Tsintan cingctroffen
und am selben Tage nach Taku in See gegangen.
Berlin, 14. August. Wolffs Telcgr.-Bureau meldet
aus Tientsin vom 8. d. M.: Bei Aangtsun hatten die
Chinesen nur den Eiscnbahndamm besetzt; nach kurzem
Widerstand erfolgte der Rückzug nach Hohfiwu, wohin
direkt von Pcitsang die chinesische Hauptmacht mit dem
General Mo und dem Gouverneur von Tschili entflohen
war. — Aus Peking ging dem russischen Obersten
Wohczak eine Meldung zu, wonach in der Nacht vom
31. Juli auf den l. Aug. das Bombardement auf die
Gcsandschaftcn von den Chinesen wieder ausgenommen
wurde. Die Fremden seien nur noch bis zum 8. August
mit Lebensmitteln versehen.
Berlin, 14. Aug. Der nunmehr bekannt gewordene

für Keiöewerg rrnö Hlrngegenö

-rmieten .
aßc Nr.

mit leichtem Stirnrunzcln. „Was ich einmal gesagt habe,
das gilt."
Die Tante nickte. „Natürlich. Aber diese Leute
meinen", und ihre Stimme nahm den Ausdruck der Ver-
achtung an, „ein jeder ändere seine Ansicht so schnell, wie
sic das häufig thun. Der Gemeindevorsteher fragte auch,
welchen Wunsch Du bezüglich der Verwendung dieser
Summe hast, sic beläuft sich auf 160 Gulden — falls
Du selbst keinen Anspruch darauf erhebst "
„Ich will gar nichts damit zu schaffen haben", ent-
gegnete Gertrud heftig. „Was geht cs mich denn an, auf
welche Weise der Herr Baron von Rhoden sein Geld aus-
geben will. Wenn er Wohlthatcn zu spenden gedenkt,
braucht er mich nicht dazu. Den Gemeindevorsteher hat
er ohnehin nur hergeschickt, damit wir erfahren, welchen
Wert seine Brieftasche hat."
Ein beifälliges sarkastisches Lächeln umspielte die schma-
len, aber schöngcschwungenen Lippen der älteren Dame.
„Du hast wahrscheinlich recht. Ich denke ebenso und
wußte vorher, daß Du so entscheiden würdest. Ich habe
Herrn Zilling gesagt, Herr von Rhoden möge, wenn er
sich gedrängt fühlt, der Freude über sein wiedergefundcncs
Eigentum durch einen Wohlthätigkeitsakt Ausdruck zu
geben, ganz nach eigenem Belieben handeln. Für Dich
sei mit Rückgabe der Brieftasche die Sache abgclhan."
„So ist's gut, ich danke Dir, Tante." Das junge
Mädchen schien noch etwas hinzufügen zu wollen; aber
ein Blick in das spöttische Gesicht der älteren Dame ließ
sic verstummen.

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r. Mampfst
> reife Mil«'

r. Jüngere
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Leipzig,
I.Gegr.1868-
er Landw.)
Eintreffen

Marseille, 14. Aug. Ein Bataillon des 40. Linien-
regiments, das heute auf der „Caledonia" nach China ab-
rciicn sollte, mußte infolge des Hcizcrausstandes die Ab-
reise verzögern. Nach China bestimmte Truppen
treffen fortgesetzt hier ein; die Kasernen sind überfüllt.
Infolge des Ausstandes sind 5000 Hafenarbeiter brotlos;
2500 Kohlcnschleppcr sind hierbei nicht mitgcrcchnct.
Paris, 14. Aug. Im heutigen Ministcrrat teilte
Dcleassck eine Depesche des französischen Konsuls
in Shanghai mit, worin dieser neuerdings Besorgnisse
bezüglich der Aufrechterhaltung der Ruhe in der Stadt
und Umgebung ansdrückt und hinzufügt, daß Maßregeln
getroffen sind, um nötigenfalls die französischen Nieder-
lassungen zu schützen. Ferner teilte Dcleassck eine Depesche
aus Taku vom 8. d. M. mit, welche besagt, in der nach
den letzten Operationen abgchaltenen Beratung der Truppen-
befehlshaber wurde beschlossen, den Vormarsch ans Pe-
king sortzusctzcn.
Shanghai, 14. Aug. Wie dem „Daily Expreß"
von hier gemeldet wird, haben die Verbündeten am
Samstag Mittag einen Punkt, 20 Meilen von Peking
entfernt, erreicht.
Shanghai, 14. Aug. Nach dem „Standard" meldet
ein Telegramm aus Tschung-King-Fu, der Vizekönig von
Szctschuan habe von Peking den Befehl erhalten, alle
Fremden zu zwingen, die Provinz ohne Ver-
zug zu verlassen. — Die englische Regierung wies
nach der „Times" dem Bicekönig von Wutschang 75000
Pfund zu 4Vz Prozent an. Die Summe ist nötig zur
Zahlung des Soldes der Provinzialtruppen.
Hongkong, 14. Aug. 8000 Schwarzflaggen
sind, wie „Daily Mail" meldet, am 11. nach Peking ab-
gegangen. Admiral Tung-Sui-Lui-Teng von Aünnan be-
fahl, daß 10000 Mann nach Peking marschieren sollten.
Shanghai, 14. Aug. Im ch inesisch cn Pulver-
magazin fand gestern Abend eine Explosion statt.
Bis jetzt ist noch nicht bekannt, wie groß der Schaden ist.
Ausländer werden zum Pulvermagazin nicht zugclasscn.
Shanghai, 14. Aug. Die Explosion, welche am
Samstag im chinesischen Pulvermagazin stattgcfunden hat,
war, wie sich jetzt herausstcllt, unbedeutend. Menschen-
leben sind dabei nicht verloren gegangen.
Hongkong, 14. Aug. Wie „Daily Telegraph" von
hier meldet, erhielt der englische Konsul eine chiffrierte De-
pesche des Gesandten Macdonald vom 6. ds., die be-
sagt: Unsere Lage ist verzweifelt. In zehn Tagen
sind die Nahrungsmittel zu Ende. Die Chinesen erboten
sich, uns nach Tientsin zu geleiten; wir lehnten dies je-
doch ab.
London 14. Ang. „London News" meldet aus

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Deutsches Reich.
> .Posen, 14. Aug. Das Hcrrcnhausmitglicd Graf
o v. Miclzinski ist auf Schloß Jwno plötzlich im
'"cr von 76 Jahren gestorben.
Groß-Lübars (Provinz Sachsen), 14. Aug. Gestern
fand im Barackenlager Altcn-Grabow großer Zapfcn-
^ch statt. Heule früh exercirtc der Kaiser dicGarde-
vallcric-Division: zuerst fand Exercircn, sodann Fcucr-
Z^cht mit Artillerie und zum Schluß große Attacke statt.
"Gu schloß sich ein Vorbeimarsch vor dem Kaiser.
H ^ltcn-Grabow, 14. Aug. Der Kaiser stellte den
^"Herzog von Mecklenburg-Schwerin ü la suitö des
^rdc-Kürassier-Ncgimcnts und ernannte den Rittmeister
hGhcn von Schocnburg vom Lcib-Garde-Husarcn-Regi
zum dicnstthucndcu Flügeladjutantcn. Der Kaiser
M das Frühstück im Casino des Barackenlagers ein
wird auch dort das Diner cinnchmcn. Heute Abend
ürD twr Kaiser nach Loburg begeben und von dort
^Münster fahren._

Wie es endete.
H Roman von Maria Theresia May.
jNachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
für mich ist der Verlust meines Vaters eine
'^ Erinnerung", entgegnete Gertrud, und große Thrä-
" . „Seit der Vater tot ist,
"iis^Jch oft, ich sei auch gestorben. Wie freute ich mich
die Herrlichkeiten der Natur, jetzt scheint sic
eg Glanz verloren zu haben, und so geht cs mir
rZw andern, was ich sonst geliebt, mit der Musik,
Lesen —"
r Dich wird das alles noch einmal wieder anders
bist noch so jung, Gertrud", entgegnete deren
^hkr demselben kühlen Gleichmut, mit welchem sic
y, 8ffprochcn hakte. „Gib acht, daß keine Thränc auf
. fällt; der Fleck wäre nicht zu entfernen."
. Md trocknete ihre Thräncn und stickte gleich der
'chwcigend und eifrig weiter; unter ihrer Hand cnt-
dem silbcrgrauen Seidenstoff ein Strauß von
dunkelblauen Genzianen.
Gemeindevorsteher Zilling ist dagcwescn", be-
altere Dame nach einer längeren Pause. „Er
befragt, ob Du wirklich auf den Findcrlohn ver-
^lchcn dieser Herr von Rhoden bei ihm zu Dei-
^lugmig hinterlegt hat."
ist ja langweilig", erwiderte das junge Mädchen

»schuhst
Probe.
es re», caw-
liano.
ai«r Lxpeä-

LSI»
Communal
>rt gcg. Ad
cheruug
en-l^suburK
llufrg. 10 P'-
WktO
ucrstraßc 1>'
:gcrstraße sZ'
rferr
ch und eivc
Sandhaufen

Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- u. Feiertage.
Als Beilagen das „Heidelberger Bolksblati" und das
bseitige „Illustrierte Ssuntagsblatt". Preis SS Pfg.,
mit den Beiblättern 36 Pfg. monatlich. Durch die
PaO vieileliiibrlick KO Pfg. obne Bestellgeld.

Die Wirren in China.
Eine Rede des Kaisers.
w Pdtljn, 14. Ntärz. Der „Lokalanz." -
de, eines Offiziers, der sich mit einem der Trans- j
jr l-Dampscr am dem Wege nach China befindet, an seine
^Schorigen, in welchem u. a. der Wortlaut der Ansprache
tzi -Kaisers an die Offiziere bei der Abfahrt des Dampfers
"^gegeben wird. Danach führte der Kaiser aus:
ih ^"tiz Wen seine Ansicht hätten sich die Verhältnisse
j^Ehina bis aufs Acußcrstc zugcspitzt. Dieselben hätten
Grund in der heftigen Unterschätzung des Gegners,
zx'^e —. vcs Kaisers — politische Absichten seien fol-
il?. : Unterdrückung des Aufstandes; exemplarische Bc
dhs Ng der Ausrührer; Wiederherstellung des stutus guo
lh. ? Einsetzung einer starken Regierung, die die nötigen
dj.^ckicn dasür bieten könne, daß solche Zustände nicht
r Untreren können. Einer Aufteilung Chinas
^c cr sich entschieden widersetzen,
^schließlich warnte der Kaiser die Offiziere vor
«j^chätzung des Gegners. Sic sollen sich nicht
iih' dcu, cincu gleichwertigen europäischen Gegner vor
haben, aber auch seine Hinterlist nicht unterschätzen.
^Gilten den Chinesen gut behandeln, dann
cr um den Finger zu wickeln. Vor allem
is^Zc der Kaiser vor Zersplitterung der Kräfte, dem
des Admirals Seymour. Im Verkehr mit
^ifizicrcn der anderen Nationen hätten sclbstvcrständ-
^^c politischen Gefühle wcgzufallcn.

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