Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Neuer Heidelberger Anzeiger (27) — 1900

DOI Heft:
Nr. 161 - Nr. 170 (14. Juli - 25. Juli)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44272#0069

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
sei, ferner im Dienste des Vaterlandes die Waffen zn
tragen, weshalb man ihn aus der bayerischen Armee schimpf-
lich ausgcstoßcn habe.
Was ist doch solch ein gelber Abschied für ein garstiges
Ding! Wer so ein Lchaudpapicr nach Hause bringt, ist.
bürgerlich todt für alle Zeiten und braucht nicht zu fürch-
ten, daß man seinen Namen zn wenig in den Mund
nimmt; nur geschieht dies unter Ausdrücken der höchsten
Verachtung, und wenn man ihm die Schmähworte nicht
direkt in's Gesicht schleudert, besorgt man das um so
gründlicher hinter seinem Rücken.
Auch dcni Xaver Dorngicbcl wurde von seinen Mit-
bürgern und Nachbarn keine Extrawurst gebraten. Als
bekannt wurde, unter welchen Umständen er zum gelben
Laufpaß gekommen war — verschwiegen konnte es ja nie-
mals bleiben —, da häuften alle auf ihn das Maß ihrer
Verachtung. Mir all seinem Geld fand er in der näheren
und weiteren Umgebung von Kalmünz nicht einnial eine
passende Hochzeiterin. Deshalb hatte er sich von auswärts,
wo er sich unbekannt wähnte, ein reiches Mädchen „ver-
raten" lassen. — —
16.
Wie viel dem jungen, auf der Braut- und Hausschan
befindlichen Bauern daran lag, sich seinen ehemaligen Ser-
geanten zum Freund zu machen, ging klar daraus hervor,
daß er ihm schon nach zwei Stunden, nachdem er so un-
sanft aus der Schmiede expediert worden war, eine Bot-
schaft zufandtc.

Gegen drei Uhr nachmittags stelzte nämlich der ganz
in Schwarz gekleidete Unterhändler, der mit Dorngiebel
nach Pirk gekommen, gemessenen und würdigen Schrittes
auf die Schmiede zu, srug dariu nach dem Meister und
händigte diesem, nachdem er nm sein Begehr befragt worden
war, mit zierlich gesetzten Worten, die sich aber, weil sie
in schlechtem Hochdeutsch vorgcbracht wurden, doppelt ko-
misch ausnahmen, ein in Papier gewickeltes ziemlich schweres
Päckchen ein mit schönstem Gruß, den der „Herr" Dorn-
gicbcl noch eigens bestellen lasse.
Der Schmied schlug das Papier bedächtig auseinander,
da glitzerten ihm zehn nagelneue, eben aus der Münze
gekommene Guldcnstückc entgegen, wie inan solche auf
Brautfahrtcn, zu Verlobungen und Hochzeiten gerne mit-
nahm und dort als Geschenke zu verwenden pflegte.
„Was soll's mit dem Geld sein?" fragte der Schmied
mißtrauisch.
„Es gereicht meinem Herrn Klienten zur großen Ehre
und „Sacktissazziou", Ihnen, wohllöblichcr Weise, damit
nicht nur einen Beweis seiner „Aextimicruug" und Wert-
schätzung geben zu können, sondern dadurch auch das Ho-
norar abzutragcn für die große Gefälligkeit, mit welcher
sie das umgeschmissene Wagert wieder in Stand setzten."
Gottfried Federspicl schüttelte mit abweisender Miene
den Kopf; die Fremdwörter des Kommissionärs verfingen
nicht bei ihm.
„So, so," meinte er bedächtig, „der Lohn soll's sein,
weil wir ihm das Rad fcstg'macht haben?"


VndttMßl

^eim.
rmieten

> Mit k cn
-ein jung. Men die chincs.
.v - trov ^ "'^rc Leute machten um 9 I
ächustündigen Marsches.

rmmc

tukrmkl
gnic.
ds. Mts., abcw'.

Shcim
, cm mm
» Hund.

London, .16. Juli. „Daily Mail" meldet ans
Tschifn vom 15. d. M., die Lage in Niutschwang
sei sehr ernst. 70 Kosaken stünden in dem Ort. Vor
der Stadt liegen zwei japanische und ein russisches Kanonen-
boot. Die Boxer hätten die Stadt eng cingeschlossen.
Die „Times" meldet aus Shanghai vom 17. d. M.:
Der Vicckönig von Nanking betraute bis auf weiteres den
Kommissar Taylor mit der Wahrnehmung der Geschäfte
als Gcncralinspcktcur der Scczöllc. Die „Times" meldet
aus Shanghai vom 16. d.: Neber die Lage in Peking
liegen seit dem 13. keine authentischen Nachrichten vor.
Biele Gerüchte, die natülichcr Weise zu den größten Be-
fürchtungen Veranlassung gaben, sind in der ausländischen
und chinesischen Presse in Umlauf. Telegraphen- und
Eiscnbnhudircktor Schcng, durch den einzig und allein
Nachrichten zu erhalten sind, erklärt, keine weiteren Nach-
richten empfangen zu haben.
Shanghai, 19. Juli. Bureau Reuter. Amtlich wird
mitgclcilt: Die Fremden mit ihren Frauen und Kindern
wurden aufgefordcrt, die Häfen am Aangtsekiang zu ver-
lassen. Am Tayangsce in der Nähe von Kinkiang ist ein
Aufruhr ausgebrochen. Mehrere Missionare sind
getötet und die Kirchen cingcäschcrt worden. Der Tele-
graph zwischen Hanknu und Kinkiang ist unterbrochen.
London, 19. Juli. „Daily Mail" meldet aus
Shanghai vom 18. Juli, von chinesischer Seite werde
amtlich mitgctcilt, daß General Niel; in der Schlacht
bei Tientsin gefallen sei. Das Eigentum aller
Ausländer in der Provinz Schautung sei zerstört
worden. Die Truppen des Gouverneurs von Schantung
schlugen diejenigen des Generals Tunghfusian unter großen
Verlusten bei Toangtschou südlich von Tientsin in der Nähe
der Grenze der Provinzen Tschili und Schantung.
Paris, 19. Juli. Aus Shanghai wird vom 19.
11 Uhr morgens gemeldet: Der Kampf bei Tientsin
dauerte 16 Stunden. Den Chinesen wurden 62 Geschütze
abgenommcu. Die Franzosen haben 40 Mann verloren.
Der Militärattache Major Vidat ist verwundet. Li-
tz ung-Tsch an g wird morgen in Shanghai erwartet.
In der Mandschurei ist die Lage immer sehr gespannt.
Bon Peking ist nichts Amtliches cingclrofsen.
Ncw-jfiork, 19. Juli. Dem „Herold" wird aus
Tschifu gemeldet: Der Gouverneur von Shantung wies
die Beamten durch ein Schreiben an, die christlichen Ein-
geborenen zu zwingen, ihren Glanben abzuschwören und
Bürgschaft dafür zn stellen, daß sic nicht mehr zum christ-
lichen Glauben zurückkchren, sowie das Bcrmögcn der ge-
tauften Christen und Kirchen einzuzichcn. Eine öffentliche

ltlnng
zum „Pfälzck
ciauptmairi!

Shcim.
inkMivw-
efragcn .
ühlthalstraße

äugust sinder df tän v. Uicdm>
ncrwchrtag
ihcim statt. ,
gen Essen rvf
ingstcns 23.
a gemacht werde,

f-Tivatt
zu verkaufen jQ,
m,rcchts, 1 TV, . j

Drr Schmied von Pirk.
Zählung aus der Oberpfalz von Jos. B aierlcin.
(Nachdruck vcrboten.j
(Fortsetzung.)

fiShcim. >rs gestx^'^ in's Werk gesetzten Nachforschungen
(Mutters chws'uf Geldes ergaben Spuren, die unzweifelhaft
Msithalstraße^find xz ^-vvngicbcl als den Dieb hinwicscn, und dieser
»ach. Rdcrn om einmal der Mühe wert, lange zu leugnen,
iÜl'i'slilMlt^rvh Nutzem, scheinbarem Sträuben das im
. 2sincs versteckte Geld wieder zurück. Vor
crgcr Weg sckmm/^ Gericht sodann bekannte er sich der Thal
,. .sütgcn Elärte mit cynischcr Frechheit, dieselbe bc-
ac Militärtr»,^ Mvcn, weil er unter jeder Bedingung von dem
Nr ">3 2.A hvch^,, frei kommen wolle, und verschwor
seinem /Heuer, sogar die Kaserne anzuzünden, um
Mieten Damit'^ d» gelangen.
re Wohnung ^tc Xaver Dorngicbcl seinen Zweck freilich
'"^ühltbalstK'N durste ""mal zwei Jahre Oberhaus und
^—-7--Is auch 4 ^11 Lvldatcnrock für immer auszichcn.
oa'crste ul hämv^ Strafe aus Tag und Stunde verbüßt
n bei bleu grgg ihm nämlich ein gelbes Papier mit
, Gaisbergftr^vrten kugeln und darin stand mit dürren
kllfitverstii, nur daß er wegen Simulation,
.......... chlernen ^tncfiung, Insubordination und Verbrechen des
dmwrsira^Me:euchg;;, ^"yiahls eine Festungsstrafc von zusammen
m E. Geisend^geu seiner^" "^gesessen hatte, sondern daß er auch
rlberg. kraus esirl an den Tag gelegten gemeinen und
v c>eu Gesinnung für unwürdig erklärt worden

Tic Wirren in China.
dc"--^,^-N' Chef dcS Krcuzcrgcschwa-
saigcudc Alclduug ein: Tnku, 16. Juli. Knvi
I' "s"^an meldet: Infolge des Angriffs vom 13. d.
i'' wurde am 14. früh morgens dem Sturm auf die
und^U! Hs" eien stadt durch die Japaner, Engländer
ist > ' suerikancr kaum noch widerstanden. Die Stadt
Händen der Verbündeten. Auf der öst-
Be'in kämpften am 15. noch die Russen um den
de" chsuossckicu Lagers. Am 1.5. früh wehten auf
und dem chinesischen Lager russische Fahnen,
ist die Eroberung der Stadt beendet. Capitän v.
irr: s," uicldct über das Gefecht am 13. früh: Ich war
/"uptquarncr des Biccadmirals Alexejew; beteiligt
GcU k'em Kampfe die Kompagnie Wcding von der
de- - ""d „Irene" und die Kompagnie Kopp von
Em "j^llcnn Augusta" unter dem Oberbefehl Wcdings.
von .stunde nach Beginn des Angriffes fand 600 Meter
HherstraßcH geheut ^"stschen Infanterie eine un-
.die (tatt, sodag viele Leute umfielen und
giugO^'ttllicrc der französischen Gebirgsartillerie durch-
arbcit gesucht General Stössel war der einzige Lcichtver-
8, 3. St. reost ' st/t und konnte nach einer Stunde die Führung wic-
^dcim. , /Zrnchmcu. Er äußerte, er habe nie
atcu als unsere Matrosen gesehen. Stössel
lcstcilungen ^schx,,'^ Kämpfen um Tientsin die Russen und Dcut-
>1- -> ^t^Taeci siOührt. Daß die Deutschen an diesen
' w wenig Verluste hatten, liegt an dem sehr schnellen
^it d^?Ä^" Vorgehen. Um 7 Uhr wurde gemeinschaftlich
Nrn n s''" muici. Stellung mit 12 Geschützen gcnom-
m..' Uiycrc Leute machten um 9 Uhr einen frischen Angriff,
Etelin"' ^'mstünoigen Marsa;cs. Wir wurden in dieser
Uhx .ch'k den Geschützen von der Citadclle bis 11
' ft» iedoch ohne Verluste, nur erhielt v. Wolfs
einen ^"wrschicrcu ""ch der Ablösung durch irische Russen
Nrn ^h^^bncllschuß in's Knie. Die ermüdeten Kompag-
; uckrcn gegen 1 Uhr in ihre Quartiere. Am 14.
gen "und »ot'dic Kapitän v. Usedom mit zwei Reserve-Kompagnien,
Blockstraße' ^Mmftm?ichr gebraucht wurden, für kurze Zeit in der
:re neue Mvdr, die bereits in Brand gesteckt und verwüstet
"geben._^b^'^er größtcAntcil an dcrErobcrung fällt
rufen „MhlreR^"""ri zu. In der letzten Zeit hat die immer
dem Halm ' geich -s werdende chinesische Artillerie immer heftiger
UftrstraßcIoinnln/' selbst das verhältnismäßig gut beschützte deutsche
un, Ute^r^^ mwt d,c Bank und das Klubhaus, in dem sich unsere
Hndcrr/I^" defandcu, wurde fast täglich getroffen. Dies
irückcnkopfstr./strapL;„, "^notwendige Ansruhcn von den großen Marsch-
dic tz Erlaß des Kaisers bctr. die Belohnung
ll ^^^Hkstciung der in Peking cingcschlosscncn Fremden
Gerste
ergheimerstr. H

fand bei allen Nationen dankbare Ausnahme. Der Erlaß
ist verbreitet worden. Der japanische Konsul in Tientsin
hofft Boten für Peking zu finden. Am 15. und 16. trafen
etwa 1000 Japaner ein, der erste Teil der in Aussicht
gestellten Division, am 16. Juli ein Dampfer mit in-
dischen Truppen.
London, 19. Juli.- Dem „Daily Expreß" wird aus
Shanghai von gestern gemeldet: Eine seltsame Ent-
deckung wurde heute gemacht. Wie erinnerlich, war im
vergangenen Herbst viel die Rede von einem Bündnis
Chinas und Japans. Die Kaiserin hätte Liuchothun
als Spczialkommissar nach Tokio gesandt. Jetzt verlautet
aus unzweifelhafter Quelle Liuchothun sei beauftragt ge-
wesen, den Kaiser von Japan für den geheimen Vertrag
zu gewinnen, der den Zweck haben sollte, den europäischen
und amerikanischen Einfluß zu vernichten und alle Frem-
den in China und Japan nicdcrzumctzcln. China und
Japan sollten dann ganz Ostasicn unter sich teilen.
Li-Hung-Tschang befürwortet diesen Vorschlag in einem
L-chreibcn, daß er an den Kaiser von Japan und Mar-
quis Uto richtete. Ersterer lehnte es ab, über den Vor-
schlag zu verhandeln. Nichtsdestoweniger übergab Liucho-
thun ihm eine von Li-Hung-Tschang und Taotaoschcan ab-
. „ gefaßten „geheimen „Code", mit dessen Hilfe der Kaiser
Er äußerte, er habe nie bc/scrc ! mit der Kaiserin-Witwe korrcspondiren konnte. Von diesem j
„Code" verlautet niemals etwas. Bekannt waren aber die
Verhandlungen dem englischen Auswärtigen Amt. (Schließ-
lich kommt noch heraus, daß die Boxer gar geheime ja-
panische Soldaten sind. Man wird gut thun, sich allen
diesen sensationellen Mitteilungen gegenüber vorläufig durch-
aus skeptisch zu verhaften. Die Red.)
Tschifu, 19. Juli. Ein amerikanischer Berichterstatter
meldet, daß die Fremden in Peking am 6. einen
Ausfall gemacht haben, aber sich zurückzichen mußten und
sich vom 9. ab in bombensicheren Verstecken befinden. Die
Kaiserin sei tot und Prinz Tuan habe den Thron
inne. General Ni eh sei zugunsten der Fremden ausgetreten
und zum Selbstmord gezwungen worden. Ein deutscher
Postdampfer meldet, am 7. Juli hätten sich die Fremden
in Peking noch am Leben befunden.
London, 19. Juli. Die Meldungen über den Aus-
bruch von Unruhen in Ningp0 sind, wie die „Times"
aus Shanghai untcrm 16. erfährt, sehr übertrieben.
Dort sei vielmehr alles ruhig. Unter den Chinesen in
Ningpo sei eine Schrcckcnsvcrwirrung ausgcbrochen, welche
indessen allmählich abnchmc. Zweifellos sei diese durch
die Gerüchte von der Tötung unschuldiger Chinesen in
Tientsin verursacht worden. Es sind indessen nunmehr
von der städtischen Verwaltung beruhigende Erklärungen
abacacbcn worden, die eine ante Wirkung aebabt baden.

Nr. 166.

ist'itft'siwr

Infeientenblntt
für KeiöeLVerg rrnö Hkngegenö.

A'kstcmt täglich mir Ausnahme der Sonn- u. Feiertage,
zfts Beilagen das „Heidelberger Volksblatt" und das
mett'.ge „Illustrierte Sonntagsblatt". Preis 25 Pfg.,
wu den Beiblättern 36 Pfg. monatlich. Durch die
Lost vicrtclinbrlich 96 Pfg. ohne Bestellgeld.

27. Jahrgang.
„nm lttichch 17. , T

Freitag, 26. Juli 1906.

khWWk: Alm Mnftch 17.

mngrr

D .- > . — —
Anzeigen: die 1-spaltige Pctitzcilc oder deren Raum
15 Pfg. Lokale Geschäfts- und Privat-Anzeigen be-
deutend ermäßigt. Reklamen 30 Pfg. Für Auf-
nahme von Anzeigen an bestimmten Tagen wird nicht
garantiert. Gratisverbreitung durch Säulenanschlag,
o------—
 
Annotationen