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Nr. 274 27. Jahrgang.
Grs-rstrßelt: llitne ^vßrttzr 1?.
Neuer
Freitag, 23. November 1900.
GWWtlr: üilm RrOlßrib v.
über SO PiAt
tag
sind gefüllt,
am Sams-
m E.
elberg.
les Ämvtl
2ez. zu vcrv'^
Nur Untere tlc^
dem der Gesellschaft ausschliesslich die geschäftliche Seite
des Unternehmens überlassen wurde, werden die besonders
bekannt gemachten Sammelstellen die Karten an uns ab-
führen nnd der Ausschuß wird dann die Uebermittlung
an den Präsidenten Krüger übernehmen.
Möge Mn der Wiederhall dieses unseres Aufrufes dem
greisen Burenführer eine der Wirklichkeit entsprechende
Vorstellung davon geben, wie stark das Mitgefühl der
Deutschen war und ist.
Ausschuß zur Sympathie-Bezeugung für Prä
sidenten Paul Krüger.
Es folgen die Unterschriften, unter denen sich auch die
des Dr. Kuno Fischer Wirkt. Geh. Rat. Exzellenz von
der Universität Heidelberg befindet.
Im Sinne dieses Aufrufes ist die schon erwähnte
Künstlcrpostkarte zu 10 Pfg. entworfen worden, die in
mehr als 16000 Buch-, Papier- und Cigarrcnhandlungcn
des Reiches aufliegt. Jeder mitfühlende Deutsche möge
seinen Groschen bcisteucrn, diese eigenartige Massendemon-
stration dennoch zu einer imposanten Volkskundgebung zn
gestalten.
»frau
t gesucht.
aße 20, M
rufen worden. Es sei schwer, deut Reichstage etwas recht
zu machen. Beim Eintritt der chinesischen Wirren seien
die hier anwesenden Mitglieder des Bundesrats auf ihr
Verlangen vom Auswärtigen Amre über alles unterrichtet
worden. In dem Ausschuß nnter dem Vorsitz Bayerns
waren auch Württemberg, Sachsen, Baden und Hessen
vertreten.
Abg. Stöcker (wild-cons:/: Die Einberufung des
Reichstages sei nicht unbedingt nötig gewesen. Außer-
dem sei ja auch die Sache mit der Ausnahme des Wortes
Indemnität erledigt. Bebels Rede sei recht schwach ge-
wesen. (Unruhe bei den Sozialdemokraten.) Kettcler für
die Greuel verantwortlich zu machen, sei eine nie dagc-
wcscnc Valcrlandsfcindlichkeit. Bebel müsse eine Schas-
herdc hinter sich haben. Hintermänner des Mordes und
Mörder mit unseren Freiheilshcldcn zu vergleichen, zeuge
nicht nur von einem Mangel an Herz, sondern von ganz
etwas anderem. (Heiterkeit.) Die Hunnenbricfe seien
nicht zu kontroliren, der Kricgsminister müsse telegraphisch
authentischen Bericht einsordern. Die Sozialdemokraten
sympathisirten 1871 mit der Commune, die Unschuldige
erschossen hat. (Zuruf links: Bewußt erlogen.)
«Abg. Singer (Sozialdcry.) polcmisirt gegen Stöcker,
der die Wahrheit nicht leiden könne. (Präsigcut Graf
Ballcstrem ruft den Redner wegen dieser Aeußcrung zur
Ordnung. > Stöcker fühlte sich wohl in seiner früheren
Stellung als Obcrhirte, als er unsere Partei mit einer
Schafherde verglich. Wir wollen lieber bei den Heiden
als mit Stöcker zusammen sein. Die Soldaten können
in ihren Schreiben nicht so vorsichtig sein, wie der Ver-
fasser des „Scheiterhaufenbricses". Die Sozialisten hätten
die Erschießung des Pariser Erzbischofs anno 71 nicht
verteidigt. Die Raubpolitik der Regierung wird von keinem
der Unserigen gebilligt.
Der Präsident ruft Redner zum zweiten Male zur
Ordnung.
Singer schließt: Seine Partei weise eine Politik,
die von Chauvinismus geleitet sei, zurück.
Abg. Dr. Bachem (Eenlr.): Die Indemnität, die
der Reichskanzler freiwillig anbietc, sei mehr wert als, eilte
ernst erkämpfte.
Abg. Frhr. v Wangen heim (Bd. d. Ldw.). Wenn
das Truppcnmaterial sich seit 1870 wirklich verschlechtert
habe, so verschulde das nur die Sozialdemokratie.
Ein Vertagungsantrag wird angenommen.
Morgen 1 Uhr Fortsetzung und 12000 Mk. Affäre.
mit Namen Baldrian, deren Sohn vor achtzehn Jahren
hingerichtet wurde?"
„Ah, Ihr meint die Mutter Baldrian," rief der Vor-
steher auf's höchste überrascht, „ja, die lebt hier noch, sie
ist drüben in der anderen Abtheilung."
„Das ist gut," sagte der Fremde, „so laßt den Geist-
lichen rufen und dann die alte Frau. Jetzt aber laßt
mich allein, damit ich meine Kräfte sammele zn einem
umfassenden Geständnis."
Es wurde alles nach des Fremden Wunsch ausgeführt.
Der Pfarrer kam und blieb mehrere Stunden bei dem
Kranken. - Da mußten grausige Dinge verhandelt worden
sein, denn dem Geistlichen standen die Schweißperlen aus
der Stirn, als der Fremde erschöpft in die Kissen zurück-
fiel. Man reichte ihm einen belebenden Trunk, und als
Fran Baldrian cingcfnhrt wurde, konnte er seine Augen
wieder öffnen.
Das alte Mütterchen hatte den Blick zu Boden ge-
senkt, als sic ln das Zimmer trat; sic hatte keine Ahnung,
weshalb man sic hatte rufen lassen, sie schien überhaupt
gleichgiltig gegen alles zu sein.
Der Pfarrer rief sie nahe ans Bett des Fremden,
und da fielen ihre Augen auf ihn. Welch eine Verände-
rung ging da mit der alten Fran vor! Erst stutzte sie,
dann wurden ihre Augen größer und größer, und endlich
schrie sic mit aller Kraft ihrer schwachen Stimme: „Du,
Du hast es gethan, — Du hast den Gugclmeycr getötet,
für Dich ist mein Hubert gestorben!" Dann fiel die alte
Frau in Ohnmacht.
frische
ssikl
Deutsches Reich.
L.X. Karlsruhe, 22. Nov. Das Gesetz- und Ver-
ordnungsblatt macht bekannt: Auf Grund der vom Deut-
Wilke
sterschutz
hrank Fabrik
lkd
Nr. :ri.
Deutsche Sympathiekundgebung für den
Präsidenten Krüger.
Der deutsche Ausschuß zur Sympathiebezcugung für
kcn Präsidenten Paul Krüger erläßt folgenden Aufruf:
Ter Hcldcnkampf der Buren ist noch nicht zu Ende,
aber nach menschlichem Ermessen vermag kein noch so zäher
widerstand das endliche Schicksal abznwcndcn. (kn dem
langen Jahre, da dieses kleine Volk einem zehnfach über-
legenen Heere Stand hielt, hat es die Welt durch wunder-
bare Tüchtigkeit ebenso wie durch unbegreifliche Versäum-
bisse in Erstaunen gesetzt.
Und nun erscheint in Europa der Mann, der vor
Jahresfrist in unsagbar schmerzlicher Wahl seiner Seele
ben Entschluß zum Kriege abgcrungcn hat, der jetzt inner
bcr Entscheidung des Schicksals am tiefsten leidet. Paul
Krüger, der greise Patriarch, Bauer nnd Staatsmann
sn einer Person, war uns immer die echteste Verkörperung
leiries ganzen Volkes. Stets haben wir mit Ehrfurcht zu
lhrn hinübergcschaut und jetzt gesellt sich unser Mitgefühl
bazu. Denn Gott hat ihm das schwere Loos auScrsehen,
bach unermüdlicher Sorge für sein Volk in seinen höchsten
Jahren die schwerste Prüfung, die Vernichtung seines
Tanzen Lcbcnswerkcs, zu tragen.
Dem unterzeichneten Ausschüsse liegt es gänzlich scrn,
politische Kräfte in Bewegung zu setzen Aber unnatürlich
erschiene cs ihm, wenn jene große sittliche Erregung, die
b«s ganze Deutsche Volk bis zum heutigen Tage durch-
Mhlc, nun auf einmal zu verlegenem Schweigen abebben
lallte in dem Augenblick, da der berufene Vertreter des
Äurenvolkes den europäischen Boden betritt. Seine po-
litischen Absichten sind nicht unsere Angelegenheit, aber die
Herzstärkung ihm reichen, der er auf seinem schweren Wege
^dürfen wird, unser Mitgefühl dem treuen Vater
leines Volkes aussprechen -- das dürfen und wollen
fair! Wenn wir die Meinung im Volke recht verstehen,
>v ist cs mit uns vielen Tausenden von Deutschen geradezu
ein Bedürfnis, mit diesem deutschen Gruße an den ehr-
würdigen Mann einen Ausklang zu geben den wider-
llreitenden Empfindungen, die uns bis zum heutigen Tage
R Bewegung halten.
Für die Art der Kundgebung schien dem Ausschüsse
Diejenige Form die zweckmäßigste, die ihr den einheitlichen
^harakter wahrt und besonders jedem Mitfühlenden die
Beteiligung möglichst bequem macht. Es ist daher
lür diesen Zweck von bewährter Künstlerhand eine illustrirte
d vstkarte mit der von uns gewählten Widmung: „Unser
Mitgefühl dem treuen Vater seines Volkes!" hergestcllt
Horden, während der Vertrieb einer auf diesem Gebiete
^währten Berlagsbuchgcscllschaft übertragen wurde. In-
Präsident Graf Ballcstrem eröffnet
Reichstagssitzung um 1 Uhr 20 Minuten.
Das Haus ist gut besucht. Die Tribünen
Der Präsident teilt mit, daß der Etat
vorlicgcn wird-
Nachdem der Antrag Albrecht und Genossen auf
Einstellung des gegen Fischer-Sachsen schwebenden Straf
verfahrens angenommen worden ist, wird die China-
debatte fortgesetzt.
Ab'g. Payer isüdd. Volksp.) verlangt als mindestes
Zugeständnis für den durch die Nichteinberufung des
Reichstages begangenen schweren Fehler die Aufnahme des
Wortes „Indemnität" in die Vorlage, da dieses einen
scharfen aber notwendigen Tadel für die Regierung ent-
halte. Die Soldaten, die im Vertrauen auf die Dis
krction ihrer Angehörigen Briefe geschrieben Hütten, dürften
nicht bestraft werden. Auch der Bundesrat habe im
Sommer nichts von sich hören lassen. Auch ihm gegen-
über müsse die Regierung um Indemnität cinkommcn.
Die künftige Reichspolitik und das Programm der Re-
gierung könne doch nicht etwa in den kaiserlichen Reden
entwickelten Grundsätzen enthalten sein.
Graf Lerch en selb: Es sei cigenthümlich, daß im
Reichstage sofort davon gesprochen würde, daß der Bundes-
ratsausschuß für auswärtige Angelegenheiten nicht ein-
berufen wurde in diesem Sommer. Er sei doch cinbe-
Es wurde nun der Vorsteher der Anstalt gerufen:
nach einer kurzen Unterredung wurde ein Mann aus dem
Wagen gehoben, welcher an allen Gliedern gelähmt
schien — man mußte ihn die Treppe hinauf tragen. In
einem besonderen Zimmer legte man ihn sorgfältig auf
ein Bett. Nun wurde eine schwere Kiste aus dem Wagen
gehoben. Der fremde Mann wartete mit besorgter Miene
darauf und ordnete an, daß die Kiste neben das Belt
auf einen Stuhl gestellt wurde; dann öffnete er die
Kiste sie war voller Gold und Silber. Er belohnte
den Kutscher und entließ ihn.
Als nun der Fremde mit dem Spitalvorstchcr allein
war, sagte er:
„Seht, ich habe des Reichthums genug und werde
die Stadt reichlich entschädigen, wenn sic mir im Spital
Wohnung und Lebensunterhalt bis an mein Ende gewährt."
Der Herr Vorsteher legte sein Gesicht in freundliche
Falten, als er die Schätze sah, und er erbat sich, zum
Stadtarzt zu senden, damit der den Herrn untersuchen
und ihn behandeln könne. Davon wollte jedoch der Fremde
nichts wissen.
„Ich habe keinen Arzt nöthig," sagte er mit heiicrcr
Stimmc. „Ich bin doch schon halb verloren; ärztliche
Kunst kann mir nicht mehr helfen. Darum bleibt mir
mit eurem Doktor vom Halse. Lieber ist mir der Stadt-
pfarrer ; den laßt rufen, damit ich mein Herz erleichtern
und meine Sünden bekennen kann — vielleicht ist meine
Seele noch zu retten, wenn auch der Leib verdirbt. Vor-
allem aber sagt mir: lebt hier im Spital noch eine Frau
Dee He^enstem.
Eine einfache Erzählung von Fr. Ferd. Tamborini.
12) (Nachdruck verboten.)
Nudeln,
Rudeln in ve-
rcitcn,
und 60 Pig-
ndeln
tige
enciulasttil
0 und 60 PkS-
roni,
rd 60 Pfg. , ,
crarorri'
;o Pfg.
ßielltuhoM
Eicr!
>c t tt.
- - ,»a
Hauptstraße^
mom
(Hinterbau)-
eil:
tcllmg
k So verflossen achtzehn Jahre. Von den älteren
^Mcn, die damals gelebt, waren viele gestorben, und die
^gcren waren älter geworden.
Die Stadt war dieselbe geblieben, aber das Mcnschen-
Uchlccht, das sie bewohnte, war ein anderes geworden.
Hlemand sprach mehr von der grausigen That und von
Hubert Baldrian. Der Neffe des Getödteten, der junge
Herr Walter, hatte kürz nach Vollzug des Urteils all
-Ule Habe verkauft und war nach Italien gegangen. Hier
er ein ernstes Leben geführt haben. Byn ihm wußte
^un nun auch nichts mehr.
. Jedoch die alte Frau Baldrian lebte noch im Spital;
strenger Haft wurde sie nicht mehr gehalten, denn sie
?ur eine stille Frau geworden. Zuweilen nur lachte sic
M auf und rief die Namen „Hubert" und „Walter" aus.
Hstffichtlich ihres Sohnes schien sic im Unklaren zn sein,
, uigstcns sprach sic nie von ihm mit jemanden. So ließ
"un sie gewähren.
- Wie gesagt, cs waren achtzehn Jahren vergangen. Da
Uhr eines Tages ein geschlossener Wagen in die Stadt.
Kutscher auf dem Bock fragte am Thor nach dem
Spital, und hielt, als man ihm den Weg gewiesen, dicht
dem Hause.
5 Zimmek
6 I Tr.,
chsycittl^
Nutz- u. LU
Ul dem 3.
eine Wohnv' >
chc auf 1. -VO
Deutscher Reichstag.
Berlin, 22. Nov.
die heutige
rpmge
arm das McA
rundlich erkck,,l
eich, Mechow
«istrasie
n i t
izcit entsprech^
; zum 1. 0°^
nftraße
ad en
xcr Lpezel j
cd Wohu-'
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- Exvcd. d^T
. AMjgtt
rßcn Auf-
ürnng und
ucrcsscnten
in.
Erscheint täglich mn Ausnahme der Sonn- u, Feiertage,
i Als Beilagen das „Heidelberger Volksblatt" und das
I gsMge „Illustrierte SsnntagSblatt". Preis 25 Pfg.,
< z mit den Beiblättern '»6 Pfg. monatlich. Durch die
L Post vierteljährlich 2<1 Pfg. ohne BofteNaekd.
Jirseratenbtatt
für AeiöeLVerg und Mmgegsnö.
Anzeigen: die t-fpgjtige Petitzeile oder deren Raum
tS Pfg. Lokale Geschäfts und Privat-Bnzeige» be-
deutend ermäßigt. Wklsmen Pfg. Für Auf-
nahme von Anzeigen an bestimmten !^gen wird nicht
aarantiart. Gratisvrrbrritnng durch «sMenanschlag,
Nr. 274 27. Jahrgang.
Grs-rstrßelt: llitne ^vßrttzr 1?.
Neuer
Freitag, 23. November 1900.
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les Ämvtl
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Nur Untere tlc^
dem der Gesellschaft ausschliesslich die geschäftliche Seite
des Unternehmens überlassen wurde, werden die besonders
bekannt gemachten Sammelstellen die Karten an uns ab-
führen nnd der Ausschuß wird dann die Uebermittlung
an den Präsidenten Krüger übernehmen.
Möge Mn der Wiederhall dieses unseres Aufrufes dem
greisen Burenführer eine der Wirklichkeit entsprechende
Vorstellung davon geben, wie stark das Mitgefühl der
Deutschen war und ist.
Ausschuß zur Sympathie-Bezeugung für Prä
sidenten Paul Krüger.
Es folgen die Unterschriften, unter denen sich auch die
des Dr. Kuno Fischer Wirkt. Geh. Rat. Exzellenz von
der Universität Heidelberg befindet.
Im Sinne dieses Aufrufes ist die schon erwähnte
Künstlcrpostkarte zu 10 Pfg. entworfen worden, die in
mehr als 16000 Buch-, Papier- und Cigarrcnhandlungcn
des Reiches aufliegt. Jeder mitfühlende Deutsche möge
seinen Groschen bcisteucrn, diese eigenartige Massendemon-
stration dennoch zu einer imposanten Volkskundgebung zn
gestalten.
»frau
t gesucht.
aße 20, M
rufen worden. Es sei schwer, deut Reichstage etwas recht
zu machen. Beim Eintritt der chinesischen Wirren seien
die hier anwesenden Mitglieder des Bundesrats auf ihr
Verlangen vom Auswärtigen Amre über alles unterrichtet
worden. In dem Ausschuß nnter dem Vorsitz Bayerns
waren auch Württemberg, Sachsen, Baden und Hessen
vertreten.
Abg. Stöcker (wild-cons:/: Die Einberufung des
Reichstages sei nicht unbedingt nötig gewesen. Außer-
dem sei ja auch die Sache mit der Ausnahme des Wortes
Indemnität erledigt. Bebels Rede sei recht schwach ge-
wesen. (Unruhe bei den Sozialdemokraten.) Kettcler für
die Greuel verantwortlich zu machen, sei eine nie dagc-
wcscnc Valcrlandsfcindlichkeit. Bebel müsse eine Schas-
herdc hinter sich haben. Hintermänner des Mordes und
Mörder mit unseren Freiheilshcldcn zu vergleichen, zeuge
nicht nur von einem Mangel an Herz, sondern von ganz
etwas anderem. (Heiterkeit.) Die Hunnenbricfe seien
nicht zu kontroliren, der Kricgsminister müsse telegraphisch
authentischen Bericht einsordern. Die Sozialdemokraten
sympathisirten 1871 mit der Commune, die Unschuldige
erschossen hat. (Zuruf links: Bewußt erlogen.)
«Abg. Singer (Sozialdcry.) polcmisirt gegen Stöcker,
der die Wahrheit nicht leiden könne. (Präsigcut Graf
Ballcstrem ruft den Redner wegen dieser Aeußcrung zur
Ordnung. > Stöcker fühlte sich wohl in seiner früheren
Stellung als Obcrhirte, als er unsere Partei mit einer
Schafherde verglich. Wir wollen lieber bei den Heiden
als mit Stöcker zusammen sein. Die Soldaten können
in ihren Schreiben nicht so vorsichtig sein, wie der Ver-
fasser des „Scheiterhaufenbricses". Die Sozialisten hätten
die Erschießung des Pariser Erzbischofs anno 71 nicht
verteidigt. Die Raubpolitik der Regierung wird von keinem
der Unserigen gebilligt.
Der Präsident ruft Redner zum zweiten Male zur
Ordnung.
Singer schließt: Seine Partei weise eine Politik,
die von Chauvinismus geleitet sei, zurück.
Abg. Dr. Bachem (Eenlr.): Die Indemnität, die
der Reichskanzler freiwillig anbietc, sei mehr wert als, eilte
ernst erkämpfte.
Abg. Frhr. v Wangen heim (Bd. d. Ldw.). Wenn
das Truppcnmaterial sich seit 1870 wirklich verschlechtert
habe, so verschulde das nur die Sozialdemokratie.
Ein Vertagungsantrag wird angenommen.
Morgen 1 Uhr Fortsetzung und 12000 Mk. Affäre.
mit Namen Baldrian, deren Sohn vor achtzehn Jahren
hingerichtet wurde?"
„Ah, Ihr meint die Mutter Baldrian," rief der Vor-
steher auf's höchste überrascht, „ja, die lebt hier noch, sie
ist drüben in der anderen Abtheilung."
„Das ist gut," sagte der Fremde, „so laßt den Geist-
lichen rufen und dann die alte Frau. Jetzt aber laßt
mich allein, damit ich meine Kräfte sammele zn einem
umfassenden Geständnis."
Es wurde alles nach des Fremden Wunsch ausgeführt.
Der Pfarrer kam und blieb mehrere Stunden bei dem
Kranken. - Da mußten grausige Dinge verhandelt worden
sein, denn dem Geistlichen standen die Schweißperlen aus
der Stirn, als der Fremde erschöpft in die Kissen zurück-
fiel. Man reichte ihm einen belebenden Trunk, und als
Fran Baldrian cingcfnhrt wurde, konnte er seine Augen
wieder öffnen.
Das alte Mütterchen hatte den Blick zu Boden ge-
senkt, als sic ln das Zimmer trat; sic hatte keine Ahnung,
weshalb man sic hatte rufen lassen, sie schien überhaupt
gleichgiltig gegen alles zu sein.
Der Pfarrer rief sie nahe ans Bett des Fremden,
und da fielen ihre Augen auf ihn. Welch eine Verände-
rung ging da mit der alten Fran vor! Erst stutzte sie,
dann wurden ihre Augen größer und größer, und endlich
schrie sic mit aller Kraft ihrer schwachen Stimme: „Du,
Du hast es gethan, — Du hast den Gugclmeycr getötet,
für Dich ist mein Hubert gestorben!" Dann fiel die alte
Frau in Ohnmacht.
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Deutsches Reich.
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ordnungsblatt macht bekannt: Auf Grund der vom Deut-
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Deutsche Sympathiekundgebung für den
Präsidenten Krüger.
Der deutsche Ausschuß zur Sympathiebezcugung für
kcn Präsidenten Paul Krüger erläßt folgenden Aufruf:
Ter Hcldcnkampf der Buren ist noch nicht zu Ende,
aber nach menschlichem Ermessen vermag kein noch so zäher
widerstand das endliche Schicksal abznwcndcn. (kn dem
langen Jahre, da dieses kleine Volk einem zehnfach über-
legenen Heere Stand hielt, hat es die Welt durch wunder-
bare Tüchtigkeit ebenso wie durch unbegreifliche Versäum-
bisse in Erstaunen gesetzt.
Und nun erscheint in Europa der Mann, der vor
Jahresfrist in unsagbar schmerzlicher Wahl seiner Seele
ben Entschluß zum Kriege abgcrungcn hat, der jetzt inner
bcr Entscheidung des Schicksals am tiefsten leidet. Paul
Krüger, der greise Patriarch, Bauer nnd Staatsmann
sn einer Person, war uns immer die echteste Verkörperung
leiries ganzen Volkes. Stets haben wir mit Ehrfurcht zu
lhrn hinübergcschaut und jetzt gesellt sich unser Mitgefühl
bazu. Denn Gott hat ihm das schwere Loos auScrsehen,
bach unermüdlicher Sorge für sein Volk in seinen höchsten
Jahren die schwerste Prüfung, die Vernichtung seines
Tanzen Lcbcnswerkcs, zu tragen.
Dem unterzeichneten Ausschüsse liegt es gänzlich scrn,
politische Kräfte in Bewegung zu setzen Aber unnatürlich
erschiene cs ihm, wenn jene große sittliche Erregung, die
b«s ganze Deutsche Volk bis zum heutigen Tage durch-
Mhlc, nun auf einmal zu verlegenem Schweigen abebben
lallte in dem Augenblick, da der berufene Vertreter des
Äurenvolkes den europäischen Boden betritt. Seine po-
litischen Absichten sind nicht unsere Angelegenheit, aber die
Herzstärkung ihm reichen, der er auf seinem schweren Wege
^dürfen wird, unser Mitgefühl dem treuen Vater
leines Volkes aussprechen -- das dürfen und wollen
fair! Wenn wir die Meinung im Volke recht verstehen,
>v ist cs mit uns vielen Tausenden von Deutschen geradezu
ein Bedürfnis, mit diesem deutschen Gruße an den ehr-
würdigen Mann einen Ausklang zu geben den wider-
llreitenden Empfindungen, die uns bis zum heutigen Tage
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Für die Art der Kundgebung schien dem Ausschüsse
Diejenige Form die zweckmäßigste, die ihr den einheitlichen
^harakter wahrt und besonders jedem Mitfühlenden die
Beteiligung möglichst bequem macht. Es ist daher
lür diesen Zweck von bewährter Künstlerhand eine illustrirte
d vstkarte mit der von uns gewählten Widmung: „Unser
Mitgefühl dem treuen Vater seines Volkes!" hergestcllt
Horden, während der Vertrieb einer auf diesem Gebiete
^währten Berlagsbuchgcscllschaft übertragen wurde. In-
Präsident Graf Ballcstrem eröffnet
Reichstagssitzung um 1 Uhr 20 Minuten.
Das Haus ist gut besucht. Die Tribünen
Der Präsident teilt mit, daß der Etat
vorlicgcn wird-
Nachdem der Antrag Albrecht und Genossen auf
Einstellung des gegen Fischer-Sachsen schwebenden Straf
verfahrens angenommen worden ist, wird die China-
debatte fortgesetzt.
Ab'g. Payer isüdd. Volksp.) verlangt als mindestes
Zugeständnis für den durch die Nichteinberufung des
Reichstages begangenen schweren Fehler die Aufnahme des
Wortes „Indemnität" in die Vorlage, da dieses einen
scharfen aber notwendigen Tadel für die Regierung ent-
halte. Die Soldaten, die im Vertrauen auf die Dis
krction ihrer Angehörigen Briefe geschrieben Hütten, dürften
nicht bestraft werden. Auch der Bundesrat habe im
Sommer nichts von sich hören lassen. Auch ihm gegen-
über müsse die Regierung um Indemnität cinkommcn.
Die künftige Reichspolitik und das Programm der Re-
gierung könne doch nicht etwa in den kaiserlichen Reden
entwickelten Grundsätzen enthalten sein.
Graf Lerch en selb: Es sei cigenthümlich, daß im
Reichstage sofort davon gesprochen würde, daß der Bundes-
ratsausschuß für auswärtige Angelegenheiten nicht ein-
berufen wurde in diesem Sommer. Er sei doch cinbe-
Es wurde nun der Vorsteher der Anstalt gerufen:
nach einer kurzen Unterredung wurde ein Mann aus dem
Wagen gehoben, welcher an allen Gliedern gelähmt
schien — man mußte ihn die Treppe hinauf tragen. In
einem besonderen Zimmer legte man ihn sorgfältig auf
ein Bett. Nun wurde eine schwere Kiste aus dem Wagen
gehoben. Der fremde Mann wartete mit besorgter Miene
darauf und ordnete an, daß die Kiste neben das Belt
auf einen Stuhl gestellt wurde; dann öffnete er die
Kiste sie war voller Gold und Silber. Er belohnte
den Kutscher und entließ ihn.
Als nun der Fremde mit dem Spitalvorstchcr allein
war, sagte er:
„Seht, ich habe des Reichthums genug und werde
die Stadt reichlich entschädigen, wenn sic mir im Spital
Wohnung und Lebensunterhalt bis an mein Ende gewährt."
Der Herr Vorsteher legte sein Gesicht in freundliche
Falten, als er die Schätze sah, und er erbat sich, zum
Stadtarzt zu senden, damit der den Herrn untersuchen
und ihn behandeln könne. Davon wollte jedoch der Fremde
nichts wissen.
„Ich habe keinen Arzt nöthig," sagte er mit heiicrcr
Stimmc. „Ich bin doch schon halb verloren; ärztliche
Kunst kann mir nicht mehr helfen. Darum bleibt mir
mit eurem Doktor vom Halse. Lieber ist mir der Stadt-
pfarrer ; den laßt rufen, damit ich mein Herz erleichtern
und meine Sünden bekennen kann — vielleicht ist meine
Seele noch zu retten, wenn auch der Leib verdirbt. Vor-
allem aber sagt mir: lebt hier im Spital noch eine Frau
Dee He^enstem.
Eine einfache Erzählung von Fr. Ferd. Tamborini.
12) (Nachdruck verboten.)
Nudeln,
Rudeln in ve-
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^Mcn, die damals gelebt, waren viele gestorben, und die
^gcren waren älter geworden.
Die Stadt war dieselbe geblieben, aber das Mcnschen-
Uchlccht, das sie bewohnte, war ein anderes geworden.
Hlemand sprach mehr von der grausigen That und von
Hubert Baldrian. Der Neffe des Getödteten, der junge
Herr Walter, hatte kürz nach Vollzug des Urteils all
-Ule Habe verkauft und war nach Italien gegangen. Hier
er ein ernstes Leben geführt haben. Byn ihm wußte
^un nun auch nichts mehr.
. Jedoch die alte Frau Baldrian lebte noch im Spital;
strenger Haft wurde sie nicht mehr gehalten, denn sie
?ur eine stille Frau geworden. Zuweilen nur lachte sic
M auf und rief die Namen „Hubert" und „Walter" aus.
Hstffichtlich ihres Sohnes schien sic im Unklaren zn sein,
, uigstcns sprach sic nie von ihm mit jemanden. So ließ
"un sie gewähren.
- Wie gesagt, cs waren achtzehn Jahren vergangen. Da
Uhr eines Tages ein geschlossener Wagen in die Stadt.
Kutscher auf dem Bock fragte am Thor nach dem
Spital, und hielt, als man ihm den Weg gewiesen, dicht
dem Hause.
5 Zimmek
6 I Tr.,
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Nutz- u. LU
Ul dem 3.
eine Wohnv' >
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Deutscher Reichstag.
Berlin, 22. Nov.
die heutige
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rundlich erkck,,l
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; zum 1. 0°^
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ucrcsscnten
in.
Erscheint täglich mn Ausnahme der Sonn- u, Feiertage,
i Als Beilagen das „Heidelberger Volksblatt" und das
I gsMge „Illustrierte SsnntagSblatt". Preis 25 Pfg.,
< z mit den Beiblättern '»6 Pfg. monatlich. Durch die
L Post vierteljährlich 2<1 Pfg. ohne BofteNaekd.
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Anzeigen: die t-fpgjtige Petitzeile oder deren Raum
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deutend ermäßigt. Wklsmen Pfg. Für Auf-
nahme von Anzeigen an bestimmten !^gen wird nicht
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