Nr. S97. Erstes Blatt.
Heidelberger
Donnerstag, ZO. Dezember.
Kokal-Anzeiger
Grlcheiirt täglich
mit Ausnahme der Sonn- und
Feiertage. Als Beilagen das
„Heidelberger Volksblatt" und
das 8seitige „JllustrierteSonn-
tagsblatt". Preis 30 Pfg.,
mit den Beiblättern 40 Pfg.
monatlich. Durch die Post vier-
teljährlich 1 Mk. ohne Be-
stellgeld.
Neuer Heidelberger Anzeiger
(27. Jahrgang.)
Druck und-Verlag von G. Grisendörfer. Berautn,örtlich: Hch. Keilendärfer.
Anzeigen:
die 1-spaltige Petitzeile oder
deren Rmrm AO Pfg. Lokale
Geschäfts- und Privat-An-
zeigen bedeutend ermäßigt.
Reklamen 35 Pfg. Für
Aufnahme von Artzeigen an
bestimmten Tagen wird nicht
Geschäftsstelle: Untere Merk^ 17. s»r«nti«t.
Nur NO Pfg.
kostet der
Heidelberger
„Kokal - Anzeiger"
Neuer Heidelberger Anzeiger
monatlich, einschließlich Trägcrlohn.
Mit den Beilagen:
Heidelberger Volksblatt (2 mal wöchentlich)
und Illustriertes Sonntagsblatt
beträgt der Abonnementspreis
Nur 10 Pfg. mehr.
Vierteljährlich
Anzeiger" mit sämtlichen Beiblättern nur
Mk. li.— ohne Zustcllunasgebühr.
Der „Heidelberger Lokal-Aiizcigcr" ist die einzige
wirklich unparteiische Zeitung Heidelbergs und giebt
täglich in guter Auswahl eine Ucbersicht über die Vor-
gänge im politischen Leben, die wichtigsten nnd interessan-
testen Tagesereignisse unter vorzüglicher Berücksichtigung
der lokalen Nachrichten.
Der „Heidelberger Lokal-Anzeig-r" ist die
billigste Zeitung Heidelbergs
und ein „Volksblatt" im wahrsten und besten Sinne des
Wortes. Es erfreut sich infolge seiner Billigkeit und seines
gediegenen Inhalts einer
außerordentlich großen Auflage in Stadt
und Land.
In den Ortschaften der nächsten Umgebung Heidelbergs
ist der „Heidelberger Lokal-Anzeiger" nachweislich das
verbreitetste nnd meist gelesenstc Blatt Heidelbergs.
Seine Auflage wird im letztgenannten Verbreitungs-
gebiet non keinem Blatt Heidelbergs auch nur
auiräherud erreicht.
^»rerrrtZ s« iMKSL rLlv
im „.scidclberger Lokal-Anzeiger" babcn deshab sicheren
und durchschlagenden Erfolg.
werden von unseren Trägern und Trä-
Ak gk uuugtu gxrinncn, allen Postanstaltcn und Brief-
trägern und in unserer Geschäftsstelle, Untere Ncckarstraßc
Nr. 17 jederzeit emgeaengenommen.
Verlag und Schristleitnng.
Deutsches Reich.
Karlsruhe, 18. Dez. In einem Leitartikel, der die
häufige Beschlußunfähigkeit des Reichstages beklagt, sagt
die „Karlsruher Zeitung": „Die Erweiterung des
Kreises der zur Uebcrnahmc eines Mandates bereiten
Personen durch die Einführung von Diäten ist kein
Radikalmittel; aber die Erfahrungen aller einzelstaat-
lich en Kammern in Deutschland sprechen dafür, daß
es nicht wirkungslos bleiberftwürde, und deshalb muß
cs unseres Erachtens angewendet werden."
L.iO Karlsruhe, 18. Dez. Durch die Blätter geht
die Mitteilung von einem vertraulichen Rund-
schreiben des Ministers Dr. Schenkel an die
Groß Herz, «mtsvor stände. In demselben betont
der Minister aufs Neue, daß die Regierung nur dann
der Einführung des direkten, allgemeinen und geheimen
Wahlrechts znstimmcn wird, wenn die voa einer unbe-
schränkten direkten gleichen Wahl zu erwartenden Gefahren
durch bestimmte Zusätze verhütet oder doch wesentlich ab-
geschwächt werden. Als solche Zusätze führte der Minister
insbesondere an, daß den direkt gewählten Abgeordneten
der zweiten Kammer ein kleiner Bruchteil von Ab-
geordneten beigegeben wird, welcher entweder von den
Vertretungen der Kreisvcrbände der größeren Städte,
oder von den Vertretungen der wirtschaftlichen Interessen-
verbände gewählt werden. Der Minister wünscht, daß
hierüber, als ein Ergcbniß reiflicher Erwägungen, keinerlei
Zweifel gelassen wird. Der Minister erwartet, daß die
Amtsvorstände auch in Zukunft zur Aufklärung über die
Absichten der Großh. Regierung beitragen. Namentlich
sei von ihnen hierbei hervorzuhebcn, daß die Regierung
keineswegs einer Acnderung des indirekten Verfahrens und
Einführung des direkten Wahlrechts abgeneigt sei, sondern
allein dem Verlangen sich widersetze, daß das direkte gleiche
Wahlrecht unter Voraussetzungen eingeführt wird, welche
für den Fortgang eines gesunden, konstitutionellen Lebens
wesentliche Gefahren in sich bergen.
Holland.
Amsterdam, 19. Dez. Präsident Krüger hatte,
als er in Marseille landete, an mehrere Souveräne, dar-
unter an den Czaren, höfliche Bcgrüßungstelegramme ge-
richtet. Die Antwort des Czaren traf den Präsidenten
Krüger während seines Aufenthaltes in Dijon. Sie
war nach der Franks. Ztg. ein kühler Dank. Das Tele-
gramm trug die Adresse: „An Monsieur Krüger". Diese
Versagung des Präsidentcntitels hätte auf Krüger und
seine Umgebung einen starken Eindruck gemacht und die
Hoffnung auf einen Empfang in Rußland damals schon
schwinden lassen.
Amsterdam, 19. Dez. Präsident Krüger ist hier
eingetroffen und wurde von den Behörden, den Mitgliedern
des Gemeinderates, den Konsuln Transvaals und des
Oranjefreistaates im Fürstenzimmcr empfangen. Es wurden
Begrüßungsreden gehalten und Blumen überreicht. Auf
der Fahrt nach dem Rathause begrüßten große Zuschauer-
mengen den Präsidenten mit lebhaften Hochrufen. Im
Nathause hielt der Bürgermeister eine Rede, in der
er dem Präsidenten einen ehrenvollen Frieden wünschte.
Krüger erwiderte, im Jahre 1884 hätten die Republiken
ihre Unabhängigkeit errungen; allein jene ehrenvolle Thal
sei zunichte gemacht worden. Die Eindringlinge seien
wie 10 zu 1. Er harre des Tages, an dem der Herr
seinen Willen künden werde, auf dessen Hilfe alle bauen.
Nach den Begrüßungsreden wurde vom Gemeinderat ein
Frühstück gegeben, an das sich ein Besuch des Hauses
anschloß, in dem die Flüchtlinge aus Südafrika unter-
gebracht sind.
Zum Untergang der Gnersenan.
Berlin, 19. Dez. Kapitänleutnant Werner meldet
aus Malaga: Es stellt sich heraus, daß außer den bisher
als vermißt Gemeldeten noch die Schiffsjungen Pramschiefer
und Ludes vermißt werden. Schwer verletzt sind: der
Matrose Pagel (Lungenentzündung), Schiffsjunge Hoeck
(Gehirnentzündung) und Schiffsjunge Gelhaar (Kopf-
wunde.) Der Zustand derselbin wird als nicht lcbenge-
fährlich bezeichnet.
Hamburg, 19. Dez. Die Hamburg-Amcrika-Linie
stellte für die Rückbeförderung der Offiziere und Mann-
schaften der „Gneisenau" dem Reichsmarincamtc den Post-
dampfer Andalusia zur freien Verfügung. Die Anda-
lusia ist auf der Rückfahrt von Oftasten übermorgen in
der Straße von Gibraltar fällig. Schleppdampfer sind
ausgesandt, um dem Schiffe die Ordre zu überbringen,
daß es sofort nach Malaga gehe.
Madrid, 19. Dez. Durch den Wellenschlag ist die
„Gneisenau" derartig zertrümmert, daß eine Bergung un-
möglich ist. Heute fand das feierliche Begräbnis des Ka-
pitän Kretschmann statt, woran sich die spanische Gar-
nison, die Offiziere des englischen Kreuzers „Blanche",
sowie die Mannschaften aller im Hafen von Malaga an-
kernden Handelsschiffe beteiligten. Der Kreuzer „Charlotte"
trifft nach der Frkf. Ztg. am Samstag ein um dicUeber-
lebenden abzuholen.
Der Hochzeitstag.
Roman von H. Palms-Payscn.
23) (Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Es ist eine Frage ohne Sinn. Er weiß vielleicht
gar nicht, daß er so fragt. Er sieht Gisela wie geistes-
abwesend an. Es ist ihm, als stürbe etwas in seinem
Herzen.
„In Bellagio", antwortet sie leise.
„Verzeihung, was weißt Du von Bellagio?"
„Ich weiß alles", sagt sie, und sieht ihm wieder fest
in Auge.
Herr v. Belendorf tritt jetzt näher an die beiden Re-
denden heran. Wa« Gisela da spricht, ist ihm neu. Ein
gespanntes, nervöses Zucken geht über sein Gesicht. Er
hat mehrmals schon den Versuch gemacht, den Bar n zu
unterbrechen und zu beschwichtigen, wird aber nicht be-
achtet.
.Weißt alles", wiederholt Ulrich ironisch, verächtlich,
„nnd alles anonym!"
„O nein. Letzteres nicht anonym!"
„A — a — ha! Und wie heißt der Freund, der be-
hauptet ?"
„Wie darf ich Namen nennen!"
„Ich muß doch darum bitten."
„Soll ich gut gemeinte Warnung durch Indiskretion
vergelten."
„Es wird, denke ich, Dein heißester Wunsch sein, einem
Schwcrgckränktcn Gelegenheit zur Verteidigung zu geben."
„Das kann auch so geschehen."
„Würde cs der Mühe lohnen Dir gegenüber?"
„Daraus allein kommt es ja an!"
„Meinst Du? Und der Verleumder soll ohne Buße
davonkommen?"
„Aber ich überhebe Dich derselben", sie schürzt die
Lippen verächtlich. „Es kommt ja nicht mehr darauf an.
„Weil Dir der Glaube an mich fehlt. „Ich verstehe."
Sie wendet schweigend ihren Kopf ab.
Ein kalter Zorn erfüllt ihn.
„Und glaubst Du wirklich, Dein mir seit Wochen schon
in so verletzender, schmerzender Weife vorenthaltenes Ver-
trauen könne binnen weniger Sekunden zurückkehren? Du
i könntest die — o Gisela, Dein Gesicht war mir gestern
ein lebender Beweis dafür — die zitternde Angst vor mir
verlieren durch die paar inhaltsschweren, aber für eine Un-
gläubige inhaltsleeren Worte: Es ist nicht wahr! Wer
sagt, daß ich Maria schlecht behandelt habe, ist ein Lüg-
ner ?! Nein, nach den heutigen Geschehnissen ist das nicht
anzunehmen. Vermochtest Du in der Kirche dem Pfarrer
das „Ja" zu verweigern, mich durch diese schneidende Ab-
' sage vor der Welt in so niederschmetternder Weise blos-
i zustellcn, meinem Herzen den Schreck, die Demütigung,
! den Gram und jetzt die namenlose Kränkung zuzufügen,
! mich jeder niederträchtigen Handlung für fähig zu halten
— dann — dann können ein paar Worte aus meinem
Munde meine Retter nicht sein. Du verlangst Beweise,
und ich — hörst Du, Gisela — ich verschmähe es, Dir
Beweise zu geben. Wenn mein Wort Dir nichts gilt,
was gilt Dir dann — meine Person, mein Herz, meine
— Liebe!"
Er hat zuletzt mit starkklingender Stimme gesprochen.
Nun schweigt er. Wird sic sprechcn und was?
Mit ticfgesenktcm Kopfe steht sie da. Dann hört er
sie sagen, sehr leise, aber doch verständlich: „Verzeih mir
— o, verzeih!"
Herr v. Belendorf geht auf seine Tochter zu nnd will
auf sie cinredcn. Eine stumme, bittende, abwehrende, von
ihm mißverstandene Geberde des Barons verhindert dies
und veranlaßt ihn, das Zimmer zu verlassen. Wenn
Gisela erst so weit ist nm Verzeihung zu bitten, denkt er,
dann ist der FriedcnSschluß nicht mehr weit.
Alles in Ulrich zieht sich in Schmerz zusammen. Er
kann cs nicht fassen, daß dieser so heiß crschnie, mit so
viel seligen Träumen nusgeschmückte Tag in seines Lebens
Dasein ein Tag des höchsten Jammers werden solle. —
Sie glaubt, sie vertraut ihm nicht! Damit ist das Un-
glück seines Herzens besiegelt! — Erkennt, begreift das
junge Weib dort die Tragweite ihrer Worte? Weiß Gi-
sela, was sie sagt und thut?
Sein hell aufgcloderter Zorn, die kalte Erbitterung,
die tief einschneidende Hcrzenskränkung geht unter in den
Wogen allerhcißestcr Schmerzen, seine Braut verloren zu
haben.
„Und weiter hast Du mir nichts zu sagen?" fragt er
so weich und sanft, wie man zu einem scheuen Kinde
Heidelberger
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Der „Heidelberger Lokal-Aiizcigcr" ist die einzige
wirklich unparteiische Zeitung Heidelbergs und giebt
täglich in guter Auswahl eine Ucbersicht über die Vor-
gänge im politischen Leben, die wichtigsten nnd interessan-
testen Tagesereignisse unter vorzüglicher Berücksichtigung
der lokalen Nachrichten.
Der „Heidelberger Lokal-Anzeig-r" ist die
billigste Zeitung Heidelbergs
und ein „Volksblatt" im wahrsten und besten Sinne des
Wortes. Es erfreut sich infolge seiner Billigkeit und seines
gediegenen Inhalts einer
außerordentlich großen Auflage in Stadt
und Land.
In den Ortschaften der nächsten Umgebung Heidelbergs
ist der „Heidelberger Lokal-Anzeiger" nachweislich das
verbreitetste nnd meist gelesenstc Blatt Heidelbergs.
Seine Auflage wird im letztgenannten Verbreitungs-
gebiet non keinem Blatt Heidelbergs auch nur
auiräherud erreicht.
^»rerrrtZ s« iMKSL rLlv
im „.scidclberger Lokal-Anzeiger" babcn deshab sicheren
und durchschlagenden Erfolg.
werden von unseren Trägern und Trä-
Ak gk uuugtu gxrinncn, allen Postanstaltcn und Brief-
trägern und in unserer Geschäftsstelle, Untere Ncckarstraßc
Nr. 17 jederzeit emgeaengenommen.
Verlag und Schristleitnng.
Deutsches Reich.
Karlsruhe, 18. Dez. In einem Leitartikel, der die
häufige Beschlußunfähigkeit des Reichstages beklagt, sagt
die „Karlsruher Zeitung": „Die Erweiterung des
Kreises der zur Uebcrnahmc eines Mandates bereiten
Personen durch die Einführung von Diäten ist kein
Radikalmittel; aber die Erfahrungen aller einzelstaat-
lich en Kammern in Deutschland sprechen dafür, daß
es nicht wirkungslos bleiberftwürde, und deshalb muß
cs unseres Erachtens angewendet werden."
L.iO Karlsruhe, 18. Dez. Durch die Blätter geht
die Mitteilung von einem vertraulichen Rund-
schreiben des Ministers Dr. Schenkel an die
Groß Herz, «mtsvor stände. In demselben betont
der Minister aufs Neue, daß die Regierung nur dann
der Einführung des direkten, allgemeinen und geheimen
Wahlrechts znstimmcn wird, wenn die voa einer unbe-
schränkten direkten gleichen Wahl zu erwartenden Gefahren
durch bestimmte Zusätze verhütet oder doch wesentlich ab-
geschwächt werden. Als solche Zusätze führte der Minister
insbesondere an, daß den direkt gewählten Abgeordneten
der zweiten Kammer ein kleiner Bruchteil von Ab-
geordneten beigegeben wird, welcher entweder von den
Vertretungen der Kreisvcrbände der größeren Städte,
oder von den Vertretungen der wirtschaftlichen Interessen-
verbände gewählt werden. Der Minister wünscht, daß
hierüber, als ein Ergcbniß reiflicher Erwägungen, keinerlei
Zweifel gelassen wird. Der Minister erwartet, daß die
Amtsvorstände auch in Zukunft zur Aufklärung über die
Absichten der Großh. Regierung beitragen. Namentlich
sei von ihnen hierbei hervorzuhebcn, daß die Regierung
keineswegs einer Acnderung des indirekten Verfahrens und
Einführung des direkten Wahlrechts abgeneigt sei, sondern
allein dem Verlangen sich widersetze, daß das direkte gleiche
Wahlrecht unter Voraussetzungen eingeführt wird, welche
für den Fortgang eines gesunden, konstitutionellen Lebens
wesentliche Gefahren in sich bergen.
Holland.
Amsterdam, 19. Dez. Präsident Krüger hatte,
als er in Marseille landete, an mehrere Souveräne, dar-
unter an den Czaren, höfliche Bcgrüßungstelegramme ge-
richtet. Die Antwort des Czaren traf den Präsidenten
Krüger während seines Aufenthaltes in Dijon. Sie
war nach der Franks. Ztg. ein kühler Dank. Das Tele-
gramm trug die Adresse: „An Monsieur Krüger". Diese
Versagung des Präsidentcntitels hätte auf Krüger und
seine Umgebung einen starken Eindruck gemacht und die
Hoffnung auf einen Empfang in Rußland damals schon
schwinden lassen.
Amsterdam, 19. Dez. Präsident Krüger ist hier
eingetroffen und wurde von den Behörden, den Mitgliedern
des Gemeinderates, den Konsuln Transvaals und des
Oranjefreistaates im Fürstenzimmcr empfangen. Es wurden
Begrüßungsreden gehalten und Blumen überreicht. Auf
der Fahrt nach dem Rathause begrüßten große Zuschauer-
mengen den Präsidenten mit lebhaften Hochrufen. Im
Nathause hielt der Bürgermeister eine Rede, in der
er dem Präsidenten einen ehrenvollen Frieden wünschte.
Krüger erwiderte, im Jahre 1884 hätten die Republiken
ihre Unabhängigkeit errungen; allein jene ehrenvolle Thal
sei zunichte gemacht worden. Die Eindringlinge seien
wie 10 zu 1. Er harre des Tages, an dem der Herr
seinen Willen künden werde, auf dessen Hilfe alle bauen.
Nach den Begrüßungsreden wurde vom Gemeinderat ein
Frühstück gegeben, an das sich ein Besuch des Hauses
anschloß, in dem die Flüchtlinge aus Südafrika unter-
gebracht sind.
Zum Untergang der Gnersenan.
Berlin, 19. Dez. Kapitänleutnant Werner meldet
aus Malaga: Es stellt sich heraus, daß außer den bisher
als vermißt Gemeldeten noch die Schiffsjungen Pramschiefer
und Ludes vermißt werden. Schwer verletzt sind: der
Matrose Pagel (Lungenentzündung), Schiffsjunge Hoeck
(Gehirnentzündung) und Schiffsjunge Gelhaar (Kopf-
wunde.) Der Zustand derselbin wird als nicht lcbenge-
fährlich bezeichnet.
Hamburg, 19. Dez. Die Hamburg-Amcrika-Linie
stellte für die Rückbeförderung der Offiziere und Mann-
schaften der „Gneisenau" dem Reichsmarincamtc den Post-
dampfer Andalusia zur freien Verfügung. Die Anda-
lusia ist auf der Rückfahrt von Oftasten übermorgen in
der Straße von Gibraltar fällig. Schleppdampfer sind
ausgesandt, um dem Schiffe die Ordre zu überbringen,
daß es sofort nach Malaga gehe.
Madrid, 19. Dez. Durch den Wellenschlag ist die
„Gneisenau" derartig zertrümmert, daß eine Bergung un-
möglich ist. Heute fand das feierliche Begräbnis des Ka-
pitän Kretschmann statt, woran sich die spanische Gar-
nison, die Offiziere des englischen Kreuzers „Blanche",
sowie die Mannschaften aller im Hafen von Malaga an-
kernden Handelsschiffe beteiligten. Der Kreuzer „Charlotte"
trifft nach der Frkf. Ztg. am Samstag ein um dicUeber-
lebenden abzuholen.
Der Hochzeitstag.
Roman von H. Palms-Payscn.
23) (Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Es ist eine Frage ohne Sinn. Er weiß vielleicht
gar nicht, daß er so fragt. Er sieht Gisela wie geistes-
abwesend an. Es ist ihm, als stürbe etwas in seinem
Herzen.
„In Bellagio", antwortet sie leise.
„Verzeihung, was weißt Du von Bellagio?"
„Ich weiß alles", sagt sie, und sieht ihm wieder fest
in Auge.
Herr v. Belendorf tritt jetzt näher an die beiden Re-
denden heran. Wa« Gisela da spricht, ist ihm neu. Ein
gespanntes, nervöses Zucken geht über sein Gesicht. Er
hat mehrmals schon den Versuch gemacht, den Bar n zu
unterbrechen und zu beschwichtigen, wird aber nicht be-
achtet.
.Weißt alles", wiederholt Ulrich ironisch, verächtlich,
„nnd alles anonym!"
„O nein. Letzteres nicht anonym!"
„A — a — ha! Und wie heißt der Freund, der be-
hauptet ?"
„Wie darf ich Namen nennen!"
„Ich muß doch darum bitten."
„Soll ich gut gemeinte Warnung durch Indiskretion
vergelten."
„Es wird, denke ich, Dein heißester Wunsch sein, einem
Schwcrgckränktcn Gelegenheit zur Verteidigung zu geben."
„Das kann auch so geschehen."
„Würde cs der Mühe lohnen Dir gegenüber?"
„Daraus allein kommt es ja an!"
„Meinst Du? Und der Verleumder soll ohne Buße
davonkommen?"
„Aber ich überhebe Dich derselben", sie schürzt die
Lippen verächtlich. „Es kommt ja nicht mehr darauf an.
„Weil Dir der Glaube an mich fehlt. „Ich verstehe."
Sie wendet schweigend ihren Kopf ab.
Ein kalter Zorn erfüllt ihn.
„Und glaubst Du wirklich, Dein mir seit Wochen schon
in so verletzender, schmerzender Weife vorenthaltenes Ver-
trauen könne binnen weniger Sekunden zurückkehren? Du
i könntest die — o Gisela, Dein Gesicht war mir gestern
ein lebender Beweis dafür — die zitternde Angst vor mir
verlieren durch die paar inhaltsschweren, aber für eine Un-
gläubige inhaltsleeren Worte: Es ist nicht wahr! Wer
sagt, daß ich Maria schlecht behandelt habe, ist ein Lüg-
ner ?! Nein, nach den heutigen Geschehnissen ist das nicht
anzunehmen. Vermochtest Du in der Kirche dem Pfarrer
das „Ja" zu verweigern, mich durch diese schneidende Ab-
' sage vor der Welt in so niederschmetternder Weise blos-
i zustellcn, meinem Herzen den Schreck, die Demütigung,
! den Gram und jetzt die namenlose Kränkung zuzufügen,
! mich jeder niederträchtigen Handlung für fähig zu halten
— dann — dann können ein paar Worte aus meinem
Munde meine Retter nicht sein. Du verlangst Beweise,
und ich — hörst Du, Gisela — ich verschmähe es, Dir
Beweise zu geben. Wenn mein Wort Dir nichts gilt,
was gilt Dir dann — meine Person, mein Herz, meine
— Liebe!"
Er hat zuletzt mit starkklingender Stimme gesprochen.
Nun schweigt er. Wird sic sprechcn und was?
Mit ticfgesenktcm Kopfe steht sie da. Dann hört er
sie sagen, sehr leise, aber doch verständlich: „Verzeih mir
— o, verzeih!"
Herr v. Belendorf geht auf seine Tochter zu nnd will
auf sie cinredcn. Eine stumme, bittende, abwehrende, von
ihm mißverstandene Geberde des Barons verhindert dies
und veranlaßt ihn, das Zimmer zu verlassen. Wenn
Gisela erst so weit ist nm Verzeihung zu bitten, denkt er,
dann ist der FriedcnSschluß nicht mehr weit.
Alles in Ulrich zieht sich in Schmerz zusammen. Er
kann cs nicht fassen, daß dieser so heiß crschnie, mit so
viel seligen Träumen nusgeschmückte Tag in seines Lebens
Dasein ein Tag des höchsten Jammers werden solle. —
Sie glaubt, sie vertraut ihm nicht! Damit ist das Un-
glück seines Herzens besiegelt! — Erkennt, begreift das
junge Weib dort die Tragweite ihrer Worte? Weiß Gi-
sela, was sie sagt und thut?
Sein hell aufgcloderter Zorn, die kalte Erbitterung,
die tief einschneidende Hcrzenskränkung geht unter in den
Wogen allerhcißestcr Schmerzen, seine Braut verloren zu
haben.
„Und weiter hast Du mir nichts zu sagen?" fragt er
so weich und sanft, wie man zu einem scheuen Kinde