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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150 - 176 (1. Juli 1901 - 31. Juli 1901)
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Freitag, IS.'Juli 1901.




Zweites Blatt.

43. Jahrgang. — Ir. 166.

6MS^>A


Erscheint täglich, Sonntags ansgenoimncn-

en- — Preis nnt Fannlienblattern monatlich SO Pfg. in's Hans gebracht, bei der Expedition nnd den Zweigstellen abgeholt 40 Nfa
zogen oierttzljahrlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. die Ispaltige Petitzeile oder deren Nanm. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- nnd Prioatanzcigen ermäßigt. — Anschlag der Inserate
der Heidelberger Zeitung nnd den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Durch die Post be-
anf den Plakattafeln

Sonderfahrten des deutschen Flotten-Vereins
zn den großen Flottenmanövern nach Danzig.
Der freudige Zuspruch, den die vorjährige und
diesjährige Sonderfahrt noch Bremen—Helgoland—
Hamburg--Kiel fand, hat dem Präsidium den Plan
nahe gelegt, im Herbst eine ähnliche Fahrt nach Danzig
zu vexanstalten, in deren Mittelpunkt die großen
Flottenmanöver stehen werden. Unter der Vorans-
jehung genügender Beteiligung wird die Fahrt in Berlin
am 10. September beginnen nnd am 19. September in
Dirschan ihr Ende finden. Vorläufig sind in Aussicht
genommen: Teilnahme an der großen Flottenrevne vor-
dem Kaiser in der Danziger Bucht, Besuch der Kriegs-
schiffe, die nur diese Zeit fast ausnahmslos vor Danzig
ankern, Teilnahme an den Manövern der Flotte auf
einem Vegleitdampfer, Besuch von Danzig, Oliva,
Zoppot, Heia, Neufahrwasser, Weichselmünde, .Königs-
berg, der Marienbnrg, der Schichanschen Werft in El-
bing, der Kaiserlichen Werft in Danzig, Teilnahme an
dem festlichen Einzug des Kaisers in Danzig, an der
großen Parade in Knngfuhr und den anschließenden Kai-
sermanövern zwischen Dirschau und Danzig, wo am
17. oder 18. September ein großes Landungsmanöver
stattfindet. Da Danzig zum dauernden Aufenthaltsort
für die Teilnehmer an der Sonderfahrt gewählt wird,
so hoffen wir in Gemeinschaft mit Carl Stangens Rei-
seburean für eine gute Unterbringung Sorge treffen zn
können, bitten aber von vornherein zu berücksichtigen, daß
der Tourist in einem stark mit Truppen belegten Gelände
auch mit einem einfachen Onartier vorlieb nehmen muß.
Hoffentlich lassen sich dadurch die Damen nicht von der
Teilnahme an dieser Fahrt abhalten, die für die Mit-
glieder des Flotten-Vereins mit Rücksicht auf die großen
Manöver von Flotte und Landheer eine ganz besonders
anregende zn worden verspricht. Der Preis für die Teil-
nahme von Berlin bis nach Berlin zurück — 10. bis
20. September — wird den Betrag von 250 Mark nicht
übersteigen. In unseren schon bei der diesjährigen Kie
ler Fahrt angestellten Bemühungen, von den Haupt-
plätzen Süd- nnd Westdeutschlands Fahrpreisermäßi-
gungen zu erhalten, werden wir diesmal außer von
den Geschäftsstellen des Deutschen Flottenvereins durch
die Filialen von Carl Stangens Rejsebureau unter-
stützt; vor allem aber ist recht frühzeitig Anmeldung
direkt bei der Hauptgeschäftsstelle des Deutschen Flauen
Pereins, Berlin N1V., Dorotheenstr. 42, II, erwünscht,
damit die erforderlichen Schritte zur Erwirkung von
Fach-Preisermäßigungen von der Zentrale eingeleitet-
Werden können. Spätestens werden die Anmeldungen
bis zum 16. August erbeten. Für die östlich von Ber-
lin wohnenden Mitglieder des Deutschen Flotten-Vereins
wird eine Anschlußmöglichkeit in Danzig unter ent-
sprechender Verringernng des Teilnohmerüetrages ge-
schaffen werden. _
Das Luftschifferbataillon.
. Wie die „Deutsche Warte" an maßgebender Stelle er-
Whren, ist der Etat des Luftschiffcrbataillons auf 12 Offi-
-üerc und 302 Mann festgesetzt und wird ebenso wie die
iwiie, Bezeichnung „Luftschifferbataillon" au Stelle der
Mchflschifferabteilung" vorn 1. Oktober ab in Kraft tre-
ün. Es gliedert sich in zwei Kompagnien mit

einer Bespannnngsabteilung in der Stärke von 1 Offi-
zier, 68 Mann und 58 Pferden und wird vom 1. Ok-
tober ab in den neuen Kasernements auf dem Gelände
südlich vom Tegeler Schießplatz untergebracht werden.
Am 1. April wurde bereits eine Versuchsabtei-
lungder B e rke h r s t r u p P e n neu errichtet, wo-
durch die Versuchssektion der Luftschifserabteilung in
Wegfall kommen konnte. Diese ist in drei Unterabtei-
lungen (für das Eisenbahn-, Luftschiffer- nnd Telegrä
phenwesen) geteilt und untersteht direkt den, Inspekteur
der Verkehrstruppen. Ihre Aufgaben bestehen im Ver-
folgen der Fortschritte der Technik auf vorbezeichneten
Gebieten, in Erwerbungeil von Erfindungen und Neue-
rungen, die für militärische Zwecke verwertbar erscheinen,
und im Studium der einschlägigen Litteratnr des Jn-
nnd Auslandes. Ferner liegt ihnen ob, Versuche prak-
tischer Natur vorzunehmen sowie die Fühlung mit Au-
toritäten auf allen diesen Gebieten zu unterhalten.
Schließlich ist auch eine genaue Kenntnis der Leistungs-
fähigkeit der für Lieferungen inbetracht kommenden
Fabriken nsw. notwendig.
Der neue llebungsplatz bei Tegel ist großartig ange-
legt, und als besonders glücklich muß der Umstand be-
zeichnet werden, daß das Königliche meteorologische
Institut in unmittelbarer Nähe der Kasernen vom Mi-
litärfiskus esu Gelände gepachtet hat, auf welchem das
aeronautische Observatorium errichtet wurde. Es kann
hierdurch eine wesentliche Ergänzung dpr Thätigkeit
der Versuchsabteilung durch rein wissenschaftlicl)e For-
schungen, die sich besonders mit den höheren Luft-
schichten befassen, und umgekehrt in gegenseitig nutz-
bringender Weise stattfinden.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 19. Juli.
-f- Sterblichkeits-Bericht. Nach den unterm 12. ds. Mts.
herausgegebenen Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits-
amles zn Berlin über die Gesamtsterblichkeit in den 279
deutschen Städten und Orten mit 15 000 nnd mehr Einwohnern
während des Monats Mai 1901 hat dieselbe — auf je
1000 Einwohner auf den Zeitraum eines Jahres berechnet —
betragen: a. weniger als 15,0 in 45, b. zwischen 15,0 und 20,0
in 113, o. zwischen 20,1 und 25,0 in 83, ä. zwischen 25,1 und
80,0 in 27, s. zwischen 30,1 nnd 35,0 in 7 und k mehr als
35,0 in 4 Orten. Die geringste Sterblichkeitsziffer hatte in dem
gedachten Monate die Stadt Steglitz in der Provinz Branden-
burg mit 8,2 und die höchste die Stadt Neuruppin in derselben
Provinz mit 38,1 zu verzeichnen. In den Städten und
Orten des Großherzogtnms Baden mit 15 000 und mehr Ein-
wohnern sind folgende Sterblichkeitsziffern für den Berichtsmonat
— gleichfalls wie oben auf je 1000 Einwohner auf den Zeitraum
eines Jahres berechnet — ermittelt worden: In Pforzheim
15,9, Karlsruhe 18,2 (ohne Ortsfremde 16,3), Konstanz 20,9,
Mannheim 20,9, Freiburg 23 3 (ohne Ortsfremde 18,8), Baden-
Baden 23,5 und in Heidelberg 31,7 (ohne Ortsfremde 20,0).
Die Säuglingssterblichkeit war im Monat Mai d. Js. eine
beträchtliche, d. h. höher als ein Drittel der Lebendgeborenen
in 11 Orten; dieselbe blieb unter einem Zehntel derselben in 35
Orten. Als Todesursachen der während des gedachten Monats
in hiesiger Stadt vorgekommenen 108. Sterbefälle — darunter 27
von Kindern im Alter bis zu einem Jahre — sind angegeben:
Scharlach 1, Diphtherie und Croup 1, Lungenschwindsucht 13.
akute Erkrankungen der Atmungsorgane 19, Brechdurchfall 3
Kinder im Alter bis zu 1 Jahre, alle übrigen Krankheiten 69
und gewaltsamer Tod 2. Im ganzen scheint sich der Gesundheits-
zustand der Säuglinge gegenüber dem Monate April d.J. etwas
verschlechtert zu haben, während die Gesamtstcrdlichkeit sich an-
scheinend wenig geändert hat. Die Zahl der in hiesiger Stadt

während des Monats Mai 1901 zur Anmeldung gelangte«
Geburten hat — ausschließlich der vorgekommenen 8 Tot»
gebürten — 115 betragen; dieselbe hat mithin die der Sterbe-
salle (108) um 7 überstiegen.
Kleine Zeitung
— Esel als Zugtiere. Eine unerwartete Folge der
großen Hitze ist in Berlin die außerordentlich große Hausse
auf dem Eselsmarkte. Dieses nützliche Grautier war bis
vor etwa anderthalb Jahren in der Reichshauptstadt so
gut wie unbekannt, als der Tierschutzverein die Einfuhr
von Eseln ans Ungarn und dem Kaukasus aufnahm, um
dadurch das Hundefuhrwerk überflüssig zu machen. Die
Eseltransporte fanden über Erwarten willige Abnehmer
und augenblicklich, wo Pferde und Hunde unter der Hitze
fallen, kann der Tierschutzverein der Nachfrage nach Eseln
kaum noch genügen. Durch diese Eseleinfuhr hat sich
thatsächlich das Straßenbild Berlins schon etwas geändert,
denn überall sieht man die bisher unbekannten Eselwagen.
Es scheint übrigens, daß die Esel nicht nur das Zugtier
des armen Mannes bleiben sollen, sondern daß auch größere
Geschäfte sie für die Versendung ihrer leichteren Waren
einführen wollen. Die Neuheit bringt es auch mit sich,
daß man vielfach Eselgespanne zur Reklame benutzt; die
hübsch aufgeputzten Esel mit kleinen eleganten Wägelchen
machen einen sehr hübschen Eindruck.
Rndcüerg i. Sachsen, 16. Juli. Das Seiltün

blieb. Aller Wahrscheiulichkeit nach ist das Unglück da-
rauf zurückzuführen, daß eine. Kette nachgegeben hatte.
Wenige Augenblicke vor dem Sturz in die Tiefe tzatle
Gcrsten noch vom Seil aus eine Ansprache an das Pnbli
knm gehalten nnd dasselbe gebeten, dem sammelteller
nicht nuszuweichen; jeder Arbeiter sei seines Lohnes wert,
und die seine sei besonders -schwer; mancher finde da-
bei seinen Tod.
— Trauring des österreichischen Thronfolgers.
Eine peiiwolle Stunde durchlebte jüngst Erzherzog Franz
Ferdinand bon Oesterreich. Auf einer Reife begriffen,
stand er am Fenster des dahinbrausenden Eilzuges. Der
Pflicht der Repräsentation enthoben, wollte er es sich
gleich gewöhnlichen Sterblichen im Koupee ein bischen
bequem machen. Er zog sich zunächst die Handschuhe aus.
Er mag dabei wohl etwas hastig gewesen sein, denn er
streifte mit dem Handschuh zugleich auch den Trauring
ab, nnd dieser flog zum Fenster hinaus. Im ersten Au-
genblick war der Erzherzog über den Verlust so erschro-
cken, daß er schon die Notleine ziehen nnd den Zug znm
Halten bringen wollte. Dann aber überwog doch der
Wunsch, alles Aufsehen zn vermeiden. Er prägte sich
die Stelle, wo er den Ring verloren, möglichst genau
ein und merkte sich auch die Nummer des nächsten Wär
tcrhäuschens. Auf der Station, ans der der Zug fahr-
planmäßig hielt, gab er dann dem Stationsvorsteher auf,
nach dem wertvollen Kleinod suchen zu lassen. Man
kam: sich denken, daß dies mit der größten Sorgfalt ge-
schah. In der That wurde an der angegebenen Stelle
der Ring gesunden und der Erzherzog tonnte ihn ver-
gnügt lächelnd wieder an den Finger stecken, nachdem
er den Ileberbringer reichlich belohnt hatte.

8)

Prokura.

Humoreske von Reinhold Ortmann
(Fortsetzung.)
... „Wie dürfte ich cs nach einer so bestimmten Erklärung
langer i» Zweifel ziehen? Aber ich bin wirklich in größler
^erlegcnheit, wie ich es anfangen soll, dos weiteren mit Ihnen
'Zrüber zu sprechen. Könne» Sie mir nicht für de» Anfang
st" wenig zu Luise kommen, mein verehrtes, gnädiges Frün-

y, „Ich heiße Martha Paetow. Und da wir nicht auf einem
stalle sind, geuügt es vollkommen, wenn Sie mich einfach mit
ststuem Namen anredcn, Herr Gerold! Was aber den er-
stähnteir Brief betrifft, so vermag ich den Nutzen einer wei-
st^» Auseinandersetzung nicht einzusehen. Ich habe ihn ganz
st abgefaßt, wie cs mir im Interesse des von mir vertretenen
st""ses geboten schien, lind ich könnte seinen Inhalt selbst-
^'ständl'ich auch jetzt nur Wort für Wort aufrecht erhalten."
, Das war bitterer Ernst. Ihre Miene sagte es noch dent-
Nber cNZ ihre Worte, und cs wäre offenbare Thorheit ge-
,'Ken, die Sache jetzt noch von der scherzhaften Seite zu neh-
sF'" Tief gekränkt durch ihre grundlos feindselige Arr er-

Ludwig Gerold den Kopf.

„Sie sind also entschlossen, Fräulein Paetow, namens
, «'er Firma die Verbindung mit uns abznbrechen?"
>-- Sie zögerte ein paar Sekunden lang, und dann wandte
n sich ein wenig zur Seite, so daß er ihr Gesicht nicht sehen
Mte, endlich erwiderte:
K »Ich sehe für den Augenblick keine andere Möglichkeit,
Gerold!"
u,;, »Cs kommt mir nicht zn, zu fragen, ob Sie sich der Em-
Kst'gung Ihres Herrn Vaters versichert halten dürfen. Ich
Pst" Ihre Entschließung Wohl bedauern; aber rch habe lein
ustM. zu kritisieren. Eine einzige Frage nur mochte ich nur
hstst gestatten, ehe ich mich Ihnen empfehle. War es wirtlich
schr bloße Klang meines Namens, der Sic gestern ln so
stljnigc Flucht getrieben?"
o.f Martha Paetow hatte ihren Kopf jetzt ganz von ihm ab-
°9rt, und er blieb deshalb im Zweifel, ob es Unwille über

seine Frage oder eine Empfindling anderer Art war, die ihre
Stimme unsicherer klingen ließ als zuvor.
„Ich muß es Ihnen überlassen, die rechte Deutung für
mein Benehmen zn finden, lind ich denke, allznschwcr könnte
es Ihne» nicht fallen."
„Ich aber versichere Sie, daß Sie mein Ahnnngsver-
mögen weit überschätzen, und daß ich da vor cinein Rätsel
stehe, für dessen Lösung ich Ihnen herzlich dankbar wäre.
Unsere letzrc Lieferung ist nicht nach Ihren Wünschen ausge-
fallen. Sie waren unznfriedc», und Sic hatten ohne allen
Zweifel ein gutes Recht, dieser Unzufriedenheit Ansdruck zu
geben. Aber mußte das wirklich meinem Vater und nun
auch mir gegenüber in einer Form geschehen, die ich mir »Ur-
als einen persönlichen Groll erklären könnte, wenn ich nicht
ganz sicher wäre, daß keiner von uns Ihne» jemals Anlaß
gegeben hat, ihm zn zürnen."
Da drehte sic mit einer ungestümen Bewegung den Kopf,
lind hoheitsvoll blitzten ihn ihre schönen Augen an.
„So? Sind Sic dessen so sicher? Null, es mag ja sein,
daß Ihr Herr Vater nicht an die Möglichkeit gedacht hat, seine


leseii mutzte. Und nun, da ich Ihnen sage, daß ich alles
weih — null werde» Sie, wie ich hoffe, auch mein Benehmen
etwas weniger unbegreiflich finden."


nicht
mochte . . , „ , _ .
haben als in diesem Moment. Und es klang verzweifelt auf-
richtig, als er erwiderte:
„Allem Anschein nach, Fräulein Paetow, wissen Sie da
Dinge, von denen ich selbst keine blasse Ahnung habe. Mir
ist nichts von vertraulichen Mitteilungen meines Vaters be-
kannt — am allerwenigsten aber voll solchen, die Ihren Un-
willen hätten lieraiisfordern können, lind wie ich seine Ge-
sinnung kenne, bin ich fest überzeugt, daß cs sich da nur um
irgend ein mit Händen zn greifendes Mißverständnis handeln
kann."

ü-räulein Martha schien für eine kurze Zcitwanne i,n
Kampf mit sich selbst; dann aber zog sie in raschem Entschluß
eine Schublade des Schreibtisches auf und hielt ihm ein
Briefblatt entgegen, ,das sie derselben entnommen. Ihre
Miene war sehr trotzig; aber ihre Mundwinkel zuckten wie
die eines Kindes, dem das Weine» nahe ist.
„Bitte — überzeugen Sie sich selbst. Aber, wenn ich bitten
darf, ohne Entschuldigungen oder Erklärungen, nach denen
eS mich durchaus nicht »erlangt."
Ludwig hatte den Briefbogen wie die Handschrift sofort
erkannt. Und dazu bedurfte es keines besonderen Scharf-
sinns, denn cs war das von ihm verfaßte Begleitschreiben zn
der letzten große» Lieferung, das sie ihm da überreichte, und
mit einem kleinen Kopfschüttcln sagte er:
„Ich brauche diesen Brief nicht erst zn lese»; denn ich
selbst habe ihn geschrieben I"
„Möglich — aber das Postskriptum stammt doch wohl,
wenn ich nicht irre, von der Hand Ihres Herrn Vaters/'
„Ein Postskriptnm? Davon weiß ich allerdings nichts."
Er drehte das Blatt um und las in den kräftigen, charak-
teristischen Schriftzügc» des Herrn Gerold sen.:
„„Vertraulich: Im Anfang des Herbstes schicke ich Ihnen
unserer Abrede gemäß ineinen Sohn nnd werde müh Herz-
lich freuen, wenn sich die Angelegenheit Zwischen den jungen
Lenken ebenso glatt erledigt wie zwischen uns Alten. Ueber
das — sozusagen — Geschäftliche der Sache sind wir ja
nn» miteinander völlig iin Reine», und dafür,^ daß Jbr
liebes Töchterchen mit meinem Jungen auch sonst »iclit
schlecht fahren wird, übernehme ich volle Bürgschaft. Machen
Sie nur zu guter Zeit ein wenig Stimmung für ihn, damit
er's nicht gar zu sauer hat, Fräulein Marthas Herz zu -
gewinnen, denn seine Tüchtigkeit liegt auf einem anderen
Felde als auf dem des Kiirschncidens. Und geben Sie
mir in Ihrem nächsten Briefe einen verschleierte» Wink,
ob nnd wann Ihnen sein Kommen erwünscht ist. Dafür,
daß er sich nicht am Ende gar einen Korb holt, werden Sie
ja hoffentlich sorgen. Frcnndschaftlichst
Ihr ergcüener
Julius Gerold.""
(Fortsetzung folgt.)
 
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